Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1173 30. 01. 2012 1Eingegangen: 30. 01. 2012 / Ausgegeben: 05. 03. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten im Wahlkreis Hohenlohe dar? 2. Besteht eine Unterversorgung mit niedergelassenen Haus- oder Fachärzten? 3. Wie stellt sich die Ärzteversorgung im Vergleich zu den anderen Landkreisen dar? 4. Wie ist der derzeitige Altersdurchschnitt der Ärzte und wie viele werden in den nächsten fünf Jahren altersbedingt ihre Praxis aufgeben? 5. Wie viele dieser Praxen können nach jetzigem Stand unmittelbar nachbesetzt werden? 6. Mit welchen Maßnahmen will sie das Arbeiten für Ärzte im ländlichen Raum attraktiver machen? 7. Welche Anstrengungen unternimmt sie, um die drohende Unterversorgung mit Ärzten im ländlichen Raum zu beheben? 8. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und mit welchen Anfahrtszeiten des Rettungsdienstes muss aktuell gerechnet werden? 20. 01. 2012 von Eyb CDU Kleine Anfrage des Abg. Arnulf von Eyb CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Ärzteversorgung im Wahlkreis Hohenlohe Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1173 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. Februar 2012 Nr. 31-01415/15/1141 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren in Abstimmung mit dem Innenministerium und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stellt sich die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten im Wahlkreis Hohenlohe dar? Die ambulante vertragsärztliche Versorgung ist sowohl im Hohenlohekreis als auch in den sechs Orten im benachbarten Landkreis Schwäbisch Hall, die zusammen den Wahlkreis Hohenlohe bilden, sichergestellt. Gemäß den gesetzlichen Regelungen der Bedarfsplanung (§§ 101 ff SGB V, Ärzte-ZV, Bedarfsplanungsrichtlinie -Ärzte) sind für fast alle Arztgruppen Zulassungsbeschränkungen wegen rechnerischer Überversorgung angeordnet. Neben 7 Hausärzten können sich lediglich noch je ein Augenarzt und ein HNO-Arzt niederlassen, da für diese Arztgruppen der Hohenlohekreis partiell geöffnet ist. Die Fachärzte konzentrieren sich gut erreichbar in Öhringen und Künzelsau. Mit Ausnahme von Langenburg und Zweiflingen (Einwohnerzahl jeweils ca. 1.800) verfügt jede einzelne Gemeinde im Kreis über mindestens einen Hausarzt, was für den ländlichen Raum keineswegs selbstverständlich ist. 2. Besteht eine Unterversorgung mit niedergelassenen Haus- oder Fachärzten? Für fast alle Arztgruppen gibt es im Hohenlohekreis Zulassungsbeschränkungen aufgrund der aktuellen Bedarfsplanungsrichtlinien (siehe auch Antwort zu Frage 1). Vor diesem Hintergrund besteht zurzeit weder eine Unterversorgung noch droht diese rechnerisch. 3. Wie stellt sich die Ärzteversorgung im Vergleich zu den anderen Landkreisen dar? Im Landesdurchschnitt beträgt die allgemeine Verhältniszahl, d. h. die Anzahl der Einwohner je Hausarzt 1.510. Im Vergleich dazu beträgt diese Verhältniszahl für den Wahlkreis Hohenlohe 1.529. Eine separate Betrachtung des Hohenlohekreises mit 1.556 Einwohnern je Hausarzt und des Kreises Schwäbisch Hall (als Teil des Wahlkreises) mit 1.406 Einwohnern je Hausarzt zeigt, dass die Hausarztdichte in Schwäbisch Hall deutlich besser als in den meisten Landkreisen und im Hohenlohekreis nur knapp über dem Landesdurchschnitt liegt. 4. Wie ist der derzeitige Altersdurchschnitt der Ärzte und wie viele werden in den nächsten fünf Jahren altersbedingt ihre Praxis aufgeben? Der Altersdurchschnitt der Hausärzte im Hohenlohekreis beträgt aktuell 54,1 Jahre und liegt damit exakt im Landesschnitt. Der Anteil der Hausärzte im Hohenlohekreis, die älter als 60 Jahre sind, beträgt 24 %. Im Landesschnitt sind 28 % der Ärzte über 60 Jahre alt und damit eine deutlich höhere Anzahl als im Hohenlohekreis. Ausgehend von den 24 % im Hohenlohekreis kann rechnerisch in den nächsten 5 Jahren von 17 altersbedingten Praxisabgaben ausgegangen werden. 5. Wie viele dieser Praxen können nach jetzigem Stand unmittelbar nachbesetzt werden? Grundsätzlich ist derzeit festzustellen, dass es vereinzelt zu Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Arztpraxen, insbesondere im ländlichen Raum kommt. Wie viele der nachzubesetzenden Praxen unmittelbar nachbesetzt werden können, ist nicht sicher vorhersehbar und von vielen Gegebenheiten abhängig. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1173 Viele Faktoren beeinflussen die Entscheidung junger Menschen, den ärztlichen Beruf zu erlernen und im ambulanten Bereich auch tatsächlich auszuüben. Be - rufs image, Vergütung, Arbeitsbedingungen, Work-Life-Balance aber natürlich auch infrastrukturelle Gegebenheiten spielen dabei eine große Rolle. Von zentraler Bedeutung ist auch, inwieweit es gelingen wird, die Vereinbarkeit von Familie und (Arzt-)Beruf zu verbessern. 6. Mit welchen Maßnahmen will sie das Arbeiten für Ärzte im ländlichen Raum attraktiver machen? 7. Welche Anstrengungen unternimmt sie, um die drohende Unterversorgung mit Ärzten im ländlichen Raum zu beheben? Über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung wurde in letzter Zeit viel diskutiert. Baden-Württemberg nimmt in Bezug auf die vertragsärztliche Versorgung eine Spitzenposition im Ländervergleich ein. Eine Unterversorgung anhand der aktuellen Planungskriterien ist in Baden-Württemberg nicht gegeben. Auf lokaler Ebene insbesondere im ländlichen Raum kann es aber – aus unterschiedlichen Gründen – zu Versorgungsengpässen kommen. Für die flächendeckende Versorgung von besonders großer Bedeutung ist die ambulante hausärztliche Versorgung, die besonders von der Nachwuchssorge betroffen ist. Das Land hat aus diesem Grund bereits im Jahr 2011 die Initiative ergriffen und verschiedene Maßnahmen zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen Gebieten unternommen. Unter anderem wurde zum Beispiel ein Förderprogramm für familienfreundliche Praxismodelle im ländlichen Raum aufgelegt und ein Förderprogramm zur Unterstützung von PJ-Studierenden, die ihr praktisches Jahr in einer Hausarztpraxis absolvieren, initiiert . Auch im Rahmen der Bundesgesetzgebung hat Baden-Württemberg sich dafür eingesetzt, dass mit dem Versorgungsstrukturgesetz die Bedarfsplanung im ambulanten ärztlichen Bereich regionalisiert und flexibilisiert wird und sich an kleinräumigen Planungsbereichen orientieren kann. 8. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und mit welchen Anfahrtszeiten des Rettungsdienstes muss aktuell gerechnet werden? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte und der Rettungsdienst, dem die Rettungsleitstelle angehört, unterschiedliche Dienste mit unterschiedlicher Funktion darstellen, deren Wahrnehmung auch auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht. Der Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte stellt die ambulanten ärztlichen Versorgung in der sprechstundenfreien Zeit sicher und unterfällt dem Aufgabenbereich der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 75 Absatz 1 SGB V), die hier im Rahmen ihrer Selbstverwaltung handelt. Der ärztliche Bereitschaftsdienst in Baden- Württemberg findet in historisch gewachsenen örtlich unterschiedlichen Organisationsstrukturen statt. In den derzeit über 400 Notfalldienstbezirken wird der Bereitschaftsdienst entweder in der Einzelpraxis, in Eigeneinrichtungen der Kassen ärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, in zentralen Notfallpraxen von Ärzte organisationen oder zentralen Notfallpraxen an den Krankenhäusern geleis tet. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg wird im Hohenlohekreis die Notfallversorgung mit 125 Ärztinnen und Ärzten aus den Praxen heraus sichergestellt. Derzeit fänden Gespräche über die weitere Zusammenlegung von Notfalldienstbereichen statt, u. a. um die Dienstfrequenz und damit die zeitliche Belastung zu senken. Die Errichtung einer Notfallpraxis mit fester Ad - resse in Öhringen habe der Bevölkerung am Wochenende die Erreichbarkeit im Notfall erleichtert. Aufgabe des Rettungsdienstes ist nach § 1 des Rettungsdienstgesetzes Baden- Württemberg die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes zu sozial trag- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1173 4 baren Benutzungsentgelten. Gegenstand der Notfallrettung ist es dabei Maß - nahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen und unter fachgerechter Betreuung in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu befördern. Der Rettungsdienst wird nach Vereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg von den Rettungsdienstorganisationen (zum Beispiel dem Arbeiter-Samariter- Bund, dem Deutschen Roten Kreuz und seiner Bergwacht Württemberg, der Johanniter -Unfall-Hilfe und dem Malteser-Hilfsdienst) wahrgenommen. Nachdem von dem örtlich zuständigen Bereichsausschuss beschlossenen Bereichsplan bestehen zur präklinischen Versorgung der Menschen Rettungsdienstbereich Hohenlohe folgende rettungsdienstliche Vorhaltungen: a) Notarztsysteme b) Rettungswachen Indikator für die Versorgungsqualität im Rettungsdienst ist die gesetzliche Hilfsfrist von 10 bis 15 Minuten, die in 95 % der Fälle im Zeitraum eines Jahres im Rettungsdienstbereich eingehalten werden muss. Leider ist dieses Versorgungs - niveau im Rettungsdienstbereich Hohenlohe nicht gewährleistet. Sorgen bereitet insbesondere die notärztliche Hilfsfrist, die derzeit nur zu 87 % eingehalten ist. Diesem Versorgungsdefizit gilt es entgegenzuwirken. Zuständig für die Sicherstellung der notärztlichen Versorgung ist der örtliche Bereichsausschuss für den Rettungsdienstbereich Hohenlohekreis. Dieser setzt neben einer stärkeren Beteiligung der Luftrettung und einer Verkürzung der Ausrückzeiten im Rahmen verstärkter bereichsübergreifender Kooperation mit dem Rettungsdienstbereich Heilbronn insbesondere auf den Einsatz des NEF Möckmühl. Darüber hinaus werden jedoch auch weitere Gespräche mit niedergelassenen Ärzten zur Etablierung eines Notarztstandortes im Jagsttal erwogen. Inwieweit diese Maßnahmen geeignet sind, die Hilfsfrist dauerhaft zu gewährleis - ten, bleibt abzuwarten. Das Landratsamt Künzelsau ist als Rechtsaufsicht gehal- Standort Einsatzfahrzeuge Einsatzzeiten Jährliche Vorhaltestunden Rettungswache Künzelsau NEF* 365 Tage/24 Stunden 8.760 Rettungswache Öhringen NEF* 365 Tage/24 Stunden 8.760 * Notarzteinsatzfahrzeug Standort Einsatzfahrzeuge Einsatzzeiten Jährliche Vorhaltestunden Künzelsau RTW *1 RTW* 2 365 Tage/24 Stunden Werktags 08.00 bis 21.00 Uhr, Sonn- und Feiertage 09.00 bis 19.00 Uhr 8.760 4.400 Öhringen RTW* 1 RTW* 2 365 Tage/24 Stunden Werktags 08.00 bis 21.00 Uhr, Sonn- und Feiertage 10.30 bis 20.00 Uhr 8.760 4.593 Schöntal- Westernhausen RTW* 365 Tage/24 Stunden 8.760 * Rettungswagen 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1173 ten, die Entwicklung zu beobachten und zu begleiten. Sollten nicht innerhalb angemessener Zeit eine Hilfsfristeinhaltung gewährleistet werden können, müssen geeignete rechtsaufsichtliche Schritte geprüft werden. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren