Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1034 15. 12. 2011 1Eingegangen: 15. 12. 2011 / Ausgegeben: 17. 01. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage will sie abschnittsbezogene Geschwindigkeitsmessung (Section Control) erproben? 2. Hält sie Section Control mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Datenschutzrecht für vereinbar? 3. Wer bewahrt die gespeicherten Filme auf und wer hat Zugriff darauf? 4. Welche Rechte haben Betroffene und Unbeteiligte, die bei einer Section Control filmisch aufgenommen und gespeichert wurden? 5. Inwieweit sind diese Filme als Beweismittel für eine Ordnungswidrigkeit zu - lässig? 6. Ist sie der Auffassung, dass sie eine Section Control ohne ein ausdrückliches Bundesgesetz durchführen darf? 7. Ist ihr bekannt, welche Erfahrungen Österreich mit Section Control gemacht hat? 14. 12. 2011 Dr. Löffler CDU Kleine Anfrage des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU und Antwort des Innenministeriums Section Control (abschnittsbezogene Geschwindigkeitsmessung) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1034 2 B e g r ü n d u n g Die Landesregierung plant als erstes Bundesland die Erprobung abschnittsbezogener Geschwindigkeitsmessungen (Section Control), dadurch werden zum ersten Mal das Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern filmisch zur Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten, die in der Regel mit Geldbuße bewehrt sind, festgehalten. In diesen Filmen werden auch Unbeteiligte festgehalten und es wird somit das Verhalten von Bürgerinnen und Bürgern dokumentiert. Dies muss mit den grundgesetzlich garantierten Persönlichkeitsrechten im Einklang und Verhältnis stehen. Dazu bedarf es eines Bundesgesetzes. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Januar 2012 Nr. 3-1132.1-1/204/9 nimmt das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie dem Justizministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung: 1. Auf welcher rechtlichen Grundlage will sie abschnittsbezogene Geschwindigkeitsmessung (Section Control) erproben? 6. Ist sie der Auffassung, dass sie eine Section Control ohne ein ausdrückliches Bundesgesetz durchführen darf? Zu 1. und 6.: Gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung hat Baden-Württemberg seine Bereitschaft signalisiert, einen Pilotversuch zur abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsmessung (Section Control) durchzuführen. Allerdings wurde diese unter den Vorbehalt der Schaffung einer rechtlichen Grundlage sowie der Finanzierbarkeit gestellt. Da bisher keine rechtliche Grundlage für Section Control vorhanden ist, kann das Projekt derzeit nicht umgesetzt werden. Die gesetzgeberische Zuständigkeit für eine rechtliche Grundlage liegt beim Bundesgesetzgeber. Nach unserem Kenntnisstand finden diesbezüglich derzeit ressortübergreifende Abstimmungen auf Referentenebene bei den Bundes - ministerien statt. Es ist zu erwarten, dass eine künftige Ermächtigungsgrundlage die Voraussetzungen für das Verfahren und dessen datenschutzrechtliche Sicherung näher bestimmen wird. 2. Hält sie Section Control mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Datenschutzrecht für vereinbar? Zu 2.: Wird eine Rechtsgrundlage unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts , insbesondere des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, geschaffen , geht die Landesregierung von einer Vereinbarkeit aus. 3. Wer bewahrt die gespeicherten Filme auf und wer hat Zugriff darauf? Zu 3.: Die Technik ist so ausgelegt, dass nur die Daten von Betroffenen im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes nach Ende des überwachten Streckenabschnittes gespeichert werden. Diese werden online der zuständigen Bußgeldstelle übersandt . Dort haben die Sachbearbeiter Zugriff auf die Daten zur Einleitung eines Verwarnungs- oder Bußgeldverfahrens und der damit verbundenen Entscheidungen über die Datenverarbeitung. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1034 4. Welche Rechte haben Betroffene und Unbeteiligte, die bei einer Section Control filmisch aufgenommen und gespeichert wurden? Zu 4.: Sollte Section Control in Baden-Württemberg zum Einsatz kommen, werden die Daten von Unbeteiligten, die an der ersten Messstelle erfasst wurden, sofort nach der Durchfahrt der überwachten Strecken unwiderrufbar gelöscht. Betroffene haben die im Ordnungswidrigkeitenrecht und in der Strafprozessordnung festgelegten Rechte. Für beide Personengruppen gilt § 5 Landesdatenschutzgesetz. 5. Inwieweit sind diese Filme als Beweismittel für eine Ordnungswidrigkeit zu - lässig? Zu 5.: Filme, Videoaufnahmen (z. B. Ergebnis der Abstandsüberwachung oder Aufnahme durch ein Videofahrzeug) und Lichtbilder (z. B. von einer Rotlichtüberwachung oder Geschwindigkeitsmessung), die Betroffene zeigen, die gegen die Straßenverkehrs -Ordnung verstoßen haben, sind bereits nach geltendem Recht als Beweismittel verwertbar. 7. Ist ihr bekannt, welche Erfahrungen Österreich mit Section Control gemacht hat? Zu 7.: Die Erfahrungen in Österreich zeigen, dass die Unfallzahlen auf Streckenabschnitten mit einer abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsüberwachung rückläufig sind. Der Einsatz von Section Control ist ein sehr wirksames Mittel zur Vermeidung von Geschwindigkeitsunfällen. In Baden-Württemberg ist beispielsweise jeder zweite tödliche Verkehrsunfall und jeder fünfte Verkehrsunfall mit Personenschaden auf die Unfallursache „zu schnelles Fahren“ zurückzuführen. Section Control kommt zwischenzeitlich in mehreren europäischen Ländern zum Einsatz. Neben Österreich bedienen sich beispielsweise auch die Schweiz, die Niederlande und Italien dieser Technik. Gall Innenminister