Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1260 14. 02. 2012 1Eingegangen: 14. 02. 2012 / Ausgegeben: 13. 03. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie haben sich die Schwarzwildbestände in Baden-Württemberg und im Vergleich dazu im Enzkreis seit dem Jahr 2008 entwickelt? 2. Welche Maßnahmen wurden seither regional zur Kontrolle und Regulierung der Schwarzwildbestände getroffen? 3. Welche Maßnahmen hält sie seitens der Jäger und der Landwirte bzw. der Grundeigentümer für geeignet, um das weitere Ansteigen der Bestände zu verhindern ? 4. Welche Haltung nimmt sie zu den Forderungen nach ganzjähriger Bejagung der Bachen, verbindlichen Abschussplänen, angeordneten revierübergreifenden Drückjagden und Zwangsbejagungen bis hin zu dem Einsatz von empfängnisverhütenden Präparaten bei weiblichem Schwarzwild ein? 5. Nimmt die neue Landesregierung zum möglichen Einsatz von Nachtsichtgeräten und Laservisieren bei der Schwarzwildbejagung eine andere Haltung ein als die Vorgängerregierung? 6. Setzt sie sich dafür ein, dass Wildschäden in Obstanlagen und Streuobstwiesen in Zukunft ebenso zu ersetzen sind wie Wildschäden in Weinbergen? 7. Welche sonstigen Möglichkeiten zur Entschädigung bei Wildschäden sieht sie? 14. 02. 2012 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Bejagung von Schwarzwild Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1260 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. März 2012 Nr. Z(55)-0141.5/84 F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie haben sich die Schwarzwildbestände in Baden-Württemberg und im Vergleich dazu im Enzkreis seit dem Jahr 2008 entwickelt? Zu 1.: Die Entwicklung des Schwarzwildbestands in Baden-Württemberg kann lediglich geschätzt werden. Hierfür wird die relative Entwicklung des Bestandes aus den Abschusszahlen abgeleitet. Wie die folgende Tabelle zeigt, gab es in den letzten Jahren erhebliche Schwankungen der Jagdstrecken, die im Enzkreis noch stärker ausgeprägt sind als im Landesdurchschnitt. Diese Schwankungen der jährlichen Jagdstrecke stehen jedoch in enger Relation zur Fruktifikation der masttragenden Baumarten (Eiche/Buche) und zur Witterung im Winterhalbjahr (Schneelagen begünstigen die Jagd). 2. Welche Maßnahmen wurden seither regional zur Kontrolle und Regulierung der Schwarzwildbestände getroffen? Zu 2.: In den zuständigen Ämtern des Enzkreises werden die ansteigenden Schwarzwildbestände seit Jahren thematisiert. Neben einem weitreichenden Informationsaustausch wurden unter anderem folgende Maßnahmen ergriffen: • Vereinfachung des Antrags auf verkehrsrechtliche Anordnungen zur Verkehrsregulierung bei Drückjagden; • Ausnahmegenehmigungen für Sonn- u. Feiertagsdrückjagden; • Informationsarbeit zur Bereitstellung von Schussschneisen in landwirtschaft - lichen Flächen und über die förderrechtlichen Kriterien bei der Anlage von solchen Schneisen (Vermessungshilfe durch Landwirtschaftsamt); • Informationsarbeit über Wildschadensverhütungsmöglichkeiten auf landwirtschaftlichen Flächen; • Veranstaltung eines Informationsabends unter Mitwirkung der Wildforschungsstelle Baden-Württemberg zum Thema Schwarzwildbejagung; • Erhöhung der Anzahl revierübergreifender Drückjagden in Zusammenarbeit mit der Kreisjägervereinigung; • Intensivierung der Bejagung von Jungtieren in Zusammenarbeit mit der Jägervereinigung ; • Initiierung von Absprachen zwischen Jägern und Landwirten im Bereich von Schadensschwerpunkten zur Verbesserung der Zusammenarbeit; • Absprachen mit Nachbarkreisen bei Problemen an den Kreisgrenzen. Darüber hinaus gibt es im Enzkreis Überlegungen zur Verbesserung der Wildbretvermarktung , zur Gewährung von Abschussprämien und zur Schaffung möglicher Zahl der erlegten Wildschweine (im Vergleich zum Vorjahr) Jagdjahr 2008/2009 Jagdjahr 2009/2010 Jagdjahr 2010/2011 Baden-Württemberg 51.086 (+27%) 32.969 (–35%) 51.931 (+58%) Enzkreis 2.093 (+36%) 1.175 (–44%) 2.101 (+79%) 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1260 Anreize in den Jagdpachtverträgen zur Intensivierung der Schwarzwildbejagung. In den Schadensschwerpunktgebieten werden auch Ortsbegänge mit dem Ziel durchgeführt, die Möglichkeiten der Jagdausübung zu verbessern. 3. Welche Maßnahmen hält sie seitens der Jäger und der Landwirte bzw. der Grundeigentümer für geeignet, um das weitere Ansteigen der Bestände zu verhindern ? Zu 3.: Grundsätzlich sieht die Landesregierung in dialogorientierten Lösungsansätzen zwischen Grundeigentümern, Jagdpächtern und Landwirten vielversprechende Verfahrenswege mit hohem Wirkungspotenzial. Im konkreten Fall werden die Maßnahmen der von der Wildforschungsstelle entwickelten „10-Punkte-Empfehlung zur Schwarzwildbejagung“ als geeigneter Weg zur Verhinderung des wei - teren Ansteigens der Schwarzwildbestände betrachtet. Darin werden vorrangig die revierübergreifende Bejagung unter Ausschöpfung aller gesetzlich zulässigen Jagdmethoden, vereinfachte Abschussfreigaben und die konsequente Einhaltung der Fütterungs- und Kirrungsregelungen empfohlen. 4. Welche Haltung nimmt sie zu den Forderungen nach ganzjähriger Bejagung der Bachen, verbindlichen Abschussplänen, angeordneten revierübergreifenden Drückjagden und Zwangsbejagungen bis hin zu dem Einsatz von empfängnisverhütenden Präparaten bei weiblichem Schwarzwild ein? Zu 4.: Die ganzjährige Bejagung von Elterntieren (Bachen), die für die Aufzucht der Jungtiere notwendig sind, verbietet sich nach § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes und ist auch aus tierschutzrechtlichen Erwägungen abzulehnen. Die angesprochenen behördlich angeordneten Maßnahmen werden als wenig erfolgversprechend bewertet. Die Erfahrungen der Jagdbehörden belegen, dass die schon unter 3. erwähnten dialogorientierten Lösungsansätze erfolgversprechender sind. Der Einsatz von empfängnisverhütenden Präparaten bei weiblichem Schwarzwild fällt unter das Verbot der Verabreichung von Arzneimitteln nach § 22 Abs. 3 des Landesjagdgesetzes. Darüber hinaus würde eine solche Maßnahme den Absatz des Wildbrets als unbehandeltes, natürliches Lebensmittel und damit auch die Bereitschaft zu verstärkter Bejagung gefährden. 5. Nimmt die neue Landesregierung zum möglichen Einsatz von Nachtsichtgeräten und Laservisierungen bei der Schwarzwildbejagung eine andere Haltung ein als die Vorgängerregierung? Zu 5.: Nein. Sowohl Nachtsichtgeräte, die für den Einsatz mit Schusswaffen bestimmt sind als auch Laservisierungen sind nicht nur nach § 19 Abs. 5 des Bundesjagdgesetzes , sondern auch nach § 2 Abs. 3 des Waffengesetzes verboten. 6. Setzt sie sich dafür ein, dass Wildschäden in Obstanlagen und Streuobstwiesen in Zukunft ebenso zu ersetzen sind wie Wildschäden in Weinbergen? Zu 6.: Die Landesregierung ist der Meinung, dass Wildschäden in Streuobstwiesen ebenso zu ersetzen sind wie Wildschäden in Weinbergen. Im Übrigen wird die Frage der Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen im Rahmen der geplanten Novellierung des Jagdrechtes in Baden-Württemberg diskutiert werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1260 4 7. Welche sonstigen Möglichkeiten zur Entschädigung bei Wildschäden sieht sie? Zu 7.: Die Umsetzung der unter Nr. 3 angeführten Maßnahmen zur Vermeidung von Wildschäden hat nach Ansicht der Landesregierung Vorrang vor der Entschädigung . Lassen sich wegen ungünstiger Strukturen Wildschäden nicht völlig vermeiden , so kann das Schadensrisiko über Vereinbarungen im Jagdpachtvertrag verringert bzw. aufgeteilt werden. Solche Vereinbarungen auf lokaler Ebene haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie die Zusammenarbeit und das wechsel - seitige Verständnis zwischen den direkt Beteiligten verbessern. Die freiwillige Einrichtung von Wildschadensausgleichskassen auf örtlicher Ebene hält die Landesregierung zur Begrenzung des damit verbundenen administrativen Aufwandes und der Stärkung der Anreize zur Zusammenarbeit am Ort der Schadensent - stehung für einen weiteren erfolgversprechenden Ansatz in problematischen Situationen. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz