Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1238 14. 02. 2012 1Eingegangen: 14. 02. 2012 / Ausgegeben: 15. 03. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. In welchem Umfang sind Landes- und Bundesmittel in die Konversionsmaßnahme Reinhardshof geflossen? 2. Wie beurteilt sie die derzeitge Entwicklung dieser Konversionsmaßnahme insbesondere mit Blick auf zukünftige Perspektiven einer Weiterentwicklung des Standortes? 3. Welche Maßnahmen wurden in welchem finanziellen Umfang zur Unterstützung der Konversion von Seiten des Landes bisher getroffen? 4. In welchem Umfang und mit welchen Geldbeträgen wurde bisher in die polizeilichen Fortbildungsmaßnahmen investiert? 5. Mit der Durchführung wie vieler Lehrgänge und Fortbildungen ist auf der Basis der Daten der Vergangenheit für die Zukunft zu rechnen? 6. Welcher finanzielle Aufwand wäre im Falle einer Verlegung der Ausbildungseinrichtung an einen anderen Ort mit Landesmitteln erforderlich? 7. Welche Verwendung würde sie im Falle einer Schließung der Einrichtung vorsehen ? 8. Welche Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen hält sie bei einem mög - lichen Verlust dieses Ausbildungsstandortes für möglich? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Innenministeriums Auswirkungen der Polizeireform auf den Main-Tauber- Kreis – Erhalt der Polizeiausbildungsstätte Wertheim sowie der Polizeidirektion Tauberbischofsheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1238 2 9. Erkennt sie vor dem Hintergrund des Verlustes einer Reihe weiterer staat - licher Einrichtungen am Standort Tauberbischofsheim binnen eines kurzen Zeitraums (Aufgabe sämtlicher militärischer Einrichtungen, Aufgabe des Sitzes der Agentur für Arbeit, Abbau der Justiz vor Ort durch Aufgabe des Untersuchungsgefängnisses und Verlagerung des Handelsgerichts, Reduzierung des staatlichen Grundbuchamtes auf jetzt nur noch 1/3 der ursprünglich vom Land zugesagten Größe) eine weitere, eklatante Schwächung dieses äußerst dünn besiedelten Landkreises? 10. Wie beurteilt sie den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze an den beiden Stand - orten Tauberbischofsheim und Wertheim durch die geplante Aufgabe der Polizeidirektion in Tauberbischofsheim (inkl. der geplanten Einschnitte bei der dortigen Kriminal- und Autobahnpolizei) sowie der Polizeiausbildungsstätte in Wertheim im Hinblick auf die bereits heute absehbaren Sekundär - effekte einer derartigen Strukturentscheidung? 14. 02. 2012 Dr. Bullinger FDP/DVP A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. März 2012 Nr. 3-112/45 beantwortet das Innenministerium in Abstimmung mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und dem Minis terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. In welchem Umfang sind Landes- und Bundesmittel in die Konversionsmaßnahme Reinhardshof geflossen? 2. Wie beurteilt sie die derzeitige Entwicklung dieser Konversionsmaßnahme insbesondere mit Blick auf zukünftige Perspektiven einer Weiterentwicklung des Standortes? Zu 1. und 2.: Die städtebauliche Erneuerungsmaßnahme „Reinhardshof“ in Wertheim wurde im Jahr 1997 in das Städtebauförderungsprogramm des Landes aufgenommen. Sie ist eine militärische Konversionsmaßnahme, deren Ziel, die Überführung des ehemals militärisch genutzten Geländes „Reinhardshof“ (Pedan Barracks) in eine zivile Nutzung mit den Schwerpunkten „Wohnen“ und „Arbeiten“, durch Städtebauförderungsmittel unterstützt wurde. Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche städtebauliche Einzelvorhaben auf dem Areal durchgeführt. Mit der Maßnahme wurden insbesondere die Umnutzung ehemals militärisch genutzter Gebäude zu kommunalen Gemeinbedarfseinrichtungen (z. B. Jugendtreff, Vereinstreff, Stadtteilbüro ) und Arbeiten an der verkehrlichen Infrastruktur des Gebietes (Neu- bzw. Umgestaltung von Straßen, Wegen und Plätzen, Schaffung von Stellplätzen) unterstützt . Die Einrichtungen der Polizei auf dem Gelände sind im Rahmen dieser städtebaulichen Erneuerungsmaßnahme nicht gefördert worden, da sie als solche in der Städtebauförderung nicht förderfähig sind. Insgesamt wurden für die städtebau - liche Erneuerungsmaßnahme „Reinhardshof“ Finanzhilfen aus der Städtebau - förderung in Höhe von rund 3,8 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Die Mittel sind seit dem Jahr 2010 vollständig abgerufen. Die Abrechnung der Maßnahme liegt dem Regierungspräsidium Stuttgart seit Mitte 2011 zur abschließenden Entscheidung vor. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1238 Die Konversionsfläche Reinhardshof wurde im Jahr 2010 ins Entwicklungsprogramm ländlicher Raum (ELR) aufgenommen. Derzeit wird eine Betriebserweiterung über das Programm „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ (RWB) aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Höhe von 113.000 Euro gefördert. Zwei weitere Projektanträge, ebenfalls RWB-EFRE, wurden für die ELR-Programmentscheidung 2012 beantragt. Die Entscheidung hierüber wird voraussichtlich Anfang April 2012 getroffen. 3. Welche Maßnahmen wurden in welchem finanziellen Umfang zur Unterstützung der Konversion von Seiten des Landes bisher getroffen? Zu 3.: Seit dem Jahr 1979 hat das Land Baden-Württemberg im Rahmen der Programme der städtebaulichen Erneuerung insgesamt 74 ehemals militärische Liegenschaften in die Förderung der städtebaulichen Erneuerung und Entwicklung aufgenommen und dafür landesweit rund 197,88 Mio. Euro an Finanzhilfen zur Verfügung gestellt (Stand: 30. September 2011). 4. In welchem Umfang und mit welchen Geldbeträgen wurde bisher in die polizeilichen Fortbildungsmaßnahmen investiert? Zu 4.: Bei der Durchführung der Fortbildung bei der Polizei Baden-Württemberg wird zwischen zentralen Fortbildungen bei den Bildungseinrichtungen, dezentralen Fortbildungen durch Lehrkräfte der Bildungseinrichtungen bei den Dienststellen und internen Fortbildungen, die durch die Dienststellen eigenständig durchgeführt werden, unterschieden. Die Träger der zentralen Fortbildung sind • die Akademie der Polizei Baden-Württemberg (AkadPol), • das Bereitschaftspolizeipräsidium Baden-Württemberg und die unmittelbar nachgeordneten Dienststellen (BP), • die Hochschule für Polizei Villingen-Schwenningen (HfPol) sowie • die Polizeihundeführerschulen (PHFSchulen) in Karlsruhe und Stuttgart. Der Umfang an zentralen polizeilichen Fortbildungen innerhalb Baden-Württembergs in den Jahren 2007 bis 2011 ist – wie in den nachfolgenden Tabellen dargestellt – an der Zahl der Fortbildungsteilnehmer und der Teilnehmermanntage (TNM) ablesbar. Anzahl der Fortbildungsteilnehmer: Teilnehmer Fortbildung 2007 2008 2009 2010 2011 AkadPol 8.359 9.496 6.835 9.025 8.411 BP 2.094 1.960 1.884 2.398 2.252 HfPol 345 689 815 661 829 PHF-Schulen nicht erfasst 365 415 337 430 Gesamt 10.798 12.510 9.949 12.421 11.922 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1238 4 Teilnehmermanntage (TNM) Weiterhin werden bei Behörden (z. B. Bundeskriminalamt) und Einrichtungen des Bundes (z. B. Deutsche Hochschule für Polizei, Bundespolizeiakademie, Wasserschutz -Polizeischule und Luftfahrerschule für den Polizeidienst von Bund und Ländern) und der Länder (z. B. Kooperation in der kriminalpolizeilichen Spezialfortbildung mit der Polizei Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland) Fortbildungen in erheblichem Umfang durchgeführt. Die zentralen Fortbildungen werden durch dezentrale Fortbildungen bei den Dienststellen der Polizei durch Lehrkräfte der AkadPol und der BP wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich ergänzt: Zusätzlich werden mit steigender Tendenz durch die Dienststellen und Einrichtungen der Polizei bedarfsorientierte eigene Fortbildungen im dargestellten Umfang durchgeführt. Das Fortbildungsangebot wird durch ein umfangreiches Angebot an E-Learning- Anwendungen, die regelmäßig in Blended-Learning-Konzepte eingebettet sind, vervollständigt. Im Haushalt wurden bei Kapitel 0317 (AkadPol) in den Jahren 2010 bis 2012 durchschnittlich 1.048.400 Euro für sächliche Verwaltungsausgaben (HGr. 5 – ohne TG 66 Medienzentrum) und Investitionen (HGr. 8 – ohne TG 66 Medienzentrum ) etatisiert. Aufgrund der Vielzahl der landes- und bundesweiten Träger, der Fortbildungsmaßnahmen und der unterschiedlichen Kostenstellen sowie der Komplexität der Durchführung der polizeilichen Fortbildung ist der Investitionsumfang im Bereich der polizeilichen Fortbildung nicht abschließend darstellbar. TNM Fortbildung 2007 2008 2009 2010 2011 AkadPol 42.559 44.534 30.274 38.372 37.658 BP 11.009 10.242 8.408 10.702 10.590 HfPol 925 1.241 1.390 1.321 1.358 PHF-Schulen nicht erfasst 4.923 5.817 4.348 5.243 Gesamt 54.493 60.940 45.889 54.744 54.849 Dezentrale Fortbildungen 2007 2008 2009 2010 2011 AkadPol 386 387 415 371 353 BP 58 27 5 3 0 Gesamt 444 414 420 374 353 Intern 2007 2008 2009 2010 2011 Interne Veranstaltungen der Dienststellen 1.909 1.912 1.741 2.537 2.929 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1238 5. Mit der Durchführung wie vieler Lehrgänge und Fortbildungen ist auf der Basis der Daten der Vergangenheit für die Zukunft zu rechnen? Zu 5.: Für das Jahr 2012 sind an der AkadPol insgesamt 643 Seminare mit rund 46.000 „Teil nehmermanntagen“ als zentrale Fortbildungen geplant beziehungsweise wurden teilweise bereits durchgeführt. Im Jahr 2009 wurde im Zusammenhang mit erforderlichen Sanierungsmaßnahmen an den Standorten der AkadPol eine langfristige Prognose des Unterbringungsbedarfs für zentrale Fortbildungen unter Berücksichtigung der anstehenden Pensionierungswelle und aller weiteren Aufgaben der AkadPol erstellt. Das Finanzministerium hat im Jahr 2009 auf Basis des errechneten zukünftigen Fortbildungsbedarfs sein Einvernehmen für einen Bedarf an Lehrgängen, Fort - bildungen und Sonderveranstaltungen erteilt, der einem zukünftigen Bedarf von 400 Übernachtungsplätzen an den Standorten der Akademie der Polizei entspricht . Innerministerielle Untersuchungen im Zusammenhang mit einem Prüf - auftrag der Haushaltsstrukturkommission zur Zusammenlegung der beiden Stand - orte Freiburg und Wertheim der AkadPol haben gezeigt, dass die Zusammen - legung von Standorten sowie die Wahl eines künftigen Standorts im Nahbereich personalstarker Dienststellen zur spürbaren Einsparung von Übernachtungskapazitäten führen kann. Zu berücksichtigen ist, dass die Prognose aus dem Jahr 2009 durch die mit der Polizeistrukturreform einhergehende Neuausrichtung der polizeilichen Bildungsarbeit nicht mehr durchgängig belastbar ist. Durch den im Konzept Bildung vorgesehenen Aufbau dezentraler Bildungszentren bei den regionalen Polizeipräsi - dien und dem Polizeipräsidium Einsatz, durch die Konzentration auf wenige Bildungsstandorte und die engere auch logistische Verzahnung und Auslastung in der Aus- und Fortbildung unter dem Dach des neuen Präsidiums Bildung und Personalgewinnung wird die Möglichkeit eröffnet, den zentralen Fortbildungs- und Übernachtungsbedarf deutlich zu reduzieren. Damit können die für die AkadPol 2009 berechneten Planungsreserven und Kapazitäten für Sonderveranstaltungen erheblich zurückgefahren sowie das zentrale Seminarangebot auf Führungs- und Spezialistenseminare und Multiplikatorenschulungen konzentriert werden. 6. Welcher finanzielle Aufwand wäre im Falle einer Verlegung der Ausbildungseinrichtung an einen anderen Ort mit Landesmitteln erforderlich? Zu 6.: Es ist vorgesehen, im Zusammenhang mit der Bekanntgabe der räumlichen Zuschnitte der zukünftigen regionalen Polizeipräsidien sowie deren Sitz auch die Bildungsstandorte des zukünftigen Präsidiums Bildung und Personalgewinnung zu benennen. Die für die Entscheidung erforderlichen Untersuchungen sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Der finanzielle Aufwand im Falle einer Verlegung der Einrichtung an einen an - deren Standort ist auch von den örtlichen Gegebenheiten eines möglichen neuen Standorts abhängig und kann derzeit noch nicht beziffert werden. 7. Welche Verwendung würde sie im Falle einer Schließung der Einrichtung vorsehen ? 8. Welche Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen hält sie bei einem möglichen Verlust dieses Ausbildungsstandortes für möglich? Zu 7. und 8.: Hierzu wurden bislang keine Festlegungen getroffen. Die Fragen 7 und 8 stellen sich erst dann, wenn die Entscheidung über die zukünftigen Bildungsstandorte der Polizei Baden-Württemberg vorliegt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1238 6 9. Erkennt sie vor dem Hintergrund des Verlustes einer Reihe weiterer staat - licher Einrichtungen am Standort Tauberbischofsheim binnen eines kurzen Zeitraums (Aufgabe sämtlicher militärischer Einrichtungen, Aufgabe des Sitzes der Agentur für Arbeit, Abbau der Justiz vor Ort durch Aufgabe des Untersuchungsgefängnisses und Verlagerung des Handelsgerichts, Reduzierung des staatlichen Grundbuchamtes auf jetzt nur noch 1/3 der ursprünglich vom Land zugesagten Größe) eine weitere, eklatante Schwächung dieses äußerst dünn besiedelten Landkreises? 10. Wie beurteilt sie den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze an den beiden Stand - orten Tauberbischofsheim und Wertheim durch die geplante Aufgabe der Polizeidirektion Tauberbischofsheim (inkl. der geplanten Einschnitte bei der dortigen Kriminal- und Autobahnpolizei) sowie der Polizeiausbildungsstätte in Wertheim im Hinblick auf die bereits heute absehbaren Sekundäreffekte einer derartigen Strukturentscheidung? Zu 9. und 10.: Abschließende Standortentscheidungen im Zusammenhang mit der Polizeistrukturreform wurden bislang noch nicht getroffen. Die Landesregierung nimmt mögliche regionale Auswirkungen von Standortentscheidungen gerade vor dem Hintergrund der vielfältigen Herausforderungen, welche die Region aufgrund struktureller Veränderungen zu bewältigen hat, ernst. Bei der Umsetzung der Struktur - maßnahmen werden neben den Zielen einer aufgabengerechten und wirtschaft - lichen Organisation der Polizei auch regional- und sozialpolitische Aspekte in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Das Innenministerium strebt für alle betroffenen Beschäftigten sozialverträgliche Lösungen an. Gall Innenminister