Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 1873 19. 06. 2012 1Eingegangen: 19. 06. 2012 / Ausgegeben: 06. 08. 2012 G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . F ö r d e r u n g d e s S p o r t s a n K i n d e r t a g e s s t ä t t e n u n d S c h u l e n 1. Wie viele Kooperationen bestehen zwischen Kindertagesstätten bzw. Grundund weiterführenden Schulen und Sportvereinen? 2. Wie werden diese Kooperationen gegebenenfalls finanziell unterstützt und ist ein Ausbau dieser Kooperationen vorgesehen? 3. An wie vielen Grundschulen werden weniger als die drei bzw. mehr als die drei nach Kontingentstundentafel vorgesehenen Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden unterrichtet? 4. Wie viele Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden werden an Grundschulen fachfremd erteilt? 5. Welche Maßnahmen bestehen zur Nachqualifizierung fachfremd Unterrichtender und wie viele Lehrkräfte haben an diesen Maßnahmen bereits teilgenommen? 6. Bestehen bereits Maßnahmen, die eine sport- und bewegungsfreundliche Profilierung von Kindertagesstätten bzw. Grund- und weiterführenden Schulen ermöglichen ? 7. Ist ein Ausbau dieser Maßnahmen vorgesehen? 8. Können weitere Stunden der Kontingentstundentafel zum Angebot zusätzlicher Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden an Grund- und weiterführenden Schulen eingesetzt werden? 9. Welche zusätzlichen Lehrerwochenstunden werden den Schulen mit Ganztagsbetrieb für Sport zur Verfügung gestellt werden? Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung Die Bedeutung des Sports in unseren Schulen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 2 10. Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass Sportmentoren weitere Bewegungsmöglichkeiten an Grund- und weiterführenden Schulen anbieten? 11. Welche Programme stehen zur Finanzierung von weiteren außerunterricht - lichen bewegungsorientierten Betreuungsangeboten an Schulen darüber hinaus zur Verfügung? 12. Wie viele Grundschulen machen Bewegungsangebote über den Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht hinaus (differenziert nach verbindlichen und freiwilligen Angeboten)? 13. Wie viele Grund- und weiterführende Schulen machen Bewegungsangebote innerhalb des Jugendbegleiterprogramms? 14. Wie viele dieser Schulen kooperieren innerhalb des Programms mit Sportvereinen ? 15. Wie viele Grundschulen bieten eine tägliche Sport- und Bewegungsstunde an? 16. In welchen Schritten ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an allen Grundschulen geplant? 17. Welche Ressourcen können in den Schuljahren 2012/2013 bis 2015/2016 da - für zur Verfügung gestellt werden? 18. Bestehen bereits personelle Strukturen zur Beratung und Begleitung von Grundschulen bei der Einführung der täglichen Sport- und Bewegungsstunde? I I . B e r ü c k s i c h t i g u n g w i s s e n s c h a f t l i c h e r E r k e n n t n i s s e i n d e r S c h u l s p o r t g e s t a l t u n g 1. Inwieweit finden die Empfehlungen von Wissenschaftlern Berücksichtigung, den Schultag an Grund- und weiterführenden Schulen, insbesondere Ganztagsschulen , mit Hilfe täglicher Bewegungs- und Sportzeiten zu rhythmisieren und aufzuwerten? 2. Bestehen bereits Strukturen zur Beratung und Begleitung, insbesondere von Ganztagsschulen, hinsichtlich einer Umsetzung dieser Empfehlung? 3. Inwieweit werden Lehrkräfte und Erzieherinnen bzw. Erzieher über die neuen Erkenntnisse im Hinblick auf den positiven Zusammenhang von Bewegung und exekutiven Gehirnfunktionen informiert? 4. Inwieweit finden diese neuen Erkenntnisse bei der Ausbildung von Erzieherinnen bzw. Erziehern und Lehrkräften Berücksichtigung? 18. 06. 2012 Schmiedel, Wölfle und Fraktion B e g r ü n d u n g Neue Erkenntnisse aus der Neurophysiologie unterstreichen die Bedeutung der exekutiven Funktionen (Arbeitsgedächtnis, Fähigkeit zur Selbstkontrolle, kogni - tive Flexibilität), derjenigen Funktionen also, die das eigene Denken, die Aufmerksamkeit , das Verhalten sowie die eigenen Emotionen gezielt steuern: Sie sind für die schulische Lernleistung während der gesamten Schulzeit von zen - 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 traler Bedeutung und sagen bei Schuleintritt mehr über die schulischen Lernleis - tungen voraus als die Schreib- oder Rechenfähigkeit oder der Intelligenzquotient (IQ). Neuere Untersuchungen unterstreichen die Bedeutung der exekutiven Funktionen auf die sozial-emotionale Entwicklung: Kinder, die ihr Verhalten besser kontrollieren können, sind – unabhängig von ihrem IQ und der sozialen Schichtzugehörigkeit ihrer Eltern – als Erwachsene wohlhabender, gesünder und weniger häufig straffällig als Erwachsene, die in ihrer Kindheit über eine schlechter ausgebildete Selbstkontrolle verfügen. Exekutive Funktionen lassen sich körperlich trainieren und verbessern. So wurde bereits mehrfach nachgewiesen, dass körperliche Fitness in einem positiven Zusammenhang mit exekutiven Funktionen steht. Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass Schülerinnen und Schüler nach dem Sportunterricht Störreize im Vergleich zu einer Ruhebedingung besser ausblenden und sich damit besser auf ihre aktuellen Aufgaben konzentrieren können, was wiederum in positivem Zusammenhang zur schulischen Lernleistung steht. Ein Aufgreifen der Möglichkeiten einer gezielten und frühzeitigen Förderung der exekutiven Funktionen durch möglichst tägliche Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote – auch bereits im Rahmen einer frühkindlichen Bildung – erscheint neben der allgemein bekannten positiven Effekte auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen vor diesem Hintergrund dringend notwendig. Zur Herstellung einer verbesserten Ausgangssituation im Sinne einer echten Chancengleichheit müssen diese täglichen Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote vor allem an Schulen und Kindertagesstätten angesiedelt sein. A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 24. Juli 2012 Nr. 6821.: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 4 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 Nr. 52-6860.0/948/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: I . F ö r d e r u n g d e s S p o r t s a n K i n d e r g ä r t e n u n d S c h u l e n 1. Wie viele Kooperationen bestehen zwischen Kindertagesstätten bzw. Grundund weiterführenden Schulen und Sportvereinen? Das baden-württembergische Kooperationsprogramm Schule – Sportverein wird bereits seit Jahren erfolgreich durch die Vereine und Schulen in Partnerschaft umgesetzt . Es fördert seit 1987/1988 gemeinsam von Schule und Sportverein durchgeführte und langfristig angelegte Spiel-, Übungs- und Trainingsgruppen in den verschiedensten Sportarten und auf unterschiedlichstem Leistungsniveau. Aus den für die Kooperation Schule – Sportverein zur Verfügung stehenden Mitteln werden auch folgende Bereiche gefördert: – Durchführung zusätzlicher Schülermentorenlehrgänge – Kooperationsmaßnahmen Schule – Verein – Kindergarten – Kooperationsmaßnahmen berufliche Schule – Verein – Betrieb – innovative und integrative Projekte. Damit können die verschiedenen Schularten gemeinsam mit den beteiligten Vereinen passende Schwerpunkte setzen. Im laufenden Schuljahr 2011/2012 wurden insgesamt 5.246 Kooperationsmaßnahmen beantragt. Hiervon werden insgesamt 4.353 Kooperationen zwischen Kindertagesstätten /Kindergärten bzw. Schulen und Sportvereinen bezuschusst. Darüber hinaus erhalten alle gemeldeten Kooperationen, also auch Maßnahmen, die keinen Zuschuss erhalten, den Versicherungsschutz gemäß Sportversicherungsvertrag bzw. über die gesetzliche Unfallversicherung der Schulen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass manche Kooperationsmaßnahmen auch ohne finanzielle Förderung dennoch stattfinden. Diese sind allerdings in der folgenden Auflistung der im Schuljahr 2011/2012 geförderten Maßnahmen nicht erfasst. Tab. 1: Geförderte Maßnahmen im Schuljahr 2011/2012 differenziert nach Schularten Die Kooperationsmaßnahmen finden in der Regel zusätzlich zum bestehenden Vereinsangebot über das ganze Schuljahr wöchentlich mindestens einstündig oder 14-tägig mindestens zweistündig statt. Ausnahme sind die s. g. Saisonsportarten, die auch über einen begrenzten Zeitraum oder im Rahmen von Projekttagen o. ä. als Schulsportprojekte durchgeführt und bezuschusst werden können. Schularten Anzahl der bezuschussten Maßnahmen Grundschule 2098 GHS/GS/GHWRS 849 Gymnasien 467 Realschulen 331 Förderschulen 228 Sonderschulen 93 Berufliche Schulen 33 Kindergarten 93 Bildungszentren 161 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 2. Wie werden diese Kooperationen gegebenenfalls finanziell unterstützt und ist ein Ausbau dieser Kooperationen vorgesehen? Die Zuschusshöhe beträgt im Schuljahr 2011/2012 360 € pro Kooperation. Für Maßnahmen mit Sonderschulen beträgt der Zuschuss 460 €. Kooperationsmaßnahmen in Saisonsportarten im Umfang von 20 bis 29 Stunden werden mit 180 € bzw. 230 € und Kooperationsmaßnahmen ab einem Umfang von 30 Stunden mit 360 € bzw. 460 € bezuschusst. Das Gesamtvolumen der bezuschussten Maßnahmen im Schuljahr 2011/2012 beträgt 1.582.450,00 €. Folgende Tabelle zeigt eine Auflistung der Anzahl der Zuschüsse differenziert nach den Sportbünden: Tab. 2: Anzahl der Zuschüsse differenziert nach Sportbünden Ab dem Kindergartenjahr 2012/2013 werden alle drei Sportbünde Baden-Württembergs das Sonderprojekt Kooperation Kindergarten – Sportverein verstärkt unterstützen. Dieses Projekt steht allen Kindertageseinrichtungen offen. In der Fortschreibung des Solidarpakts, dem Solidarpakt II, wurden die Mittel für Kooperationsmaßnahmen Schule – Sportverein erhöht. Darüber hinaus wurde im Solidarpakt II fixiert, dass im Jugendbegleiterprogramm verstärkt sportaffine Schulen Berücksichtigung und damit das Kooperationsbudget dieses Programms nutzen können. 3. An wie vielen Grundschulen werden weniger als die drei bzw. mehr als die drei nach Kontingentstundentafel vorgesehenen Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden unterrichtet? Der Stundenumfang einzelner Fächer bzw. Fächerverbünde wird im Rahmen der amtlichen Schulstatistik nicht erhoben. Im Zeitraum 14. November bis 16. Dezember 2011 wurde durch das Kultusminis - terium eine Befragung aller Grundschulen zur Verankerung von Bewegung, Spiel und Sport an Grundschulen durchgeführt. Es nahmen 1.376 Grundschulen an dieser Befragung teil, was einer Rücklaufquote von 55,7 % entspricht. Diese Befragung erbrachte das Ergebnis, dass 105 der 1.376 teilnehmenden Grundschulen (rund 8 %) im Schuljahr 2011/2012 mehr als drei von einer Lehrkraft unterrichtete Stunden „Bewegung, Spiel und Sport“ pro Woche anbieten, davon • 37 eine vierte Stunde „Bewegung, Spiel und Sport“ in einer Klassenstufe, • 31 eine vierte Stunde „Bewegung, Spiel und Sport“ in zwei Klassenstufen, • 10 eine vierte Stunde „Bewegung, Spiel und Sport“ in drei Klassenstufen, • 27 eine vierte Stunde „Bewegung, Spiel und Sport“ in allen vier Klassenstufen. Dieser zusätzliche Unterricht im Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ wurde einerseits durch zusätzliche Lehrerzuweisungen • für ergänzende Angebote der Kontingentstundentafel oder • für Ganztagsangebote (vgl. Frage I. 9.) abgedeckt. Andererseits wurden durch organisatorische Maßnahmen direkt an den Schulen (z. B. eine teilweise Zusammenlegung kleiner Sportgruppen) zusätzliche Kapazitäten geschaffen. Kooperationszuschüsse Zuschuss 180 € Zuschuss 230 € Zuschuss 360 € Zuschuss 460 € Gesamt Kooperationen WLSB 39 1 1952 216 2208 Karlsruhe 25 0 1054 44 1123 Freiburg 44 2 884 92 1022 Gesamt 108 3 3890 352 4353 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 6 An rund 14 % der teilnehmenden Grundschulen werden als Ergebnis der Befragung weniger als drei Stunden „Bewegung, Spiel und Sport“ unterrichtet. 4. Wie viele Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden werden an Grundschulen fachfremd unterrichtet? Zum fachfremden Unterricht liegen keine Statistiken vor. Grund- und Hauptschullehrkräfte unterrichten an der Grundschule nach dem sogenannten „Klassenlehrerprinzip“ auch Fächer bzw. Fächerverbünde, die sie nicht studiert und mit Prüfung abgeschlossen haben. Würde der fachspezifische Ansatz konsequent auf die einzelnen Fächer bzw. Fächerverbünde umgesetzt werden, so würde dies zu einem grundschulpädagogisch nicht gewünschten Fachlehrerunterricht führen. Lehrkräfte erwerben zusätzliche Kompetenzen durch Fort- und Weiterbildung , unabhängig davon, welches Fach bzw. welcher Fächerverbund studiert wurde. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass insbesondere im Grundschulbereich der alleinige Blick auf ein Studien- und Prüfungsfach Sport zu kurz greift. So unterrichtet an Grundschulen ein nicht unerheblicher Teil von Lehrkräften, die zwar das Fach Sport nicht studiert haben, aber durch ihre tägliche Arbeit in Verbindung mit verschiedenen – eigens für diese Zielgruppe konzipierten – zentralen Fortbildungsangeboten am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) und dezentralen Fortbildungsreihen auf Ebene der unteren Schulaufsicht für den Unterricht im Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ qualifiziert wurden. Ein Teil dieser Lehrkräfte besitzt zudem eine Übungsleiterlizenz eines Sportfachverbandes . Der Einsatz der Lehrkräfte an einer Schule ist Aufgabe der Schulleitung. Sie ist für die Verteilung der Lehraufträge ihrer Schule unter Berücksichtigung aller Unterrichtsfächer zuständig. Die Schulleitung muss den Grundschulunterricht insgesamt so organisieren, dass er den vorgegebenen hohen Qualitätsstandards und dem ganzheitlichen Ansatz der aktuellen Grundschulpädagogik (z. B. Klassenlehrerprinzip ) gerecht werden kann. Entscheidend dabei ist die Unterrichtsqualität insgesamt und nicht, ob ein Fach studiert und mit Prüfung abgeschlossen wurde. Die in Frage I. 3. angeführte Befragung aller Grundschulen hat ergeben, dass im Schuljahr 2011/2012 48 % aller Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden von Lehrkräften unterrichtet werden, die das Fach Sport nicht studiert und mit Prüfung abgeschlossen haben. Um der besonderen Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für die Gesundheit und die ganzheitliche Bildung in der Grundschule gerecht zu werden, ist das Kultusministerium allerdings bestrebt, schrittweise im Fächerverbund „Bewegung , Spiel und Sport“ vermehrt speziell dafür ausgebildete Lehrkräfte einzusetzen . Dies geschieht einerseits dadurch, dass verstärkt darauf geachtet werden soll, dass Lehrkräfte mit Facultas Sport vor Ort an den Schulen auch tatsächlich im Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ eingesetzt werden. Andererseits erfolgen zur Qualifizierung von Lehrkräften für den Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ entsprechende Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Diese werden am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) konzipiert , zentral durchgeführt und dezentral gesteuert (s. auch Antwort zu Frage I. 5.). 5. Welche Maßnahmen bestehen zur Nachqualifizierung fachfremd Unterrichtender und wie viele Lehrkräfte haben an diesen Maßnahmen bereits teilgenommen ? Der Einsatz von Lehrkräften ohne Facultas Sport ist aufgrund des Klassenlehrerprinzips ein Spezifikum der Grundschule. Zur Unterstützung der Schulen und Weiterqualifizierung der Lehrkräfte finden jährlich mindestens zwei für die Zielgruppe „Fachfremde“ konzipierte zentrale Fortbildungsveranstaltungen im Umfang eines je 4-tägigen Grund- und Aufbaulehrgangs am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) in 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 Ludwigsburg statt. Jährlich besuchen ca. 120 Lehrkräfte diese Fortbildungen. Das Kursangebot ist zahlenmäßig am regelmäßigen Bedarf ausgerichtet. Bei stärkerer Nachfrage wird durch das LIS kurzfristig und flexibel reagiert und ein zusätz - licher Fortbildungskurs in das Programm aufgenommen. Daneben werden auch dezentral an den Staatlichen Schulämtern spezielle Fortbildungen für diesen Personenkreis angeboten, die sich inhaltlich und im Umfang an den genannten LIS-Fortbildungen orientieren. Diese dezentralen Fortbildungen werden von durch das LIS ausgebildeten Multiplikatoren geleitet und von den Regionalteams Sport auf Schulamtsebene organisiert. Die Anzahl der jährlichen Fortbildungen und Teilnehmer wird nicht erhoben. Zum Erwerb der zur Erteilung von Schwimmunterricht notwendigen Rettungsfähigkeit bietet das LIS jährlich bedarfsgerecht zentral 5 bis 6 Fortbildungen an, die von ca. 150 Lehrkräften besucht werden. Diese Fortbildungen werden hauptsächlich von fachfremd unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrern wahrgenommen . Jährlich finden auch dezentral ca. 25 Fortbildungen zur Rettungsfähigkeit mit ca. 380 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Staatlichen Schulämtern statt, die vom LIS in Kooperation mit der Unfallkasse Baden-Württemberg finanziell unterstützt werden. Für diese Fortbildungen wurden seitens des LIS entsprechend Multiplikatoren ausgebildet. Seit 2009 können Lehrkräfte an Grundschulen ohne Facultas Sport durch das LIS zu Lehrkräften mit der Lehrbefähigung für den Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ weitergebildet und zertifiziert werden. Hierzu erstellen interessierte Lehrkräfte ein Fortbildungsportfolio, das entsprechend erbrachte Fortbildungs - leis tungen bzw. Unterrichtsbewährung dokumentiert. Dieses wird beim LIS eingereicht . Die Lehrkräfte erhalten dann Rückmeldung, welche Fortbildungsmodule noch fehlen, um das Zertifikat „Lehrbefähigung für den Fächerverbund ‚Bewegung , Spiel und Sport‘ “ zu erhalten. Das Zertifikat wird durch das LIS bei Nachweis von grundschulbildungsrelevanten Aus- und Fortbildungen und entsprechender Unterrichtserfahrung in einem Gesamtumfang von mind. 150 Stunden vergeben . Dies entspricht quantitativ den zu leistenden Semesterwochenstunden für ein „affines“ Fach im Rahmen der Ausbildung an einer pädagogischen Hochschule. Verbindlich vorgegeben ist dabei die Teilnahme an den beschriebenen zentral am LIS oder dezentral an den Staatlichen Schulämtern angebotenen Fortbildungen. Dieses Modul umfasst 75 Stunden. Um dem Stellenwert langjährigen und erfolgreichen Unterrichtens Rechnung zu tragen, wird ein Schulleitergutachten ebenso mit 75 anzurechnenden Stunden gewichtet . Bestandteil des Schulleitergutachtens muss dabei eine Unterrichtsmitschau sein, zu der bei Bedarf auch Fachvertreter des Regionalteams Sport herangezogen werden können. Weitere Module, die ins Portfolio aufgenommen werden können, sind • die Vorlage einer gültigen Übungsleiterlizenz der Sportfachverbände (gewichtet mit bis zu 50 Stunden) in Kombination mit einem Zusatzlehrgang im Umfang von 25 Stunden am LIS oder dezentral, • zentrale Fortbildungsmaßnahmen am LIS (1,5 Tage gewichtet mit 12 Stunden), • dezentrale Fortbildungsmaßnahmen auf Ebene der Schulämter (0,5 Tage mit 4 Stunden gewichtet), • schulnahe Fortbildungen (Gewichtung nach Umfang) und • Fortbildungen freier Träger (Gewichtung nach Umfang). Die genannten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für fachfremd unterrichtende Lehrkräfte an Grundschulen sind zentrale Instrumente der Schul- und Personalentwicklung . So bietet die Zertifizierung von Lehrkräften durch das LIS ein hilfreiches Instrument, indem neben einem breiten, speziell konzipierten Fortbildungsangebot für jede Lehrkraft ein persönliches Fortbildungsportfolio erstellt wird. Somit können Lehrkräfte und Schulleitungen eine angemessene zusätzliche Qualifizierung für den Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ passgenau planen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 8 Seit Einführung der Möglichkeit einer Zertifizierung von fachfremden Lehrkräften 2009 wurden insgesamt 45 Lehrerinnen und Lehrer entsprechend zertifiziert. Aktuell haben sich 25 Lehrerinnen und Lehrer für die Zertifizierung angemeldet und müssen lediglich noch die fehlenden Fortbildungsmaßnahmen absolvieren. Die Nachqualifizierung von Grundschullehrkräften soll in den kommenden Jahren erweitert werden. 6. Bestehen bereits Maßnahmen, die eine sport- und bewegungsfreundliche Profilierung von Kindertagesstätten bzw. Grund- und weiterführenden Schulen ermöglichen ? Im Bildungsplan für die Grundschulen 2004 wurde das Fach Sport zum Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ weiterentwickelt, der im Rahmen einer Schul- und Lernkultur die Bedeutung der Bewegung berücksichtigt. Der Fächerverbund besteht aus einem Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht, für den die Kontingentstundentafel 12 Stunden vorsieht, aus täglichen Bewegungszeiten innerhalb eines rhythmisierten Schulvormittags und der Berücksichtigung der Bewegung als grundlegendem Prinzip jeglichen Lernens. Der Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht hat zum Ziel, das Körper- und Bewegungsgefühl der Kinder ständig zu erweitern, koordinative und konditionelle Fertigkeiten weiterzuentwickeln, Könnenserfahrungen zu ermöglichen und die Persönlichkeit zu stärken. Die Kinder erleben im rhythmisierten Schultag den Wechsel von konzentriertem Arbeiten und notwendigen Erholungsphasen und nutzen Spiel- und Bewegungsräume in den Pausen. Die Rhythmisierung des Schulalltags ermöglicht Lernen mit und durch Bewegung, grundlegende körperliche, materiale, sinnliche und soziale Erfahrungen, tägliche Bewegungszeit und Bewegungspausen und wirkt dem Bewegungsmangel entgegen. Seit dem Jahr 2000 gibt es in Baden-Württemberg die Initiative des Kultusminis - teriums „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ (GSB), die bis heute konsequent weiterentwickelt und schrittweise in der Fläche umgesetzt wurde. Die im Rahmen der GSB-Initiative zusammengefassten und durch das beauftragte Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) betreuten Schulen haben sich im Rahmen ihrer Schulentwicklung zum Ziel gesetzt, mindestens 200 Minuten Sportunterricht bzw. qualifizierte Arbeitsgemeinschaften pro Woche zu gewährleisten sowie den Schultag sinnvoll zu rhythmisieren und vielfältige ergänzende Bewegungsangebote wie Pausensport, bewegter Unterricht, Kooperationsmaßnahmen mit örtlichen Vereinen umzusetzen. Diese Grundschulen bieten somit eine tägliche qualifizierte Bewegungszeit, teilweise auch eine tägliche Sportstunde an. Die Umsetzung der GSB-Initiative vor Ort an den einzelnen Schulen geschieht im Rahmen des Schulentwicklungsprozesses ohne zusätzliche Ressourcen in Abhängigkeit der Gegebenheiten vor Ort. Aufgrund sich ändernder örtlicher Gegebenheiten müssen die einzelnen Schulen in jedem Schuljahr neu planen und entscheiden, in welchem Umfang und in welcher Form sie die in ihrem Schulprogramm verfassten GSB-Vorgaben umsetzen können. Zur Beratung und Betreuung der in der GSB-Initiative zusammengefassten Schulen wurde am LIS ein Projektbüro eingerichtet, das eng mit den Regionalteams Sport an den Staatlichen Schulämtern kooperiert. Bislang wurde 755 Grundschulen das Zertifikat „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ verliehen. Zusätzlich sind im Moment 68 noch nicht zertifizierte Schulen angemeldet, die sich im Rahmen ihrer Schulentwicklung auf den Weg zur GSB-Schule gemacht haben. Somit sind ca. 32 % aller Schulen mit Grundschulstufe im GSB-Projekt erfasst. Ende 2008 beauftragte das Kultusministerium das LIS, auch an den weiterführenden Schulen eine Initiative zur sport- und bewegungserzieherischen Profilierung durchzuführen. Auf Grundlage einer Umfrage an den weiterführenden Schulen des Landes, die großes Interesse an der Thematik rückmeldeten, erarbeitete eine durch Kultusministerium und LIS hierfür eingerichtete Arbeitsgruppe ein Kon- 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 zept zur „Weiterführenden Schule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ (WSB). Im Schuljahr 2009/2010 wurde mit 13 Schulen aus ganz Baden-Württemberg eine Pilotphase zur WSB-Initiative durchgeführt. Gemeinsam mit den teilnehmenden Schulen wurden dabei Kriterien für ein Zertifikat WSB-Schule und Unterstützungsmaßnahmen für die Schulen erarbeitet. Die Ergebnisse wurden im März 2010 im Rahmen eines Kongresses in Ludwigsburg „Schule braucht Rhythmus und Bewegung“ vorgestellt. Zur Vorbereitung der flächendeckenden Umsetzung der WSB-Initiative erfolgte in 2011 die Ausbildung von WSB-Multiplikatoren. Aktuell befinden sich insgesamt 81 weiterführende Schulen aller Schularten in der WSB-Initiative. Bislang konnten 20 Schulen mit dem Zertifikat ausgezeichnet werden. Den frühkindlichen Bereich betreffend bieten derzeit in Baden-Württemberg insgesamt 14 Fachschulen für angehende Erzieherinnen und Erzieher das zweistündige Wahlpflichtfach „Sport- und Bewegungspädagogik“ an. In Kooperation mit den Turnerbünden und dem Württembergischen Leichtathletik-Verband e. V. kann an diesen sogenannten Motorikzentren (MZ) im Rahmen dieses Wahlpflichtfachs eine Übungsleiterlizenz (ÜL „Eltern-Kind/Turnen/Vorschulturnen“ bzw. ÜL „Kinderleichtathletik“) erworben werden. Am LIS wurde ein Arbeitskreis zur Betreuung und Entwicklung dieser MZ eingerichtet. Jedes MZ betreut und berät zudem Kindertageseinrichtungen in seinem Einzugsbereich , die sich ein bewegungsfreundliches Profil geben möchten. Kindertageseinrichtungen , die sich einen besonderen bewegungserzieherischen Schwerpunkt setzen, können ein entsprechendes Zertifikat auf Antrag durch das LIS verliehen bekommen. Die Kriterien der Zertifizierungen wurden durch den Arbeitskreis MZ erarbeitet. Seit 2010 konnten insgesamt 14 Kindertageseinrichtungen mit dem Zertifikat „Kindertageseinrichtungen mit bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ ausgezeichnet werden. 7. Ist ein Ausbau dieser Maßnahmen vorgesehen? Das Kultusministerium möchte insgesamt zwanzig, also mittelfristig noch weitere sechs Schulen als MZ ausbauen. Ein weiterer Ausbau der Grundschulen und der weiterführenden Schulen mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt ist vorgesehen. 8. Können weitere Stunden der Kontingentstundentafel zum Angebot zusätzlicher Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden an Grund- und weiterführenden Schulen eingesetzt werden? Die Kontingentstundentafel im Bildungsplan für die Grundschulen 2004 sieht für den Fächerverbund „Bewegung, Spiel und Sport“ 12 Stunden vor. Darüber hinaus ist Bewegung in der Grundschule Unterrichtsprinzip und unverzichtbarer Bestandteil einer am Kind orientierten Tagesrhythmisierung (vgl. auch Frage I. 6.). Darüber hinaus werden den Schulen durch die Staatlichen Schulämter im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Ressourcen nach Abdeckung des Pflichtbereichs weitere Lehrerwochenstunden für ergänzende Angebote zugewiesen. Diese können auch für zusätzlichen Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht verwendet werden. 9. Welche zusätzlichen Lehrerwochenstunden werden den Schulen mit Ganztagsbetrieb für Sport zur Verfügung gestellt? Das Land fördert und unterstützt die Einrichtung von Ganztagsschulen durch zusätzliche Lehrerwochenstunden. Ganztagsschulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung erhalten folgende Stundenzuweisung: – Grundschulen: 8 Lehrerwochenstunden (LWS) je Ganztagsklasse, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 10 – Haupt- und Werkrealschulen: 5 LWS je Ganztagsklasse, – Förderschulen: bis zu 0,75 Deputate je Schule im Endausbau. Ganztagsschulen in offener Angebotsform erhalten folgende Stundenzuweisung: – Grundschulen: 6 LWS je Ganztagsklasse, – Haupt- und Werkrealschulen/Realschulen: 2 LWS je Ganztagsklasse, – Gymnasien (Sek. I)/Förderschulen: 1 LWS je Ganztagsklasse. Alle Ganztagsschulen nach Landeskonzept erhalten zusätzlich je eine Anrechnungsstunde für Schulleitungsaufgaben. Die Frage des Einsatzes der zusätzlichen Zuweisung von Lehrerwochenstunden im Rahmen des Ganztagsbetriebs ist abhängig vom pädagogischen Konzept der Schule und liegt in der Verantwortung der Schulleitung. Im Rahmen des ihr insgesamt zugewiesenen Budgets an Lehrerwochenstunden für den Ganztagsbetrieb entscheidet sie selbstständig über deren Einsatz. 10. Inwieweit besteht die Möglichkeit, dass Sportmentoren weitere Bewegungsmöglichkeiten an Grund- und weiterführenden Schulen anbieten? Die Aufgabengebiete der im Bereich Sport ausgebildeten Schülermentoren variieren zwischen den einzelnen Schülermentorenprogrammen nur sehr gering und sind im Wesentlichen auf folgende Bereiche ausgerichtet: • schulsportliche Veranstaltungen, • Gestaltung von Sportprojekten, • Durchführung von Arbeitsgemeinschaften, • Betreuung/Mitbetreuung von Schulmannschaften z. B. im Wettbewerb JUGEND TRAINIERT FÜR OLYMPIA, • Pausensportaktivitäten, • sportliche Betreuungsangebote im Rahmen der Ganztagsbetreuung. Derzeit gibt es im Bereich Sport folgende vier Schülermentorenprogramme: Schülermentoren Sport Die Schülermentorenausbildung Sport besteht seit dem Schuljahr 1994/1995. In Zusammenarbeit mit dem organisierten Sport sowie außerschulischen Förderern erhalten Jugendliche eine sportartspezifische Ausbildung, die es ihnen ermöglicht , in Schule und Verein mitverantwortlich tätig zu sein. Da die Sportfachverbände die Ausbildung als Teil der Trainer C- bzw. Fachübungsleiter C-Ausbildung anzuerkennen haben, ist gewährleistet, dass die Schülermentorinnen und Schülermentoren neben dem schulischen Einsatz auch ehrenamtliche Tätigkeiten in den Sportvereinen übernehmen können. Bis zum Ende des Schuljahres 2010/ 2011 konnten knapp 15.000 Schülerinnen und Schüler zu Schülermentoren Sport ausgebildet werden. Schülermentorenprogramm Sport an Hauptschulen Schülerinnen und Schüler der Hauptschule hatten kaum Möglichkeiten, die Ausbildung zu absolvieren, da eine Teilnahme erst ab 15 Jahren möglich ist. Deshalb wurde ein sportartübergreifendes Konzept für Hauptschülerinnen und -schüler ab 13 Jahren entwickelt, das zum Schulsportmentor Hauptschule führt. Diese Lehrgänge werden seit dem Schuljahr 2001/2002 dezentral unter Federführung der Regionalteams Sport an den Staatlichen Schulämtern mit Hilfe von ausgebildeten Multiplikatoren durchgeführt. Insgesamt wurden in diesem Bereich etwa 4.500 Schülerinnen und Schüler ausgebildet, im Schuljahr 2010/2011 waren es 640. 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 Schülermentorenprogramm Sport an Realschulen Aufgrund zunehmender Nachfrage, auch speziell für Realschulen eine gesonderte Schülermentorenausbildung Sport anzubieten, wurde 2007 an zehn Realschulen mit einem sportlichen Profil eine entsprechende Ausbildung eingeführt. Hierbei wurde der Umstand genutzt, dass im Bildungsplan der Realschulen das Projekt „Soziales Engagement“ vorgesehen ist, das im Rahmen der Zuständigkeit der Schule von dieser auch für die Mentorenausbildung genutzt werden kann. Inzwischen konnten über 40 Realschulen gewonnen werden. Im vergangenen Schuljahr 2010/2011 wurden über 150 Schülerinnen und Schüler ausgebildet. Schülermentorenprogramm Sport an Ganztagsschulen Mit dem bedarfsorientierten Ausbau der Ganztagsschulen ergeben sich durch zusätzliche Betreuungsangebote in den Pausenzeiten weitere Einsatzmöglichkeiten für Schülermentorinnen und Schülermentoren im Bereich Sport. Um die Schulen auf dem Weg zur Ganztagsschule zu unterstützen, hat die Stiftung „Sport in der Schule“ das Sonderprojekt „Schulsportmentoren an Ganztagsschulen“ auch im Sinne der Gemeinschaftsschule ins Leben gerufen. Zielgruppe sind Schülerinnen und Schüler ab Klasse 7 von Ganztagsschulen aller Schularten bzw. Schulen, die den Ganztagsbetrieb anstreben. Zur Anschaffung verschiedener Pausensportgeräte erhalten die teilnehmenden Schulen finanzielle Unterstützung durch die Stiftung „Sport in der Schule“. Begleitend findet einmal pro Schuljahr ein dreitägiger sport- und schulartübergreifender Ausbildungslehrgang für die Jugendlichen statt. Beteiligt sind derzeit ca. 40 Schulen in den Landkreisen Heilbronn, Offenburg, Biberach, Karlsruhe und Ravensburg. Pro Schuljahr werden ca. 150 Schülerinnen und Schüler ausgebildet. Dezentrale Schülermentorenlehrgänge Um der anhaltenden großen Nachfrage nach Schülermentorenlehrgängen gerecht zu werden, führt das Kultusministerium seit dem Schuljahr 2008/2009 in Zusammenarbeit mit den Sportfachverbänden und den Regierungspräsidien verstärkt dezentrale Schülermentorenlehrgänge durch. Aufgrund der geringen Verpflegungsund Reisekosten und der ausfallenden Übernachtungskosten können diese Lehrgänge kostengünstiger angeboten werden, ohne an Qualität zu verlieren. Im vergangenen Schuljahr 2010/2011 wurden ca. 260 Schülerinnen und Schüler dezentral ausgebildet. Um den Erfahrungsschatz über die bereits bestehenden Schülermentorenausbildungen hinaus zu erweitern, wurden themenspezifische Konzepte erarbeitet und im Rahmen von Modelllehrgängen erprobt: Schülermentoren Soziales Engagement – Special Olympics In Kooperation mit Special Olympics Baden-Württemberg wurde im Rahmen des Inklusionsgedankens ein Schülermentorenkonzept für Schülerinnen und Schüler zur Betreuung von geistig behinderten Menschen erarbeitet. Dieses neue Ausbildungsprogramm wird analog zum Volunteer Programm von Special Olympics durchgeführt und soll Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, geistig Behinderte bei sportlichen Wettbewerben zu betreuen. Schülermentoren Biathlon In Kooperation mit den baden-württembergischen Schützen-, Leichtathletik- und Skiverbänden wurde auf Initiative des Kultusministeriums ein Modellprojekt eines Ausbildungslehrganges für Mentorinnen und Mentoren im Bereich Biathlon konzipiert und entsprechende Lehrgänge durchgeführt. In Abstimmung mit allen Beteiligten wurden die Ausbildungsinhalte entsprechend der bereits bestehenden Inhalte für Mentorenlehrgänge ergänzt. Der Einsatz von Schülermentoren im Bereich der Grundschule befindet sich derzeit in einer Erprobungsphase. An einer Grundschule werden momentan Bewegungsmentoren oder auch Pausenassistenten für die Grundschule ausgebildet. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 12 Selbstverständlich muss die Ausbildung von Grundschulkindern zu Bewegungsmentoren /Pausenassistenten ausschließlich direkt an der Schule durchgeführt werden . Die Schülerinnen und Schüler werden unmittelbar von ihren Klassenlehrerinnen und -lehrern im Rahmen unterschiedlicher Projekte ausgebildet und eingesetzt . Die bisherigen Erfahrungen sind äußerst positiv und müssen weiter verfolgt werden. In Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund und dem Württembergischen Fußballverband führt das Kultusministerium im Rahmen des Themenorientierten Projektes „Soziales Engagement“ an einer Realschule einen Pilotlehrgang durch. Hier werden sogenannte Junior Coaches ausgebildet, die in den umliegenden Grundschulen zum Einsatz kommen werden. Die Erfahrungen im Bereich Schülermentoren Sport haben deutlich gezeigt, dass der mitverantwortliche Einsatz von Jugendlichen für die Schülerinnen und Schüler selbst (persönlicher Bereich), für die Schule (schulischer Bereich) und für die Sportvereine (außerschulischer Bereich) einen erheblichen Zugewinn darstellt. Ein Ausbau dieser Programme und eine verstärkte Durchführung von Modelllehrgängen würden sicherlich auch zu einer Erweiterung der Bewegungsangebote an den Grund- und weiterführenden Schulen führen. Grundsätzlich sollte hierzu zunächst eine quantitative Ausweitung der bereits bestehenden etablierten Schülermentorenprogramme erfolgen. 11. Welche Programme stehen zur Finanzierung von weiteren außerunterricht - lichen bewegungsorientierten Betreuungsangeboten an Schulen darüber hinaus zur Verfügung? Neben dem bereits genannten Kooperationsprogramm Schule – Sportverein ist das Jugendbegleiterprogramm und das Lehrbeauftragtenprogramm zu nennen. Diese werden im Folgenden unter besonderer Berücksichtigung des Bereichs Sport genauer erläutert. Jugendbegleiterprogramm Das Jugendbegleiter-Programm ist zu einem wesentlichen Stützpfeiler in der Schullandschaft geworden. 2006 begann die Modellphase des Jugendbegleiter- Programms mit 250 Schulen, mittlerweile sind rund 1.500 Schulen dabei. Ziel des Programms ist es, Schulen über ein Budget die Möglichkeit zu geben, außerunterrichtliche Bildungs- und Betreuungsangebote nach dem jeweiligen Bedarf einzurichten . Es muss sich dabei nicht um Ganztagsschulen handeln. 50 % der Jugendbegleiter -Schulen sind nach eigenen Angaben anerkannte offene, teilgebundene oder gebundene Ganztagsschulen, viele Weitere auf dem Weg dorthin. Das Jugendbegleiter-Programm ist seit diesem Schuljahr in der Regelphase. Dazu wurden die Schulbudgets erhöht und ein Budget speziell für Kooperationen im schulischen Umfeld eingeführt. Für die Zusammenarbeit mit außerschulischen gemeinnützigen Vereinen und Organisationen können im sogenannten Koopera - tionsbudget 500 € bis 1.500 € beantragt werden. Die teilnehmenden Schulen erhalten weiterhin das Grundbudget von 2.500 € bis 7.000 €, welches mit dem Kooperationsbudget auf bis zu 8.500 € anwachsen kann. Im vergangenen Schuljahr waren 1.269 Schulen im Programm. Im aktuellen Schuljahr 2011/2012 sind an ca. 1.500 Schulen über 21.000 Jugendbegleiter/-innen tätig – 1.281 Jugendbegleiter/-innen geben an, einen Vereins- und Verbandshintergrund im Bereich Sport zu haben. Eine weitere Zunahme der beteiligten Schulen ist auch für die kommenden Jahre zu erwarten, zumal das Programm für berufliche Schulen geöffnet wurde. Die Jugendbegleiter/-innen bieten beachtliche 41.510 Bildungs- und Betreuungsstunden pro Schulwoche im Rahmen des Programms an. Die Stundenanzahl ist damit im Vergleich zum letzten Jahr prozentual um knapp 37 % gestiegen. Damit ist der stärkste Zuwachs seit Programmbeginn zu verzeichnen. Dabei können 5.166 Zeitstunden pro Woche einem Betreuungsoder Bildungsangebot im Bereich Sport zugeordnet werden. Seit der Regelphase des Jugendbegleiter-Programms können Schulen bis zu 20 % des Grundbudgets für Sachkosten ausgeben. Weitere bis zu 20 % können für Fort- 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 bildungs- und/oder Koordinierungsmaßnahmen verwendet werden. Damit wurde erreicht, dass die Programmschulen eigenständig und flexibel auf den Fortbildungsbedarf ihrer Jugendbegleiter reagieren können. Das Programm hat innerhalb der Schulen eine sehr gute Akzeptanz. Die Zufriedenheit ist weiterhin sehr hoch und in den Jahren stetig gestiegen. In diesem Schuljahr bewerteten 90 % aller Schulleitungen das Programm sehr positiv bzw. positiv. Durchschnittlich werden pro Schule 28 Wochenstunden Bildungs- und Betreuungsangebote in Themenbereichen wie Hausaufgabenbetreuung, Sport, Sprach- und Leseförderung, Kunst/Kultur, Musik, Wirtschaft, Soziales, Medien, sowie Technik angeboten. Eine detailliertere Darstellung der Sportangebote innerhalb des Jugendbegleiter-Programms erfolgt unter den Fragen 13 und 14. Lehrbeauftragtenprogramm Lehraufträge im Rahmen des Lehrbeauftragtenprogramms können im Bereich der freiwilligen Unterrichtsangebote an öffentlichen Schulen im Umfang von bis zu 8 Wochenstunden durch die Schulleitungen im Rahmen der verfügbaren Mittel vergeben werden. Erfahrungsgemäß kommen Lehrbeauftragte für folgende unterrichtliche Veranstaltungen in Betracht: Arbeitsgemeinschaften, Chor, Orchester und Instrumentalgruppen, Stütz- und Förderkurse, Einzelprojekte wie z. B. Vorbereitung und Durchführung einer Theateraufführung. In diesem Rahmen können Lehrbeauftragte auch in Ganztagesschulen eingesetzt werden. Nicht verwendet werden kann das Lehrbeauftragtenprogramm für reine Betreuungsmaßnahmen ohne Unterrichtsangebot. In der Regel arbeiten die Lehrbeauftragten im Ehrenamt , ggf. gegen eine Aufwandsentschädigung von 7 € je Unterrichtsstunde. Für das Lehrbeauftragtenprogramm sind im Haushalt 2012 insgesamt 2 Mio. € vorgesehen, die den Regierungspräsidien zur selbstständigen Bewirtschaftung zugewiesen werden. 12. Wie viele Grundschulen machen Bewegungsangebote über den Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht hinaus (differenziert nach verbindlichen und freiwilligen Angeboten)? Das Kooperationsprogramm Schule – Sportverein, Jugendbegleiter- und Lehrbeauftragtenprogramm ermöglichen Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote durch außerschulische Partner. Diese Möglichkeit wird auch von den Grundschulen rege angenommen. So kommt die in Frage I. 3. angeführte Befragung aller Grundschulen zu dem Ergebnis , dass rund 58 % der teilnehmenden Grundschulen zusätzliche, von den Schülerinnen und Schülern freiwillig wahrnehmbare Bewegungsangebote (z. B. Sport-AGs) anbieten. Rund 8 % der teilnehmenden Grundschulen machen nach dieser Befragung zusätzliche , für alle Schülerinnen und Schüler durch außerschulische Partner durchgeführte verbindliche Bewegungsangebote (kein Unterricht). 13. Wie viele Grund- und weiterführende Schulen machen Bewegungsangebote innerhalb des Jugendbegleiterprogramms? Innerhalb des Jugendbegleiter-Programms bieten im Schuljahr 2011/12 von ca. 1.500 Schulen 886 (230 Grundschulen ohne angegliederte weiterführende Schulen und 656 weiterführende Schulen) ein bewegungsorientiertes Bildungsbzw . Betreuungsangebot an. Diese Schulen realisieren 5.166 Wochenstunden Bildungs - und Betreuungsangebote im weiten Themenfeld Sport, was einem Anteil von 12 % an der Gesamtstundenwochenzahl, die im Jugendbegleiter-Programm realisiert werden, entspricht. Die sportlichen Angebote sind damit nach der Hausaufgabenbetreuung (20,5 %) und der Betreuung in der Mittagszeit (19 %) in der Rangfolge der Themenfelder, die im Jugendbegleiter-Programm angeboten werden , auf dem dritten Platz. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 14 14. Wie viele dieser Schulen kooperieren innerhalb des Programms mit Sportvereinen ? Die statistische Auswertung der aktuellen Evaluation des Schuljahres 2011/12 ergibt , dass insgesamt 551 der oben genannten 886 Schulen, die ein bewegungsorientiertes Angebot machen, mit einem Sportverein kooperieren. Unter diesen 551 Schulen befinden sich 178 Grundschulen (ohne angegliederte weiterführende Schulen) und 373 weiterführende Schulen, die insgesamt 1.281 Jugendbegleiter mit Vereins- oder Verbandshintergrund im sportlichen Bereich einsetzten. 15. Wie viele Grundschulen bieten eine tägliche Sport- und Bewegungsstunde an? Die in der Antwort zu Frage I. 3. angeführte Befragung aller Grundschulen zeigt auf, dass 27 Grundschulen mindestens fünf Sport- und Bewegungsstunden in allen Klassenstufen anbieten. Darüber hinaus bieten weitere 28 Grundschulen fünf Sport- und Bewegungsstunden in einzelnen Klassenstufen an. Es handelt sich in allen Fällen um eine Kombination aus • von Lehrkräften erteiltem Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht und • zusätzlichen, für alle Schüler verbindlichen und von außerschulischen Partnern (z. B. Sportvereinen) durchgeführten Bewegungsangeboten. Den meisten dieser Grundschulen gelingt das Angebot einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde im Rahmen der bestehenden Ressourcen und Mittel. 16. In welchen Schritten ist die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an allen Grundschulen geplant? Die neuen, als Begründung der Anfrage beschriebenen neurophysiologischen und lernpsychologischen Erkenntnisse unterstreichen das baden-württembergische Ge samtkonzept der „Sport- und bewegungsfreundlichen Schule“. Insbesondere die in diesem Rahmen zertifizierten Grundschulen mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt (GSB-Schulen) kommen einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde sehr nahe. Bei der schrittweisen Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde für alle Schülerinnen und Schüler an allen Grundschulen handelt es sich also um eine Erweiterung und Ausweitung des seit vielen Jahren bestehenden Konzepts der „Sport- und bewegungsfreundlichen Schule“ mit vielen bereits zertifizierten GSB-Schulen. GSB-Schulen arbeiten z. T. seit Jahren mit großem Engagement an einer Realisierung der täglichen Sport- und Bewegungsstunde bzw. setzen diese bereits um (vgl. auch Frage I. 6.). Die neuen Erkenntnisse aus Neurophysiologie und Lernpsychologie unter - streichen darüber hinaus die hohe Relevanz einer Rhythmisierung des Schultages u. a. für den Lernerfolg in den wissensorientierten Fächern. So ist heute bekannt, dass Schülerinnen und Schüler bei einer konsequenten Rhythmisierung des Schultages mithilfe von Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten den ganzen Schultag über aufmerksamer sind und konzentrierter arbeiten als Schülerinnen und Schüler, deren Schultag nicht rhythmisiert ist. Dies ist insbesondere an Schulen mit Ganztagsangeboten von großer Bedeutung. In den Schuljahren 2012/2013 bis 2015/2016 sollen aus diesem Grund in einem ers - ten Schritt GSB-Schulen und Grundschulen mit Ganztagsbetrieb gestärkt werden. Nach Kontingentstundentafel sind an Grundschulen drei Stunden „Bewegung, Spiel und Sport“ pro Klassenstufe vorgesehen. Die Einführung der täglichen – also vierten und fünften Sport- und Bewegungsstunde – an Grundschulen ist geplant als zusätzliches Angebot • von zusätzlichen Bewegungsstunden durch außerschulische Partner, insbesondere den organisierten Sport, und • von durch Lehrkräfte zusätzlich angebotenen Bewegungs-, Spiel- und Sportunterricht . Durch außerschulische Partner angebotene Bewegungsstunden können teilweise mithilfe verschiedener, bereits bestehender Programme (Jugendbegleiterpro- 15 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 gramm, Lehrbeauftragtenprogramm, Kooperationsprogramm Schule – Sportverein ) an Grundschulen bereits finanziert und realisiert werden. Das Angebot zusätzlicher von Lehrkräften angebotener Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden kann ggf. im Rahmen der ergänzenden Angebote einer Schule realisiert werden. Darüber hinaus werden den Ganztagsgrundschulen 6 bzw. 8 Lehrerwochenstunden pro Ganztagsklasse zur Umsetzung des Ganztags zur Verfügung gestellt. Diese sollen u. a. zur Erteilung zusätzlicher Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden durch Lehrkräfte verwendet werden. Dies ergibt – zusammen mit den drei Bewegungs-, Spiel- und Sportstunden aus der Kontingentstundentafel (in Einzelstunden erteilt) – ressourcenneutral die tägliche Sport- und Bewegungsstunde für alle Kinder. Als weiterer Baustein zur Einführung täglicher Sport- und Bewegungsstunden ist der verstärkte Einsatz von Schülermentoren an Grundschulen (s. Antwort zu Frage I. 10.) zu sehen. 17. Welche Ressourcen können in den Schuljahren 2012/2013 bis 2015/2016 dafür zur Verfügung gestellt werden? Die Planungen zur Entwicklung der Lehrerstellen ab dem Haushaltsjahr 2013/ 2014 sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Konkrete Aussagen über die künftig verfügbaren Ressourcen für bildungspolitische Maßnahmen, wie z. B. die tägliche Sport- und Bewegungsstunde an Grundschulen, sind daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Zur schrittweisen Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an Grundschulen gilt es zunächst, bei allen Beteiligten – also bei der Schulverwaltung , den Schulträgern, den Lehrkräften und den außerschulischen Partnern – den Sinn dafür zu schärfen, dass Bewegung, Spiel und Sport aufgrund seiner Effekte auf die exekutiven Funktionen und die Fähigkeit zur Selbstregulation zur Herstellung von Chancengleichheit unter Kindern unersetzbar ist. Durch Bündelung der vorhandenen Ressourcen im Netzwerk der verschiedenen Partner kann die täg - liche Sport- und Bewegungsstunde an vielen Standorten schließlich kostenneutral umgesetzt werden. Das aktuell in Kooperation mit der Stiftung „Sport in der Schule“ durchgeführte Projekt „Bewegte Kommune – Kinder“ der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg vertritt diesen Ansatz. Ziel des Projekts ist es, innerhalb einer Kommune ein Netzwerk zwischen Trägern, Schulen, Kindergärten und örtlichen Vereinen zu schaffen, Ressourcen zu bündeln und dadurch die Bewegungsangebote aller Kinder der Kommune im Alter von drei bis zehn Jahren zu optimieren. Der in der Antwort zu Frage 16 beschriebene erste Schritt zur Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an GSB- und Ganztagsschulen ist mithilfe bestehender Programme (Jugendbegleiter, Lehrbeauftragte, Kooperation Schule – Verein) und Ressourcen (ggf. Ergänzungsbereich bzw. Ganztagskontingent) zunächst ohne zusätzliche finanzielle Ressourcen durchführbar. Da die schrittweise Einführung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an Grundschulen im ersten Schritt auf freiwilliger Basis geplant ist, bedarf es hierzu allerdings einer flächendeckenden Weitergabe der neuen Erkenntnisse aus Neurophysiologie und Lernpsychologie im Sinne von Überzeugungsarbeit insbesondere an die Schulen, aber auch an die Vereine und Kommunen. Die personellen Ressourcen und Strukturen hierzu bestehen bereits – sowohl auf allen Ebenen der Schulverwaltung und am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) als auch und in einem landesweiten Netz aus GSB-/BSS-Multiplikatoren. Die Realisierung zusätzlicher Bewegungsstunden durch außerschulische Partner ist in erster Linie ein personelles Problem, da in Sportvereinen ehrenamtlich Tätige in der Regel berufstätig sind und ein Einsatz im Ganztag aus diesem Grund nicht möglich ist. Erste Erfahrungen zeigen, dass Freiwillige der verschiedenen Freiwilligendienste nach entsprechenden Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen rund zwanzig zusätzliche Bewegungsstunden pro Woche an Grundschulen anbieten können. Insbesondere der neu geschaffene Bundesfreiwilligendienst (BFD) eröffnet hier neue Möglichkeiten, da eine Anerkennung als Einsatzstelle Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 16 bei diesem Dienst insbesondere für alle Sportvereine und Sportverbände möglich ist. Mithilfe dieses Modells ist eine sehr umfangreiche und intensive Kooperation zwischen Schule und organisiertem Sport realistisch. Diese Möglichkeit wird zurzeit durch das Kultusministerium auf seine Umsetzbarkeit überprüft. Das Angebot zusätzlicher Bewegungsstunden durch Freiwillige des BFD wäre für das Kultusministerium und die jeweiligen Einsatzstellen (Sportvereine und Sportverbände ) beidseitig gewinnbringend. Für diesen Zweck sind für die Haushaltsjahre 2013/2014 jährlich jeweils rund 250.000 € eingeplant. In etwa Entsprechendes ist für die Jahre 2015 und 2016 vorgesehen. In einem zweiten Schritt wird anschließend im Rahmen einer Gesamtbedarfsplanung neu erörtert werden, welche weiteren Verfahrensschritte zur weiteren Umsetzung einer täglichen Sport- und Bewegungsstunde an Grundschulen vorzunehmen sind. 18. Bestehen bereits personelle Strukturen zur Beratung und Begleitung von Grundschulen bei der Einführung der täglichen Sport- und Bewegungsstunde? Das Kultusministerium hat am Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) in Ludwigsburg eine Arbeitsgruppe zur Beratung der Schulen im Rahmen der Initiative „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ (GSB) eingerichtet. Dieser Arbeitskreis berät die GSB-Schulen und kommuniziert besonders erfolgreiche Modelle. Der Arbeitskreis arbeitet dabei sehr eng mit den an jedem Staatlichen Schulamt eingerichteten Regionalteams Sport zusammen. Für die Regionalteams Sport wurden durch das LIS Multiplikatoren zu spezifischen Fragen des Grundschulsports ausgebildet. Diese an die Regionalteams Sport angegliederten Multiplikatoren werden durch das LIS betreut und treffen sich zu einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch. Die am LIS und an den Staat - lichen Schulämtern bestehenden personellen Strukturen können auch zur Beratung und Begleitung von Grundschulen bei der Einführung der täglichen Sportund Bewegungsstunde herangezogen werden. I I . B e r ü c k s i c h t i g u n g w i s s e n s c h a f t l i c h e r E r k e n n t n i s s e i n d e r S c h u l s p o r t g e s t a l t u n g 1. Inwieweit finden die Empfehlungen von Wissenschaftlern Berücksichtigung, den Schultag an Grund- und weiterführenden Schulen, insbesondere Ganztagsschulen , mit Hilfe täglicher Bewegungs- und Sportzeiten zu rhythmisieren und aufzuwerten? Die Initiative „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt “ (GSB) wurde von 2001 bis 2006 von den Sportinstituten der Universitäten Karlsruhe und Konstanz wissenschaftlich begleitet. Ergebnisse und Erkenntnisse der Evaluation flossen in die Weiterentwicklung des GSB-Programms, das Sportlehrer -Fortbildungsprogramm und das Schulsportprogramm des Landes ein. Dies betrifft insbesondere auch Erkenntnisse hinsichtlich der Rhythmisierung des Schultages und der Unterstützung von kognitiven Lernprozessen durch Bewegung sowie neueste Erkenntnisse der Hirnforschung. Die Karlsruher Studie ergab damals, dass Kinder mit mehr Anteil an Sport und Bewegung und weniger Anteilen an wissensorientierten Fächern bessere Leistungen in diesen erzielten als Kinder der Vergleichsgruppe. Das Ganztagsschulkonzept des Landes sieht u. a. vor, dass die Schule ein pädagogisches Konzept für den Ganztagsbetrieb vorlegt. Wesentlicher Bestandteil dieses pädagogischen Konzepts ist die Rhythmisierung des Unterrichts, d. h. eine Entzerrung des Unterrichts am Vormittag und des Unterrichts am Nachmittag mit längeren Bewegungspausen. Mit der Rhythmisierung soll erreicht werden, dass lernphysiologische Aspekte, d. h. Phasen der Anspannung, Entspannung und Bewegung im Lauf eines Schultages berücksichtigt werden und eine inhaltliche Verzahnung zwischen Unterricht und Ganztagselementen stattfindet. 17 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 2. Bestehen bereits Strukturen zur Beratung und Begleitung, insbesondere von Ganztagsschulen, hinsichtlich einer Umsetzung dieser Empfehlungen? Die Schulen erhalten ein breites Unterstützungsangebot zu allen ganztagsschulspezifischen Themen, u. a. auch zur Rhythmisierung des Schultages durch die Serviceagentur „Ganztägig lernen“, die vom Kultusministerium und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung eingerichtet wurde. Die Serviceagentur „Ganztägig lernen“ unterstützt Ganztagsschulen im Rahmen ihrer Veranstaltungen und stellt Informationsmaterialien und Broschüren u. a. auch zum Thema Einbindung von und Kooperation mit außerschulischen Partnern bereit. Mit dem Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) besitzt das Kultusministerium zudem eine operative Ebene, an der durch die Einrichtung von Arbeitskreisen zur sport- und bewegungsfreundlichen Profilierung von Grund- und weiterführenden Schulen auch entsprechende Kompetenzen gebündelt wurden. Seit 2006 gibt es am LIS auch eine Beratungsstelle insbesondere für den Sport an Ganztagsschulen. Speziell zur Beratung von Ganztagsschulen wurden zudem durch Kultusministerium und LIS die Broschüren „Schule braucht Rhythmus und Bewegung“ und „Ganztagsschulen in Bewegung“ entwickelt. 3. Inwieweit werden Lehrkräfte und Erzieherinnen bzw. Erzieher über die neuen Erkenntnisse im Hinblick auf den positiven Zusammenhang von Bewegung und exekutiven Funktionen informiert? Die Erkenntnis, dass in keinem Lebensabschnitt die Bewegung eine so große Rolle spielt wie in der Kindheit – insbesondere in den Entwicklungs- und Bildungsfeldern „Körper“ und „Sinne“ – schlägt sich im Orientierungsplan für Bildung und Er - ziehung in baden-württembergischen Kindergärten und weiteren Kinder tagesein - richtungen nieder. „Bewegung, ausgewogene Ernährung und ein positives Selbstund Körperkonzept sind Motoren für die gesamte körperliche, soziale, psychische und kognitive Entwicklung des Kindes“ (Orientierungsplan S. 84). Dies unterstreicht den ganzheitlichen, vom Kind und seiner individuellen Entwicklung ausgehenden pädagogischen Ansatz des Orientierungsplans. Dieser Ansatz zielt darauf ab, dass gerade die Bewegung in vielfältiger Form in den Kindergartenalltag und damit in die Lebens- und Entwicklungsbereiche des Kindes integriert ist. Das Kultusministerium und in seinem Auftrag das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) tragen der Bewegungsförderung an Kindertagesstätten und Grundschulen seit Jahren – verstärkt durch die Schulsportoffensive ab dem Jahr 2000 – Rechnung. Insbesondere sind hier die Motorikzentren (MZ) zur Förderung der Bewegungserziehung an Kindertagesstätten, die Fortbildungen von Erzieher/-innen (gemeinsam mit Grundschullehrkräften) am LIS sowie das Netzwerk zu Bewegungsförderung an Kindertagesstätten „Minifit“ zu nennen. Die Fortbildungen dienen auch der Information zu aktuellen Erkenntnissen in dieser Thematik. Im Schulbereich können sich Lehrkräfte im Rahmen von zentralen und schulnahen Sportfortbildungen mit aktuellen sport- und trainingswissenschaftlichen Forschungsergebnissen vertraut machen. Dort wird exemplarisch gezeigt, wie diese in den Unterricht und das Schulleben integriert werden können und welchen Beitrag der Sport zur Erhaltung der Gesundheit und zur Gestaltung des Schultags auch im Sinne einer Bewegten Schule leistet. Vor dem Hintergrund aktueller Ergebnisse aus der Hirnforschung hat der Ausbildungsgrad der exekutiven Funktionen eine noch höhere Bedeutsamkeit für den Erfolg kognitiver Lernprozesse. Insbesondere gezielte Inhalte des Bewegungs-, Spiel- und Sportunterrichts können starken positiven Einfluss auf die Entwicklung der exekutiven Funktionen haben. Das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) hat entsprechend dieser Erkenntnisse Fortbildungen speziell zum Thema „Möglichkeiten der Entwicklung exekutiver Funktionen im Sportunterricht“ in sein Programm aufgenommen. Die im Rahmen der Initiative „Weiterführende Schulen mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“ (WSB) an den Staatlichen Schulämtern und Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 1873 18 Regierungspräsidien tätigen Multiplikatoren wurden durch das LIS in Zusammenarbeit mit INSTITUT BILDUNG plus in Heidelberg ausgebildet. Das Institut hat seinen Forschungsschwerpunkt in Fragen der Förderung exekutiver Funktionen von Kindern und Jugendlichen durch körperliches Training unter Verwendung von wissenschaftlichen Testverfahren. 4. Inwieweit finden diese neuen Erkenntnisse bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und Lehrkräften Berücksichtigung? In der Erzieherausbildung ist im Lehrplan „Bildung und Entwicklung fördern II“ des Berufskollegs für Praktikanten das Lernfeld „Durch Bewegung die Entwicklung fördern“ enthalten, für das 30 Unterrichtsstunden vorgesehen sind. Die Schülerinnen lernen dabei die Bedeutung der Bewegung für die körperliche/gesundheitliche kognitive, emotionale und soziale Entwicklung kennen. Speziell auf die Neurowissenschaften wird bei den aktuellen psychologischen Themen eingegangen . Zudem wurden die an Fachschulen für Sozialpädagogik mit einem besonderen sportpädagogischen Schwerpunkt (Motorikzentren) tätigen Lehrkräfte durch das Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik (LIS) in entsprechenden Workshops und Fortbildungsmaßnahmen über Fragen der Rhythmisierung, Unterstützung von kognitiven Lernprozessen durch Bewegung und neueste Erkenntnisse der Hirnforschung informiert. Diese Themen können so Eingang in die Ausbildung an den Motorikzentren finden. Studierende der Lehramtsstudiengänge, insbesondere des Faches Sport, lernen während des Studiums und in den Vorbereitungsdiensten neuere sportwissenschaftliche Forschungsergebnisse und Konzepte schulischer und außerschulischer Gesundheitserziehung inklusive der Sport- und Bewegungserziehung kennen. Dazu gehören z. B. Konzepte zur Bedeutung von Körper- und Bewegungserfahrungen für die kindliche Entwicklung und Konzepte des Bewegungskindergartens bzw. der Bewegten Schule. Hinsichtlich der Gestaltung von Schule und Unterricht lernen angehende Lehrkräfte, Sportunterricht auf der Basis fachdidaktischer Konzepte umzusetzen und außerunterrichtliche Sport-, Spiel- und Bewegungsangebote zu planen und durchzuführen. Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport