Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1352 01. 03. 2012 1Eingegangen: 01. 03. 2012 / Ausgegeben: 28. 03. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist die aktuelle Ärzteversorgung im Landkreis Esslingen (aufgeschlüsselt nach Ärztegruppen und nach Gemeinden)? 2. Wie ist die demografische Entwicklung der Ärzte in a) Kliniken und b) niedergelassenen Praxen vor Ort? 3. Wie sieht die Perspektive der ärztlichen Versorgung im Landkreis Esslingen bis zum Jahr 2020 aus? 4. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und wie wird sich diese bis in das Jahr 2020 entwickeln? 28. 02. 2012 Kunzmann CDU Kleine Anfrage des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Ärzteversorgung im Landkreis Esslingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. März 2012 Nr. 52-01415/15/1352 beantwortet das Minis - terium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie ist die aktuelle Ärzteversorgung im Landkreis Esslingen (aufgeschlüsselt nach Ärztegruppen und nach Gemeinden)? a) Krankenhausärzte: Nach der Statistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg für das Jahr 2010 sind im Landkreis Esslingen 659 Ärzte im Krankenhaus tätig. Die Standorte der Kliniken sind: • Klinikum Esslingen in Esslingen • Paracelsus Krankenhaus in Ostfildern • Kliniken Kirchheim-Nürtingen- • Filderklinik in Filderstadt Plochingen mit Standorten in • Panoramaklinik in Esslingen Kirchheim, Nürtingen • Psychiatrische Tagesklinik in Nürtingen und Plochingen Eine Gliederung nach Ärztegruppen liegt nicht vor. b) Niedergelassene Ärzte: Die ambulante vertragsärztliche Versorgung ist im Landkreis Esslingen sicher - gestellt. Gemäß den Regelungsvorschriften für die Bedarfsplanung sind nach Beschlusslage des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 28. Februar 2012 für fast alle Arztgruppen Zulassungsbeschränkungen wegen rechnerischer Überversorgung angeordnet. Lediglich bei den Hausärzten sind aufgrund partieller Öffnung noch vier Niederlassungen bzw. Anstellungen möglich. Die Fach - ärzte konzentrieren sich gut erreichbar in den Mittelzentren Esslingen, Kirchheim und Nürtingen, aber auch auf den Fildern und am „Neckarknie“. Nur in den zwei Gemeinden Altdorf (1.463 Einwohner) und Ohmden (1.715 Einwohner) gibt es keine eigene Hausarztpraxis. Ort A llg em ei nä rz te , h au sä .In te rn is te n al le P sy ch ot he ra pe ut en A nä st he si st en A ug en är zt e C hi ru rg en Fr au en är zt e H al s- N as en -O hr en är zt e H au tä rz te In te rn is te n (fa ch är zt lic h) K in de r- u nd J ug en dä rz te N er ve nä rz te ,N eu ro lo ge n, Ps yc hi at er O rt ho pä de n R ad io lo ge n U ro lo ge n W ei t.( L ab or , M K G , P at ho lo ge n, ua ) G es am te rg eb ni s Aichtal 5 1 6 Aichwald 3 2 5 Altbach 3 3 Altenriet 1 1 2 Baltmannsweiler 2 1 3 Bempflingen 1 1 Beuren 2 2 Bissingen an der Teck 1 1 Deizisau 4 1 5 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 Denkendorf 7 1 1 9 Dettingen unter Teck 4 4 Erkenbrechtsweiler 2 2 Esslingen am Neckar 59 39 7 16 9 21 5 5 16 10 4 9 10 4 9 223 Filderstadt 27 8 2 5 5 3 1 3 2 4 2 1 1 1 65 Frickenhausen 5 1 1 1 8 Großbettlingen 2 2 Hochdorf 1 1 Holzmaden 3 3 Kirchheim unter Teck 31 8 6 3 7 7 3 5 4 3 7 3 4 3 3 97 Kohlberg 2 1 3 Köngen 5 4 9 Leinfelden- Echterdingen 19 8 3 1 4 2 3 5 1 3 2 1 16 68 Lenningen 4 4 Lichtenwald 1 1 Neckartailfingen 2 2 Neckartenzlingen 3 3 2 8 Neuffen 5 1 6 Neuhausen auf den Fildern 7 1 1 1 1 11 Notzingen 1 1 Nürtingen 24 12 7 2 11 4 2 7 3 3 5 4 2 6 92 Oberboihingen 2 2 Ostfildern 20 6 1 4 3 1 2 4 3 7 1 3 55 Owen 1 1 Plochingen 7 2 1 2 1 2 1 1 1 1 19 Reichenbach an der Fils 7 1 2 10 Schlaitdorf 1 1 Unterensingen 2 2 Weilheim an der Teck 8 3 2 2 15 Wendlingen am Neckar 8 1 1 1 3 1 2 1 2 1 21 Wernau (Neckar) 7 2 2 1 2 1 15 Wolfschlugen 5 5 Gesamtergebnis 304 106 14 34 26 63 21 18 35 37 26 28 28 13 40 793 Ort A llg em ei nä rz te , h au sä .In te rn is te n al le P sy ch ot he ra pe ut en A nä st he si st en A ug en är zt e C hi ru rg en Fr au en är zt e H al s- N as en -O hr en är zt e H au tä rz te In te rn is te n (fa ch är zt lic h) K in de r- u nd J ug en dä rz te N er ve nä rz te ,N eu ro lo ge n, Ps yc hi at er O rt ho pä de n R ad io lo ge n U ro lo ge n W ei t.( L ab or , M K G , P at ho lo ge n, ua ) G es am te rg eb ni s Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 4 2. Wie ist die demografische Entwicklung der Ärzte in a) Kliniken und b) niedergelassenen Praxen vor Ort? a) Krankenhausärzte: Die Verteilung der in Krankenhäusern tätigen Ärztinnen und Ärzte nach Altersgruppen stellt sich bundesweit wie nachfolgend dargestellt dar. Landesspezifische Zahlen liegen nicht vor. Quelle: Bundesärztekammer; Stationär tätige Ärztinnen und Ärzte nach Gebietsbezeichnungen und Altersgruppen am 31. Dezember 2010 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 b) Niedergelassene Ärzte: Der Anteil der über 60-jährigen Ärzte im Landkreis Esslingen liegt mit 29 % bei den Hausärzten und 18 % bei den Fachärzten im Bereich des Landesdurchschnitts . Die Altersstruktur wird sich in den nächsten Jahren entsprechend dem Landestrend entwickeln. Von der allgemeinen Nachwuchsproblematik ist perspektivisch fast jeder Stand - ort in Baden-Württemberg betroffen. 3. Wie sieht die Perspektive der ärztlichen Versorgung im Landkreis Esslingen bis zum Jahr 2020 aus? 29 % der Ärztinnen und Ärzte sind im Landkreis Esslingen über 60 Jahre alt. Wenn auch eine Prognose über die Entwicklung der ärztlichen Versorgung bis zum Jahr 2020 von vielen Faktoren abhängig ist, muss bei der aktuellen Nach - besetzungsquote nach Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg davon ausgegangen werden, dass in den nächsten fünf Jahren von den ausscheidenden Hausärzten (Vollendung des 65. Lebensjahres) voraussichtlich 29 keinen Praxisnachfolger finden werden. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass dies gemäß den zurzeit geltenden Bedarfsplanungsregelungen einem Versorgungsgrad von weiterhin ca. 100 % entsprechen würde und damit die Versorgung im Landkreis Esslingen auch perspektivisch gut wäre. Bei diesen Langzeitprognosen gilt nach den jetzigen Erkenntnissen die vorsichtige Annahme, dass künftig nur noch zwei von drei die Praxis abgebenden Hausärzten mit einer Nachfolgeregelung rechnen können. 4. Wie ist die aktuelle Notfallversorgung gestaltet und wie wird sich diese bis in das Jahr 2020 entwickeln? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte und der Rettungsdienst, dem die Rettungsleitstelle angehört, unterschiedliche Dienste mit unterschiedlicher Funktion darstellen, deren Wahrnehmung auch auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht. a) Vertragsärztlicher Notfall- bzw. Bereitschaftsdienst Der Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte stellt die ambulante ärztliche Versorgung in der sprechstundenfreien Zeit sicher und unterfällt dem Aufgaben - bereich der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 75 Absatz 1 SGB V), die hier im Rahmen ihrer Selbstverwaltung handelt. Der ärztliche Bereitschaftsdienst in Baden -Württemberg findet in historisch gewachsenen örtlich unterschiedlichen Organisationsstrukturen statt. In den derzeit über 400 Notfalldienstbezirken wird der Bereitschaftsdienst entweder in der Einzelpraxis, in Eigeneinrichtungen der Kassen - ärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, in zentralen Notfallpraxen von Ärzte - organisationen oder zentralen Notfallpraxen an den Krankenhäusern geleistet. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg ist der Landkreis Esslingen in 17 Notfalldienstbezirke untergliedert, davon 9 im Zuständigkeitsbereich der Ärzteschaft Esslingen sowie 8 im Bereich der Ärzteschaft Nürtingen. In beiden Zuständigkeitsbereichen sind darüber hinaus 4 gebietsärzt - liche Notfalldienste überregional eingerichtet. Es handelt sich hierbei um die Fachrichtungen Augenheilkunde, HNO, Gynäkologie und Kinderheilkunde. Im gesamten Landkreis Esslingen sind insgesamt 4 Notfallpraxen eingerichtet, sie befinden sich in Esslingen, Filderstadt, Nürtingen und Kirchheim unter Teck. Mittelfristig ist beabsichtigt, die Notfallpraxen Kirchheim, Nürtingen und Filderstadt organisatorisch zusammenzulegen. Grundsätzlich ist die Belastung durch Notfalldienste ein besonders wichtiges Entscheidungskriterium für die Niederlassung von jungen Ärztinnen und Ärzten speziell im ländlichen Raum. In diesem Zusammenhang wird durch die Kassenärzt - lichen Vereinigung Baden-Württemberg eine umfassende Gebietsreform angestrebt , mit dem Ziel die Anzahl der Notfalldienste je Ärztin und Arzt zu reduzie- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 6 ren. Dies wird zu einer deutlichen Reduzierung der bisherigen Zahl der Notfalldienstbezirke führen, zugleich aber auch den berechtigten Versorgungsinteressen der Versicherten Rechnung tragen. Die Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg favorisiert die Ansiedlung von Notfallpraxen an Krankenhäusern, allerdings wird das Konzept nicht allein auf ein starres, zentral ausgerichtetes flächendeckendes System ausgerichtet sein, sondern auch passgenaue Lösungen in den jeweiligen Bezirken ermöglichen. In einem strukturierten Verfahren soll die kommunale Ebene in die Entscheidungen in den einzelnen Gemeinden und Landkreisen mit einbezogen werden. b) Rettungsdienst Aufgabe des Rettungsdienstes ist nach § 1 des Rettungsdienstgesetzes Baden- Württemberg die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes zu sozial tragbaren Benutzungsentgelten. Gegenstand der Notfallrettung ist es, dabei Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen und unter fachgerechter Betreuung in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu befördern. Der Rettungsdienst wird nach Vereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg von den Rettungsdienstorganisationen (zum Beispiel dem Arbeiter-Samariter- Bund, dem Deutschen Roten Kreuz und seiner Bergwacht Württemberg, der Johanniter-Unfall-Hilfe und dem Malteser-Hilfsdienst) wahrgenommen. Nach dem vom örtlich zuständigen Bereichsausschuss beschlossenen Bereichsplan bestehen zur präklinischen Notfallversorgung der Menschen im Rettungsdienstbereich Esslingen die in der folgenden Übersicht „Vorhalt RTW und NEF“ aufgeführten rettungsdienstlichen Vorhaltungen. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1352 Diese Vorhaltungen gewährleisten ein hohes Versorgungsniveau. Die gesetzliche Hilfsfrist von 10 bis 15 Minuten in 95 % der Fälle ist nach den für den Rettungsdienstbereich mitgeteilten Daten im Jahr 2011 eingehalten. Bei der notärztlichen Hilfsfrist besteht dagegen noch Nachstellbedarf. Der Bereichsausschuss ist jedoch sensibilisiert und hat entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Verbesserungen sollen insbesondere durch die Standortverlegung des NEF-Plochingen (Wirkungs - beginn Dezember 2011) und den Ausbau des NEF-Standortes Ruit zu einem 24-Stunden-Standort (Wirkungsbeginn März 2012) erzielt werden. Die gesetzliche Hilfsfrist ist zentrales Qualitätskriterium, das durch den Bereichsausschuss als örtlich zuständiges Planungs- und Organisationsgremium dauerhaft gewährleistet werden muss. Angesichts der durch die demografische Entwicklung zu erwartenden steigenden Einsatzzahlen sowie sich ändernder Rahmenbedingungen infolge von Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen bei den medizinischen Einrichtungen wird dies zukünftig eine noch größere Herausforderung werden . Die Landesregierung geht jedoch davon aus, dass Baden-Württemberg im Rahmen der bewährten Strukturen der Selbstverwaltung im Rettungsdienst über ausreichend Potenzial verfügt, um dieser Herausforderung angemessen zu begegnen. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren