Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2042 16. 07. 2012 1Eingegangen: 16. 07. 2012 / Ausgegeben: 10. 10. 2012 G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . A l l g e m e i n e s 1. Wie viele Menschen mit italienischem und griechischem Migrationshintergrund , mit Migrationshintergrund aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien, Russland und den übrigen GUS-Staaten sowie mit Migrationshintergrund aus afrikanischen Staaten aus welcher Einwanderergeneration leben jeweils in Baden -Württemberg? 2. Welchen Anteil an den Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg machen die bezeichneten Personengruppen jeweils aus? I I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t i t a l i e n i s c h e m M i g r a t i o n s h i n - t e r g r u n d 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit italienischem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg? 2. Wie beurteilt sie den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern mit italienischem Migrationshintergrund in Bezug auf die Erlangung einer Empfehlung zum Besuch weiterführender Schulen, die Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Abbruchs der Schulausbildung und in Bezug auf die Erlangung von Schulabschlüssen jeweils im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern mit anderem und ohne Migrationshintergrund? 3. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Wahrnehmung von Angeboten des muttersprachlichen (Konsulats-)Unterrichts durch Schülerinnen und Schüler mit italienischem Migrationshintergrund vor und inwiefern unterscheidet sich die Inanspruchnahme muttersprachlicher Angebote gegebenenfalls von derjenigen , wie sie bei anderen Migrantengruppen festzustellen ist, deren „Heimatländer “ muttersprachlichen (Konsulats-)Unterricht durchführen? Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Vielfalt statt Einfalt – ein breites Fundament für eine gute Integrationspolitik Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 2 I I I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t g r i e c h i s c h e m M i g r a t i o n s h i n - t e r g r u n d 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit griechischem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg? 2. Wie beurteilt sie den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern mit griechischem Migrationshintergrund in Bezug auf die Erlangung einer Empfehlung zum Besuch weiterführender Schulen, die Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Abbruchs der Schulausbildung und in Bezug auf die Erlangung von Schulabschlüssen jeweils im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern mit anderem und ohne Migrationshintergrund? 3. Welche Bildungseinrichtungen des griechischen Bildungswesens gibt es in Baden -Württemberg und wie sind diese bzw. die dort zu erwerbenden Abschlüsse mit den staatlichen Schulen und den dort zu erwerbenden Abschlüssen verzahnt ? 4. Welche Hochschulpartnerschaften und -kooperationen gibt es zwischen Hochschulen in Baden-Württemberg und Griechenland und in welchem Umfang werden entsprechende Studienangebote von Studierenden mit griechischem Migrationshintergrund wahrgenommen? I V . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s d e n S t a a t e n d e s e h e m a l i g e n J u g o s l a w i e n 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit Migrationshintergrund aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien in Baden-Württemberg insgesamt ? 2. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft und gegebenenfalls inwiefern und warum? 3. Wie beurteilt sie die wirtschaftliche Bedeutung der bezeichneten Personengruppe , insbesondere im Hinblick auf deren selbstständige unternehmerische Tätigkeit? V . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s R u s s l a n d u n d d e n ü b r i g e n G U S - S t a a t e n 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit Migrationshintergrund aus Russland und den anderen GUS-Staaten in Baden-Württemberg insgesamt ? 2. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft sowie deren Wohnort (Stadt/Land) bzw. der Siedlungsform (durchmischtes Wohnquartier/ Wohnschwerpunkt) und gegebenenfalls inwiefern und warum? 3. Inwiefern sind ihr Rückwanderungsbewegungen bei dem benannten Personenkreis in die „Herkunftsstaaten“ bekannt und wie verhalten sich diese Wanderungsbewegungen gegebenenfalls in Bezug auf einen womöglich fortdauernden Zuzug derselben Personengruppe? V I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s a f r i k a n i s c h e n S t a a t e n 1. Inwiefern gibt es in Baden-Württemberg geografische Schwerpunkte für die Wohnungsnahme durch Menschen mit Migrationshintergrund aus afrikanischen Staaten und wie sind sie gegebenenfalls zu erklären? 2. Inwiefern gibt es in Baden-Württemberg Organisationen von Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund, die sich der kulturellen Brauchtumspflege widmen? 3. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit diesem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg insgesamt? 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 4. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft und gegebenenfalls inwiefern und warum? 5. Welche Bedeutung hat die sogenannte „Bildungsmigration“, d. h. die Migration zur Erlangung von weiterführender (universitärer) Bildung in Bezug auf die hier lebenden Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund und inwiefern möchte sie dieses Potenzial im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den „Heimatstaaten“ nutzbar machen? V I I . S p e z i f i s c h e H e r a u s f o r d e r u n g e n u n d M a ß n a h m e n d e r L a n - d e s r e g i e r u n g 1. Welche besonderen Herausforderungen – aufgeschlüsselt nach den benannten Migrationshintergründen und gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer durch die Antworten zu Fragen IV. 2, V. 2, V. 3 und VI. 4 eingeführten Differenzierung – sieht sie? 2. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die in den Antworten zu Frage VII. 1 gegebenenfalls genannten, besonderen Herausforderungen zu bewältigen und in ihrer Integrationspolitik die spezifischen Belange der jeweiligen Personengruppe zu berücksichtigen? 03. 07. 2012 Hauk, Dr. Lasotta und Fraktion B e g r ü n d u n g Durch die gegenwärtig zu beobachtende, integrationspolitische Fokussierung auf die Belange der in Baden-Württemberg lebenden Menschen mit türkischem Migrationshintergrund werden die integrationspolitischen Bedürfnisse in doppelter Hinsicht verfehlt. Integrationspolitik muss stets zum Ziel haben, das Zusammenleben aller Menschen in unserem Land in einer funktionierenden Verantwortungsgemeinschaft zu ordnen. Eine Verantwortung für unser Gemeinwesen wird aber nur derjenige gerne und nachhaltig übernehmen, dem unser Gemeinwesen auch die angemessene Wertschätzung entgegenbringt. Weder darf daher der Eindruck erweckt werden, integrationspolitische Herausforderungen beträfen nur die Bevölkerungsgruppe der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund , noch darf der Anschein entstehen, die Belange anderer Bevölkerungsgruppen würden bei der Gestaltung der Integrationspolitik des Landes Baden-Württemberg nicht gebührend berücksichtigt. Ziel dieser Großen Anfrage ist es, auch die spezifischen Belange einer Reihe weiterer Bevölkerungsgruppen im Rahmen einer verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Integrationspolitik in Baden-Württemberg besser berücksichtigen zu können. Hierzu wird die Landesregierung um die Mitteilung der ihr jeweils vorliegenden Erkenntnisse, insbesondere zu besonderen Herausforderungen bei der Integration, ersucht. Wie eine Umfrage des Ministeriums für Integration („Gelebte Vielfalt“) ergeben hat, hält die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land die Integra - tion der Menschen mit Migrationshintergrund bereits für gut (58 %) oder sogar sehr gut (3 %) gelungen. Ziel aller Anstrengungen muss es sein, diesen Wert noch zu steigern. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn Integrationspolitik wertgebunden , zielgerichtet und ganzheitlich betrieben wird. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 4 A n t w o r t * ) Schreiben des Staatsministeriums vom 25. September 2012 Nr. 3-0141.5/15/2042: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium _____________________________________ *) Der Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Integration Mit Schreiben vom 17. September 2012 Nr. 3-0141.5/15/2042 beantwortet das Ministerium für Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, dem Innenministerium, dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren sowie dem Justizministerium im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Landesregierung weist den gegen sie erhobenen Vorwurf der integrationspolitischen Fokussierung auf die Belange der Bevölkerungsgruppe der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund zurück. Diese, insbesondere auch in dem gewählten Titel der Großen Anfrage zum Ausdruck kommende Unterstellung einer Einfachheit des Denkens entspricht in keiner Weise den Tatsachen. Die Landesregierung verfolgt vielmehr eine Integrationspolitik, die Migrantinnen und Migranten unabhängig von deren nationaler Herkunft wahrnimmt und wertschätzt . Ihre Integrationsmaßnahmen gründen im Prinzip der Förderung der Chancengleichheit und des Abbaus von Benachteiligungen. Die Landesregierung sieht in Spracherwerb, Bildungserfolg, Erwerbsteilnahme sowie in gesellschaftlicher und politischer Teilhabe die Schlüssel zu gelingender Integration für alle Migrantinnen und Migranten und ein breites sachliches Fundament für eine gute Integrationspolitik . Besonders die Stärkung der kommunalen Integrationsarbeit und die lokal jeweils in unterschiedlichem Maße vertretenen Herkunftsländer erfordern dabei eine Vielfalt von unterschiedlichen Integrationsmaßnahmen, die sich am jeweils konkreten Förderbedarf ausrichten müssen. Eine Steuerung auf Landes - ebene nach „Nationalitätenbedarf“ ist nach Auffassung der Landesregierung nicht zielführend. Die Landesregierung verweist auf die Stellungnahme des Ministeriums für Integration zu Nummer 3 und 4 des Antrags der Abg. Andreas Glück u. a. FDP/DVP „Bedeutung der Aleviten für den ‚Runden Tisch Islam‘ und die Integration“ (Drucksache 15/1874). Danach wird bei den Arbeitsschwerpunkten und den Projekten des Ministeriums für Integration grundsätzlich nicht nach bestimmten Migrantengruppen unterschieden. Vielmehr stehen die Maßnahmen und Projekte regelmäßig allen Migranten offen, die entsprechender Unterstützung oder Hilfe bedürfen . I . A l l g e m e i n e s 1. Wie viele Menschen mit italienischem und griechischem Migrationshintergrund , mit Migrationshintergrund aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien, Russland und den übrigen GUS-Staaten sowie mit Migrationshintergrund aus afrikanischen Staaten aus welcher Einwanderergeneration leben jeweils in Baden -Württemberg? 2. Welchen Anteil an den Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg machen die bezeichneten Personengruppen jeweils aus? In Tabelle I ist die Bevölkerung Baden-Württembergs mit Migrationshintergrund nach Herkunftsländern und Migrationserfahrung ausgewiesen. Das Herkunftsland wird nach Staatsangehörigkeit bzw. nach ehemaliger Staatsangehörigkeit dokumentiert . Dabei wird für Deutsche mit Migrationshintergrund ohne eigene Migrationserfahrung in den Statistiken der Statistischen Ämter in der Regel kein Herkunftsland ausgewiesen. Abweichend von den bisher vom Statistischen Landesamt veröffentlichten Daten werden in Tabelle I allerdings auch Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung einem Herkunftsland zugewiesen, sofern beide Eltern aus dem gleichen Land stammen. Durch diese Ergänzung lassen sich mehr Menschen einem Herkunftsland zuweisen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 6 Tabelle I: Bevölkerung mit Migrationshintergrund (MH) in Baden-Württemberg nach Herkunftsländern und Migrationserfahrung Es zeigt sich, dass unter den abgefragten Herkunftsländern bzw. Ländergruppen die Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien und dessen Nachfolgestaaten die größte Gruppe bilden. Es folgen Italien, die Russische Föderation, die GUS ohne Russland, Griechenland sowie die Gruppe afrikanischer Länder. Zum Vergleich werden in den letzten beiden Zeilen die gebräuchlichere Kategorie „ehemalige Sowjetunion“ einschließlich Nachfolgestaaten sowie das zahlenmäßig bedeutendste Herkunftsland, die Türkei, ergänzt. Blickt man auf Unterschiede nach Generationen, denen man sich über die Kategorien „mit eigener Migrationserfahrung“ bzw. „ohne eigene Migrationserfahrung“ gut annähern kann, dann zeigt sich, dass sich die Bevölkerungsgruppen mit italienischem und türkischem Hintergrund in etwa zu gleichen Teilen aus Personen mit sowie ohne eigene Migrationserfahrung zusammensetzen. Insgesamt betrachtet haben rund zwei Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund eine eigene Migrationserfahrung , ein Drittel nicht. Dieser durchschnittlichen Verteilung kommt die Gruppe der Menschen mit afrikanischem Hintergrund am nächsten, wie der Indexwert von 95 in der letzten Spalte der Tabelle unterstreicht. Auch Personen aus Ländern des ehemaligen Jugoslawien kommen in ihrer Zusammensetzung dem allgemeinen Durchschnitt recht nahe (Indexwert: 119). Eine deutlich abweichende Zusammensetzung zeigt sich bei Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, der Russischen Föderation sowie der heutigen GUS (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kirgisistan, Kasachstan, Moldawien, Rus - sische Föderation, Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan, Ukraine). Jeweils weniger als die Hälfte unter ihnen (Indexwert <50) besitzt keine eigene Migra - tionserfahrung, d. h. der Anteil der ersten Generation ist deutlich höher als im Durchschnitt sowie im Vergleich zu den meisten anderen Gruppen. Hier spielt die Tatsache, dass viele Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion erst nach den politischen Umwälzungen Ende der 1980er-Jahre nach Deutschland kamen eine entscheidende Rolle. Demgegenüber migrierten viele Italiener, Griechen und auch Türken als Arbeitnehmer bereits ab Mitte der 1950er- bzw. 1960er-Jahre in die Bundesrepublik Deutschland. Personen mit MH … mit eigener Mig.-Erfahrung … ohne eigene Mig.-Erfahrung Index 2. Gen. in Tausend in % in Tausend in % in Tausend in % Spalte7/ Spalte 5 insgesamt 2.820 100,0 1.842 100,0 978 100,0 Italien 241 8,5 121 6,6 120 12,3 186 Griechenland 98 3,5 52 2,8 46 4,7 168 ehemaliges Jugoslawien 369 13,1 226 12,3 143 14,6 119 Russische Föderation 182 6,4 148 8,0 34 3,5 44 GUS ohne Russische Föderation 218 7,7 176 9,5 42 4,3 45 Afrika 58 2,0 38 2,1 20 2,0 95 ehemalige Sowjetunion 472 16,7 379 20,6 93 9,5 46 Türkei 510 18,1 252 13,7 258 26,4 193 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 I I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t i t a l i e n i s c h e m M i g r a t i o n s h i n - t e r g r u n d 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit italienischem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg? Allgemeine Hinweise Zu den Fragen II. bis VI. ist generell anzumerken, dass eine nach Herkunftsland bzw. ethnischem Hintergrund differenzierte Betrachtung des Integrationserfolgs von Personen mit Migrationshintergrund einerseits Erkenntnispotenzial birgt, aber auch die Gefahr von Fehlinterpretationen, sogenannten ökologischen Fehlschlüssen . Dabei besteht sicherlich ein Erkenntnisgewinn darin, zu wissen, ob eine Zuwanderergruppe z. B. mit Blick auf die formale Bildung besser abschneidet als eine andere. Ohne eine differenziertere Analyse lässt sich allerdings noch nicht einmal abschließend feststellen, ob dieser überdurchschnittliche Bildungserfolg gruppenspezifisch ist oder nicht. Dies liegt darin begründet, dass sich Zuwanderergruppen nicht nur nach Herkunftsland , sondern nach etlichen anderen demografischen, migrationsspezifischen und sozialen Charakteristika unterscheiden. Hierzu zählen die Zusammensetzung nach Geschlecht und Alter, der Anlass des Zuzugs (Arbeitsaufnahme, Aussiedlung, Flucht), der Zuzugszeitpunkt und damit auch die Zusammensetzung nach Generationen sowie die Gruppengröße und räumliche Konzentration. Wenn gruppenspezifische Unterschiede trotz der Berücksichtigung dieser Fak - torenbündel fortbestehen, dann kann dies zum einen an den Prägungen der Zuwanderer im Herkunftsland liegen, die sich teilweise in der zweiten und dritten Generation fortsetzen. Hierzu gehören kulturelle und religiöse Traditionen, aber auch Sprachkompetenz und noch im Herkunftsland erworbene Bildungsabschlüsse . Zum anderen spielt aber auch das Zuzugsland eine wichtige Rolle für den Integrationserfolg , sei es, dass Zuwanderer aus einem Land auf einer anderen Rechtsgrundlage zuziehen als aus einem anderen, dass eine Gruppe eher Integrationsförderung erhält als eine andere oder dass sich der Erwerb der Staatsbürgerschaft unterschiedlich schwierig gestaltet. Schließlich geht die Gesellschaft im Aufnahmeland mit verschiedenen Herkunftsgruppen unterschiedlich um. Sowohl positive als auch negative Zuschreibungen und Verhaltensweisen gegenüber bestimmten Gruppen können die Integration befördern oder hemmen. In einer rein beschreibenden Betrachtung des Integrationserfolgs verschiedener Zuwanderergruppen werden all diese Faktoren ausgeblendet. Dennoch mag der unterschiedliche Integrationserfolg verschiedener Gruppen, auch mit Blick auf verschiedene Integrationsdimensionen, der Ausgangspunkt dafür sein, gruppenspezifische Erfolge oder Defizite tiefer zu ergründen. Integrationserfolg Es besteht weder in der Wissenschaft noch in der Politik Einigkeit darüber, wie „der Integrationserfolg“ insgesamt gemessen oder bewertet werden sollte. Grundlegend ist die Vorstellung, dass verschiedene Teile einer Gesellschaft ein Ganzes bilden und Zusammenhalt bestehen sollte. Folglich kann von gelungener sozialer Integration gesprochen werden, wenn Zuwanderer ein „integraler Bestandteil“ der Gesellschaft geworden sind. In Anlehnung an verschiedene, primär soziologische Integrationskonzepte können mit Hartmut Esser (Integration und ethnische Schichtung, 2001, S. 73) vier Dimensionen der Sozialintegration unterschieden werden: „Die Kulturation als der Erwerb von Wissen und Fertigkeiten, ein - schließlich der Sprache; die Pla[t]zierung als die Übernahme von Positionen und die Verleihung von Rechten; die Interaktion als Aufnahme sozialer Beziehungen im alltäglichen Bereich (wie Freundschaften oder Heirat); und die Identifikation als die emotionale Zuwendung zu dem betreffenden sozialen System.“ Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 8 Innerhalb dieser Dimensionen gibt es – zumindest theoretisch – eine unendlich große Zahl möglicher Indikatoren, mit denen die Integration gemessen werden könnte. Nachfolgend wird auf ausgewählte Indikatoren zurückgegriffen, die nach Ansicht der Landesregierung aussagekräftig sowie valide und damit geeignet sind, sich einer Antwort auf die Frage nach dem Integrationserfolg in den vier Dimensionen zumindest anzunähern. Eine abschließende Beurteilung „des Integra - tionserfolgs“ ist auf der Grundlage dieser Indikatoren allerdings nicht möglich. Datengrundlage Eine aussagekräftige Analyse des Integrationserfolgs von Menschen, die selbst oder deren Eltern aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind und nun in Baden-Württemberg leben, ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft. Erstens müssen repräsentative Daten vorliegen. Dies ist mit Blick auf Baden-Württemberg und verschiedene Herkunftsländer, Generationen und die jeweiligen Integrationsaspekte nur eingeschränkt der Fall. Auch bei vergleichsweise hohen Befragtenzahlen wie im Mikrozensus (MZ) ist durch die Kombination mehrerer Merkmale bei kleinen Bevölkerungsgruppen die Repräsentativität häufig nicht gewährleistet. Zweitens bedarf es für eine Herausarbeitung der Relevanz eines einzelnen Aspekts (in diesem Fall des Herkunftslands) für Integrationserfolge der Berücksichtigung weiterer, potenziell aussagekräftigerer Aspekte im Rahmen von Datenanalysen. Da solche Analysen nicht Aufgabe der Amtlichen Statistik sind, können sie von ihr auch nicht erwartet werden. Punktuell liegen solche Analysen allerdings, wenn auch zumeist für Deutschland insgesamt (vgl. z. B. Statistisches Bundesamt: Wirtschaft und Statistik, Juli 2012, S. 549 bis 562; Informationsdienst Soziale Indikatoren [ISI] 46, 2011) vor. Entsprechend notwendige Datenanalysen können prinzipiell sowohl innerhalb als auch außerhalb der Landesverwaltung durchgeführt werden. Die Landesregierung hat allerdings keinen direkten Zugriff auf Datenquellen der Amtlichen Statistik, sodass interne Analysen auf (zugängliche) Umfragedaten beschränkt sind. In der Wissenschaft bedürfte es entweder einer intrinsischen Motivation, landesspezifische Datenanalysen zum Stand der Integration durchzuführen, oder der Erteilung gezielter Forschungsaufträge der Landesregierung. Letzteres kommt erst nach Ausschöpfung aller Alternativen der Informationsgewinnung in Frage. Zur Beantwortung der Fragen wird bezüglich der vier Integrationsdimensionen folglich im Einzelnen auf diese Indikatoren und Datensätze bzw. Sonderauswertungen zurückgegriffen: 1. Kulturation: Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse von italienischen, griechischen und ex-jugoslawischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg (Sonderauswertung der Studie „Repräsentativbefragung Ausgewählter Migrantengruppen in Deutschland“ (RAM-Studie) des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge [BAMF] 2006/7 durch das BAMF), punktuell ergänzt um eine Sonderauswertung des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP) 2009 durch das Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften GESIS (v. a. Menschen mit ex-jugoslawischem Hintergrund ), Auswertung der Einschulungsuntersuchung (ESU) 2011 in Baden-Württemberg über den intensiven Sprachförderbedarf von Kindern mit nicht-deutscher Familiensprache. Der Landesregierung liegen keine umfangreicheren Daten zu Sprachkenntnissen von Menschen mit Migrationshintergrund vor; 2. Platzierung: Schulabschluss (MZ 2010), berufliches Ausbildungsniveau (MZ 2010), Erwerbstätigenquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (MZ 2010), Erwerbslosenquote der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (MZ 2010); Einbürgerungsquote (Einbürgerungsstatistik), die vom Statistischen Landesamt (StaLa) zur Verfügung gestellt wurden. Der Landesregierung liegen herkunftslandspezifische Armutsquoten nicht vor; 3. Interaktion: Kontakte im Alltag mit Personen deutscher Herkunft von italienischen , griechischen und ex-jugoslawischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg (RAM 2006/7), Mitgliedschaft in Vereinen, Verbänden, Organisa - tionen von italienischen, griechischen und ex-jugoslawischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg (RAM 2006/7) im Rahmen von Sonderauswertungen des BAMF, binationale Eheschließungen (Heiratsstatistik) vom StaLa. Der 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Landesregierung liegen keine umfangreicheren Daten zur Interaktion von Menschen mit Migrationshintergrund vor; 4. Identifikation: Verbundenheit mit Deutschland von italienischen, griechischen und ex-jugoslawischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg (RAM 2006/7) im Rahmen der Sonderauswertungen des BAMF, punktuell ergänzt um eine Sonderauswertung des SOEP 2009 durch die GESIS (v. a. Menschen mit ex-jugoslawischem Hintergrund). Der Landesregierung liegen keine umfangreicheren Daten zur Identifikation von Menschen mit Migra - tionshintergrund vor. Zum Integrationserfolg von Zuwanderern aus Italien Als Indikator für den Integrationserfolg bei der Dimension Kulturation wird zum einen die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse von italienischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg herangezogen, zum anderen Befunde eines intensiven Sprachförderbedarfs im Rahmen der ESU 2011 bei Kindern mit italienischer Familiensprache. Informationen zu Sprachkenntnissen werden in der amtlichen Statistik nicht erfasst . Es wird auf eine baden-württembergspezifische Auswertung der Repräsenta - tivbefragung „Ausgewählte Migrantengruppen in Deutschland 2006/2007“ (RAM 06/07) zurückgegriffen. Die RAM 06/07 stellt Daten für die fünf größten Ausländergruppen in Deutschland bereit. Die Studie lässt somit nur Rückschlüsse auf Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit zu, d. h. über Deutsche mit Migrationshintergrund wie Eingebürgerte oder Doppelstaatler, lassen sich auf der Grundlage der RAM keine Aussagen treffen. Zudem ist keine Differenzierung nach Generation oder Aufenthaltszeit möglich. Eine Übertragung der Ergebnisse auf alle Personen mit Migrationshintergrund bzw. einer Herkunftsgruppe ist damit nicht möglich. Für die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse werden im Folgenden die Mittelwerte auf einer Skala von 1 „gar nicht“ bis 6 „sehr gut“ dargestellt (zur genauen Fragestellung siehe BAMF-Forschungsbericht 8, 2010, S. 103 ff.). Beim Hörverständnis ergibt sich für italienische Staatsangehörige in Baden-Württemberg ein Mittelwert von 5,16, beim Sprechvermögen erreicht die Gruppe einen Mittelwert von 5,06, beim Lesen 4,65 sowie beim Schreiben 4,12. Über alle Kompetenzeinschätzungen ergibt sich ein Mittelwertindex von 4,74. Im Vergleich mit den Ergebnissen für die beiden anderen Ausländergruppen (Griechen und Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates von Jugoslawien) ist keiner der (geringen) Unterschiede statistisch signifikant. Die Darstellung des intensiven Sprachförderbedarfs von einzuschulenden Kindern erfolgt differenziert nach Familiensprache, d. h. nach der Sprache, die nach Angaben der Eltern in den ersten drei Lebensjahren mit dem Kind gesprochen wurde. Es ist anzumerken, dass bei der Auswertung nicht nach der Zuwanderergeneration unterschieden werden kann. Insgesamt wurde bei einem Viertel (25,2 %) aller Kinder, die an der ESU 2011 teilgenommen haben, ein intensiver Sprachförderbedarf dokumentiert. Bei Kindern, die Italienisch in der Familie gesprochen haben, wurde in 67,1 % der Fälle ein intensiver Sprachförderbedarf festgestellt. Dieser Anteil ist höher als der entsprechende Anteil der Kinder mit griechischer, serbokroatischer oder russischer Familiensprache. Bei Kindern, die zusätzlich zu Italienisch auch Deutsch in der Familie gesprochen haben, wurde zwar deutlich seltener (38,6 %) ein intensiver Förderbedarf festgestellt, doch immer noch häufiger als im Durchschnitt. Als ein Indikator für Platzierung können Einbürgerungen herangezogen werden. Im Jahr 2011 haben sich in Baden-Württemberg 440 Italienerinnen und Italiener einbürgern lassen. Im Vergleich zu anderen Nationalitäten liegen Italiener an siebter Stelle. Am häufigsten haben sich Türken (3.543), Kosovaren (1.504) und Griechen (639) einbürgern lassen. Bezogen auf die italienische Bevölkerungsgruppe ergibt sich für 2011 eine Einbürgerungsquote von 0,3 %. Die Einbürgerungsquote aller Ausländer in Baden-Württemberg beträgt im selben Jahr 1,1 %. Somit liegt die Quote der italienischen Bevölkerungsgruppe deutlich unter dem Durchschnitt und sie ist auch im Vergleich zu den anderen hier behandelten Zuwanderergruppen sehr niedrig. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 10 Weitere Indikatoren für Platzierung sind Schulabschlüsse, Ausbildungsniveau, Erwerbstätigen- sowie Erwerbslosenquote, die auf der Grundlage des MZ für Menschen mit Migrationshintergrund berechnet wurden. Mit Blick auf die in Baden -Württemberg lebenden Menschen mit italienischem Hintergrund zeigt sich, dass 9,8 % keinen Schulabschluss besitzen (Durchschnitt der Bevölkerung mit Migrationshintergrund: 10,7 %) und lediglich 7,3 % die (Fach-)Hochschulreife (Ø: 18,4 %). Allerdings besuchen überdurchschnittlich viele von ihnen, 29,5 % (Ø: 24,9 %), auch noch (nicht) die Schule. Differenzierungen nach Generationen und Altersgruppen liegen der Landesregierung nicht vor. Überdurchschnittlich viele Menschen mit einem italienischen Migrationshintergrund im Alter von 25 bis unter 65 Jahren besitzen keinen berufsbildenden Abschluss : Mit 47,7 % liegt der Wert deutlich über dem Durchschnitt aller Menschen mit Migrationshintergrund, die in Baden-Württemberg leben (36,1 %). Geringer als im Durchschnitt (14,3 %) fällt v. a. der Anteil der Menschen mit italienischem Hintergrund aus, die einen (Fach-)Hochschulabschluss besitzen: 4,9 %. Der Anteil derer mit Lehrausbildung (43,3 %) ist dagegen durchschnittlich. Mit Blick auf die zweite Generation kann aufgrund der geringen Fallzahlen im MZ lediglich festgestellt werden, dass der Anteil derjenigen ohne Abschluss deutlich geringer (22,1 %) und damit für die zweite Generation unterdurchschnittlich (Ø: 24,7 %) ausfällt, und dass der Anteil derer mit Lehrabschluss (64,1 %; Ø: 57,9 %) überdurchschnittlich ist. Schließlich zeigt der Blick auf die Erwerbstätigenquote (72,1 %; Ø: 66,3 %) von Menschen mit italienischem Hintergrund, gerade in der zweiten Generation (70,3 %; Ø: 57,5 %), dass die italienischstämmige Bevölkerung trotz der festzustellenden Bildungs- und Ausbildungsdefizite alles in allem recht gut in das Erwerbsleben integriert ist. Auch die Erwerbslosenquote liegt mit 8,1 % leicht unter dem Durchschnitt aller Menschen mit Migrationshintergrund in BadenWürttemberg (8,5 %). Für die Integrationsdimension Interaktion können die Indikatoren „Kontakte im Alltag mit Personen deutscher Herkunft“ sowie die Mitgliedschaft in deutschen Vereinen, Verbänden und Organisationen herangezogen werden. Auskunft dar - über gibt die RAM 06/07 (vgl. BAMF 2010, S. 152 ff.). Erneut liegen nur Ergebnisse für Ausländer vor; Differenzierungen nach Generation oder Aufenthaltsdauer sind nicht möglich. Am häufigsten sind die befragten Italiener und Italienerinnen in Baden-Württemberg in einem deutschen Sportverein (19 %), gefolgt von der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft (12 %) und in Kulturvereinen (4 %). Keine italienische Person gibt jedoch an, in einem Berufsverband Mitglied zu sein. Darin unterscheiden sie sich signifikant von Griechinnen und Griechen, unter denen 2 % in einem Berufsverband sind. Insgesamt sind zwei Drittel weder in einem deutschen Verein, Verband noch in einer Organisation Mitglied. Bei einem Viertel (25 %) besteht eine Mitgliedschaft, 7 % sind Mitglied zweier Organisationen. Als weiterer Indikator für Interaktion wird die Häufigkeit des Kontaktes zu Deutschen in der Nachbarschaft, dem Freundeskreis, am Arbeits- oder Ausbildungsplatz und der eigenen Familie/Verwandtschaft herangezogen. Zur Darstellung wurden die Ergebnisse über alle vier Kontaktsituationen zusammengefasst. Es zeigt sich dabei, dass durchschnittlich ein Viertel der italienischen Staatsangehörigen täglich (26 %), mehr als jeder Sechste mehrmals wöchentlich (16 %) und ein weiteres Viertel einmal wöchentlich (25 %) im Alltag mit deutschstämmigen Personen Kontakte hat. Es gibt zwischen den untersuchten Gruppen (Griechen und Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates Jugoslawiens) keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Kontakte zu Personen deutscher Herkunft . Ein Indikator für besonders enge soziale Kontakte sind Eheschließungen mit Deutschen. Es ist hierbei zu beachten, dass in der Heiratsstatistik lediglich die Staatsangehörigkeit der Ehepartner erfasst wird, nicht deren Migrationshintergrund . Inwieweit die Hochzeiten interethnische Verbindungen darstellen, wird nicht erhoben. Insgesamt sind im Jahr 2010 in Baden-Württemberg 1.681 Personen mit einer italienischen Staatangehörigkeit eine Ehe eingegangen. 854 davon haben eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit geheiratet. 652 Italienerin- 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 nen oder Italiener haben eine Ehe mit einem Landsmann geschlossen; es gab also 326 rein italienische Ehen. Folglich haben 51 % der italienischen Personen, die 2010 in Baden-Württemberg geheiratet haben, eine deutsch-italienische Ehe geschlossen und 39 % eine rein italienische Ehe. Etwas mehr italienische Männer haben deutsche Frauen geheiratet als umgekehrt. Letzteres ist nach der Heirat von deutschen Frauen mit türkischen Männern die in absoluten Zahlen zweithäufigste Kombination deutsch-ausländischer Eheschließungen. Für die Integrationsdimension Identifikation kann die Frage nach der Verbundenheit der Italienerinnen und Italiener mit Deutschland aus der RAM 06/07 herangezogen werden (vgl. BAMF 2010, S. 169 ff.). Erneut ist darauf hinzuweisen, dass die RAM 06/07 sich nur auf ausländische Personen bezieht. Eine Übertragung der Ergebnisse auf alle Personen mit italienischem Migrationshintergrund ist nicht möglich. Von den befragten Personen italienischer Staatsangehörigkeit fühlen sich über die Hälfte stark (49 %) oder sehr stark (19 %) mit Deutschland verbunden. Zu den Befragten aus Griechenland und Ex-Jugoslawien zeigen sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Verbundenheit mit Deutschland. Ein vorsichtiges Fazit der lückenhaften Befunde über die Integration zumeist ita - lienischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in Baden-Württemberg leben, ist, dass v. a. Integrationsdefizite im Bereich Kulturation und Platzierung zu be - stehen scheinen. Die Sprachdefizite von Kindern aus Familien, in denen italienisch gesprochen wird, sind vergleichsweise hoch. Hinsichtlich der allgemeinen Bildungs- und Ausbildungsdefizite ist zu berücksichtigen, dass positive Entwicklungen bei der zweiten Generation feststellbar sind. Und auch die Erwerbstätigenquote und damit die Arbeitsmarktintegration ist vergleichsweise hoch. Sehr zurückhaltend sind Italienerinnen und Italiener bei der Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit, und auch Ehen mit Deutschen werden gerade einmal von rund der Hälfte eingegangen. 2. Wie beurteilt sie den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern mit italienischem Migrationshintergrund in Bezug auf die Erlangung einer Empfehlung zum Besuch weiterführender Schulen, die Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Abbruchs der Schulausbildung und in Bezug auf die Erlangung von Schulabschlüssen jeweils im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern mit anderem und ohne Migrationshintergrund? Im Rahmen der amtlichen Schulstatistik liegen aktuell keine Informationen zum Migrationshintergrund von Schülerinnen und Schülern vor, sondern nur nach Staatsangehörigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Schülerinnen und Schüler mit deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit zählen im Rahmen der amt - lichen Schulstatistik als Deutsche. Die Zahl der erteilten Grundschulempfehlungen wird nicht nach einzelnen ausländischen Staatsangehörigkeiten erhoben. Hinsichtlich der Abgänge nach Abschlussarten werden nur die Abgänge nach Klassenstufe 9 bzw. 10 an den Werkreal-/Hauptschulen nach Staatsangehörigkeiten erhoben. Die entsprechenden Abgängerzahlen 2011 der italienischen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu ausländischen Abgängern insgesamt sowie deutschen Abgängern sind in der Anlage dargestellt (Anlage A). 3. Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Wahrnehmung von Angeboten des muttersprachlichen (Konsulats-)Unterrichts durch Schülerinnen und Schüler mit italienischem Migrationshintergrund vor und inwiefern unterscheidet sich die Inanspruchnahme muttersprachlicher Angebote gegebenenfalls von derjenigen , wie sie bei anderen Migrantengruppen festzustellen ist, deren „Heimatländer “ muttersprachlichen (Konsulats-)Unterricht durchführen? Muttersprachlicher Zusatzunterricht wird in Baden-Württemberg in der Form des sogenannten Konsulatsmodells, d. h. in der alleinigen Verantwortung der diplomatischen und konsularischen Vertretungen, angeboten. Der muttersprachliche Zusatzunterricht in italienischer Sprache wird vom Italienischen Generalkonsulat Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 12 in Stuttgart angeboten und organisiert. Laut Meldung des Italienischen Generalkonsulats haben im Schuljahr 2011/2012 insgesamt 10.861 Schülerinnen und Schüler am muttersprachlichen Zusatzunterricht teilgenommen. Da die inhaltliche und organisatorische Verantwortung für den muttersprachlichen Zusatzunterricht allein beim Italienischen Generalkonsulat liegt, kann die Landesregierung keine näheren Angaben zur Inanspruchnahme des muttersprachlichen Zusatzangebotes machen. Das Italienische Generalkonsulat Stuttgart bietet seit einigen Jahren an, den muttersprachlichen Zusatzunterricht an ausgewählten Standorten für Kinder nicht italienischer Herkunft zu öffnen. Für diese Schülerinnen und Schüler hat dieser Sprachunterricht die Qualität einer Italienisch-AG. Der Landesregierung liegen keine weiteren Informationen vor, an welchen Schulen das Angebot gegenwärtig tatsächlich realisiert wird. I I I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t g r i e c h i s c h e m M i g r a t i o n s h i n - t e r g r u n d 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit griechischem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg? Es sind die grundsätzlichen Ausführungen unter II. zu beachten. Mit Blick auf Kulturation werden die Mittelwerte für die Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse griechischer Staatsangehöriger betrachtet. Sie stellen sich wie folgt dar: Beim Hörverständnis erreichen die Befragten einen Wert von 5,29. beim Sprechvermögen 5,02, beim Lesevermögen 4,79 und beim Schreiben 4,30. Über alle Einschätzungen zur Sprachkompetenz ergibt sich ein Mittelwertindex von 4,85. Im Vergleich zu den anderen Gruppen, für die Sonderauswertungen für BadenWürttemberg möglich waren (Italiener und [Ex-]Jugoslawen) zeigt sich kein statis tisch signifikanter Unterschied. Im Rahmen der ESU 2011 wurde bei 59,1 % der Kinder mit griechischer Fami - liensprache ein intensiver Sprachförderbedarf festgestellt. Deutlich seltener ist ein entsprechender Befund bei Kindern, die in den ersten drei Lebensjahren Griechisch und Deutsch in der Familie gesprochen haben (33,1 %). Im Hinblick auf die Platzierung lässt sich feststellen, das im Jahr 2011 639 Griechinnen und Griechen eingebürgert wurden. In absoluten Zahlen liegen sie damit an dritter Stelle der Einbürgerungen nach Nationalitäten. Die Einbürgerungsquote von 1,0 % entspricht in etwa dem Landesdurchschnitt. In Baden-Württemberg lebende Menschen mit griechischem Migrationshintergrund weisen im Vergleich zum Durchschnitt (für diverse Durchschnittswerte siehe II. 1.) und im Vergleich zu den anderen hier behandelten Zuwanderergruppen den mit Abstand höchsten Anteil an Personen auf, die keinen Schulabschluss besitzen (30,3 %). Dabei ist das Schulabschlussniveau leicht unterdurchschnittlich, denn 12,3 % der Griechischstämmigen besitzen die (Fach-)Hochschulreife. Lediglich 8,6 % gehen noch (nicht) zur Schule. Differenzierungen nach Generationen und Altersgruppen liegen der Landesregierung nicht vor. Knapp die Hälfte der Menschen mit griechischem Migrationshintergrund von 25 bis unter 65 Jahren (49,5 %) besitzt keinen beruflichen Abschluss. Dieser Anteil ist v. a. in der ersten Generation (63,3 %) sehr hoch. Von der ersten zur zweiten Generation verdoppelt sich der Anteil der Griechischstämmigen mit einer abgeschlossenen Lehre von 29,2 % auf 63,2 % und verändert sich damit von weit unterdurchschnittlich auf leicht überdurchschnittlich. Weitere Differenzierungen lassen die geringen Fallzahlen in dieser Gruppe nicht zu. Die Erwerbstätigenquote ist mit 66,3 % insgesamt durchschnittlich, doch in der zweiten Generation Griechischstämmiger mit 72,8 % weit überdurchschnittlich. Die Erwerbslosenquote kann nicht verlässlich angegeben werden. Für die Interaktion wird die Mitgliedschaft von Griechinnen und Griechen in deutschen Vereinen, Verbänden und Organisationen dargestellt. Es zeigt sich, dass mehr als ein Fünftel der befragten Griechinnen und Griechen Mitglied in einem deutschen Sportverein (22 %) ist. Sie sind somit signifikant häufiger in deut- 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 schen Sportvereinen als Personen mit der Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaats Jugoslawiens. Bei weiteren 8 % besteht eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft , gefolgt von Freizeitvereinen (3 %) und Berufsverbänden. Insgesamt sind über zwei Drittel in keinem deutschen Verein, Verband oder Organisation (69 %), bei knapp einem Viertel (23 %) besteht eine Mitgliedschaft, bei knapp 7 % sind es zwei Mitgliedschaften. In Bezug auf die Kontakthäufigkeit zu Deutschen in der Nachbarschaft, im Freundeskreis , am Arbeits- oder Ausbildungsplatz und der eigenen Familie/Verwandtschaft gibt durchschnittlich jeder achte Befragte an (13 %), täglich Kontakte zu haben. Jeweils nicht ganz jeder Dritte hat mehrmals wöchentlich (27 %) oder einmal wöchentlich (28 %) in den abgefragten Lebensbereichen Kontakt zu Deutschen . Knapp ein Fünftel (20 %) hat zumindest mehrmals im Monat Kontakt. Zu den anderen abgefragten Gruppen (Italiener und Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates Jugoslawiens) bestehen keine signifikanten Unterschiede der Mittelwerte. Im Jahr 2010 sind in Baden-Württemberg 271 Griechinnen und Griechen eine Ehe eingegangen, 171 davon eine Ehe mit einer Person deutscher Staatsangehörigkeit . Darunter befinden sich mehr griechische Männer, die eine deutsche Frau geheiratet haben als griechische Frauen deutsche Männer. 46 Personen mit griechischer Staatsangehörigkeit haben eine Person mit der gleichen Staatsangehörigkeit geheiratet. Der Anteil der Griechinnen und Griechen, die 2010 eine deutsch-griechische Ehe eingegangen sind, an allen griechischen Personen, die im selben Jahr geheiratet haben, liegt bei 63 %. Der Anteil derer, die eine rein griechische Ehe eingegangen sind, beträgt 17 %. Ihre Verbundenheit mit Deutschland als Indikator für die identifikative Dimen - sion beschreiben nahezu drei Viertel der befragten Griechinnen und Griechen als stark (51 %) oder sehr stark (21 %). Zu den anderen angeführten Gruppen (Italiener und Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates Jugosla - wiens) gibt es hierbei keine signifikanten Unterschiede. Ein vorsichtiges Fazit der lückenhaften Befunde über die Integration zumeist griechischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in Baden-Württemberg leben , ist, dass leichte Integrationsdefizite im Bereich Platzierung zu bestehen scheinen, doch in der zweiten Generation deutliche Verbesserungen feststellbar sind. Daneben weisen Kinder aus Familien, in denen Griechisch gesprochen wird, vor der Einschulung Kulturationsdefizite auf. Bezüglich Interaktion und Identifikation fallen die Befunde zum Stand der Integration verhalten positiv aus. Ins - gesamt betrachtet scheinen im Vergleich zu anderen Zuwanderergruppen Integrationsdefizite bei Griechinnen und Griechen nicht besonders ausgeprägt zu sein. 2. Wie beurteilt sie den Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern mit griechischem Migrationshintergrund in Bezug auf die Erlangung einer Empfehlung zum Besuch weiterführender Schulen, die Wahrscheinlichkeit des vorzeitigen Abbruchs der Schulausbildung und in Bezug auf die Erlangung von Schulabschlüssen jeweils im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern mit anderem und ohne Migrationshintergrund? Hinsichtlich der Erhebungsmerkmale der amtlichen Schulstatistik gelten die unter II. 2. genannten Vorgaben. Die Abgängerzahlen 2011 der griechischen Schülerinnen und Schüler aus Klassenstufe 9 bzw. 10 an den öffentlichen und privaten Werkreal-/Hauptschulen im Vergleich zu ausländischen Abgängern insgesamt sowie zu deutschen Abgängern sind in der Anlage dargestellt (Anlage A). 3. Welche Bildungseinrichtungen des griechischen Bildungswesens gibt es in Baden -Württemberg und wie sind diese bzw. die dort zu erwerbenden Abschlüsse mit den staatlichen Schulen und den dort zu erwerbenden Abschlüssen verzahnt ? In Baden-Württemberg bestehen griechische Lyzeen als Ergänzungsschulen. Bei den Abschlüssen handelt es sich nicht um deutsche, sondern um griechische Ab- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 14 schlüsse. Das Abschlusszeugnis griechischer Lyzeen in Baden-Württemberg (Apolitirio), das am Ende des dreijährigen Bildungsgangs verliehen wird, wird in Baden-Württemberg als mittlerer Abschluss anerkannt. Für Inhaber eines Abschlusszeugnisses (Apolitirio) eines griechischen Lyzeums in Deutschland erfolgt der direkte, fachorientierte Zugang zum Studium an deutschen Hochschulen entsprechend dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 26. April 2001 i. d. F. vom 14. Juli 2006. Nachzuweisen ist – zusätzlich zum Abschlusszeugnis – die Teilnahme an den Allgemeinen Prüfungen für Auslandsgriechen in der geisteswissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Schwerpunktrichtung mit einer Mindestgesamtnote von 50. Die Hochschulzugangsberechtigung gilt fachorientiert für die Studienfelder, die der in den Allgemeinen Prüfungen gewählten Fachrichtung entsprechen. Auch die an dieselben Voraussetzungen gebundene Immatrikulation an einer griechischen Universität oder Fachhochschule gilt als Zugangsqualifikation für den entsprechenden deutschen Hochschultyp und für das Fach, für das in Griechenland ein Studienplatz zugewiesen wurde. Bei einem Apolitirio, das den o. g. Anforderungen nicht entspricht bzw. bei dem die zusätzlichen Bedingungen nicht erfüllt sind, kann gemäß den Empfehlungen der Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz nur die Gleichwertigkeit mit einem mittleren Bildungsabschluss festgestellt werden. 4. Welche Hochschulpartnerschaften und -kooperationen gibt es zwischen Hochschulen in Baden-Württemberg und Griechenland und in welchem Umfang werden entsprechende Studienangebote von Studierenden mit griechischem Migrationshintergrund wahrgenommen? Zwischen Hochschulen in Baden-Württemberg und Hochschulen in Griechenland bestehen rege Kooperationsbeziehungen. Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Pädagogische Hochschulen pflegen zahlreiche partnerschaftliche Kontakte zu griechischen Einrichtungen. Von bundesweit 355 deutsch-griechischen Kooperationsbeziehungen entfallen 43 auf BadenWürttemberg (Quelle: Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz, Stand 17. August 2012). Sie sind in der Anlage aufgeführt (Anlage B). Im Wintersemester 2011/2012 waren in Baden-Württemberg insgesamt 1.084 Studierende mit griechischer Staatsangehörigkeit eingeschrieben. Von ihnen waren 383 Bildungsausländer/Bildungsausländerinnen (ausländische Studierende, die ihre Studienberechtigung im Ausland erworben haben) und 701 Bildungsinländer /Bildungsinländerinnen (ausländische Studierende, die ihre Studienberechtigung in Deutschland erworben haben). Nicht erhoben werden in der amtlichen Hochschulstatistik Daten zum familiären Hintergrund. Aus diesem Grund lässt die Hochschulstatistik keine Aussagen über die Gruppe der Deutschen mit griechischem Migrationshintergrund (aber deutscher Staatsangehörigkeit) zu. Auch andere Datenquellen wie beispielsweise die Sozialerhebungen des Deutschen Studentenwerkes geben hierzu keinen Aufschluss . Daher lässt sich die Frage, in welchem Umfang speziell Studierende mit griechischem Migrationshintergrund an Studienangeboten in Baden-Württemberg partizipieren , die in Verbindung mit Hochschulpartnerschaften und -kooperationen mit Griechenland stehen, auf Grundlage der verfügbaren statistischen Daten nicht beantworten . Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass alle Mitglieder der beteiligten Hochschulen von den Hochschulpartnerschaften profitieren. 15 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 I V . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s d e n S t a a t e n d e s e h e m a l i g e n J u g o s l a w i e n 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit Migrationshintergrund aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien in Baden-Württemberg insgesamt ? Im Hinblick auf die Kulturation zeigen sich bei Staatsangehörigen eines Nach - folgestaats Jugoslawiens folgende subjektive Sprachniveaus: Hörverständnis 5,30, Sprechvermögen von 5,08, Lesevermögen 4,88 und Schreiben 4,39. Über alle Dimensionen hinweg ergibt sich ein Mittelwert von 4,91. Vom Sprachniveau der anderen beiden Gruppen, Italiener und Griechen, unterscheiden sich die Ergebnisse nicht signifikant. Eine Sonderauswertung des SOEP 2009 für BadenWürttemberg durch die GESIS bestätigt diese Grundtendenz (vgl. ISI 46, 2011). Hier kann nach Migrationshintergrund differenziert werden. Menschen mit einem ex-jugoslawischen Migrationshintergrund und einer Muttersprache, die nicht deutsch ist, zeigen bei der Sprach- und Schreibkompetenz Werte, die sich nicht signifikant vom Durchschnittswert aller Befragten mit Migrationshintergrund und nicht-deutscher Muttersprache unterscheiden. Daten aus der ESU 2011 in Bezug auf einen intensiven Sprachförderbedarf stehen nur für die Gruppe der Kinder mit serbokroatischer Familiensprache zur Verfügung. Bei knapp über der Hälfte (52,5 %) der Kinder mit dieser Familiensprache wurde ein Sprachförderbedarf festgestellt. Sprechen die Kinder neben Serbokroatisch auch Deutsch in der Familie, ist ein entsprechender Befund seltener (33,1 %). Den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft haben im Jahr 2011 2.638 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines Nachfolgestaates Jugoslawiens vollzogen. Alle Staatsangehörigen des ehemaligen Jugoslawien zusammengenommen rangieren nach den Einbürgerungszahlen auf Platz zwei. Die Einbürgerungsquote der Personengruppe beträgt 1,2 % und liegt damit in etwa im Landesdurchschnitt. Etwas mehr als jeder Zehnte (11,5 %) mit ehemals jugoslawischem Hintergrund besitzt keinen allgemeinbildenden Abschluss (für diverse Durchschnittswerte siehe II. 1.). Dieser Anteil entspricht dem Durchschnittswert. Das Abschlussniveau ist allerdings unterdurchschnittlich, denn lediglich 10,8 % der Menschen aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien besitzen die (Fach-)Hochschulreife. Auch beim Blick auf die berufsbildenden Abschlüsse bei den 25- bis unter 65- Jährigen stellt man einen unterdurchschnittlichen Anteil der (Fach-)Hochschulabsolventen (6,3 %) fest, während der Anteil derer mit Lehrabschluss (51,2 %) höher als im Durchschnitt (Ø: 43,1 %) ist. Der Anteil der 25- bis unter 65-Jährigen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die keinen beruflichen Abschluss besitzen, fällt mit 37,4 % durchschnittlich aus. Im Generationenvergleich zeigt sich, dass bereits die erste Generation vergleichsweise häufig (47,6 %; Ø: 40,9 %) einen Lehrabschluss vorweisen kann, was in der zweiten Generation noch ausgeprägter der Fall ist (67,0 %; Ø: 57,9 %). Die Erwerbstätigenquote der Menschen aus dem Gebiet des ehemaligen Jugosla - wien ist mit 66,2 % durchschnittlich, in der zweiten Generation liegt sie mit 67,6 % deutlich über dem Durchschnitt. Die Erwerbslosenquote ist mit 7,7 % leicht unterdurchschnittlich ; valide Angaben für die zweite Generation können nicht gemacht werden. Als Indikator für die Dimension Interaktion werden die Mitgliedschaften in deutschen Vereinen betrachtet. Mehr als jeder zehnte Befragte aus dem ehemaligen Jugoslawien (12 %) ist Mitglied in einem deutschen Sportverein. Sie sind somit signifikant seltener Mitglied in deutschen Sportvereinen als Personen mit einer griechischen Staatsangehörigkeit. Knapp 7 % sind Mitglied einer Gewerkschaft und 4 % in Kulturvereinen. Drei Viertel der Personengruppe ist in keinem deutschen Verein, Verband oder Organisation Mitglied, bei knapp einem Fünftel besteht eine Mitgliedschaft, bei knapp 4 % zwei Mitgliedschaften. In Bezug auf soziale Beziehungen im Alltag zeigt sich, dass durchschnittlich ein Fünftel (20 %) der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger eines Nachfolgestaates des ehemaligen Jugoslawien täglich Kontakte zu Deutschen in der Nachbarschaft, dem Freundeskreis, am Arbeits- oder Ausbildungsplatz und der eigenen Fami- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 16 lie/Verwandtschaft hat. Ein weiteres Viertel hat im Durchschnitt mehrmals wöchentlich und knapp ein Drittel (31 %) einmal wöchentlich Kontakt zu Deutschen . Die Sonderauswertung des SOEP zeigt, dass die soziale Interaktion von Menschen mit einem ex-jugoslawischem Migrationshintergrund im Vergleich zu allen Befragten mit Migrationshintergrund leicht überdurchschnittlich ist. In Baden-Württemberg haben im Jahr 2010 1.564 Personen mit einer Staats - angehörigkeit eines jugoslawischen Nachfolgestaates eine Ehe geschlossen. 825 sind eine Ehe mit einem deutschen Partner oder einer deutschen Partnerin eingegangen . Es haben in etwa gleich viele Männer wie Frauen einen Deutschen oder eine Deutsche geheiratet. 472 Personen haben eine Person mit einer gleichen Staatsangehörigkeit geehelicht (236 Ehen), was einem Anteil von 30 % entspricht. Der Anteil der Staatsbürger eines Nachfolgestaates von Jugoslawien, die eine binationale Ehe mit einem oder einer Deutschen geschlossen haben, beträgt 53 %. Knapp drei Viertel der Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien fühlen sich zum überwiegenden Teil Deutschland verbunden (sehr stark verbunden: 25 %, stark verbunden : 46 %). Zu den anderen Gruppen (Italiener und Griechen) bestehen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich ihrer Verbundenheit mit Deutschland. Ein vorsichtiges Fazit der lückenhaften Befunde über die Integration von Zu - wanderern aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien lautet, dass die Gruppe sich mit Blick auf die verschiedenen Integrationsdimensionen kaum vom Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung abhebt. Auch in dieser Gruppe schneidet die zweite Generation vergleichsweise besser ab als die erste. Lediglich beim Heiratsverhalten zeigt sich noch eine vergleichsweise starke Tendenz zur Wahl von Partnerinnen bzw. Partnern, die auch aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien stammen. 2. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft und gegebenenfalls inwiefern und warum? Mit Blick auf Platzierung zeigen sich in der Gruppe der Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Staatsangehörigkeit Unterschiede hinsichtlich der Anzahl der Einbürgerungen. Im Jahr 2011 haben sich 1.504 Personen mit kosovarischer Staatsangehörigkeit, 464 Personen mit serbischer sowie 295 Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Bosnien und Herzegowina einbürgern lassen. Für BadenWürttemberg ergeben sich Einbürgerungsquoten von 5,9 % für Kosovaren, 1,2 % für Serben und 0,9 % für Bosnier. Die Einbürgerungsquote für Kosovaren ist vergleichsweise hoch, diejenige für andere Staatsangehörige aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien durchschnittlich. Unter den 825 Eheschließungen zwischen Deutschen und Staatsangehörigen eines Nachfolgestaates Jugoslawiens handelte es sich um 351 deutsch-kroatische Ehen, gefolgt von 280 deutsch-serbisch/kosovarischen Ehen. Serben und Kosovaren werden gemeinsam ausgewiesen, da aufgrund erfassungstechnischer Gründe die beiden Gruppen nicht eindeutig voneinander getrennt werden können. Darüber hinaus wurden 94 Ehen zwischen Deutschen und Personen mit einer Staatsangehörigkeit Bosnien und Herzegowinas geschlossen worden. Weitere Differenzierungen liegen der Landesregierung mit Blick auf die Nach - folgestaaten Jugoslawiens nicht vor. Die vorhandene Datengrundlage reicht für eine Tendenzbeurteilung des Integrationsgrads nach ehemals jugoslawischen Herkunftsländern nicht aus. 3. Wie beurteilt sie die wirtschaftliche Bedeutung der bezeichneten Personengruppe , insbesondere im Hinblick auf deren selbstständige unternehmerische Tätigkeit? Die volkswirtschaftliche Leistung von Migrantenunternehmen ist sehr wichtig für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt des Landes. Auch das Ausbildungsengagement ist bedeutend, erreicht aber nicht das Niveau von Unternehmen deutscher Inhaber. Die baden-württembergische Wirtschaft ist im Hinblick auf den demografischen Wandel, den Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials und den Fach- 17 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 kräftemangel zunehmend auf die Potenziale von Migranten angewiesen. Arbeitgeber mit ausländischen Wurzeln leisten schon jetzt einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung. Menschen mit Migrationshintergrund gründen überdurchschnittlich häufig Unternehmen und das nicht nur im Gastgewerbe und im Handel . Die Migrantenökonomie ist ein besonders dynamischer Teil der Wirtschaft des Landes. Von den 536.000 Selbstständigen in Baden-Württemberg besitzen 95.000 ausländische Wurzeln, Migrantenunternehmen machen 38 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und stellen 243.000 Arbeitsplätze bereit. Selbstständige mit Migrationshintergrund sind in Baden-Württemberg aber im Vergleich zur Erwerbstätigenstruktur insgesamt unterrepräsentiert. Auch nach der jüngsten Studie „Bedeutung, Triebkräfte und Leistung von Migrantenunternehmen“ des Instituts für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim (ifm) ist die Selbstständigenquote von Migrantinnen und Migranten in Baden-Württemberg derzeit bundesweit die niedrigste. Spezielle Zahlen zu selbstständig Tätigen mit Migrationshintergrund aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien liegen nicht vor. V . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s R u s s l a n d u n d d e n ü b r i g e n G U S - S t a a t e n 1. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit Migrationshintergrund aus Russland und den anderen GUS-Staaten in Baden-Württemberg insgesamt ? Für die Dimension der Kulturation können in Bezug auf Personen aus Russland und weiteren GUS-Staaten auf der Grundlage der RAM 06/07 oder der Sonderauswertung des SOEP keine Aussagen getroffen werden. Bei 57,6 % der Kinder mit russischer Familiensprache wurde im Rahmen der ESU 2011 ein intensiver Sprachförderbedarf festgestellt. Unter Kindern, die russischund deutschsprachig aufwachsen, ist dieser Anteil geringer (43,7 %). Im Vergleich zu den Kindern, die neben dem Deutschen auch noch Italienisch, Griechisch oder Serbokroatisch sprechen, fällt dieser Anteil überdurchschnittlich hoch aus. Weitere Sprachen, die in GUS-Mitgliedstaaten gesprochen werden, werden im Rahmen der ESU nicht erfasst. Im Hinblick auf die Platzierung können Einbürgerungen zur Bewertung heran - gezogen werden. Im Jahr 2011 haben sich 1.109 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines GUS-Mitgliedstaates einbürgern lassen. Die gesamte Gruppe liegt somit an dritter Stelle der Einbürgerungen nach Türken und Kosovaren. Bezogen auf die Bevölkerung ergibt sich eine Einbürgerungsquote von 2,1 %. Dieser Anteil ist im Vergleich zur Einbürgerungsquote aller Ausländer in Baden-Württemberg doppelt so hoch. Der Anteil an Menschen mit einem russischen Migrationshintergrund, die keinen allgemeinen Schulabschluss besitzen, ist mit 6,9 % unterdurchschnittlich (für diverse Durchschnittswerte siehe II. 1.). Gleiches gilt für Menschen aus den anderen GUS-Herkunftsländern zusammengenommen (7,0 %). Die Niveaus der Schul - abschlüsse sind vergleichsweise hoch, v. a. der Anteil der Realschulabschlüsse (26,7 % bzw. 29,5 %; Ø: 16,7 %). Der Anteil derjenigen mit russischem Migra - tionshintergrund, die über eine (Fach-)Hochschulreife verfügen, ist leicht überdurchschnittlich (18,9 %), unter denjenigen, die aus den restlichen GUS-Ländern stammen, mit 15,0 % leicht unterdurchschnittlich. Diese Muster setzen sich mit Blick auf die berufsbildenden Abschlüsse der 25- bis unter 65-Jährigen fort. Lediglich 25,8 % (Russland) bzw. 27,3 % (restliche GUS) haben keinen beruflichen Abschluss, 16,9% bzw. 13,8 % jedoch einen (Fach-)Hochschulabschluss und 51,7 % bzw. 51,4 % einen Lehrabschluss. Generationenspezifische Aussagen können nicht getroffen werden, da die zweite Generation im Alter zwischen 25 und 65 Jahren mit Herkunftsgebiet GUS im MZ eine zu kleine Gruppe bildet. Die Erwerbstätigenquoten fallen überdurchschnittlich aus (russischer Hintergrund : 72,2 %, Hintergrund andere GUS-Staaten: 74,2 %). Die Erwerbslosenquote ist für Menschen mit russischem Hintergrund etwas niedriger als im Durchschnitt (7,5 %), für Menschen, die aus einem anderen GUS-Staat stammen, durchschnittlich (8,5 %). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 18 Bei der Darstellung der Interaktion kann in Bezug auf Personen aus Russland und weiteren GUS-Staaten nicht auf Auswertungen der RAM 06/07 zurückgegriffen werden. Im Jahr 2010 haben 316 deutsch-russische Eheschließungen stattgefunden , wobei erheblich mehr russische Frauen einen deutschen Mann geheiratet haben als umgekehrt. Zudem haben 335 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines GUS-Mitgliedstaates einen deutschen Partner oder eine deutsche Partnerin geheiratet. Auch hier ist ein deutlicher Geschlechterunterschied zugunsten der ausländischen Frauen sichtbar. Im Jahr 2010 wurden 651 Ehen zwischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern eines GUS-Staates und Deutschen geschlossen. Dies sind 88 % aller Eheschließungen von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern eines GUS-Staates (741). Der Anteil der Staatsbürger eines GUS-Staates, die einen Partner mit der gleichen Staatsangehörigkeit geheiratet haben, an der hier thematisierten Bevölkerungsgruppe, beträgt lediglich 4 %. Fast alle Ehen sind somit binational (96 %). Geschlechtsspezifische Muster finden sich nicht, auch wenn etwa sechsmal so viele Ehen von Frauen als von Männern aus dem Gebiet der GUS geschlossen wurden. Über die Identifikation der Staatangehörigen aus Russland und den weiteren GUS-Staaten können keine Aussagen auf Grundlage der RAM 06/07 gemacht werden. Die Sonderauswertung des SOEP für Baden-Württemberg ergibt für Aussiedler und Spätaussiedler, deren Ergebnisse annäherungsweise berücksichtigt werden können, einen nicht signifikant vom Durchschnitt der Menschen mit Migrationshintergrund abweichenden Grad an Interaktion mit Deutschen. Die Datenlage mit Blick auf die Integration von Zuwanderern aus den GUS-Staaten ist nochmals schlechter als für die bisher behandelten Gruppen. Wo Befunde vorliegen (Kulturation, Platzierung und Interaktion), fällt das Fazit vergleichsweise positiv aus, mit Abstrichen bei der Kulturation (Sprachkenntnisse). Allerdings ist insbesondere beim Heiratsverhalten zu berücksichtigen, dass die Heiratsstatis - tik für diese Zuwanderergruppe keine validen Daten liefern kann: Aufgrund des hohen (Spät-)Aussiedleranteils ist zwar der Anteil an Ehen mit Deutschen sehr hoch, doch bleibt offen, inwieweit es sich hierbei um (Spät-)Aussiedler oder Deutsche ohne Migrationshintergrund handelt. 2. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft sowie deren Wohnort (Stadt/Land) bzw. der Siedlungsform (durchmischtes Wohnquartier/ Wohnschwerpunkt) und gegebenenfalls inwiefern und warum? Von den 1.109 Einbürgerungen von Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines GUS-Staates entfallen 386 Einbürgerungen auf Personen mit ukrainischer, 302 auf Personen mit russischer und 249 auf Personen mit kasachischer Staatsbürgerschaft . Ukrainer und Russen sind bei den Einbürgerungen nach Nationalitäten somit auf Platz neun und zehn. Der Blick auf die Einbürgerungsquote verändert die Reihenfolge: Mit 3,1 % liegen Kasachen hier etwa gleichauf mit den Ukrainern (3,0 %), aber deutlich vor den Russen (1,3 %). Neben den russischen Staatsangehörigen sind es Personen mit einer ukrainischen Staatsangehörigkeit, die unter den GUS-Staatsangehörigen mit am häufigsten einen deutschen Partner heiraten (197 Personen). Auch hier schlossen überwiegend ukrainische Frauen mit deutschen Männern den Bund fürs Leben. Darüber hinaus wurden jeweils 34 weißrussisch-deutsche und kasachisch-deutsche Ehen geschlossen . Weitere Differenzierungen liegen der Landesregierung mit Blick auf einzelne GUS-Staaten nicht vor. Über den Integrationserfolg bestimmter Personengruppen im Hinblick auf deren Wohnort und deren Siedlungsform liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Die vorhandene Datengrundlage reicht für eine Tendenzbeurteilung des Integrationsgrads einzelner GUS-Staaten nicht aus. 19 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 3. Inwiefern sind ihr Rückwanderungsbewegungen bei dem benannten Personenkreis in die „Herkunftsstaaten“ bekannt und wie verhalten sich diese Wanderungsbewegungen gegebenenfalls in Bezug auf einen womöglich fortdauernden Zuzug derselben Personengruppe? Angaben zu Wanderungen basieren überwiegend auf der Wanderungsstatistik. Sie ist eine fallbezogene Statistik, die auf den gemeldeten Zu- und Fortzügen basiert. Die dabei erfassten Daten schließen z. B. die Staatsangehörigkeit, nicht jedoch das Merkmal „Migrationshintergrund“ ein. Es wird daher auf die Zu- und Fortzüge der Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus Russland und den anderen GUSStaaten zurückgegriffen. Tabelle V: Wanderungsbewegungen zwischen Baden-Württemberg und Ländern der GUS nach Staatsangehörigkeit Anmerkung: Ausgewiesen sind Zuzüge bzw. Fortzüge von Staatsangehörigen aus Russland und den weiteren GUS-Staaten nach bzw. aus Baden-Württemberg und zwar in den Staat/aus dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen bzw. in einen/aus einem GUS-Staat. Im Jahr 2011 sind 2.446 russische Staatsangehörige aus Russland nach BadenWürttemberg gezogen, 1.511 Russen und Russinnen haben das Land in Richtung Russland verlassen. Im Jahr 2010 kamen etwas weniger Personen mit russischer Staatsangehörigkeit aus Russland, doch etwas mehr sind nach Russland gezogen. In Bezug auf die Wanderungen von Personen mit einer weiteren Staatsangehörigkeit eines GUS-Staates in das Land bzw. aus dem Land, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, sind für 2011 2.020 Zuzüge und 1.062 Fortzüge registriert. Analog zu Staatsbürgern der Russischen Föderation kann für 2010 ein geringerer Zuzug , jedoch vermehrter Fortzug festgestellt werden. Im Jahr 2011 sind 4.518 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines GUS-Staates aus der GUS nach Baden-Württemberg gezogen. 2.633 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines GUS-Staates haben Baden-Württemberg mit Ziel GUS verlassen. 2010 sind mehr benannte Personen zu-, jedoch weniger fortgezogen. Der Saldo fiel somit etwas geringer als 2011 aus. Für alle dargestellten Personengruppen und Wanderungsziele ist in den Jahren 2010 und 2011 ein positiver Wanderungssaldo zu konstatieren, d. h. es sind mehr Personen zu- als fortgezogen. Informationen darüber, wie lange und aus welchen Gründen sich die fortziehenden Personen in Deutschland aufgehalten haben, liegen nicht vor. V I . S i t u a t i o n d e r M e n s c h e n m i t M i g r a t i o n s h i n t e r g r u n d a u s a f r i k a n i s c h e n S t a a t e n 1. Inwiefern gibt es in Baden-Württemberg geografische Schwerpunkte für die Wohnungsnahme durch Menschen mit Migrationshintergrund aus afrikanischen Staaten und wie sind sie gegebenenfalls zu erklären? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor, da die derzeitige Datengrundlage unzureichend ist. ���� ���� 6WDDWV� DQJHK|ULJ� NHLW =LHO�� +HUNXQIWV� ODQG =X� =JH )RUW� ]JH 6DOGR =X� ]JH )RUW� ]JH 6DOGR 5XVVLVFKH )|GHUDWLRQ 5XVVLVFKH )|GHUDWLRQ ����� ����� ���� ����� ����� ���� *86�6WDDW RKQH 5XVV� ODQG /DQG GHU 6WDDWVDQ� JHK|ULJNHLW ����� ����� ���� ����� ����� ���� *86�6WDDW *86�6WDDW ����� ����� ������ ����� ����� ������ Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 20 2. Inwiefern gibt es in Baden-Württemberg Organisationen von Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund, die sich der kulturellen Brauchtumspflege widmen? Der Landesregierung sind zahlreiche afrikanische Migrantenorganisationen namentlich bekannt. Im Vordergrund ihrer Arbeit stehen neben der kulturellen Brauchtumspflege die vielfältigen Fragestellungen, die sich im Hinblick auf das Leben in Deutschland und die Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse er - geben, sowie entwicklungspolitische Themen. Wegen ihrer großen Anzahl wird von einer Aufzählung abgesehen. 3. Wie beurteilt sie den Integrationserfolg der Menschen mit diesem Migrationshintergrund in Baden-Württemberg insgesamt? Im Hinblick auf die Kulturation, Interaktion und Identifikation von Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines afrikanischen Landes kann nicht auf die RAM 06/07 zurückgegriffen werden. Auch liegen in der ESU 2011 keine Angaben zu Kindern mit einer afrikanischen Familiensprache vor. Als Hinweis auf die Platzierung werden Einbürgerungen herangezogen. Im Jahr 2011 sind 1.054 Personen mit einer Staatsangehörigkeit eines afrikanischen Landes eingebürgert worden. Insgesamt ergibt sich für afrikanische Personen eine Einbürgerungsquote von 3,7 %, die weit über der Landesquote von 1,1 % liegt. Da es sich bei Afrika um einen Kontinent mit vielen Ländern handelt, die insgesamt politisch weder miteinander verknüpft waren (wie die Sowjetunion oder Jugos - lawien) noch sind, erscheinen Vergleiche zu Einbürgerungszahlen oder -quoten einzelner, nicht afrikanischer Länder als nicht sinnvoll. In Baden-Württemberg lebende Menschen mit afrikanischem Hintergrund weisen einen im Vergleich sehr hohen Bildungsgrad auf: 31,4 % verfügen über die (Fach-) Hochschulreife (für diverse Durchschnittswerte siehe II. 1.). Mit Blick auf beruf - liche Abschlüsse zeigt sich, dass 22,9 % einen (Fach-)Hochschulabschluss besitzen und 28,1 % einen Lehrabschluss. Mit einem Anteil von 38,0 % können etwas mehr Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund keinen Berufsabschluss vorweisen als die Bevölkerung mit Migrationshintergrund insgesamt. Für die zweite Generation können aufgrund der geringen Fallzahlen keine verlässlichen Aussagen getroffen werden. Die Erwerbstätigenquote beträgt 53,5 % und ist damit weit geringer als in den anderen hier behandelten Gruppen. Weitere Differenzierungen und auch die Erwerbslosenquote können aufgrund der schmalen Datengrundlage für Menschen mit einem afrikanischen Migrationshintergrund nicht vorgenommen werden. Der Indikator binationale Eheschließungen weist auf enge soziale Verbindungen zwischen den Bevölkerungsgruppen hin. Im Jahr 2011 haben 325 Heiraten zwischen deutschen Personen und Personen mit einer afrikanischen Staatsangehörigkeit stattgefunden. Dies sind 89 % aller Eheschließungen afrikanischer Staatsbürger (366). Die geschlechtsspezifischen Differenzen sind gering. Die Datenlage mit Blick auf die Integration von Zuwanderern aus Afrika ist schlecht. Wo Befunde vorliegen (Platzierung und Interaktion), fällt das Fazit allerdings vergleichsweise positiv aus. 4. Unterscheidet sich der Integrationserfolg der Menschen innerhalb der bezeichneten Gruppe nach deren staatlicher oder ethnischer Herkunft und gegebenenfalls inwiefern und warum? Mit Blick auf die Platzierung lässt sich feststellen, dass sich aus afrikanischen Ländern 132 Personen aus Kamerun und 131 aus Marokko einbürgern ließen. Die Staatsangehörigen dieser Länder weisen sehr hohe Einbürgerungsquoten (5,3 % und 4,8 %) auf. Weitere Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. 21 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 5. Welche Bedeutung hat die sogenannte „Bildungsmigration“, d. h. die Migration zur Erlangung von weiterführender (universitärer) Bildung in Bezug auf die hier lebenden Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund und inwiefern möchte sie dieses Potenzial im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den „Heimatstaaten“ nutzbar machen? Wie bereits unter III. 4. ausgeführt, sind keine hochschulstatistischen Daten zu den Studierenden mit einem bestimmten Migrationshintergrund verfügbar. Aus diesem Grund liegen auch zu den Studierenden mit afrikanischem Migrationshintergrund keine statistischen Daten vor. Im Wintersemester 2011/2012 waren an baden-württembergischen Hochschulen insgesamt 2.446 Studierende mit einer afrikanischen Staatsangehörigkeit eingeschrieben . In ihrer großen Mehrheit (2.344) waren sie Bildungsausländer/Bildungsausländerinnen ; 102 von ihnen waren Bildungsinländer/Bildungsinländerinnen . Die wichtigsten Herkunftsländer waren Kamerun, Tunesien, Marokko und Ägypten. In den letzten Jahren ist die Zahl der Studierenden aus afrikanischen Ländern leicht angestiegen. Migranten aus afrikanischen Entwicklungsländern leisten grundsätzlich einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Herkunftsländer: durch entwicklungspolitisches Engagement, direkte Investitionen, Rücküberweisungen und indem sie in Deutschland über die Situation in den Entwicklungsländern aufklären . Die internationalen und fachlichen Kompetenzen sowie die Erfahrungen und die guten Kontakte der afrikanischen Migranten zu ihren Herkunftsländern will die Entwicklungspolitik des Landes künftig noch stärker nutzen, indem sie die positiven Wirkungen einer Vernetzung von Entwicklungspolitik, Wirtschaftpolitik und Migration fördert. Der afrikanische Kontinent wird für die international agierenden baden-württembergischen Unternehmen immer wichtiger. Viele afrikanische Märkte haben aufgrund ihres Rohstoffreichtums und ihres enormen Entwicklungspotenzials erheblich an Bedeutung gewonnen und die exportorientierte Wirtschaft des Landes ist darauf angewiesen, diese neuen zukunftsträchtigen Wachstumsmärkte frühzeitig zu erschließen. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe können afrikanische Migranten mit ihren speziellen Kenntnissen und interkulturellen Kompetenzen eine wichtige Rolle spielen. Auch in der Ausbildung junger Menschen aus Afrika sieht die Landesregierung eine wichtige Investition in die Zukunft. Die Studierenden sind wichtige künftige Akteure bei der Gestaltung von Entwicklungsprozessen in Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. Erfolgreiche Absolventen sind Bindeglieder, nicht nur in der Entwicklungspolitik, sondern auch z. B. für die Investitionen deutscher Firmen in den Herkunftsländern der Migranten. Die Landesregierung hat im Rahmen der Initiative „Welt:bürger gefragt! – Entwicklungspolitischer Dialog der Landesregierung“ einen Fachbeirat einberufen, der Vertreter der Migranten und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen, der entwicklungspolitischen Gesellschaften des Bundes, der Kommunen und Kirchen zusammenbringt und den Auftrag erhalten hat, die entwicklungspoli - tischen Leitlinien des Landes weiterzuentwickeln: Am 18. September 2012 hat dieser Fachbeirat, nachdem er über 2.500 Vorschläge aus der Bürgerschaft und die 70 Stellungnahmen der baden-württembergischen Verbände gesichtet hat, im Landtag einen entsprechenden Entwurf mit konkreten Handlungsvorschlägen vorgestellt . Dabei ging es auch darum, die Akteure der Wirtschaft und der Kommunen , der Hochschulen und der Zivilgesellschaft besser zu vernetzen und die Situation der Studierenden aus Entwicklungsländern in Baden-Württemberg zu verbessern . Die Fachkräfteallianz Baden-Württemberg hat in ihrem Programm vom 9. Juli 2012 vereinbart, im Rahmen der Förderung einer Willkommenskultur für Fachkräfte aus dem In- und Ausland eine Welcome-Kampagne für ausländische Studierende an Hochschulen des Landes durchzuführen. Damit sollen ausländische Studierende nach Abschluss des Studiums stärker als bisher als Fachkräfte für Baden -Württemberg gewonnen werden. Die Gewinnung ausländischer Absolventen baden-württembergischer Hochschulen für das Land ist im Vergleich der Zuwan- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 22 derungsoptionen die effektivste Maßnahme, da die Absolventen bereits im Land leben, die notwendigen Deutschkenntnisse haben und einen anerkannten inlän - dischen Abschluss vorweisen. Bisher verlassen 75 % der ausländischen Studierenden nach ihrem Abschluss wieder Deutschland. Um mehr Absolventen für eine Erwerbstätigkeit im Land zu gewinnen, wird das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft gemeinsam mit den Partnern der Fachkräfteallianz Baden-Württemberg eine Welcome-Kampagne mit dem Titel „Your Future in Baden-Württemberg “ an Hochschulen des Landes durchführen. V I I . S p e z i f i s c h e H e r a u s f o r d e r u n g e n u n d M a ß n a h m e n d e r L a n - d e s r e g i e r u n g 1. Welche besonderen Herausforderungen – aufgeschlüsselt nach den benannten Migrationshintergründen und gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer durch die Antworten zu Fragen IV. 2, V. 2, V. 3 und VI. 4 eingeführten Differenzierung – sieht sie? 2. Welche Maßnahmen ergreift sie, um die in den Antworten zu Frage VII. 1 gegebenenfalls genannten, besonderen Herausforderungen zu bewältigen und in ihrer Integrationspolitik die spezifischen Belange der jeweiligen Personengruppe zu berücksichtigen? Die Landesregierung verweist zunächst auf ihre Vorbemerkung, wonach sie eine Integrationspolitik verfolgt, die Migrantinnen und Migranten unabhängig von deren nationaler Herkunft wahrnimmt und wertschätzt, und in der sich die vielfältigen Integrationsmaßnahmen an deren konkretem Förderbedarf ausrichten. An den im Folgenden dargestellten integrationspolitischen Zielen und Maß - nahmen der Landesregierung können daher grundsätzlich alle Migrantinnen und Migranten teilhaben. Besonderen Herausforderungen im Hinblick auf bestimmte Migrantengruppen, die sich zum Teil auch aus den Ausführungen zu II. bis VI. ergeben , wird v. a. durch die sich am festzustellenden konkreten Förderbedarf orientierende Integrationsarbeit vor Ort individuell Rechnung getragen. Teilhabe an Bildung Gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und Ausbildung ist eines der wichtigsten Handlungsfelder zur Herstellung von Chancengerechtigkeit. Sprachförderung Sprache ist der Schlüssel für Bildungsbeteiligung und gesellschaftliche Teilhabe. Ziel der Landesregierung ist es, für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft gleiche Bildungschancen zu schaffen. Dementsprechend zielt die Integrationspolitik des Landes darauf, Kindern , Jugendlichen und Heranwachsenden mit Migrationshintergrund uneingeschränkte Bildungsbeteiligung und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Dabei legt die Landesregierung zur Förderung der Integration durch Bildung besonderen Wert auf eine früh einsetzende, intensive Förderung der deutschen Sprache. Das geschieht u. a. auf der Grundlage des Orientierungsplans für die baden -württembergischen Kindergärten durch eine ganzheitlich ausgerichtete Sprachbildung und Sprachförderung für alle Kinder im Kindergarten. – Frühkindliche Sprachförderung: Die Sprachförderung in allen Tageseinrichtungen für Kinder mit Zusatzbedarf (SPATZ) nach der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums über Zuwendungen zur Sprachförderung in allen Tageseinrichtungen für Kinder mit Zusatzbedarf vom 17. Juli 2012 ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Mit diesem neuen Gesamtkonzept der frühkindlichen Sprachförderung können nun landesweit alle sprachförderbedürftigen Kinder ab dem ersten Kindergartenjahr bis zum Schuleintritt gefördert werden . 