Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 148 24. 06. 2011 1Eingegangen: 24. 06. 2011 / Ausgegeben: 25. 07. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Wasserqualität der fließenden und ruhenden Gewässer des Kreises Schwäbisch Hall? 2. Wie oft wird die Qualität der fließenden und ruhenden Gewässer im Kreis Schwäbisch Hall und landesweit überprüft? 3. Hat sie Überprüfungen nach dem EHEC-Erreger in baden-württembergischen Gewässern durchgeführt und wie sind diese Überprüfungen ausgefallen? 4. Soll nach dem Nachweis von EHEC-Erregern in einem Bach im Bundesland Hessen auch in Baden-Württemberg jetzt häufiger die Wasserqualität überprüft werden? 5. Wie schätzt sie die Gefahr einer Ausbreitung des EHEC-Erregers über das Gewässersystem ein? 6. Welche vorbeugenden Maßnahmen sollen zum Schutz der Wasserqualität ergriffen werden? 22. 06. 2011 Rüeck CDU Kleine Anfrage des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Wasserqualität fließender und ruhender Gewässer des Kreises Schwäbisch Hall Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 148 2 B e g r ü n d u n g Der Ausbruch von EHEC hat für große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung und insbesondere der Landwirte gesorgt. Nach dem Nachweis von EHEC-Erregern in einem fließenden Gewässer in Hessen besteht der Verdacht, dass sich die Erreger über den Wasserkreislauf verbreiten können. Die gute Wasserqualität ist von elementarer Bedeutung für die Menschen und trägt zum Sicherheits empfinden bei. Es muss abgeklärt werden, in welchem Zustand sich die fließenden und ruhenden Gewässer in Baden-Württemberg und insbesondere im Kreis Schwäbisch Hall befinden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 Nr. 5-0141.5/378/1 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren sowie dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über die Wasserqualität der fließenden und ruhenden Gewässer des Kreises Schwäbisch Hall? Die Bewertung der Gewässerqualität und damit auch des Teilaspekts Wasserqualität richtet sich nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie bzw. nach der Gewässerbeurteilungsverordnung des Landes. Für die Fließgewässer im Landkreis Schwäbisch Hall ergibt sich im Hinblick auf die Wasserqualität folgendes Bild: Die Wasserqualität in den Fließgewässern ist im Hinblick auf die meisten Güte - aspekte gut. So ist die Belastung durch biologisch abbaubare, sauerstoffzehrende Stoffe als Folge des hohen Standards bei der Abwasserreinigung relativ gering. Auch ergaben sich bei den meisten der untersuchten chemischen bzw. chemischphysikalischen Kenngrößen keine Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen oder Orientierungswerten. Ausnahmen ergeben sich bei den vorgefundenen Gehalten des Pflanzennährstoffs ortho-Phosphat-Phosphor. Diese weisen auf ein deutliches Eutrophierungspotenzial hin und werden Ziel von Minimierungsmaßnahmen in den nächsten Jahren sein. Außerdem werden in Kocher und Jagst zeitweise zu hohe Belastungen durch das Pflanzenschutzmittel Isoproturon vorgefunden, die auf Einträge aus der landwirtschaftlichen Anwendung zurückzuführen sind. Zu den Seen liegen keine Untersuchungsergebnisse vor. 2. Wie oft wird die Qualität der fließenden und ruhenden Gewässer des Kreises Schwäbisch Hall und landesweit überprüft? Die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz betreibt ein landesweites Messnetz (siehe Tabelle 1), um den chemischen und ökologischen Zustand der 159 Wasserkörper des Landes nach den Kriterien der Gewässerbeurteilungsverordnung repräsentativ zu bewerten. Zu den Überwachungsaufgaben gehört nicht, den hygienischen Zustand der Wasserkörper zu erfassen. Tabelle 1: Anzahl Untersuchungs- und Messstellen an Fließgewässern in Baden-Württemberg bzw. im Lkr. Schwäbisch Hall Qualitätskomponente Anzahl Untersuchungs-/Messstellen landesweit Lkr. SHA Biologisch Fische 254 16 Makrozoobenthos 857 23 Makrophyten/Phytobenthos 290 6 Phytoplankton 5 – physikalisch-chemisch bzw. chemisch ca. 160 3 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 148 Die Häufigkeit und die Intensität der Überwachung orientieren sich an den gebietsspezifischen Gegebenheiten, den wasserwirtschaftlichen Erfordernissen und an den Anforderungen an die zeitliche und räumliche Aussagesicherheit. Die Untersuchungsstellen für biologische Qualitätskomponenten werden in der Regel alle 3 bis 6 Jahre (Phytoplankton: jährlich) untersucht. Die Untersuchung physikalisch-chemischer bzw. chemischer Komponenten erfolgt je nach Messstelle jährlich fortlaufend oder alle 3 Jahre. Im Untersuchungsjahr werden in der Regel vierwöchentliche Einzelproben genommen. Der Untersuchungsumfang ist nach der Bedeutung des Gewässers und unter Berücksichtigung der lokalen Belastungssituation abgestuft. Untersucht werden landesweit die Seen, die unter die Wasserrahmenrichtlinie fallen sowie einzelne Seen im Rahmen von Schwerpunktprojekten. Die Seen des Landkreises Schwäbisch Hall fallen aufgrund ihrer geringen Größe nicht unter die Wasserrahmenrichtlinie und werden daher nicht untersucht. 3. Hat sie Überprüfungen nach dem EHEC-Erreger in den baden-württembergischen Gewässern durchgeführt und wie sind diese Überprüfungen ausgefallen? Bezeichnend für EHEC-Bakterien ist ihre relativ große Umweltstabilität und ihre gute Überlebensfähigkeit, z. B. auch im Wasser für Tage bis Wochen. Dies bedingt eine Risikoanalyse des Erregers bei Bade- und Oberflächengewässern. Zur weiteren Risikobewertung von E-Coli Bakterien verweisen wir auch auf die Ausführungen zur Frage 5. Grundsätzlich gilt, dass EHEC gleich welchen Serotyps im Verhältnis zu normalen E. coli in Gewässern in einer deutlich geringeren Konzentration vorkommen, sodass bei fehlendem Nachweis oder niedrigen Konzentrationen von E. coli das Vorhandensein von Toxin bildenden EHEC Stämmen unwahrscheinlich ist. Bei erhöhten Konzentrationen von E. coli kann es sinnvoll sein, zusätzliche Untersuchungen durchzuführen, wenn in einer Gemeinde eine hohe Zahl Erkrankter vorhanden ist und massive Abwassereinträge in das Gewässer erfolgt sind. Generell werden Fließgewässer als Vorfluter genutzt, d. h. die in Kläranlagen behandelten Abwässer sowie unbehandelte Mischgewässer werden regelmäßig oder durch Regen in die Fließgewässer eingeleitet. Daher ist in Fließgewässern prin - zipiell von Keimbelastungen in unterschiedlichem Ausmaß auszugehen. Die ständigen Veränderungen der mikrobiologischen Belastungssituation beeinträchtigen die Aussagekraft von Untersuchungsergebnissen. Vor dem Hintergrund der insgesamt geringen Fallzahl in BW kann jedoch davon ausgegangen werden, dass durch das aktuelle EHEC-Geschehen kein relevanter Eintrag von EHEC-Erregern in Fließgewässer erfolgte. Eine Gefährdung beim Baden durch EHEC-Keime in Schwimmbecken, Naturbadeteichen oder an ausgewiesenen Badestellen natürlicher Gewässer ist ebenfalls nicht wahrscheinlich. Es wurden in Baden-Württemberg keine Oberflächengewässer direkt auf EHEC überprüft. 4. Soll nach dem Nachweis von EHEC-Erregern in einem Bach im Bundesland Hessen auch in Baden-Württemberg jetzt häufiger die Wasserqualität überprüft werden? Für eine landesweite Überprüfung von Oberflächengewässern auf EHEC-Erreger besteht derzeit keine Veranlassung. 5. Wie schätzt sie die Gefahr einer Ausbreitung des EHEC-Erregers über das Gewässersystem ein? Die Gefahr einer Ausbreitung des EHEC-Erregers über das Oberflächenwasser ist als gering einzuschätzen. Natürliche Abbauprozesse in Fließgewässern und hohe Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 148 4 Verdünnungseffekte verhindern den Kontakt mit relevanten Konzentrationen pathogener Mikroorganismen über das Oberflächenwasser. Darüber hinaus wird Oberflächenwasser zum Zwecke des Badens oder des Bewässerns regelmäßig mikrobiologisch kontrolliert. Die entsprechenden Verordnungen (BadegVO) bzw. Regelwerke (DIN 19650) enthalten Richt- oder Grenzwerte, ab deren Überschreitung das Baden bzw. die Nutzung als Bewässerungswasser untersagt werden kann. Zudem wird im Zusammenhang mit der Risikobewertung von EHEC-Keimen in Gewässern auch auf ein Merkblatt des Umweltbundesamtes vom Juni 2011verwiesen. (http://www.umweltbundesamt.de/wasser/themen/ badebeckenwasser/empfehlungen.htm) 6. Welche vorbeugenden Maßnahmen sollen zum Schutz der Wasserqualität ergriffen werden? Zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz der Wasserqualität konzentrieren sich die Maßnahmen auf folgende Schwerpunkte: • Nitratbelastung des Grundwassers • Phosphatbelastung der Oberflächengewässer • Pflanzenschutzmittelbelastung der Oberflächengewässer Die durchzuführenden Maßnahmen werden nach der WRRL-Systematik in grund - legende, ergänzende und weitere ergänzende Maßnahmen unterschieden. Grundlegende Maßnahmen sind alle Maßnahmen, die sich im Sinne von Mindestanforderungen im Wesentlichen aus bisherigem EU-Recht und dessen Umsetzung in nationales Recht ergeben (Düngeverordnung, Pflanzenschutzgesetz, Pflanzenschutzanwendungsverordnung , Wassergesetz). Ergänzende Maßnahmen sind alle darüber hinausgehenden Maßnahmen; sie setzen sich aus den verpflichtend durchzuführenden Maßnahmen in den Wasserschutzgebieten (SchALVO) und aus den flächendeckend angebotenen freiwilligen Maßnahmen des MEKA zusammen. Diese Maßnahmen der baden-württember - gischen Agrarumweltprogramme sind je nach Ausrichtung sowohl grundwasserschonend als auch abflussmindernd. In Ergänzung eines Messprogramms der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) zur Pflanzenschutzmittelbelastung der Oberflächengewässer erfolgte eine vertiefte Fundaufklärung durch das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) im Kocher-Jagst-Gebiet, deren Ergebnisse in der Beratung zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser umgesetzt werden. Schwerpunkte sind dabei die sachgerechte Anwendung an Gewässern sowie die sachgerechte Reinigung der Feldspritzgeräte und die Entsorgung der Spritzbrühreste zur Vermeidung punktueller Einträge. Als vorbeugende Maßnahmen zur Reduzierung der Phosphatbelastung der Oberflächengewässer werden neben einer Intensivierung der Beratung, Veranstaltungen und Veröffentlichungen zum Thema Phosphatdüngung und Gewässerschutz sowie zur Kontrolle der Phosphatdüngepraxis weitere abflussmindernde Maß nahmen ergriffen wie z. B. die Erhöhung des Gehölzanteils in der Uferzone und zusätzliche erosionsmindernde Maßnahmen insbesondere auf erosionsgefährdeten Flächen. Als weitere ergänzende Maßnahmen werden in Baden-Württemberg seit 2010 vier Forschungs- und Beratungsprojekte im Bereich Landwirtschaft durchgeführt und vom Land gefördert. Zudem hat das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) in Karlsruhe in einem Merkblatt zur WRRL-Umsetzung in Baden-Württemberg die Maßnahmen, die zum Schutz der Wasserqualität ergriffen werden können, zusammengestellt und erläutert. Das Merkblatt wird demnächst gedruckt und im Rahmen der Beratungsarbeit den Landratsämtern zur Verfügung gestellt. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft