Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 161 28. 06. 2011 1Eingegangen: 28. 06. 2011 / Ausgegeben: 29. 08. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, dass die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Wider - stands“ zu Spenden auffordern und als Spendenadresse ein Konto des BUND Regionalverbands Stuttgart angeben? 2. Trifft es zu, dass der BUND als gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung anerkannt ist und entsprechende Privilegien wie die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden genießt, und wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund den Umstand , dass sich der BUND als Finanzierungsinstrument einer Bewegung zur Verfügung stellt, die ein klares Verhinderungsziel hat und dieses Ziel mit Methoden zu erreichen versucht, die in der Praxis nicht ausschließlich gewaltfrei sind? 3. Wie beurteilt sie es, dass die Gruppe „Aktive Parkschützer“ zu Spenden auf ein Konto des eingetragenen Vereins „Umkehrbar“ auffordert, dabei allerdings ausdrücklich anmerkt, dass „Für Überweisungen (…) keine Spendenbescheinigungen ausgestellt werden (können)“ und insofern auf einen Spendenanreiz verzichtet, den sich die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands “ offensichtlich über den BUND gesichert haben? 4. Ist sie der Auffassung, dass diese Finanzierungspraxis der sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ über den BUND mit den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung vereinbar ist? 28. 06. 2011 Rivoir SPD Kleine Anfrage des Abg. Martin Rivoir SPD und Antwort des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Das Gemeinnützigkeitsprivileg des Bunds für Umwelt und Naturschutz e. V. (BUND) vor dem Hintergrund seiner Inkasso-Funktion für die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 161 2 B e g r ü n d u n g Die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung und damit die Aufrechterhaltung der entsprechenden Privilegien für die begünstigte Organisation setzt voraus, dass sie sich in ihren Aktivitäten im Rahmen ihrer Satzung hält. Die Servicefunktion, die der BUND für die Spendeneinnahme der sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ übernommen hat, könnte jenseits der Grenzen liegen, die ihm seine Gemeinnützigkeit gebietet. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 17. August 2011 Nr. 3-S0171/162 beantwortet das Ministe - rium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Der Bund für Umwelt und Naturschutz e. V. – Regionalverband Stuttgart – (BUND) hat die Finanzverwaltung mit Schreiben vom 14. Juli 2011 von der Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 der Abgabenordnung (AO) entbunden. Ich frage die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ zu Spenden auffordern und als Spendenadresse ein Konto des BUND Regionalverbands Stuttgart angeben? Bisher war dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft nicht bekannt, dass die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ zu Spenden auf - fordern und als Spendenadresse ein Konto des BUND Regionalverbands Stuttgart angeben. 2. Trifft es zu, dass der BUND als gemeinnützig im Sinne der Abgabenordnung anerkannt ist und entsprechende Privilegien wie die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden genießt und wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund den Umstand, dass sich der BUND als Finanzierungsinstrument einer Bewegung zur Verfügung stellt, die ein klares Verhinderungsziel hat und dieses Ziel mit Methoden zu erreichen versucht, die in der Praxis nicht ausschließlich gewaltfrei sind? 3. Wie beurteilt die Landesregierung es, dass die Gruppe „Aktive Parkschützer“ zu Spenden auf ein Konto des eingetragenen Vereins „Umkehrbar“ auffordert, dabei allerdings ausdrücklich anmerkt, dass „Für Überweisungen (…) keine Spendenbescheinigungen ausgestellt werden (können)“ und insofern auf einen Spendenanreiz verzichtet, den sich die sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ offensichtlich über den BUND gesichert haben? 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass diese Finanzierungspraxis der sogenannten „Parkschützer – Das Netzwerk des Widerstands“ – über den BUND mit den Anforderungen an die Gemeinnützigkeit vereinbar ist? Die Fragen 2 bis 4 werden gemeinsam beantwortet. Es trifft zu, dass der BUND eine gemeinnützige Körperschaft im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist und damit den Regelungen der §§ 51 bis 68 AO unterliegt. Gem. § 63 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 161 steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Steuervergünstigung enthält. Anlässlich diverser Spendenaufrufe und der vorliegenden Landtagsanfrage hat das zuständige Finanzamt die steuerlichen Verhältnisse des BUND im Zusammenhang mit den Aktivitäten zu Stuttgart 21 geprüft. Ein Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht konnte hierbei nicht festgestellt werden. Der Umstand, dass nicht gemeinnützige Organisationen zu Spenden an eine ge - meinnützige Organisation aufrufen, verstößt nicht gegen das Gemeinnützigkeitsrecht . Hiervon zu trennen ist die Frage der Mittelverwendung bei der gemeinnützigen Organisation. Soweit die aufgrund der Spendenaufrufe erhaltenen Spenden entsprechend den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben des BUND verwendet werden, begegnet der Vorgang keinen Bedenken. Das Handeln des BUND innerhalb des losen Zusammenschlusses „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“ ist aufgrund des Mitwirkens an der Bauleit- und Verkehrsplanung (ggf. auch mittels Demonstrationen) und der ökologischen Dimension des Projektes Stuttgart 21 für die Region Stuttgart noch vom Satzungszweck des BUND und dem gemeinnützigen Zweck „Förderung des Umweltschutzes“ gedeckt. Soweit in diesem Rahmen auch eine politische Tätigkeit entfaltet wird, ist diese unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit nach den Verhältnissen des Einzelfalls zwangsläufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenüber der Förderung des gemeinnützigen Zwecks in den Hintergrund tritt. Dies ist im Fall des BUND ebenfalls noch zu bejahen. Eine Körperschaft ist dann nicht mehr gemeinnützig, wenn sie sich bei ihrer Betätigung nicht im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung hält oder gegen verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten richtet (BFH vom 16. Oktober 1991, BFH/NV 1992 S. 505). Gewaltfreier Widerstand, wie z. B. Sitzblockaden, gegen geplante Maßnahmen des Staates verstößt grundsätzlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Bundesverfassungsgerichts-Beschluss vom 10. Januar 1995, NJW 1995, 1141). Soweit es im Rahmen von Demonstrationen oder anderen Aktionen zu strafrechtlich relevanten Gewalttätigkeiten kommt, ist ein eigenmächtiges Handeln nicht vertretungsberechtigter Personen einer gemeinnützigen Körperschaft dieser nicht als gemeinnützigkeitsschädlich zuzurechnen. Gegen ein insoweit gemeinnützigkeitsschädliches Handeln des BUND spricht, dass sich der BUND von gewalt - samen Aktionen distanziert hat (vgl. Spiegel Online Politik vom 24. Juni 2011). Hinsichtlich der Frage einer gemeinnützigkeitsrechtlich schädlichen Mittelverwendung hat die Sachverhaltsermittlung ergeben, dass seitens des BUND die eingeworbenen Mittel nur für Sachkosten des Aktionsbündnisses oder andere eigene Zwecke verwendet wurden. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass sich die „Parkschützer – Netzwerk des Widerstands“ über den BUND finanzieren. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass allgemein Mittel zur freien Verwendung an Mitglieder des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“ oder außen stehende Gruppen, die sich gegen Stuttgart 21 wenden, weitergeleitet wurden. Rust Staatssekretär