Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1141 18. 01. 2012 1Eingegangen: 18. 01. 2012 / Ausgegeben: 16. 02. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die aktuelle Ärzte-Versorgung im Main-Tauber-Kreis? 2. Wie ist die demografische Entwicklung der Ärzte in a) Kliniken und b) in niedergelassenen Praxen vor Ort? 3. Wie sieht die Perspektive der ärztlichen Versorgung bis zum Jahr 2020 aus? 4. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und wie wird sich diese bis in das Jahr 2020 entwickeln? 5. Mit welchen Anfahrzeiten des Rettungsdienstes muss aktuell gerechnet werden und welche Entwicklungen sind hier zukünftig zu erwarten? 11. 01. 2012 Dr. Reinhart CDU Kleine Anfrage des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Ärzte-Versorgung im Main-Tauber-Kreis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1141 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 Nr. 31-01415/15/1141 beantwortet das Minis - terium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die aktuelle Ärzte-Versorgung im Main-Tauber-Kreis? Nach der Statistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg für das Jahr 2010 sind im Landkreis Main-Tauber-Kreis 343 Ärzte im Krankenhaus tätig. Die Arzt/Einwohnerrelation bei den im Krankenhaus tätigen Ärzten im Landkreis Main-Tauber-Kreis beträgt 1 zu 389. Landesweit liegt die Arzt/Einwohnerrelation bei 1 zu 516. Hinsichtlich der Versorgung mit stationären Krankenhausleistungen stehen dem Main-Tauber-Kreis ausreichend leistungsfähige Krankenhäuser zur Verfügung. Das ambulante vertragsärztliche Versorgungsangebot im Main-Tauber-Kreis liegt bei allen Arztgruppen über dem Durchschnitt von Baden-Württemberg und kann sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Erreichbarkeit als sehr gut bezeichnet werden. Jede einzelne Gemeinde im Kreis verfügt über mindestens eine Hausarztpraxis , was für den ländlichen Raum keineswegs selbstverständlich ist. Wegen rechnerischer Überversorgung gelten für sämtliche Arztgruppen Zulassungsbeschränkungen , die angesichts rückläufiger Einwohnerzahlen wohl weiter anhalten werden. Im Einzelnen stellt sich das Bild im Main-Tauber-Kreis und in den einzelnen Gemeinden des Landkreises wie folgt dar: Main-Tauber-Kreis 133.183 Einwohner 1.448 EW/Hausarzt Altersstruktur Arztgruppe 28 – 39 40 – 49 50 – 54 55 – 59 60 – 64 65 – 88 Summe Allgemeinärzte, hausä.Internisten 7 17 23 23 14 8 92 alle Psychotherapeuten 3 3 5 3 1 15 Anästhesisten 1 1 1 3 Augenärzte 1 3 1 1 1 1 8 Chirurgen 1 2 2 5 Frauenärzte 5 5 2 2 1 15 Hals-Nasen-Ohrenärzte 2 1 1 4 Hautärzte 1 3 2 6 Internisten (fachärztlich) 1 7 6 4 3 21 Kinder- und Jugendärzte 1 3 3 1 1 9 Nervenärzte, Neurologen, Psychiater 1 2 1 2 6 Orthopäden 7 1 1 2 11 Radiologen 1 4 1 1 7 Urologen 1 2 3 Weit. (Labor, MKG, Pathologen, ua) 3 2 1 6 Gesamtergebnis 12 56 48 51 31 13 211 Altersstruktur in % Arztgruppe Gesamt unter 40 unter 50 unter 60 über 60 Hausärzte 92 8 % 18 % 50 % 24 % Fachärzte 104 5 % 35 % 43 % 17 % Psychoth. 15 0 % 20 % 53 % 27 % 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1141 2. Wie ist die demografische Entwicklung der Ärzte in a) Kliniken und b) in niedergelassenen Praxen vor Ort? Zu a) Zur Demografischen Entwicklung der Ärzte in den Kliniken im Main-Tauber-Kreis liegen dem Sozialministerium keine speziellen Zahlen vor. Es wird jedoch auf die beigefügte Statistik der Bundesärztekammer verwiesen. Es ist davon auszugehen, dass die bundesweiten Zahlen grundsätzlich auf den Landkreis übertragbar sind. Stationär tätige Ärztinnen und Ärzte nach Gebietsbezeichnungen und Altersgruppen am 31. Dezember 2010, Quelle: Bundesärztekammer Altersstruktur Hausärzte 28 – 49 50 – 59 60 – 88 Summe Ahorn 1 1 Assamstadt 1 1 Bad Mergentheim 4 9 5 18 Boxberg 1 3 4 Creglingen 2 1 3 Freudenberg 4 4 Großrinderfeld 1 1 2 Grünsfeld 1 1 Igersheim 1 2 3 Königheim 2 1 3 Altersstruktur Hausärzte 28 – 49 50 – 59 60 – 88 Summe Külsheim 1 1 2 4 Lauda-Königshofen 3 5 2 10 Niederstetten 3 1 4 Tauberbischofsheim 4 4 1 9 Weikersheim 2 1 3 Werbach 1 1 Wertheim 5 7 8 20 Wittighausen 1 1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1141 4 Zu b) Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) liegt das Alter der niedergelassenen Ärzteschaft im Main-Tauber-Kreis im Landesdurchschnitt . Auch im Main-Tauber-Kreis können jedoch – insbesondere in den ländlicheren Gebieten – Schwierigkeiten bestehen, geeignete Nachfolger für Praxen zu finden. Zurzeit wird lediglich in Assamstadt eine Nachfolgebesetzung für eine dort ansässige Hausarztpraxis gesucht. Da in den Nachbargemeinden um Assamstadt jedoch über 40 Hausärzte tätig sind, ist die Versorgung der Gemeinde auch bei Wegfall des Arztsitzes sichergestellt. Im Übrigen wird zur demografischen Entwicklung auf die Tabelle unter Ziffer 1 verwiesen. 3. Wie sieht die Perspektive der ärztlichen Versorgung bis zum Jahr 2020 aus? Verlässliche Angaben zur Frage, wie sich die ärztliche Versorgung bis zum Jahr 2020 in Baden-Württemberg im Allgemeinen und im Main-Tauber-Kreis im Speziellen darstellen werden, können derzeit nicht getroffen werden. Dies hängt von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel der Anzahl von Nachwuchsärzten der einzelnen Fachgebiete oder der Anzahl zuziehender Ärzte aus anderen Bundesländern und dem Ausland ab. Festzustellen ist, dass viele Faktoren die Entscheidung junger Menschen beeinflussen, den ärztlichen Beruf zu erlernen und ihn im stationären oder ambulanten Bereich auch tatsächlich aus - zuüben. Berufsimage, Vergütung, Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance aber natürlich auch infrastrukturelle Gegebenheiten spielen dabei eine große Rolle. Von zentraler Bedeutung ist auch, inwieweit es gelingen wird, die Vereinbarkeit von Familie und (Arzt-)Beruf zu verbessern. Dies betrifft den ambulanten und den stationären Bereich in gleichem Maße. Für die flächendeckende Versorgung von besonders großer Bedeutung ist die ambulante hausärztliche Versorgung, die besonders von der Nachwuchssorge betroffen ist. Das Land hat aus diesem Grund bereits im Jahr 2011 die Initiative ergriffen und verschiedene Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Gebieten unternommen. Unter anderem wurde zum Beispiel ein Förderprogramm für familienfreundliche Praxismodelle im ländlichen Raum aufgelegt und ein Förderprogramm zur Unterstützung von PJ-Studenten, die ihr praktisches Jahr in einer Hausarztpraxis absolvieren, initiiert. Auch auf Bundesebene wurden mit dem zum 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Versorgungsstrukturgesetz verschiedene Regelungen zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Aufhebung der Residenzpflicht getroffen. 4. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und wie wird sich diese bis in das Jahr 2020 entwickeln? Es wird unterstellt, dass sich die Frage auf die Sicherstellung des Notfalldienstes im Sinne von § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V bezieht. Danach hat die KVBW dafür Sorge zu tragen, dass die vertragsärztliche Versorgung auch zu sprechstunden - freien Zeiten gewährleistet ist. Nach Auskunft der KVBW ist die vertragsärztliche Notfalldienstversorgung flächendeckend und rund um die Uhr sichergestellt. Sie erfolgt derzeit im Main- Tauber-Kreis dezentral in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. Zentrale Notfalldienstpraxen sind nicht eingerichtet. Die KVBW weist darauf hin, dass im Rahmen der von der KVBW angestrebten Reform des Notfalldienstes Gespräche über die weitere Zusammenlegung von Notfalldienstbereichen stattfinden würden, um die Dienstfrequenz und damit die zeitliche Belastung der einzelnen Ärzte zu senken. Damit soll insbesondere auch die Attraktivität für eine Niederlassung im ländlichen Raum erhöht werden. Die in diesem Zusammenhang geplanten Errichtungen von Notfallpraxen mit fester Adresse zum Beispiel an Krankenhäusern würde auch der Bevölkerung die Erreichbarkeit im Notfall erleichtern und vereinfachen. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1141 5. Mit welchen Anfahrzeiten des Rettungsdienstes muss aktuell gerechnet werden und welche Entwicklungen sind hier zukünftig zu erwarten? Indikator für die Versorgungsqualität im Rettungsdienst ist die gesetzliche Hilfsfrist von 10 bis 15 Minuten, die in 95 % der Fälle im Zeitraum eines Jahres im Rettungsdienstbereich eingehalten werden muss. Leider ist dieses Versorgungs - niveau trotz aller Anstrengungen im Rettungsdienstbereich Main-Tauber-Kreis derzeit nicht gewährleistet. Dies gilt sowohl für die notärztliche als auch die Hilfsfrist für Rettungswagen (RTW). Der für die Hilfsfristeinhaltung örtlich zuständige Bereichsausschuss ist jedoch um Abhilfe bemüht. Zur Verbesserung der notärztlichen Hilfsfrist sollen insbesondere die Besetztzeiten am Notarztstandort Creglingen ausgeweitet sowie eine grundsätzliche Notarztpräsenz an der Rettungswache oder am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim eingeführt werden. Bei der Hilfsfrist für RTW sollen die notwendigen Verbesserungen vor allem durch die Trennung von Krankentransport und Notfallrettung erzielt werden. Die entsprechende Abkehr von der Mehrzweckfahrzeugstrategie wird bereits seit Beginn des Jahres praktiziert. Die RTW im Rettungsdienstbereich stehen dadurch uneingeschränkt für Notfalleinsätze zur Verfügung. Der Rettungsdienstbereich Main-Tauber-Kreis folgt damit dem Beispiel anderer Rettungsdienstbereiche, in denen diese Trennung mit Erfolg praktiziert wird. Weitere Hilfsfristverbesserungen sind von der – ebenfalls zu Beginn des Jahres erfolgten – Verlegung eines RTW vom Standort Bad-Mergentheim nach Niederstetten zu erwarten. Der Rettungsdienstbereich Main-Tauber-Kreis ist hiernach grundsätzlich auf gutem Weg. Die Landesregierung ist zuversichtlich, dass die Verbesserungsmaßnahmen bei längerem Wirkungszeitraum auch statis - tisch entsprechend sichtbar werden. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren