Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2003 03. 07. 2012 1Eingegangen: 03. 07. 2012 / Ausgegeben: 03. 08. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Schüler im Landkreis Esslingen haben für das kommende Schuljahr eine Schulempfehlung für die Hauptschule/Werkrealschule erhalten? 2. Wie viele Schüler im Landkreis Esslingen werden im kommenden Schuljahr voraussichtlich die Hauptschule/Werkrealschule besuchen? 3. Wie bewertet sie die Tatsache, dass von den 92 Schülern in den Nürtinger Grundschulen mit Empfehlungen zugunsten der Hauptschule/Werkrealschule lediglich 37 an einer Hauptschule/Werkrealschule angemeldet wurden? 4. Welche konkreten Maßnahmen hat sie ergriffen, um die Realschulen bzw. Gymnasien im Landkreis Esslingen darauf vorzubereiten, dass ihre Schule von zahlreichen Schülerinnen und Schülern mit Hauptschul-/Werkrealschulempfeh - lung besucht wird? 5. Wird sie die Regelung, dass die Grundschulen den weiterführenden Schulen keine Informationen zu den Grundschulempfehlungen ihrer zukünftigen Schülerinnen und Schüler zukommen lassen dürfen, beibehalten? 27. 06. 2012 Kunzmann CDU Kleine Anfrage des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Grundschulempfehlung und Besuch der weiterführenden Schulen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2003 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. Juli 2012 Nr. 33-6610.1/602/1/ beantwortet das Ministe - rium für Kultus, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Schüler im Landkreis Esslingen haben für das kommende Schuljahr eine Schulempfehlung für die Hauptschule/Werkrealschule erhalten? Da die hierfür notwendigen Daten erst im Rahmen der amtlichen Schulstatistik 2012 erhoben werden, liegen Ergebnisse hierzu erst Anfang 2013 vor. 2. Wie viele Schüler im Landkreis Esslingen werden im kommenden Schuljahr voraussichtlich die Hauptschule/Werkrealschule besuchen? Im Rahmen der Bedarfsprognose 2012 wurden im Landkreis Esslingen für das Schuljahr 2012/2013 an den öffentlichen Werkreal-/Hauptschulen 605 Schülerinnen und Schüler für die Klassenstufe 5 gemeldet. Diese Schülerzahl kann sich bis zum Schuljahresbeginn noch ändern. 3. Wie bewertet sie die Tatsache, dass von den 92 Schülern in den Nürtinger Grundschulen mit Empfehlungen zugunsten der Hauptschule/Werkrealschule lediglich 37 an einer Hauptschule/Werkrealschule angemeldet wurden? Gemäß § 3 der Aufnahmeverordnung vom 8. Dezember 2011 entscheiden die Erziehungsberechtigten in Kenntnis der erteilten Grundschulempfehlung und nach intensiver Beratung durch die Grundschule über die weiterführende Schulart, die ihr Kind besuchen soll. Mit dem Wegfall der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung wurde der Elternwille und die Entscheidungskompetenz der Eltern gestärkt. Die Eltern haben die Möglichkeit, vor der Schulwahlentscheidung sich intensiv von der Grundschule ihres Kindes beraten zu lassen. Zusätzlich können sie auf Wunsch das besondere Beratungsverfahren mit Beratungslehrkräften in Anspruch nehmen und die Beratungsangebote der weiterführenden Schulen. Sie stehen danach in der Verantwortung, ihr Kind an der aus ihrer Sicht geeigneten weiterführenden Schulart bzw. Schule anzumelden. Die Beweggründe der Eltern im Einzelnen werden statistisch nicht erfasst und können somit nicht bewertet werden. 4. Welche konkreten Maßnahmen hat sie ergriffen, um die Realschule bzw. Gymnasien im Landkreis Esslingen darauf vorzubereiten, dass ihre Schule von zahlreichen Schülerinnen und Schülern mit Hauptschul-/Werkrealschulempfehlung besucht wird? Zum Aufgabenbereich der Lehrkräfte aller weiterführenden Schulen gehören auch pädagogische Aufgabenstellungen wie die bestmögliche Ausgestaltung des Übergangs von der Grundschule in die weiterführende Schule und eine entsprechende individuelle Förderung der Kinder. Realschule Die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler in der Realschule ist vielfältig angelegt. Neben Differenzierungsmaßnahmen innerhalb der einzelnen Klassen gibt es an zahlreichen Realschulen Förderangebote im Rahmen freiwilliger Arbeitsgemeinschaften. Vier verbindliche themenorientierte Projekte dienen der Persönlichkeitsentwicklung und Förderung von Lebenskompetenz und Ausbildungsfähigkeit . 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2003 Zusätzlich zu den bisherigen pädagogischen Möglichkeiten, die die Lehrkräfte bereits haben, steht den Realschulen zum Schuljahr 2012/2013 erstmals ein Pool von 1,5 Lehrerwochenstunden je Zug zur individuellen Förderung und Differenzierung zur Verfügung. Des Weiteren wird zum Schuljahr 2013/2014 die Kompetenzanalyse Profil AC an Realschulen mit anschließender individueller Förderung flächendeckend verpflichtend eingeführt. Die Kontingentstundentafel der Realschule wird hierfür um zwei Stunden erweitert. Im Übrigen hat das Kultusministerium entschieden, dass zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung im Umfang von 150 Deputaten Gymnasiallehrkräfte eingestellt und an Realschulen für die Dauer von drei Jahren abgeordnet werden. Gymnasien Mit der Einführung der 11. Poolstunde werden den Gymnasien im kommenden Schuljahr zusätzliche Ressourcen zugewiesen, um in Klasse 5 und 6 – insbesondere in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprache – gezielt Maßnahmen zur individuellen Förderung durchzuführen, um so der wachsenden Heterogenität der Schülerschaft in ihrem unterschiedlichen Leistungsvermögen zu begegnen . Darüber hinaus gibt es an den Gymnasien des Landkreises Esslingen z. B. das Programm „Schüler helfen Schüler“ (Nachhilfe von Oberstufenschüler an jüngere Schüler), Förderungen im Bereich der Lese- und Rechtschreibschwäche oder die Möglichkeit einer Hausaufgabenbetreuung. 5. Wird sie die Regelung, dass die Grundschulen den weiterführenden Schulen keine Informationen zu den Grundschulempfehlungen ihrer zukünftigen Schülerinnen und Schüler zukommen lassen dürfen, beibehalten? Nach § 3 Satz 2 Aufnahmeverordnung müssen die Erziehungsberechtigten der aufnehmenden Schule die Grundschulempfehlung nicht vorlegen. Bei der Grundschulempfehlung und bei Zeugnissen der Grundschule handelt es sich um personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 LDSG. Diese dürfen innerhalb des öffentlichen Bereichs nach § 16 Abs. 1 LDSG nur übermittelt werden , wenn dies zur Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden Stelle oder der Stelle, an die die Daten übermittelt werden, erforderlich ist und für Zwecke erfolgt , für die eine Nutzung nach § 15 Abs. 1 bis 4 LDSG zulässig wäre. Mit Änderung des Schulgesetzes vom 13. Dezember 2011 hat der Gesetzgeber die Entscheidung über die auf der Grundschule aufbauende Schulart in die Verantwortung der Erziehungsberechtigten gelegt. Diese elterliche Entscheidung ist in jedem Fall für Schule und Schulverwaltung rechtsverbindlich. Bei der Entscheidung über die Aufnahme des von den Erziehungsberechtigten angemeldeten Kindes ist daher für die weiterführende Schule die Kenntnis der Grundschulempfehlung im datenschutzrechtlichen Sinne nicht erforderlich. Zum Aufgabenbereich der Lehrkräfte aller weiterführenden Schulen gehören pädagogische Aufgabenstellungen wie die bestmögliche Ausgestaltung des Übergangsverfahrens und eine entsprechende individuelle Förderung der Kinder. Diese begründen die Statuierung einer Vorlagepflicht nicht, da die Erfüllung dieser Aufgaben eine Kenntnis der Grundschulempfehlung oder der Grundschulzeug - nisse für die weiterführende Schule nicht erforderlich im Sinne des § 16 Abs. 1 LDSG macht. Mit der Vorlage der Grundschulempfehlung und der Halbjahresinformation der Klasse 4 wäre selbst noch keine hinreichende Grundlage für die Einschätzung des Förderbedarfs einer Schülerin oder eines Schülers gegeben, zumal der Wechsel auf die weiterführende Schule für ein Kind auch die Chance eines Neubeginns bedeuten kann. Hinweise auf den Förderbedarf des einzelnen Kindes können entweder das Gespräch mit den Eltern oder gegebenenfalls – mit Einwilligung der Eltern – der Austausch zwischen der weiterführenden Schule und der abgebenden Grundschule erbringen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2003 4 Erkenntnisse zum individuellen Förderbedarf können die Mitarbeit und Motiva - tion der Schülerinnen und Schüler in den ersten Unterrichtswochen, die münd - lichen Leistungen und selbstverständlich auch die ersten schriftlichen Arbeiten am Beginn von Klasse 5 aufzeigen. Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport