Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1340 29. 02. 2012 1Eingegangen: 29. 02. 2012 / Ausgegeben: 01. 06. 2012 G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele examinierte Pflegekräfte und wie viele Pflegehelferinnen und Pflegehelfer in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege werden derzeit in den Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten im Land beschäftigt und wie hat sich die Anzahl der vorgenannten Pflegekräfte im Zeitraum von 2001 bis 2010 entwickelt? 2. Welche Altersstruktur weist der unter Ziffer 1. genannte Personenkreis auf? 3. In welchem Umfang gibt es derzeit gemeldete offene Stellen im Bereich der Pflege, wie viele Pflegekräfte stehen aktuell als vermittelbar bei der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg zur Verfügung und welche Schwierigkeiten zeigen sich gegebenenfalls bei der Besetzung freier Stellen? 4. Welcher Bedarf an Pflegekräften wird für die nächsten fünf, zehn und fünfzehn Jahre in den Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten gesehen und wo zeichnen sich welche Versorgungsengpässe ab? 5. Mit welchen konkreten Maßnahmen beabsichtigt sie, den unter Ziffer 4. genannten Engpässen entgegenzuwirken? 6. Welche Optimierungen und Verkürzungen konnten – sowohl innerhalb der Fort- und Weiterbildung selbst, als auch für ein FH-/BA-Studium – seit 2001 bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Pflegeberufe durch die Teilanrechnung der Funktionsausbildungsmodule Psychiatriepflege, Rehabilitationspflege , Nephrologische Pflege, Onkologische Pflege, Anästhesiepflege, OP-/Endoskopie-Pflege, Weiterbildung zur Pflegedienstleitung (PDL), Fortbildung zur PDL, Fortbildung zur Lehrerin/zum Lehrer für Pflegeberufe und FHStudium (8 Semester) erreicht werden? Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Pflege in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 2 7. Welche Initiativen sind gegebenenfalls vorgesehen, um die Optimierung und Verkürzung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Pflegeberufe zu verbessern? 8. Welche Möglichkeiten eines Hochschulstudiums werden im Bereich der Pflege im Land mit welchen Ausbildungskapazitäten derzeit angeboten? Welche Eingangsvoraussetzungen sind für die Zulassung zu diesen Studiengängen zu erfüllen und unter welchen Voraussetzungen kann es unter Anrechnung einer beruflichen Vorausbildung in der Pflege auch Bewerberinnen und Bewerber ohne Fachhochschul- oder Hochschulreife ermöglicht werden, solche Stu - diengänge zu belegen? 9. Gibt es Angebote im Land, die im Bereich der Kranken- und Kinderkrankenpflege Assistenzberufe ausbilden (z. B. Verwaltungs-/Patientenbetreuungsassistenz auf den Stationen und/oder Serviceassistenz im Bereich der Patientenernährung )? Welche Konzepte liegen diesen Ausbildungen gegebenenfalls zugrunde? Wie kann eine stärkere Differenzierung der Aufgaben der Pflege initiiert werden und welche weiteren Assistenzberufe könnten im Bereich der Kranken- und Altenpflege eine sinnvolle Ergänzung des Pflegeangebots sein? 10. Welche Möglichkeiten des Einsatzes von alltagsunterstützender Technik gibt es derzeit? Welche technischen Entwicklungen können darüber hinaus in naher Zukunft zur Entlastung von Pflegenden im häuslichen Bereich und in den Pflegeeinrichtungen beitragen und wie wird sie die Erforschung und den Alltagseinsatz solcher technischen Unterstützungsangebote über die bereits in den Jahren 2010 und 2011 initiierten Maßnahmen hinaus fördern? 28. 02. 2012 Hauk und Fraktion B e g r ü n d u n g Die Aufgaben der Pflege nehmen in Baden-Württemberg für die Kranken- und Altenversorgung eine hohe Bedeutung ein. Nicht zuletzt demografisch bedingt, müssen Ausbildung und Berufsfelder der Pflege einem erheblichen Veränderungsbedarf angepasst werden. Gleichzeitig erscheinen eine hohe Durchlässigkeit der verschiedenen Ausbildungen unter gegenseitiger Anrechnung und die Einbeziehung neuer Berufsfelder zu einer besseren Differenzierung der Arbeit sinnvoll. Neben den beruflichen Erfordernissen bieten auch neue technische Unterstützungssysteme Möglichkeiten, Menschen länger in ihrer eigenen Wohnung zu betreuen und Pflegende – insbesondere auch pflegende Angehörige – zu entlasten. A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 15. Mai 2012 Nr. III: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Mit Schreiben vom 8. Mai 2012 Nr. 34-0141.5/15/1340 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie viele examinierte Pflegekräfte und wie viele Pflegehelferinnen und Pflegehelfer in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege werden derzeit in den Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten im Land beschäftigt und wie hat sich die Anzahl der vorgenannten Pflegekräfte im Zeitraum von 2001 bis 2010 entwickelt? Die Anzahl der Beschäftigten in Krankenhäusern sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wird über die jährliche Krankenhausstatistik erhoben. Die aktuell vorliegende Erhebung der Beschäftigten in den genannten Einrichtungen bezieht sich auf Dezember 2010. Zahlen zum Dezember 2011 liegen auf dieser Datengrundlage voraussichtlich zum Ende des Jahres 2012 vor. Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes entwickelte sich demnach die Anzahl der Beschäftigten in Krankenhäusern sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zwischen den Jahren 2001 und 2010 wie folgt: A) Nichtärztliches Personal in Krankenhäusern 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Beschäftigte insgesamt 52.158 52.580 52.023 50.640 50.244 50.218 50.211 50.150 50.886 51.075 darunter: Gesundheitsund Krankenpfleger /-in 40.140 40.788 40.491 39.903 39.556 39.529 39.587 39.664 39.914 40.301 darunter: Krankenpflegehelfer /-in 2.773 2.838 2.936 2.560 2.414 2.315 2.172 2.135 2.120 2.137 darunter: Gesundheitsund Kinderkran kenpfleger/-in 5.781 5.891 5.852 5.552 5.385 5.319 5.338 5.255 5.352 5.134 darunter: Sonstige Pflegepersonen 3.464 3.063 2.744 2.625 2.889 3.055 3.114 3.096 3.500 3.503 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 4 B) Nichtärztliches Personal in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Die Anzahl der Beschäftigten in stationären Pflegeeinrichtungen und in ambulanten Pflegediensten wird über die Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes im zweijährigen Turnus erhoben. Die aktuell vorliegende Pflegestatistik bezieht sich auf Dezember 2009. Daten über die Anzahl der Beschäftigten zum Dezember 2010 liegen auf dieser Datengrundlage nicht vor, Zahlen zum Dezember 2011 liegen voraussichtlich im Sommer 2012 vor. Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes entwickelte sich die Anzahl der Beschäftigten in den stationären und ambulanten Einrichtungen in den Jahren 2001 und 2009 wie folgt: C) Personal in stationären Einrichtungen 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Beschäftigte im Pflegebereich insgesamt 4.195 4.198 4.025 3.931 3.931 3.949 3.966 4.108 4.108 4.137 darunter: Gesundheitsund Krankenpfleger /-in 2.968 3.028 2.963 2.926 2.891 2.870 2.914 3.033 3.015 3.072 darunter: Krankenpflegehelfer /-in 633 651 610 578 508 563 521 531 503 533 darunter: Gesundheitsund Kinderkrankenpfleger /-in 101 104 102 83 123 113 104 111 99 105 darunter: Sonstige Pflegepersonen 493 415 350 344 409 403 427 433 491 427 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2001 2003 2005 2007 2009 Beschäftigte insgesamt 57.742 65.411 69.097 73.418 80.824 darunter: Altenpfleger/-in 11.295 13.672 15.614 17.621 19.231 darunter: Gesundheits- und Krankenpfleger/-in 4.864 5.757 6.555 6.944 6.598 darunter: Krankenpflegehelfer/-in 1.757 1.963 1.699 1.819 1.692 darunter: Altenpflegehelfer/-in 1.863 2.161 2.274 2.726 3.308 darunter: Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger /-in 288 379 356 426 396 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 D) Personal in ambulanten Einrichtungen 2. Welche Altersstruktur weist der unter Ziffer 1. genannte Personenkreis auf? Über die Krankenhausstatistik und über die Pflegestatistik wird die Altersstruktur der unter Ziffer 1. genannten Personenkreise nicht erhoben. Nach Mitteilung des Statistischen Landesamtes und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft liegen Daten zur Altersstruktur auch anderweitig nicht vor. Daher können keine Aussagen über die Altersstruktur des unter Ziffer 1. genannten Personenkreises getroffen werden. 3. In welchem Umfang gibt es derzeit gemeldete offene Stellen im Bereich der Pflege, wie viele Pflegekräfte stehen aktuell als vermittelbar bei der Bundesagentur für Arbeit in Baden-Württemberg zur Verfügung und welche Schwierigkeiten zeigen sich gegebenenfalls bei der Besetzung freier Stellen? Nach Auskunft der Regionaldirektion Baden-Württemberg stellt sich der Arbeitsmarkt (Stand Februar 2012) im Bereich der Pflegeberufe wie folgt dar: Demnach stehen einem arbeitslosen examinierten Altenpfleger/-in knapp 5 gemeldete Stellen gegenüber. Dagegen kommen auf eine Stelle als Altenpflegehelfer /-in durchschnittlich knapp 5 Arbeitslose. Einem arbeitslosen examinierten Gesundheits - und Krankenpfleger/-in stehen 1,5 gemeldete Stellen gegenüber. Auf 2001 2003 2005 2007 2009 Beschäftigte insgesamt 20.022 23.192 23.451 24.371 25.174 darunter: Altenpfleger/-in 3.476 4.238 4.322 5.004 5.510 darunter: Gesundheits- und Krankenpfleger/-in 6.779 8.656 9.164 9.373 9.493 darunter: Krankenpflegehelfer/-in 507 575 460 443 426 darunter: Altenpflegehelfer/-in 316 432 391 448 494 darunter: Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger /-in 538 709 766 823 749 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Offene Stellen insgesamt Arbeitslose insgesamt davon in Teilzeit davon Frauen davon über 50 Jahre davon im SGB II Altenpflege 1.138 288 268 217 25 98 Altenpflegehelfer 397 144 2.042 1.691 592 1.491 Gesundheits- und Krankenpflege 815 178 375 330 105 101 Krankenpflegehelfer 63 20 311 251 84 198 Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 47 5 15 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 6 eine Stelle als Gesundheits-, und Krankenpflegehelfer/-in kommen durchschnittlich 5 Arbeitslose. Das vorhandene Potenzial an examinierten Fachkräften in Arbeitslosigkeit im Bereich Altenpflege ist mit 268 Personen sehr gering. Das Potenzial an Altenpflegehelfern ist mit 2.042 Personen deutlich größer, allerdings mit einem sehr hohen Anteil an Arbeitslosen aus dem SGB II-Bereich. Auch das vorhandene Potenzial an arbeitslosen examinierten Fachkräften im Bereich Gesundheits- und Krankenpflege ist mit 375 Personen gering. Hier ist auch seit Jahresmitte 2011 eine sinkende Tendenz an Arbeitslosen zu verzeichnen. Das Potenzial an Gesundheits-, und Krankenpflegehelfern ist im Vergleich zum Stellenbestand mit 311 Personen hoch, allerdings mit einem hohen Anteil an Arbeitslosen aus dem SGB II-Bereich und älteren Arbeitnehmern. Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen ergeben sich nach Mitteilung der Regionaldirektion Baden-Württemberg aus unterschiedlichen Gründen. Insgesamt ist festzustellen, dass auch für Arbeitssuchende die Attraktivität von Pflegeberufen aufgrund der anspruchsvollen und anstrengenden Tätigkeit sowie der Rahmenbedingungen (Schicht- und Wochenenddienst, Arbeitsbelastung und Bezahlung ) nicht besonders hoch ist. Bei der Besetzung offener Stellen kommen aber auch individuelle Faktoren hinzu, die die Besetzung von Arbeitsstellen erschweren . 4. Welcher Bedarf an Pflegekräften wird für die nächsten fünf, zehn und fünfzehn Jahre in den Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und bei den ambulanten Pflegediensten gesehen und wo zeichnen sich welche Versorgungsengpässe ab? Pflegekräfte in Pflegeeinrichtungen und bei ambulanten Pflegediensten Bei der Abschätzung des künftigen Bedarfs an Pflegekräften in der stationären und ambulanten Altenpflege sind sowohl die künftige Pflegebedürftigkeit als auch die künftigen Pflegemöglichkeiten durch Angehörige zu berücksichtigen. Darüber hinaus spielen auch individuelle Faktoren – wie die Bereitschaft, eine Pflege in Anspruch zu nehmen – eine Rolle, die statistisch nicht erfassbar sind. Kurzfristige Schwankungen werden von längerfristigen Trends überlagert. Daher werden nachfolgend, ausgehend von den vorliegenden Daten des Statistischen Landesamtes, Trendprognosen für die Jahre 2020 und 2030 vorgenommen. Ausgehend von der aktuellen Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes waren in Baden-Württemberg zum Dezember 2009 insgesamt 246.038 Frauen und Männer pflegebedürftig. Hiervon wurden 112.369 durch Angehörige, 49.950 durch ambulante Dienste und 84.019 in stationären Einrichtungen betreut. Nach Modellrechnungen steigt die Anzahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2020 auf rund 300.000 und bis zum Jahr 2030 auf rund 348.000 Personen an. Heute werden in Baden-Württemberg rund zwei Drittel der Pflegebedürftigen durch Angehörige und/oder ambulante Dienste zu Hause versorgt, rund ein Drittel stationär in Heimen. Angesichts der Tatsache, dass sich Haushalts- und Familienstrukturen ändern, muss damit gerechnet werden, dass Pflegebedürftige künftig weniger Unterstützungsleistungen von Angehörigen erhalten als heute. Das familiäre Pflegepotenzial wird zurückgehen, da die Anzahl der Angehörigen, die hierzu bereit und/oder auch in der Lage sind, zahlenmäßig rückläufig ist. Zudem wird der Anteil der Pflegebedürftigen, die kinderlos sind bzw. die ohne Partner leben, zunehmen , wodurch das Pflegepotenzial durch Angehörige ebenfalls sinken dürfte. Die Verschiebung weg von der familiären hin zur ambulanten oder stationären Pflege ist bereits im Gange. So ist laut Pflegeheim Rating Report 2011 des Rheinisch -Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung deutschlandweit der Anteil der Pflegebedürftigen, die stationär oder ambulant betreut werden, bereits zwischen den Jahren 1999 und 2009 von 49 auf 55 % gestiegen. Es wird prognostiziert , dass sich dieser Trend, wenn auch abgeschwächt, fortsetzt und auch künftig die bislang in den Familien erbrachten Pflegeleistungen zunehmend auf außer - familiäre Einrichtungen und Dienste übertragen werden. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 Ausgehend von den Prognosen der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit sowie der Pflegemöglichkeiten, wird sich die Anzahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg insgesamt sowie unterteilt in häusliche, ambulante und stationäre Pflege voraussichtlich wie folgt entwickeln: Unter Berücksichtigung der Pflegebedürftigkeit sowie der Pflegemöglichkeiten ergibt sich – im Vergleich zum Jahr 2009 – bis zum Jahr 2020 eine Steigerung der zu Pflegenden im ambulanten Bereich um rund 13.200 Personen (plus 26,4 Prozent ) und im stationären Bereich um 22.550 Personen (plus 26,8 Prozent). Bis zum Jahr 2030 ergibt sich eine Steigerung im ambulanten Bereich um 27.000 Personen (plus 54,1 Prozent) und im stationären Bereich um 45.000 Personen (plus 53,5 Prozent). Ausgehend von der prognostizierten Anzahl von Pflegebedürftigen, die künftig ambulant oder stationär versorgt werden, lässt sich der mögliche zukünftige Bedarf an Pflegekräften abschätzen. Laut aktueller Pflegestatistik arbeiteten zum Jahresende 2009 in Baden-Württemberg für die Versorgung der 133.969 Pflegebedürftigen in den stationären Pflegeeinrichtungen und in ambulanten Betreuungsdiensten landesweit 105.998 Personen. In den stationären Einrichtungen waren Ende 2009 insgesamt 80.824 Personen tätig. In den ambulanten Einrichtungen wurden 25.174 Beschäftigte gezählt. In der stationären Pflege kommen auf 100 Pflegebedürftige 96 Beschäftigte, darunter 70 Beschäftigte, die ihren Arbeitsschwerpunkt im Bereich Pflege und Betreuung haben. In den ambulanten Diens - ten kommen auf 100 Pflegebedürftige 51 Beschäftigte, darunter 35 Beschäftigte im Bereich der Pflege. Unter der Annahme, dass auch künftig dieselben Versorgungsstrukturen bestehen wie heute, lässt sich modellhaft der mögliche zukünftige Bedarf an Pflegekräften ermitteln. Hiernach ergeben sich folgende Entwicklungen: Prognostizierter Bedarf an Pflegekräften bis 2020 Prognostizierter Bedarf an Pflegekräften bis 2030 Wenn die heutigen Versorgungsstrukturen bis zum Jahre 2020 fortgeschrieben werden, liegt der Personalbedarf dann insgesamt um rund 28.492 Personen (plus 26,8 Prozent) höher als im Jahr 2009. Bis zum Jahr 2030 liegt die Steigerung bei rund 57.112 Personen (plus 53,9 Prozent). Ähnliche Zuwächse werden deutschlandweit auch vom Pflegeheim Rating Report 2011 des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung prognostiziert. Je nach Entwicklung wird deutschlandweit bis zum Jahr 2030 ein zusätzlicher Pflegekräftebedarf von 44 bis 64 Prozent errechnet. Jahr Pflegebedürftige insgesamt davon: in häuslicher Pflege ambulant stationär 2009 246.038 112.369 49.950 84.019 2020 300.000 130.300 63.150 106.550 2030 348.000 142.000 77.000 129.000 Jahr 2009 2020 (Näherungswerte) zu Pflegende Beschäftigte insgesamt in der Pflege zu Pflegende Beschäftigte insgesamt in der Pflege ambulant 49.950 25.174 17.482 63.150 32.200 22.100 stationär 84.019 80.824 65.813 106.550 102.290 74.585 insgesamt 133.969 105.998 83.295 169.700 134.490 96.685 Jahr 2009 2030 (Näherungswerte) zu Pflegende Beschäftigte insgesamt in der Pflege zu Pflegende Beschäftigte insgesamt in der Pflege ambulant 49.950 25.174 17.482 77.000 39.270 26.950 stationär 84.019 80.824 65.813 129.000 123.840 90.300 insgesamt 133.969 105.998 83.295 206.000 163.110 117.250 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 8 Pflegekräfte in Krankenhäusern sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Während der Bereich der Altenpflege im Wesentlichen von der demografischen Entwicklung bestimmt wird, spielen in der Krankenpflege und im Bereich der Vorsorge- und Rehabilitation weitere Faktoren für den zu prognostizierenden Pflegekräftebedarf eine Rolle. Bei einer Prognose des künftigen Bedarfs an Pflegekräften ist die Entwicklung von Fallzahl und Pflegetagevolumen zu berücksichtigen . Großen Einfluss auf die Veränderung des stationären Versorgungsbedarfs haben der medizinische Fortschritt, die Struktur des Gesundheitssystems und die Finanzierung von stationären Gesundheitsleistungen. Inwieweit diese Entwicklungen sich fortsetzt, kann – im Gegensatz zur Altenpflege – nicht vollständig prognostiziert werden. Konkrete Zahlen zum künftigen Bedarf an Pflegekräften in Krankenhäusern sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen liegen daher nicht vor. Auch die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft hat hierzu keine eigenen Daten. Die demografische Entwicklung wird aber dazu führen, dass immer mehr Menschen in ein Alter kommen, in dem Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität) eine deutliche Nachfragesteigerung von Gesundheitsleistungen verursachen. Dies wird dazu führen, dass die Fallzahlen im Bereich der Krankenhausbehandlung und der Rehabilitation deutlich steigen. Alleine hierüber ist ein deutlicher Effekt auf die Personalbedarfe der Krankenhäuser sowie Rehabilitationseinrichtungen zu erwarten . Bei der Frage nach Engpässen bei der Besetzung von offenen Stellen kann auf die Studie „Fachkräftemangel in Gesundheitswesen & Pflegewirtschaft bis 2030“ von PWC aus dem Jahr 2011 hingewiesen werden. Während die Studie im Gesundheitswesen (darunter Krankenhäuser sowie Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ) einen Anstieg der unbesetzten Stellen in der Pflege von 15.300 im Jahr 2011 auf 20.800 im Jahr 2020 prognostiziert, fallen die Prognosen über der Anstieg der unbesetzten Stellen im Bereich Pflegewirtschaft drastischer aus: 2011 werden 1.800 unbesetzte Stellen angegeben, für 2020 wird mit 16.000 unbesetzten Stellen gerechnet. Nach der BWKG-Indikator-Umfrage Frühjahr 2012, an der sich rund 70 Prozent der Mitgliedseinrichtungen der BWKG (Bereiche Krankenhaus, Reha und Pflege) beteiligt haben, gehen aktuell – 80,8 Prozent der Pflegeeinrichtungen (Herbst 2011: 81,8 Prozent) – 43,6 Prozent der Krankenhäuser (Herbst 2011: 42,6 Prozent), – 40,8 Prozent der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen (Herbst 2011: 49,2 Prozent) von Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen im Pflegebereich aus. Die allgemeine demografische Entwicklung gibt Anlass zur Besorgnis hinsichtlich der zukünftigen Deckung des Bedarfs an Pflegekräften. Die Zahl der Schulabgänger und der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung werden laut Statistischem Landesamt in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren deutlich sinken. 5. Mit welchen konkreten Maßnahmen beabsichtigt sie, den unter Ziffer 4. genannten Engpässen entgegenzuwirken? Im Berufsfeld der Altenpflege besteht in Baden-Württemberg die Möglichkeit, dass jede und jeder, der sich für eine Tätigkeit in diesem Bereich interessiert, auf einem seinen Fähigkeiten und Bildungsabschlüssen entsprechenden Niveau in die Pflege einsteigen kann. Ein Einstieg in die Pflege kann beispielsweise erfolgen: • Ohne Schulabschluss über die Ausbildung Alltagsbetreuung, • mit Hauptschulabschluss über die Ausbildung Krankenpflege- oder Altenpflegehilfe , • mit Realschulabschluss direkt in die dreijährige Pflegefachkraftausbildung. 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 • Mit Hochschulreife kann auch ein ausbildungsintegriertes Pflegestudium aufgenommen werden. In Umsetzung des Grundsatzes des lebenslangen Lernens wird die Durchlässigkeit zwischen den Berufsbildern stetig weiterentwickelt, um so Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern. In Baden-Württemberg besteht zum Beispiel die Möglichkeit , bei einem erfolgreichen Abschluss der Altenpflegehilfeausbildung und der erforderlichen Abschlussnote, direkt in das zweite Jahr der Altenpflegeausbildung einzusteigen. Ergänzend zu den Kernberufen der Pflege sind weitere Berufsgruppen für eine qualitätsorientierte Betreuung, Versorgung und Pflege älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger tätig. Diese Berufsgruppen sollen weiter gestärkt werden. Ausgehend von dem zunehmenden Trend in den stationären Einrichtungen weg von der Pflegeheimatmosphäre und hin zur Einrichtung von Wohnbereichen soll das Perso - naltableau weiterentwickelt werden. Zu einem Personaltableau, das in einer sinnvollen Arbeitsteilung die notwendigen Funktionen im Blick hat, die Gesamtaufgabe auf mehr Professionen als bisher verteilt und damit den Kreis der in Betracht kommenden Arbeitskräfte erweitert. In die Versorgung und Betreuung älterer Menschen werden daher zunehmend andere Berufsgruppen wie bspw. die Heilerziehungspflege , die hauswirtschaftlichen Berufe oder die Haus- und Familienpflege mit einbezogen. Ein weiterer Baustein zur Sicherung des künftigen Pflegekräftebedarfs ist, dass eine ausreichende Anzahl von Ausbildungsplätzen in der Altenpflege angeboten wird. Daher hat sich die Landesregierung bereits im vergangenen Herbst entschlossen , die Ausbildungsumlage in der Altenpflegeausbildung fortzuführen. Die Ausbildungsumlage in der Altenpflege hat sich als Instrument zur Sicherstellung der erforderlichen Ausbildungsplätze bewährt, in dem sie einen finanziellen Ausgleich von ausbildenden und nicht ausbildenden Einrichtungen schafft. So konnte mit dem einrichtungsübergreifenden Ausgleich ein Anstieg der Schülerinnen und Schüler im Altenpflegebereich von 6.444 im Jahre 2001/2002 auf 8.045 im Schuljahr 2010/ 2011 erreicht werden. Hierzu wird auch auf Drucksache 15/539 verwiesen. Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung ist eine Weiterentwicklung der Gesundheits- und Krankenpflegehilfe geboten, da das Angebot an Ausbildungsplätzen in der Gesundheits- und Krankenpflegehilfe trotz der Neu - regelung in den vergangenen Jahren stetig rückläufig war. Auch ist das Angebot an Arbeitsplätzen gering, trotz des Bedarfs an Fachkräften in der Gesundheitsund Krankenpflege. Als Grund für diese Entwicklung wird in der Praxis die Einschätzung genannt, dass Krankenpflegehelfer/-innen für die ihnen gestellten Aufgaben zu gering qualifiziert seien. Eine große Zahl von Ländern hat deshalb bereits auf eigene Regelungen zur Krankenpflegehilfeausbildung verzichtet. Die Landesregierung verfolgt hier den Weg, einerseits den Absolventen der Hauptschule auch weiterhin einen attraktiven Zugang zu den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen zu ermöglichen und andererseits dem Anliegen der Einrichtungen des Gesundheits - wesens nach besserer Qualifikation der Ausbildungsabsolventen Rechnung zu tragen . So wurden bereits mit der bestehenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Krankenpflegehilfeausbildung der theoretische Unterricht und die praktische Ausbildung in der Krankenpflegehilfe ausgebaut. Parallel hierzu sind neue Wege zu erproben, wie der Bereich der pflegerischen Basisversorgung durch Krankenpflegehelfer/-innen entsprechend weiterentwickelt werden kann. Daher werden am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart, bei den Kreiskliniken Esslingen, an der Universitätsklinik Ulm und an der Oberschwabenklinik Modelle einer zweijährigen Gesundheits- und Krankenpflege - hilfeausbildung erprobt. Diese Modellkurse sollen Erkenntnisse darüber geben, welche weiteren Kompetenzen in einer auf zwei Jahre ausgedehnten Ausbildung erreichbar sind. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Kompetenzunterschiede gegenüber den einjährig ausgebildeten Kräften zugunsten der zweijährig ausgebildeten Modellschüler wesentlich größer ausfallen als angenommen. Zweijährig ausgebildete Kräfte könnten im Pflegeprozess eine größere Verantwortung als bisher übernehmen und für Arbeitgeber eine Erweiterung des Personaltableaus darstellen, mit dem der Pflegekräftebedarf gedeckt werden kann. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 10 Neben den gestuften aufeinanderfolgenden Qualifikationen und Entwicklungsmöglichkeiten , die je nach persönlicher Lebenssituation eine gute, zukunftssichere und ausbaufähige Perspektive bieten, und einer ausreichenden Anzahl an Ausbildungsplätzen strebt die Landesregierung an, die Attraktivität und das Ansehen der Pflegeberufe insgesamt zu steigern. Hierzu ist auf eine neue gesellschaftliche Anerkennung der Beschäftigten in der Pflege hinzuwirken. Eine Informationsund Werbekampagne für die Berufsgruppen, die in der Versorgung, Betreuung und Pflege tätig sind, ist ein Schritt, um dieses Ziel zu erreichen. Mit früheren Kampagnen, die eine ähnliche Zielrichtung verfolgten, wurden gute Erfahrungen gemacht. Die Kampagne soll über bisherige Kampagnen hinausgehen und für Pflegeberufe und für hauswirtschaftliche sowie soziale Berufe werben und die großen Leistungen und die fachliche und persönliche Kompetenz der Beschäftigten in diesen Berufen in der Öffentlichkeit darstellen und dadurch auf eine Steigerung des Ansehens dieser Berufe in der Bevölkerung hinwirken. Diese breitere Ausrichtung trägt der Tatsache Rechnung, dass der Pflege-, Betreuungs- und Versorgungsbereich nicht nur vor einer enormen quantitativen Herausforderung steht, sondern dass sich die Versorgungslandschaft auch qualitativ verändert. Die Informations- und Werbekampagne soll auch gezielt in Baden-Württemberg lebende Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen. Diese sind bisher in der Pflege unterproportional vertreten. Mehr und mehr nehmen ältere Migrantinnen und Migranten die Hilfe ambulanter Pflegedienste in Anspruch oder leben in stationären Pflegeeinrichtungen, weil sich auch hier die familiäre Versorgungs - situation wandelt. Mehr Personal mit Migrationshintergrund würde zudem die Pluralität unserer Gesellschaft in den Diensten und sozialen Einrichtungen besser widerspiegeln und einen wichtigen Beitrag zu deren interkulturellen Öffnung im Rahmen einer kultursensiblen Pflege leisten. 6. Welche Optimierungen und Verkürzungen konnten – sowohl innerhalb der Fort- und Weiterbildung selbst, als auch für ein FH-/BA-Studium – seit 2001 bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Pflegeberufe durch die Teilanrechnung der Funktionsausbildungsmodule Psychiatriepflege, Rehabilitationspflege , Nephrologische Pflege, Onkologische Pflege, Anästhesiepflege, OP-/Endoskopie-Pflege, Weiterbildung zur Pflegedienstleitung (PDL), Fortbildung zur PDL, Fortbildung zur Lehrerin/zum Lehrer für Pflegeberufe und FHStudium (8 Semester) erreicht werden? Schulische oder sonstige Leistungen eröffnen den Zugang zu einem Hochschulstudium , ersetzen es aber wegen ihrer völlig unterschiedlichen Ausrichtung nicht, und zwar auch nicht teilweise. Auch die berufliche Weiterbildung in der Zusammenschau mit einer mehrjährigen Berufspraxis kann das wissenschaftliche Profil eines Hochschulstudiums nicht ersetzen. Bei den genannten Weiterbildungen ist den Leitungen der Weiterbildungen die Möglichkeit eingeräumt worden, andere Weiterbildungen im Umfang ihrer Gleich - wertigkeit anzurechnen. Im Zuge der Umsetzung der Novelle zum Landeshochschulgesetz ist es gelungen, die genannten Weiterbildungen als der Meisterprüfung gleichwertige Fortbildungen zu qualifizieren, die zusammen mit einer beruflichen Vortätigkeit ein Hochschulstudium ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung ermöglichen. Ergänzend wird auf die Ausführungen in der Drucksache 14/565 verwiesen. 7. Welche Initiativen sind gegebenenfalls vorgesehen, um die Optimierung und Verkürzung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Pflegeberufe zu verbessern? Grundsätzlich liegt die Regelungskompetenz für die Ausbildungen in der Gesundheits - und Krankenpflege, in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und in der Altenpflege beim Bund. Die Bundesgesetze sowie die Eckpunkte der Bundund Länderarbeitsgruppe „Weiterentwicklung der Pflegeberufe“ sehen Anrechnungsmöglichkeiten für bestimmte Berufe bzw. im Umfang der Gleichwertigkeit vor. Eine Verkürzung im Bereich der dreijährigen Altenpflegeausbildung besteht mit einer erfolgreich abgeschlossen Altenpflegehilfeausbildung und einer Ab- 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 schlussnote von 2,5 oder besser. Hier kann direkt in das zweite Jahr der Altenpflegeausbildung eingestiegen werden. Bei den dem Landesrecht unterliegenden Fort- und Weiterbildungen in der Gesundheits - und Krankenpflege besteht ein Bedarf nach Überprüfung und Weiterentwicklung der Weiterbildungsangebote. Hintergrund ist, dass die derzeitigen 2-jährigen Weiterbildungsgänge nach den geltenden Weiterbildungsverordnungen als einheitliche berufsbegleitende Lehrgänge konzipiert sind. Die Weiterbildungskenntnisse stehen zur beruflichen Verwertung erst nach dem vollständigen Abschluss der Bildungsmaßnahme, dann aber vollständig, zur Verfügung. Diese Form der Weiterbildung wird von den Weiterbildungsbewerbern und von der Praxis als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Für die Weiterbildungsbewerber bedeutet vor allem das starre Zeitkorsett der Weiterbildung eine Hemmschwelle im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Eine Möglichkeit wird darin gesehen, Weiterbildungen zu modularisierten Angebotsformen weiterzuentwickeln. Im Bereich der Intensiv- und Anästhesiepflege werden daher an den Universitätskliniken Ulm, Tübingen und Freiburg ent - sprechende Modelle erprobt, die Aufschluss darüber erbringen sollen, wie Weiterbildungsangebote in Zukunft ausgestaltet werden können. Die Modelle sind im Herbst des Ausbildungsjahres 2010 gestartet. Durch die enge Verbindung von Klinikum und Fort- und Weiterbildungsstätte besteht die Möglichkeit, die Auswirkungen der einzelnen Modellschritte in Theorie und Praxis eingehend zu beobachten und gegebenenfalls zeitnah zu korrigieren. 8. Welche Möglichkeiten eines Hochschulstudiums werden im Bereich der Pflege im Land mit welchen Ausbildungskapazitäten derzeit angeboten? Welche Eingangsvoraussetzungen sind für die Zulassung zu diesen Studiengängen zu erfüllen und unter welchen Voraussetzungen kann es unter Anrechnung einer beruflichen Vorausbildung in der Pflege auch Bewerberinnen und Bewerber ohne Fachhochschul- oder Hochschulreife ermöglicht werden, solche Studiengänge zu belegen? Die Hochschulen in Baden-Württemberg bieten derzeit die nachfolgenden Stu - diengänge im Bereich Pflege an: Studiengang Hochschule Kapazität __________________________________________________________________________________________________________________________ Pflegewissenschaft (B. Sc.) Universität Freiburg 30 Pflegepädagogik (B. A.) Hochschule Esslingen 20 Pflege/Pflegemanagement (B. A.) Hochschule Esslingen 20 Pflegepädagogik (B. A.) Hochschule Ravensburg-Weingarten 30 Pflege (B. A.) ausbildungsorientierter SG Hochschule Ravensburg-Weingarten 30 Pflege (B. A.) ausbildungsorientierter SG Katholische Hochschule Freiburg n. a. 1 Soziale Arbeit in Pflege und Duale Hochschule Baden-Württemberg n. a. Rehabilitation (B. A.) Palliative Care (M. Sc.) berufsbgl., online Universität Freiburg n. a. Pflegewissenschaft (M. A.) Hochschule Esslingen 15 Die Zugangsvoraussetzungen entsprechen grundsätzlich den allgemeinen Regelungen (allgemeine Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife, für Masterstudium ein abgeschlossenes erstes Studium). Die Hochschulen können neben einer Hochschulzugangsberechtigung fachspezifische Nachweise verlangen, beispielsweise eine pflegerische Berufsausbildung. Dies ist bei den aufgeführten grundständigen pflegewissenschaftlichen Studiengängen regelmäßig der Fall. Einige Studienangebote verknüpfen eine berufliche Pflegeausbildung mit einem Studium (gekennzeichnet als „ausbildungsorientierter Studiengang“). _____________________________________ 1 n. a. = nicht angegeben Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 12 Bewerber und Bewerberinnen mit beruflicher Qualifikation in der Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Entbindungspflege, jeweils mit mittlerem Bildungsabschluss und einschlägiger abgeschlossener Berufsausbildung, können die Qualifikation für ein Studium in pflegewissenschaftlichen Studiengängen durch Bestehen einer besonderen Eignungsprüfung erwerben (vgl. § 59 Absatz 4 LHG). Die Hochschulen regeln die Einzelheiten durch Satzung. 9. Gibt es Angebote im Land, die im Bereich der Kranken- und Kinderkrankenpflege Assistenzberufe ausbilden (z. B. Verwaltungs-/Patientenbetreuungsassis - tenz auf den Stationen und/oder Serviceassistenz im Bereich der Patienten - ernährung)? Welche Konzepte liegen diesen Ausbildungen gegebenenfalls zugrunde ? Wie kann eine stärkere Differenzierung der Aufgaben der Pflege initiiert werden und welche weiteren Assistenzberufe könnten im Bereich der Kranken - und Altenpflege eine sinnvolle Ergänzung des Pflegeangebots sein? Zur Entlastung von Pflegekräften und als Ersatz für Zivildienstleistende gehen Kliniken im Land z. T. dazu über, Assistenzkräfte in den Bereichen Service und Patientenbetreuung einzusetzen. Zum Einsatz kommen hierbei insbesondere ausgebildete Hotelfachleute, aber auch Quereinsteiger nach einer Schulung. In dieser Weise werden zum Beispiel am Universitätsklinikum Heidelberg qualifizierte Hotelfachkräfte nach einer spezifischen Schulung im stationären Speisenmanagement und Patienten-Service eingesetzt. Hierdurch soll das Pflegefachpersonal entlastet , die Patienten- und Serviceorientierung gestärkt und die Patientenzufriedenheit verbessert werden. Bei diesen Schulungen handelt es sich aber nicht um staatlich geregelte Ausbildungen im Bereich der Krankenpflege, sondern um Qualifizierungen des Trägers nach den spezifischen Gegebenheiten seiner Einrichtung. In Ergänzung zu den Pflegeberufen im engeren Sinne (Altenpflege, Gesundheitsund Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie die Berufe in der Altenpflegehilfe und Krankenpflegehilfe) werden in Baden-Württemberg niederschwellige Ausbildungen im Vor- und Umfeld von Pflege, in denen Unterstützung , Service und Betreuung von Patienten und Pflegebedürftigen den Kern von Ausbildung und Einsatzfeld bilden, erprobt. Die Ausbildung zur „Staatlich anerkannten Alltagsbetreuerin“/zum „Staatlich anerkannten Alltagsbetreuer“ vermittelt Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten für die begleitende Unterstützung von Menschen mit Hilfebedarfen bei Alltagsverrichtungen und der Gestaltung des persönlichen Lebensumfeldes. Die Ausbildung befähigt dazu, in Einrichtungen und Diensten des Gesundheitswesens, der Altenhilfe und der Behindertenhilfe, in Wohngruppen und im häuslichen Bereich pflege- und betreuungsbedürftige Menschen aller Altersgruppen bei Alltagsverrichtungen unter Anleitung einer Fachkraft qualifiziert zu unterstützen und zu begleiten . Derzeit durchlaufen ca. 300 Schülerinnen und Schüler an 20 Schulen für Sozialpflege diese praxisorientierte Ausbildung. Praktische Ausbildungsstätte und späteres Tätigkeitsfeld liegen überwiegend in der Altenhilfe und Eingliederungshilfe . Sie arbeiten dort mit Pflegefachkräften zusammen und entlasten diese bei ihrer Tätigkeit. Der Ausbildung „Alltagsbetreuung“ gleichwertig ist das Konzept „Servicehelfer“ der Robert Bosch Stiftung, nach dem in den Bildungszentren des Wohlfahrtswerks und des Robert Bosch Krankenhauses unterrichtet wird. Praktische Ausbildungsstätte und späteres Tätigkeitsfeld liegen überwiegend im Krankenhausbereich und in der Altenhilfe. Die Ausbildung „Alltagsbetreuung“ ermöglicht auch Personen ohne Schulabschluss eine qualifizierte Berufsausbildung, die neben dem Berufsabschluss auch einen dem Hauptschulabschluss gleichwertigen Bildungsabschluss vermittelt. Damit können die Absolventinnen und Absolventen in die Altenpflege- oder Krankenpflegehilfeausbildung einsteigen oder bei entsprechender Eignung auch gleich in die Altenpflegeausbildung. Damit ist die Durchlässigkeit der Ausbildungen gesichert . Auch für die Servicehelfer bietet die Ausbildung einen Einstieg in die Pflegeausbildungen. 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 10. Welche Möglichkeiten des Einsatzes von alltagsunterstützender Technik gibt es derzeit? Welche technischen Entwicklungen können darüber hinaus in naher Zukunft zur Entlastung von Pflegenden im häuslichen Bereich und in den Pflegeeinrichtungen beitragen und wie wird sie die Erforschung und den Alltagseinsatz solcher technischen Unterstützungsangebote über die bereits in den Jahren 2010 und 2011 initiierten Maßnahmen hinaus fördern? Prinzipiell kann man drei Arten von technischen Unterstützungsmöglichkeiten unterscheiden: • Systeme, die direkt altersassoziierte oder sonstige körperliche oder kognitive Defizite kompensieren sollen (Hilfen für Seh- und Hörbehinderte, Gehhilfen, Erinnerungssysteme); • Systeme, welche die Selbstständigkeit und Teilhabe bei entsprechenden Defiziten unterstützen sollen (Mobilitätsdienste, Kommunikationssysteme, Manipulationsunterstützung ); • Systeme, die Hilfspersonen (professionelle oder informelle) bei ihren Arbeiten unterstützen sollen. Allgemein muss man feststellen, dass im Alltag heute neben den klassischen Hilfsmitteln (wie z. B. Rollatoren) kaum Ansätze eine große Anwendung gefunden haben . Die starke Forschungsaktivität im des „Ambient Assisted Living“ 2 wird sich voraussichtlich erst in einigen Jahren in neuen Produkten niederschlagen. In der ersten Kategorie sind insbesondere durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones in letzter Zeit erhebliche Anwendungspotenziale erschlossen worden . Dies gilt vor allem für jüngere Behinderte, z. B. für Blinde durch Sprachinteraktion , automatische Bilderkennung und Analyse wie z. B. Produktidentifika - tion, Möglichkeit per Internet und Videoübertragung Unterstützung durch sehende Hilfspersonen aus der Ferne anzufordern, Fußgänger-Navigation, etc. Ein weiteres sehr erfolgreiches Beispiel ist die Unterstützung von Personen mit autistischen Störungen durch Smartphones oder Tablets. Es ist zu erwarten, dass entsprechende Technologien in Zukunft mit zunehmenden Technologieerfahrungen der älteren Menschen – man beachte das überdurchschnittlich starke Wachstum der Internetnutzung bei Älteren – ihnen in verstärktem Maße auch bei nachlassenden Fähigkeiten zu Gute kommen werden. Ebenfalls in Zukunft erwartet werden Hilfsmittel für die Unterstützung bei nachlassender Muskelkraft (z. B. für ältere Arbeitnehmer in Montagearbeitsplätzen o. ä.), hier insbesondere Ansätze auf Basis von Exoskelett-Systemen oder ein - fache Unterstützungsroboter. Systeme in der zweiten Kategorie können weiter nach dem Anwendungsbereich unterschieden werden, z. B. in • Lösungen zum Erhalt der Mobilität, • Lösungen zur Kommunikation und zur Teilhabe in sozialen Netzwerken, • Lösungen zur Erhöhung der Sicherheit, • Lösungen zur Unterstützung der Gesundheit (z. B. Disease Management oder Prävention), und • Lösungen zur Unterstützung der häuslichen Versorgung. Einer ähnlichen Kategorisierung folgen zum Beispiel auch die thematischen Förderlinien im Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . _____________________________________ 2 „Ambient Assisted Living“ ist die Initiative „Assistierte Pflege von morgen – ambulante technische Unterstützung und Vernetzung von Patienten, Angehörigen und Pflegekräften“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1340 14 In der dritten Kategorie werden zurzeit vor allem folgende Anwendungsbereiche untersucht: • IT-Systeme zur Unterstützung der Pflegedokumentation (z. B. auf Basis von Spracherkennungstechnologien oder mobilen Informationssystemen) und zur Koordination von verschiedenen Akteuren in Pflegenetzwerken (z. B. über kontextsensitive Messaging-Dienste) • zukünftige Hausnotruf- und Servicerufsysteme mit passiver Alarmierung (automatischer Erkennung von interventionsbedürftigen Situationen) auf Basis ambienter (in die Umgebung integrierter) Sensorik • Systeme zur Unterstützung von Pflegekräften bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten (insbesondere technische Hebe- und Umlagerungshilfen) Hier sind in naher Zukunft neue Lösungen zur Entlastung von Pflegenden zu erwarten . Die Landesregierung fördert derzeit Forschungsvorhaben, die zum einen in der Umsetzung des Gutachtens von McKinsey/Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in der Fördermaßnahme „Medizin und Pflege“ mit Schwerpunkt „Ambient Assisted Living“ Technologien sowohl wirtschaftliche und wissenschaft - liche als auch pflegerische Aspekte aufgreifen und zum anderen im Rahmen des Modellprogramms Pflege in einem Transferprojekt „Pflege und Technik“ die Fragestellung verfolgen, wie AAL-Innovationen schneller bei den Betroffenen ankommen können. Die Förderlinien wurden in Antrag 15/1278 dargestellt. Die Forschungsvorhaben haben eine Laufzeit bis 2014 und 2015. Die Landes - regierung wird nach Auswertung der Ergebnisse der gegenwärtigen Förderlinien entscheiden, ob weitere Maßnahmen zur Unterstützung des Einsatzes alltagsunterstützender Technik notwendig sind. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice