Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1384 07. 03. 2012 1Eingegangen: 07. 03. 2012 / Ausgegeben: 05. 04. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich aktuell die Situation der Ärzteversorgung im Landkreis Rottweil dar? 2. Sind Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Krankenhäuser und Arztpraxen vor Ort zu erkennen? 3. Kann sie eine Zukunftsperspektive bis zum Jahr 2025 für die ärztliche Versorgung – vor allem in Landkreisen mit hauptsächlich ländlichen Regionen wie Rottweil – geben? 4. Wie lang sind aktuell die Anfahrtszeiten des Rettungsdienstes im Notfall und wie werden sich diese voraussichtlich entwickeln? 5. Wie stellt sich aktuell die Situation der Notfallversorgung im Landkreis Rottweil dar, bewertet sie diese als ausreichend und wird hier eine Weiterentwicklung angestrebt? 06. 03. 2012 Teufel CDU Kleine Anfrage des Abg. Stefan Teufel CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Ärztliche Versorgung im Landkreis Rottweil Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1384 2 B e g r ü n d u n g Die ausreichende ärztliche Versorgung vor allem in Landkreisen mit ländlicher Struktur ist momentan noch gewährleistet. Jedoch sagen Prognosen weitreichende Engpässe und Probleme für die Versorgung auf dem Land voraus. Für die flächendeckende Versorgung von besonders großer Bedeutung ist die ambulante hausärztliche Versorgung, die besonders von der Nachwuchssorge betroffen ist. Um Daten für den Landkreis Rottweil zu erhalten und die Situation bzw. die Vorstellungen der Landesregierung zu diesem Thema besser erkennen zu können, dient diese Anfrage. A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. März 2012 Nr. 52-01415/15/1384 beantwortet das Minis - terium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie stellt sich aktuell die Situation der Ärzteversorgung im Landkreis Rottweil dar? a) Krankenhausärzte: Nach der Statistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg für das Jahr 2010 sind im Landkreis Rottweil 148 Ärzte im Krankenhaus tätig. b) Niedergelassene Ärzte: Die ambulante vertragsärztliche Versorgung ist im Landkreis Rottweil sichergestellt . Gemäß den zumindest noch bis 31. Dezember 2012 gültigen Regelungsvorschriften für die Bedarfsplanung sind nach Beschlusslage des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 28. Februar 2012 bis auf die Hausärzte – hier sind aufgrund partieller Öffnung noch vier Niederlassungen bzw. Anstellungen möglich – für alle Facharztgruppen Zulassungsbeschränkungen wegen rechnerischer Überversorgung angeordnet. Die Fachärzte konzentrieren sich gut erreichbar in den Mittelzentren Rottweil und Schramberg, aber auch nördlich im Bereich Oberndorf und Sulz. Lediglich in drei Gemeinden (Eschbronn, Villingendorf und Wellendingen) gibt es keine eigene Hausarztpraxis im Sinne eines vor Ort niedergelassenen Hausarztes, jedoch werden die Gemeinden Villingendorf und Wellendingen über Nebenbetriebsstätten hausärztlich versorgt. Die Versorgungsgrade betragen für den Landkreis Rottweil aktuell: Anästhesisten: 137,0 % Kinderärzte: 117,3 % Augenärzte: 127,3 % Nervenärzte: 151,5 % Chirurgen: 234,6 % Orthopäden: 132,6 % Fachärztl. Internisten: 178,6 % Psychotherapeuten: 144,7 % Frauenärzte: 110,2 % Radiologen: 207,3 % HNO-Ärzte: 125,1 % Urologen: 113,4 % Hautärzte: 147,5 % Hausärzte: 106,1 % 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1384 2. Sind Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Krankenhäuser und Arztpraxen vor Ort zu erkennen? 3. Kann sie eine Zukunftsperspektive bis zum Jahr 2025 für die ärztliche Versorgung – vor allem in Landkreisen mit hauptsächlich ländlichen Regionen wie Rottweil – geben? Zu 2. und 3.: a) Krankenhausärzte: Die Anzahl der Krankenhausärzte ist in den letzten Jahren annähernd gleich geblieben . Wesentliche Auswirkungen der demografischen Entwicklung sind nicht zu erkennen. b) Niedergelassene Ärzte: Der vergleichsweise hohe Anteil der über 60-jährigen Ärztinnen und Ärzte im Landkreis Rottweil (40 % bei den Hausärzten und 24 % bei den Fachärzten) gibt nach Auskunft der Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg Anlass, vo - rausschauend bzw. proaktiv rechtzeitig Sicherstellungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um auch künftig der Bevölkerung eine wohnortnahe Versorgung in zumutbarer Entfernung anbieten zu können. Bei dem von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg zum Einsatz kommenden Gesamtpaket an versorgungsadäquaten Sicherstellungsinstrumenten spielten zunehmend auch Nebenbetriebsstätten eine bedeutende Rolle. Mit diesem Leistungstransfer von der Haupt betriebsstätte in umliegende Versorgungsregionen könnten heutzutage immer öfter nicht wieder besetzbare Arztsitze durch Nebenbetriebsstätten kompensiert werden. Beispielhaft nennt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg hier die 1.655 Einwohner zählende Gemeinde Villingendorf, in der Ende 2011 das vor Ort tätige Arztehepaar die hausärztliche Versorgung eingestellt hat. Da kein Nachfolger gefunden werden konnte, um die Versorgungslücke für die davon im Einzugsgebiet betroffenen ca. 3.300 Einwohner zu schließen, konnte durch Bemühungen der Kassenärztlichen Vereinigung die an diesem Ort wegzubrechen drohende hausärztliche Versorgung dadurch gehalten werden, dass Ärzte aus der benachbarten Gemeinde Zimmern o. R. dort nahtlos eine Nebenbetriebsstätte eingerichtet haben. So war für die Bevölkerung Versorgungskontinuität vor Ort sichergestellt. Da sich auch im Landkreis Rottweil in den nächsten Jahren die Altersstruktur entsprechend dem Landestrend weiterentwickeln wird, könnte bis zum Jahr 2025 unter Berücksichtigung der allgemeinen Abgeber- und Nach wuchs - problematik bei Praxisübernahmen mit einem Rückgang von bis zu 15 Haus ärzten (von 89 Stand 26. Februar 2012) gerechnet werden. 4. Wie lang sind aktuell die Anfahrtszeiten des Rettungsdienstes im Notfall und wie werden sich diese voraussichtlich entwickeln? In Baden-Württemberg müssen nach dem Rettungsdienstgesetz Notarzt und Rettungswagen (RTW) in 95 % der Fälle im Zeitraum eines Jahres innerhalb von 10 bis 15 Minuten am Notfallort an der Straße eintreffen. Die gesetzliche Hilfsfrist ist dabei zentrale Vorgabe bei der Bedarfsplanung in der Notfallrettung, aus der sich der Ausbauzustand der bedarfsgerechten rettungsdienstlichen Vorhaltungen ableitet. Die Einhaltung der Hilfsfrist muss durch den Bereichsausschuss vor Ort planerisch und organisatorisch sichergestellt werden. Nach dem vom örtlich zuständigen Bereichsausschuss beschlossenen Bereichsplan bestehen zur präklinischen Notfallversorgung der Menschen im Rettungsdienstbereich Rottweil folgende rettungsdienstliche Vorhaltungen: Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1384 4 a) Notarztsysteme b) Rettungswachen Diese Vorhaltungen gewährleisten ein hohes Versorgungsniveau. Bei der gesetzlichen Hilfsfrist für RTW nimmt der Rettungsdienstbereich Rottweil mit einer Hilfsfristeinhaltungsquote von 96,85 % in Baden-Württemberg einen Spitzenplatz ein. Auch bei der Hilfsfrist für Notärzte ist der Rettungsdienstbereich mit einer Hilfsfristeinhaltungsquote von 94,20 % im Landesvergleich weit vorne. Die Sicherstellung der gesetzlichen Hilfsfrist wird angesichts der durch die demografische Entwicklung zu erwartenden steigenden Einsatzzahlen sowie sich ändernder Rahmenbedingungen infolge von Konzentrations- und Spezialisierungstendenzen bei den medizinischen Einrichtungen zukünftig eine noch größere Herausforderung werden. Die Landesregierung geht jedoch davon aus, dass Baden -Württemberg im Rahmen der bewährten Strukturen der Selbstverwaltung im Rettungsdienst über ausreichend Potential verfügt, um dieser Herausforderung begegnen zu können. 5. Wie stellt sich aktuell die Situation der Notfallversorgung im Landkreis Rottweil dar, bewertet sie diese als ausreichend und wird hier eine Weiterentwicklung angestrebt? Da die Situation im Bereich des Rettungsdienstes unter der Ziffer 4 beschrieben wurde, beschränkt sich die Stellungnahme zu dieser Frage auf den ambulanten ärztlichen Notfalldienst in der sprechstundenfreien Zeit. Die Organisation und Durchführung des allgemeinen ärztlichen Notfalldienstes erfolgt nach Maßgabe der Notfalldienstordnung der KV Baden-Württemberg. Kreisweit sind insgesamt vier Notfalldienstbezirke (Schramberg, Oberndorf, Rottweil sowie Sulz am Neckar mit den jeweils umliegenden Arztsitzen) eingerichtet. Zum 1. Mai 2012 ist nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg die Zusammenlegung der Notfalldienstbezirke Oberndorf und Sulz am Neckar über die Notfallpraxis am Krankenhaus Oberndorf geplant. Durch die Schließung des Krankenhauses in Schramberg soll die dort etablierte Notfall - praxis noch als Übergangslösung bis zur Neustrukturierung weitergeführt werden. Die drei Arztsitze in den Orten Schenkenzell und Schiltach nehmen gemeinsam mit den Ärzten in Alpirsbach, Landkreis Freudenstadt, kreisübergreifend am organisierten Notfalldienst teil. Über den allgemeinen ärztlichen Notfalldienst hinaus ist im Landkreis Rottweil ein gebietsärztlicher Notfalldienst eingerichtet, an dem acht Kinderärzte beteiligt seien. Standort Einsatzfahrzeuge Einsatzzeiten Jährliche VS Rottweil NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) 365 Tage/24 Stunden 8760 Schramberg NEF 365 Tage/24 Stunden 8760 Oberndorf NEF 365 Tage/24 Stunden 8760 Standort Einsatzfahrzeuge Einsatzzeiten Jährliche VS Rottweil RTW 1 RTW 2 365 Tage/24 Stunden 365 Tage/24 Stunden 8760 8760 Schramberg RTW 1 RTW 2 365 Tage/24 Stunden 365 Tage/24 Stunden 8760 8760 Oberndorf RTW 365 Tage/24 Stunden 8760 Sulz RTW 365 Tage/24 Stunden 8760 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1384 Grundsätzlich ist die Belastung durch Notfalldienste ein besonders wichtiges Entscheidungskriterium für die Niederlassung von jungen Ärztinnen und Ärzten speziell im ländlichen Raum. In diesem Zusammenhang wird durch die KV Baden- Württemberg eine umfassende Gebietsreform angestrebt, mit dem Ziel die Anzahl der Notfalldienste je Ärztin und Arzt zu reduzieren. Dies wird zu einer deutlichen Reduzierung der bisherigen Zahl der Notfalldienstbezirke führen, zugleich aber auch den berechtigten Versorgungsinteressen der Versicherten Rechnung tragen. Die KV Baden-Württemberg favorisiert die Ansiedlung von Notfallpraxen an Krankenhäusern, allerdings wird das Konzept nicht allein auf ein starres, zentral ausgerichtetes flächendeckendes System ausgerichtet sein, sondern auch passgenaue Lösungen in den jeweiligen Bezirken ermöglichen. In einem strukturierten Verfahren soll die kommunale Ebene in die Entscheidungen in den einzelnen Gemeinden und Landkreisen mit einbezogen werden. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren