Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1131 12. 01. 2012 1Eingegangen: 12. 01. 2012 / Ausgegeben: 12. 03. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit werden die sich durch den Ausbau des Stromnetzes ergebenden Chancen genutzt, das Glasfasernetz in Baden-Württemberg für eine verbesserte Breitbandversorgung auszubauen? 2. Wird das Breitbandnetz im Land den steigenden Anforderungen gewachsen sein, wenn die Datenmengen überproportional steigen werden? 3. In welchem Umfang trägt die Neckarcom Telekommunikation GmbH als Tochter der EnBW zur Verbesserung der Breitbandversorgung im Land bei? 4. Wird über den Aufsichtsrat bei der EnBW durch klare Maßgaben und Ziel - setzungen ein kombinierter und abgestimmter Ausbau des Strom- und Breitbandnetzes sichergestellt? 5. Wird die Landesbeteiligung an der EnBW genutzt, um über deren Unternehmen Neckarcom Telekommunikation GmbH den Breitband- und Glasfaserausbau zu forcieren? 6. Mit welcher Strategie wird ein Gesamtkonzept zum Breitbandausbau im länd - lichen Raum umgesetzt? 05. 01. 2012 Pauli CDU Kleine Anfrage des Abg. Günther-Martin Pauli CDU und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Breitband im ländlichen Raum Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1131 2 B e g r ü n d u n g Die Leistungsfähigkeit eines Landes wird immer stärker über eine gut ausgebaute Infrastruktur definiert. In besonderem Maße trifft dies zwischenzeitlich auf die Breitbandinfrastruktur zu. Es gibt Studien, nach denen sich die Datenmengen bis zum Jahr 2013 vervierfachen werden, da Videoanwendungen und Clips immer stärker an Bedeutung gewinnen. Ein konsequenter und abgestimmter Ausbau des Glasfasernetzes ist vor allem auch für den ländlichen Raum unabdingbar. Nach der Deutschen Telekom hat die EnBW das zweitgrößte Glasfasernetz im Land. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es daher unabdingbar, dieses bei einem Netzausbau ebenfalls zu nutzen. Nachdem das Land einer der beiden Hauptaktionäre der Energie Baden-Württemberg ist, sind gute Bedingungen für ein strukturiertes Gesamtkonzept vorhanden. Mit der Neckarcom Telekommunikation GmbH besitzt die EnBW auch das erforderliche Know-how. Mit einer entsprechenden Strategie sollte der erforderliche Ausbau der Strom - netze dazu genutzt werden, um auch das Glasfasernetz für die Breitbandnutzung auszubauen. Nach den aktuellen Richtlinien für eine Breitbandförderung ist vom jeweiligen Antragsteller der Netzbetrieb auszuschreiben. Da die einzelnen Maßnahmen für sich von den Unternehmen kalkuliert werden, ist die Vermarktung des Betriebs größerer Netzeinheiten zielführender. Durch entsprechende Mischkalkulation können für entsprechende Netze und Netzabschnitte leichter Betreiber gefunden werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 1. März 2012 Nr. 42-8433.12 beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Staatsminis - terium, dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Inwieweit werden die sich durch den Ausbau des Stromnetzes ergebenden Chancen genutzt, das Glasfasernetz in Baden-Württemberg für eine verbesserte Breitbandversorgung auszubauen? Zu 1.: Im Zuge des Ausbaus des Stromnetzes werden schon heute nach Möglichkeit Synergieeffekte mit anderen Infrastrukturmaßnahmen genutzt, um Einspareffekte zu generieren und zu nutzen. Dabei werden in vielen Fällen auch Telekommunikationsinfrastrukturen mitverlegt, sofern es für die wirtschaftliche Weiterentwicklung seitens der Telekommunikationsunternehmen als sinnvoll erachtet wird. Im Rahmen der Breitbandinitiative Baden-Württemberg kann die Nutzung von Synergien zwischen Stromnetzausbau und Breitbandnetzausbau auch gefördert werden. 2. Wird das Breitbandnetz im Land den steigenden Anforderungen gewachsen sein, wenn die Datenmengen überproportional steigen werden? Zu 2.: Das Breitbandnetz auch in Baden-Württemberg ist kein einheitliches Netz, sondern besteht aus vielen Teilnetzen unterschiedlicher Eigentümer. Zu den großen 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1131 Netzbetreibern in Baden-Württemberg zählen die Deutsche Telekom AG, die EnBW mit ihren Tochterfirmen und Beteiligungen sowie Kabel BW. Diese und alle anderen Netzbetreiber bauen ihre Netze nach ihren eigenen Planungen und finanziellen Möglichkeiten aus. Die Netzplanung und insbesondere Informationen über Auslastung und Ausbau - strategie von Breitbandnetzen gehören zu den gut gehüteten Geheimnissen der Netzbetreiber. Weder Telekom noch EnBW haben ihre Pläne für Baden-Württemberg in der Gesamtschau veröffentlicht. Lediglich Teilpläne sind bekannt, welche jedoch in keiner Weise einen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Gesamtnetzes zulassen. Beim Ausbau von Breitbandnetzen ist zwischen dem Zugangsnetz und dem Backbone -Netz zu unterscheiden. Als Zugangsnetz, oftmals auch „Letzte Meile“ genannt , wird das Netzstück zwischen letzter aktiver Einheit (Hauptverteiler, Headend, Central Office, DSLAM o. ä.) und dem Endkunden bezeichnet. Back - bone bezeichnet das Höchstgeschwindigkeitsnetz, welches die Netzknoten untereinander und mit dem weltweiten Internet verbindet. Beide Netzbereiche müssen ausgebaut werden, um steigenden Anforderungen gewachsen zu sein. Auf der letzten Meile vollzieht sich bereits jetzt ein Wechsel vom Kupfer- hin zum Glasfaserkabel. Gewerbegebiete und Neubaugebiete werden inzwischen häufig von Anfang an mit Glasfaser ausgebaut. Bis allerdings in ganz Baden-Württemberg große Teile der Endkunden über Glasfaseranschlüsse verfügen, wird es noch Jahre dauern. Die entsprechenden Konzeptionen müssen aber jetzt schon erarbeitet und die Investitionen eingeplant werden, um einen auf lange Sicht kos - teneffizienten Ausbau zu ermöglichen. Im Bereich der Privatkunden besteht heute kaum die Nachfrage nach einer Datenrate von 100 Mbit/s und mehr. Deshalb ist vor allem im ländlichen Raum eine gestufte Verbesserung der Versorgung zweckmäßig. Hierzu werden zunächst die Kabelverzweiger mit Glas angeschlossen und erst in einem zweiten Schritt die einzelnen Gebäude mit Glasfaser angefahren. Auch das Backbone-Netz muss ausgebaut werden. Der von den Endkunden abgerufene und erzeugte Datenverkehr wird in den nächsten Jahren soweit wachsen, dass die heute verlegten Glasfaserkabel und die in den Netzknoten installierte Hardware den Verkehr nicht bewältigen können. Hier sind große Investitionen in den Netzausbau erforderlich. Kooperationen der Netzbetreiber begünstigen einen insgesamt kosteneffektiven Ausbau der Breitbandversorgung des ganzen Landes. Durch die Gewährung des „Open Access“ ermöglicht ein Netzbetreiber anderen Unternehmen die Nutzung seiner eigenen Infrastruktur. Dies reduziert die Kosten des Netzausbaus insgesamt und bringt dem Endkunden eine größere Palette an zur Verfügung stehenden Diensten. 3. In welchem Umfang trägt die Neckarcom Telekommunikation GmbH als Tochter der EnBW zur Verbesserung der Breitbandversorgung im Land bei? Zu 3.: NeckarCom als Telekommunikationstochter der EnBW Regional AG hat sich in den letzten Jahren stark für den Breitbandausbau im ländlichen Raum Baden- Württembergs eingesetzt. Hierbei konzentriert sich die NeckarCom seit zwei Jahren ausschließlich auf kabelbasierte Erschließungsmaßnahmen und setzt hier auf die VDSL-Technologie, die Bandbreiten bis zu 50 Mbit/s erlaubt. Mit diesem Lösungsansatz hat die NeckarCom mittlerweile eine Vielzahl von Projekten in ländlich geprägten Kommunen umgesetzt und damit für Gewerbebetriebe und Haushalte einen leistungsfähigen Zugang zur Datenautobahn realisiert. Auf der Referenzliste der NeckarCom befinden sich beispielsweise Breitband - erschließungen in den Kommunen Balingen, Bretten, Calw, Dornhan, Grosselfingen , Hohentengen, Leonberg, Nagold, Owingen, Reutlingen, Salem und Vörstetten . Als Beispiele für derzeit laufende Maßnahmen sind die Kommunen Bad Waldsee, Egenhausen, Hemmingen, Herbertingen, Kirchheim, Kürnbach, Lich- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1131 4 tenwald, Mulfingen, Ostfildern, Ostrach, Rosenfeld, Schöntal, Waldkirch und Wiernsheim anzuführen. Vor einigen Wochen erhielt die NeckarCom im Rahmen einer Ausschreibung des Zweckverbands Breitbandversorgung im Landkreis Ravensburg den Zuschlag zum aktiven Betrieb eines kommunalen Leerrohrnetzes, das 14 Kommunen umfasst . Im Landkreis Sigmaringen erhielt sie einen ähnlichen Auftrag für acht Gemeinden und eine Gemeinde im Landkreis Konstanz. Darüber hinaus hat die NeckarCom in Markdorf am Bodensee ihr erstes großes FTTH-(Fiber to the Home)Projekt abgeschlossen. Auf Grundlage von Glasfaser- Hausanschlüssen erhalten dort die Kunden Internetzugänge von bis zu 100 Mbit/s. Neben Internetzugang und Telefonie bietet sie in Markdorf als weiteren Dienst auch Fernsehen mit derzeit 70 Kanälen an (sog. Triple-Play). Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass auch die EnBW Ostwürttemberg Donau Ries AG (ODR) in ihrem Verbreitungsgebiet den glasfaserbasierten Breitbandausbau im ländlichen Raum massiv vorantreibt. Ähnliches gilt für viele Stadtwerke mit einer EnBW Beteiligung wie zum Beispiel den Stadtwerken Schwäbisch Gmünd GmbH und der e.wa riss GmbH & Co. KG. 4. Wird über den Aufsichtsrat bei der EnBW durch klare Maßgaben und Ziel - setzungen ein kombinierter und abgestimmter Ausbau des Strom- und Breitbandnetzes sichergestellt? 5. Wird die Landesbeteiligung an der EnBW genutzt, um über deren Unternehmen Neckarcom Telekommunikation GmbH den Breitband- und Glasfaserausbau zu forcieren? Zu 4. und 5.: Der Aufsichtsrat der EnBW AG hat gemäß § 111, Abs. 1 AktG die Rolle des Kontroll - und Überwachungsorgans. Die Überwachung des Vorstands soll dabei nicht nur darauf gerichtet sein, die Geschäftsführung zu kontrollieren und etwaige Mängel aufzuspüren. Vor allem soll der Aufsichtsrat den Vorstand in Fragen der Leitung des Unternehmens beraten. Dementsprechend bedürfen bedeutende Rechtsgeschäfte des Vorstands der Zustimmung des Aufsichtsrats. Überdies ist der Aufsichtsrat in die Strategieentwicklung der EnBW eingebunden. Im Besonderen steht dafür die jährliche Strategieklausur, im Rahmen derer der Vorstand dem Aufsichtsrat über die künftige Strategie des Unternehmens berichtet. Die NeckarCom Telekommunikation GmbH ist eine 100 %-ige Tochter der EnBW Regional AG. Die EnBW Regional AG zählt wiederum zu den größten und wichtigsten Tochtergesellschaften der EnBW AG. Der Aufsichtsrat der EnBW AG befasst sich entsprechend im Rahmen seiner Geschäftsordnung fest - gelegter Wertgrenzen mit Geschäften seiner Tochtergesellschaften. Die EnBW Regional AG hat als Aktiengesellschaft einen eigenen Aufsichtsrat, in dem derzeit keine Vertreter des Landes Baden-Württemberg Mitglieder sind. 6. Mit welcher Strategie wird ein Gesamtkonzept zum Breitbandausbau im länd - lichen Raum umgesetzt? Zu 6.: Eine leistungsfähige Kommunikationsinfrastruktur ist ein wesentlicher Standortfaktor für die Wirtschaft wie auch für die Bürgerinnen und Bürger nicht nur in den Ballungszentren, sondern gerade auch im ländlichen Raum. Ein schneller Internetzugang ist nicht nur Voraussetzung zur Sicherung und Neuansiedlung von Unternehmen und damit von Arbeitsplätzen, sondern auch ein Stück Lebensqualität . Damit Baden-Württemberg seine führende Position im globalisierten wirtschaftlichen Standortwettbewerb halten kann und der ländliche Raum als Arbeitsund Lebensraum attraktiv bleibt, hat der Ministerrat im November des letzten Jahres Eckpunkte für eine zielgerichtet Weiterentwickelung der Breitbandförderung in Form eines eigenständigen Förderprogramms Breitband im Rahmen der Breit- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1131 bandinitiative Baden-Württemberg II beschlossen. Damit werden die bisherigen Grundpfeiler der Breitbandinitiative Clearingstelle „Neue Medien im Ländlichen Raum“, Aktionsgemeinschaft „Breitband im Ländlichen Raum“ und Stiftungsprofessur „Digitale Infrastruktur im Ländlichen Raum“ an der Hochschule Furtwangen ergänzt und gestärkt. Mit der neuen Strategie verfolgt die Landesregierung unter Federführung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Abstimmung mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zwei Ziele: Rasche Schließung der noch vorhandenen Lücken in der Internet-Grundversorgung und Forcierung des Auf- und Ausbaus von zukunftsfähigen Hoch- und Höchstleistungsnetzen, insbesondere für die Wirtschaft. Damit soll die Grundversorgung sichergestellt und den zugleich ständig wachsenden Ansprüchen an eine leistungsfähige Breitbandversorgung Rechnung getragen werden. Da Maßnahmen der öffentlichen Hand in dem zur Gänze privatisierten Telekommunikationsmarkt der strikten Einhaltung der von der EU-Kommission vorgegebenen Grundsätze unterliegen, stimmt das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz das geplante Förderprogramm derzeit mit der Brüsseler Generaldirektion Wettbewerb ab. Vom Ausgang dieser Abstimmung hängt ab, ob das neue Förderprogramm noch vor der Sommerpause in Kraft gesetzt werden kann. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz