Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 22.11.2016 Service Learning und das Prinzip der eigenverantwortlichen Schule Ich frage die Staatsregierung: 1. Inwieweit kommt das Wort „Service Learning“ als Begriff definitiv bzw. als Beispiel einer Lernmethode in den Lehrplänen der • Grundschule • Mittelschule • Realschule • Wirtschaftsschule • Gymnasien • FOS/BOS vor (bitte genau die jeweilige Fundstelle und den jeweiligen Textzusammenhang nennen)? 2. Was versteht die Staatsregierung unter dem Begriff „eigenverantwortliche Schule“? a) Wie wird dieser Grundsatz in den verschiedenen Schularten (siehe Frage 1) umgesetzt? 3. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, die Lernmethode „Service Learning“ noch stärker in den Unterrichtsinhalten der verschiedenen Schularten zu verankern (bitte die Antworten jeweils auf die verschiedenen Schularten beziehen)? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, Service Learning mit dem Prinzip „eigenverantwortliche Schule“ zu verbinden? 5. An welcher staatlichen Stelle erfolgt eine Koordination/ Vernetzung der Schulen, die Service-Learning-Projekte umsetzen und wie unterstützt die Staatsregierung dies in personeller und fachlicher Hinsicht? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 12.12.2016 Vorbemerkung Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat mit Schreiben vom 29.08.2014 ausführlich in Vollzug des Beschlusses des Bayerischen Landtags vom 07.05.2014 (Drs. 17/1842) „Bericht über die Verankerung der Lehr- und Lernmethode des ,Service Learning‘ an Schulen“ berichtet. Darin wird u. a. ausgeführt, dass die bayerischen Schulen vielfältige Initiativen des freiwilligen Engagements von Schülerinnen und Schülern innerhalb und außerhalb ihrer Schule unterstützen. Im Sinne des „Service Learning“ bzw. „Lernen durch Engagement“ leisten hier Schülerinnen und Schüler einen Dienst am Gemeinwohl zumeist im kommunalen Umfeld der Schule („Service“), erarbeiten gleichzeitig Lerninhalte, wenden diese an und erfahren dadurch einen Zuwachs an Kompetenzen („Learning“). 1. Inwieweit kommt das Wort „Service Learning“ als Begriff definitiv bzw. als Beispiel einer Lernmethode in den Lehrplänen der • Grundschule • Mittelschule • Realschule • Wirtschaftsschule • Gymnasien • FOS/BOS vor (bitte genau die jeweilige Fundstelle und den jeweiligen Textzusammenhang nennen)? „Service Learning“ stellt eine fach- und schulartübergreifende Methode dar, die – wie die didaktischen Methoden grundsätzlich – im neuen kompetenzorientierten LehrplanPLUS nicht als Begriff enthalten ist, sondern über die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsziels „Soziales Lernen“ für Unterricht und Schulleben wirksam wird. 2. Was versteht die Staatsregierung unter dem Begriff „eigenverantwortliche Schule“? a) Wie wird dieser Grundsatz in den verschiedenen Schularten (siehe Frage 1) umgesetzt? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung Service Learning mit dem Prinzip „eigenverantwortliche Schule“ zu verbinden? 5. An welcher staatlichen Stelle erfolgt eine Koordination /Vernetzung der Schulen, die Service-Learning -Projekte umsetzen, und wie unterstützt die Staatsregierung dies in personeller und fachlicher Hinsicht? In Art. 2 Abs. 4 Satz 2 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG) ist festgelegt: Mit dem Ziel der Qualitätssicherung und -entwicklung gestaltet die Schule den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben sowie Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.07.2017 17/14763 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/14763 die Leitung, Organisation und Verwaltung im Rahmen des verfassungsrechtlichen Bildungsauftrags und der Rechtsund Verwaltungsvorschriften in eigener Verantwortung (eigenverantwortliche Schule). Auch wenn die eigenverantwortliche Schule gerade keine spezifischen pädagogischen und didaktischen Konzepte vorschreibt und vom Gesamtansatz her nicht nach Schularten differenziert, ermöglicht sie doch ein höheres Maß an Gestaltungsfreiraum der einzelnen Schulen, der die Umsetzung schulischer Initiativen auch im Bereich des Service Learnings bzw. des Lernens durch Engagement vor Ort unterstützen kann. Ein schulinterner Anknüpfungspunkt hierfür ist vor allem das Schulentwicklungsprogramm. Die Schulen können sich damit als Entwicklungsziel geben, Service Learning oder Lernen durch Engagement im Schul- und Unterrichtsalltag zu stärken und gezielte Aktivitäten und Unterrichtsmodule gemeinsam zu entwickeln. Unterstützung leistet die schulartübergreifende Zusammenarbeit der Schulaufsichtsbehörden . Da im Rahmen der Etablierung der eigenverantwortlichen Schule auch der schulartübergreifende Austausch auf Ebene der Schulaufsicht institutionalisiert wurde, können Schulen, die aufgrund ihrer Struktur in besonders hohem Maße eine Öffnung in die Gesellschaft und die Verantwortungsübernahme ihrer Schüler im gesellschaftlichen Kontext fördern können (z. B. Fach- und Berufsoberschulen), ihre Erfahrungen auf andere Schularten bzw. Schulen übertragen . Die Konferenz der Schulaufsichtsbehörden kann eine solche Vernetzung koordinieren und fördern. Im in der Vorbemerkung zur Antwort genannten Schriftlichen Bericht wurde dargestellt, dass der Staatsregierung aufgrund der Vielzahl spezifischer lokaler Aktivitäten keine vollständige Übersicht über die Konzeption der einzelnen Ini tiativen an den Schulen vor Ort vorliegt. Auf der Ebene der Regierungsbezirke wird jedoch vielfach eine systematische Unterstützung und Koordinierung lokaler Beispiele guter Praxis des „Service Learning“ bzw. Lernens durch Engagement geleistet, beispielsweise in den Bildungsregionen des Bezirks Schwaben im Rahmen der schulischen Werteerziehung. 3. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, die Lernmethode „Service Learning“ noch stärker in den Unterrichtsinhalten der verschiedenen Schularten zu verankern (bitte die Antworten jeweils auf die verschiedenen Schularten beziehen)? Zu einer noch stärkeren Verankerung in Schulleben und Unterricht sollen die Schulen durch die Handreichung „Oberste Bildungsziele Bayern/Art. 131 der Bayerischen Verfassung – Wertefundament des LehrplanPLUS“ motiviert werden (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung ISB November 2016). Im Abschnitt 3.4 enthält sie einen ausführlichen Appell für das ehrenamtliche Engagement von Schülerinnen und Schülern, der auch den Wert der Lernmethode „Service Learning“ bzw. Lernen durch Engagement betont: „Mit Art. 117 BayVerf formuliert die Bayerische Verfassung einen elementaren moralischen Appell an die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates, nämlich Verantwortung für das Wohl der Allgemeinheit zu zeigen. (…) In diesem Artikel spiegelt sich das Anliegen wider, alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns zu ermahnen, dass Staat und Gesellschaft und somit unsere Demokratie nur gelingen können, wenn die Grundrechte und -pflichten der Verfassung von allen beherzigt werden und alle sich dem Gelingen der Gesellschaft verpflichtet fühlen. Dazu gehört insbesondere auch die Bereitschaft zur Übernahme eines Ehrenamtes, zu der Art. 121 BayVerf die Einwohner Bayerns verpflichtet . Hierbei ist Schule als wichtiger Ort der demokratischen Sozialisation (…) in besonderer Weise gefordert, wobei sich Lernen von Demokratie und Einüben demokratischer Verhaltensweisen nicht allein auf den Sozialkundeunterricht beschränken darf, sondern Aufgabe aller Fachlehrkräfte ist. Schule kann beispielsweise Kindern und Jugendlichen ermöglichen, sich an der Gestaltung ihres Schulalltags zu beteiligen und so Erfahrungen in realen Partizipationsprozessen zu sammeln, so z. B. in der SMV-Arbeit oder in Streitschlichterprojekten. Darüber hinaus können Schülerinnen und Schüler in gemeinsamen Projekten von Schulen und kooperierenden (zivilgesellschaftlichen ) Organisationen lernen, Verantwortung zu übernehmen und dadurch an praxisbezogenen Beispielen lernen und verinnerlichen, welche Chancen, aber auch Pflichten ihnen die Demokratie bietet. Die Integration von freiwilligem Engagement in den Unterricht bezeichnet man als „Service Learning“ oder auch „Lernen durch Engagement“. Beispiele hierfür sind u. a. Eine-Welt- und Partnerschaftsprojekte mit Schulen in anderen Ländern oder Denkmalpflegeprojekte am heimischen Ort.“