23 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Mit dem Sprachförderprogramm SPATZ werden die bisher nebeneinander exis tierenden Programme zur Sprachförderung von Kindern im frühkindlichen Bereich (vorschulische Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe [HSL], intensive Sprachförderung im Kindergarten [ISK] und Singen-Bewegen-Sprechen [SBS]) zum Beginn des Kindergartenjahres 2012/2013 miteinander verschmolzen . Gleichzeitig wurde das Förderprogramm außerschulische und außerunterrichtliche (schulbegleitende) Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe strukturell, d. h. bezüglich der Förderart (Gruppenpauschale statt Spitzabrechnung) und Umstellung des Förderzeitraums (Schuljahr statt Kalenderjahr) an die Verwaltungsvorschrift SPATZ angepasst. Eine weitere Förderung von Kindern mit Sprachförderbedarf (ohne Sprachbehinderung ) erfolgt im Rahmen der Erprobung des Projekts „Schulreifes Kind“ und in Grundschulförderklassen zur Förderung der vom Schulbesuch zurückgestellten Kinder u. a. im Schwerpunkt Sprachförderung. Seit ihrem Start im November 2010 beteiligt sich Baden-Württemberg auch an der Bundesinitiative „Offensive Frühe Chancen – Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration“. Diese Bundesinitiative läuft von 2011 bis 2014. Ziel ist die Weiterentwicklung von bundesweit bis zu 4.000 Kindertageseinrichtungen zu „Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration“. Zum Stichtag 10. Juli 2012 werden in Baden-Württemberg 485 Einrichtungen bzw. Einrichtungsverbünde gefördert. In diesen Schwerpunkt-Kitas sollen insbesondere Kinder unter drei Jahren von Beginn an altersgerecht und in einer in den Betreuungsalltag integrierten Weise im Spracherwerb unterstützt werden. – Schulische Sprachförderung: Die schulische Sprachförderung geschieht in Anknüpfung an die vorschulische Förderung der deutschen Sprachkompetenz. Durch die außerschulische Hausaufgabenhilfe im Rahmen der HSL-Maßnahmen kann insbesondere Schulkindern mit Migrationshintergrund in den Klassenstufen 1 bis 6 der Grund- und Hauptschule, in der Sonderschule mit Bildungsgang Grundschule und in der Förderschule die Integration in das Bildungssystem und schulischer Erfolg ermöglicht bzw. erleichtert werden. Ausnahmsweise können auch Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen ab Klasse 7 sowie Schülerinnen und Schüler anderer Schularten gefördert werden, wenn es sich um sogenannte „Seiteneinsteiger “ handelt. Darunter sind Kinder und Jugendliche zu verstehen, die aus dem Ausland kommen und dort die entsprechende Klassenstufe sowie Schulart besucht haben. Ihnen kann durch die außerschulische Hausaufgabenhilfe der Anschluss an unser Bildungssystem und die schulische Integration wesentlich erleichtert werden. Aufgrund der verbindlichen Verankerung in den Bildungsplänen aller Schularten bildet die Aufgabe der sprachlichen Förderung aller Schülerinnen und Schüler einen zentralen Schwerpunkt in der Schule. Mit der Verwaltungsvorschrift zur Sprachförderung „Grundsätze zum Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Sprachförderbedarf an allgemein bildenden und beruflichen Schulen“, die seit dem 1. August 2008 Gültigkeit hat, wurden die Grundlagen für eine gezielte und individuelle Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern der allgemein bildenden und beruflichen Schulen gelegt. Richtschnur ist dabei die volle schulische Integration aller Kinder und Jugendlichen. Alle Schulen sind gehalten, ein Sprachförderkonzept zu entwickeln, das neben einer gezielten Förderung eine differenzierte Sprachstandserhebung vorsieht. Grundsätzlich gilt, dass Kinder und Jugendliche mit nichtdeutscher Herkunftssprache bzw. einem Förderbedarf in Deutsch die ihrem Alter und ihrer Leis - tung entsprechende Klasse der für sie in Betracht kommenden Schulart be - suchen sollen. Sollte dies pädagogisch nicht sinnvoll sein, ermöglicht die Verwaltungsvorschrift die Einrichtung von besonderen Fördermaßnahmen wie beispielsweise Vorbereitungsklassen und Vorbereitungskursen für Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderbedarf. Vorbereitungsklassen können ab zehn Schülerinnen und Schülern, Vorbereitungskurse können ab mindestens vier Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Herkunft und nicht ausreichenden Deutschkenntnissen eingerichtet werden. Im Schuljahr 2011/2012 gab es landesweit 601 Vorbereitungsklassen sowie 416 Vorbereitungskurse an öffent- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 24 lichen Grundschulen und 200 Vorbereitungsklassen sowie 98 Vorbereitungskurse an öffentlichen Werkreal- und Hauptschulen. Zur Unterstützung der sprachlichen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Zweitsprache im Regelunterricht oder in besonderen sprach - lichen Fördermaßnahmen wurde den Schulen zu Beginn des Jahres 2010 die Handreichung „Deutsch als Zweitsprache in der Grundschule“ zur Verfügung gestellt. Sie steht als Download im Kultusportal zur Verfügung, kann jedoch auch als Printmedium und als CD kostenlos beim Kultusministerium bestellt werden. Zurzeit entsteht eine Folgehandreichung „Deutsch als Zweitsprache in den Klassen 5 und 6“. In Klassen der Berufsschule kann im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts ein Stützunterricht zur Sprachförderung mit bis zu zwei Wochenstunden für Deutsch und Fachkunde angeboten werden. An beruflichen Vollzeitschulen kann zeitlich begrenzter Förderunterricht mit zwei Wochenstunden eingerichtet werden. Schülerinnen und Schüler, die über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, um eine Berufsausbildung oder einen beruflichen Bildungsgang erfolgreich absolvieren zu können, können im einjährigen Berufsvorbereitungsjahr mit dem Schwerpunkt „Erwerb von Deutschkenntnissen“ die notwendigen Grundlagen in der deutschen Sprache erlangen. Eine weitere Maßnahme zur Sprachförderung ist das Kontaktstudium „Interkulturelle Bildung – Schwerpunkt Sprachförderung“. Die Darstellung dieser Maßnahme erfolgte bereits durch die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus , Jugend und Sport zu Nr. 5 des Antrags der Abgeordneten Dr. Bernhard Lasotta u. a. CDU „Integration und Schulausbildung“ (Drucksache 15/286). – Außerschulische Sprachförderung: Um Teilhabe und Chancengleichheit geht es auch in dem Förderprogramm „Integrationsbegleitung in besonderen Lebenslagen“. Das Ministerium für Integration setzt mit Mitteln der Baden-Württemberg Stiftung in Höhe von einer Mil - lion Euro bis Herbst 2014 dieses Förderprogramm um. Mit den Stiftungsmitteln werden Einzelprojekte und besonders Sprachkurse in besonderen Lebenslagen gefördert. Die Angebote sind für verschiedene Zielgruppen konzipiert; es gibt Sprachkurse und Projekte sowohl für Senioren, Jugendliche, Alleiner - ziehende und Eltern als auch für qualifizierte und hochqualifizierte zugewanderte Menschen. Bei der Auswahl und Vergabe der Fördergelder wird Wert auf eine ausgewogene landesweite Verteilung gelegt. Träger dieser Einzelprojekte sind Kommunen, Wohlfahrts- und Vertriebenenverbände sowie Migrantenorganisationen . Während die Laufzeit der Sprachkurse einheitlich bei sechs Monaten liegt, sind die Projekte in der Regel auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt . Zusammenarbeit mit und Einbindung von Eltern Eine enge und vertrauensvolle Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus ist von herausragender Bedeutung für den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen. Aufgabe der Schule ist es daher, eine aktivierende Dialogkultur zu etablieren, die Eltern dazu anregt, die vielfältigen Informations-, Beratungs- und Mitwirkungsangebote zu nutzen. Es hat sich dabei als sinnvoll erwiesen, auf die besondere Situation von Migrantenfamilien mit spezifischen Angeboten einzugehen . Insbesondere bei bildungsfernen Elternhäusern mit Migrationshintergrund stehen häufig sprachliche und kulturelle Barrieren einer gelingenden Erziehungspartnerschaft mit der Schule entgegen. Die Landesregierung unterstützt die Intensivierung und nachhaltige Verankerung der Zusammenarbeit zwischen Schule (alle Schularten) und Elternhaus. Mit der Ausbildung von Eltern-Lehrer-Tandems, die sowohl auf der Ebene der Staatlichen Schulämter als auch auf der Ebene der Schulen angesiedelt sind, wird ein verlässliches Ansprechpartnersystem geschaffen. An den Tandems beteiligte Lehrkräfte erhalten Anrechnungsstunden als Ausgleich für die zeitliche Mehrbelastung , die beteiligten Eltern ein Honorar für ihre Tätigkeit. Die Eltern-LehrerTandems in den Schulen führen auch Informationsveranstaltungen durch, für die ihnen ein Budget zur Verfügung steht. Darüber hinaus haben die Eltern-Lehrer- 25 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Tandems die Aufgabe, niederschwellige Angebote für Eltern, wie z. B. Elterntreffs an der Schule, einzurichten und zu betreuen. Zurzeit sind an 32 Schulen Eltern -Lehrer-Tandems verteilt in den vier Regierungsbezirken etabliert, die geplante Ausweitung kann aufgrund der prekären Gesamthaushaltslage nicht unmittelbar erfolgen. Zusammen mit der Robert Bosch Stiftung und der Breuninger Stiftung ist das Ministerium für Integration Träger des Projekts „Integration gemeinsam schaffen“. Darin werden sowohl konkrete Maßnahmen der Elternbeteiligung gefördert als auch ein Beraterpool in den vier Regierungsbezirken, welcher Kommunen, Bildungseinrichtungen und Elternvereine bei der Entwicklung der gegenseitigen Zusammenarbeit unterstützt. Der Beraterpool wird voraussichtlich bis Ende 2013 arbeiten . Lehrkräfte mit Migrationshintergrund Durch die Bildung von regionalen Netzwerken „Migranten machen Schule!“ auf der Ebene der Staatlichen Schulämter sollen Personen gewonnen werden, die unterschiedlichste Aufgaben in der Beratung und Fortbildung von Schulen und Lehrkräften wahrnehmen können. Über dieses Netzwerk sollen die besonderen Ressourcen von Lehrkräften mit Migrationshintergrund herausgestellt und auch für Lehrkräfte ohne Migrationshintergrund und für die Gestaltung von Unterricht und Schule nutzbar gemacht werden. Ziel ist die interkulturelle Öffnung von Unterricht und Schule, insbesondere zur Förderung der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Familien. Die Netzwerke sollen Austausch und Qualifizierungsmöglichkeiten für Personen mit und ohne Migrationshintergrund gewährleisten. Im Rahmen der Lehrereinstellung sind Möglichkeiten zur passgenauen Gewinnung von Lehrkräften eingerichtet. Das Kultusministerium hat mit der schulbe - zogenen Stellenausschreibung und dem hierfür eingerichteten Internetverfahren (www.lehrereinstellung-bw.de) ein umfassendes Instrumentarium dafür entwickelt , das Anforderungsprofil der Schulen mit der Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber in Übereinstimmung zu bringen. Auf diese Weise kann die Schulleitung im Anforderungsprofil für Lehrkräfte mit Migrationshintergrund unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben werben. Zusammenarbeit mit diplomatischen und konsularischen Vertretungen Für die Landesregierung ergibt sich eine Vielzahl von Formen und Anlässen der Zusammenarbeit mit den diplomatischen und konsularischen Vertretungen. Diese Zusammenarbeit umfasst u. a. Fragen des muttersprachlichen Zusatzunterrichts. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund verfügen mit den Sprachkenntnissen in ihren Herkunftssprachen über zusätzliche und förderungswürdige Kompetenzen. Die Beherrschung mehrerer Sprachen ist unter dem Aspekt des Fremdsprachenlernens und der Berufsqualifizierung in einem zusammenwachsenden Europa und bei weltweit zunehmender Verflechtung für jeden Einzelnen wichtig und stellt eine Bereicherung dar. In Baden-Württemberg findet der muttersprachliche Zusatzunterricht in Form des Konsulatsmodells statt, d. h. die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung liegt in der alleinigen Verantwortung der Herkunftsländer und unterliegt nicht der staatlichen Schulaufsicht. In Zusammenarbeit mit den jeweiligen diplomatischen und konsularischen Vertretungen wird in den Hauptschulen und Realschulen des Landes eine sogenannte Sonderfremdsprachenprüfung angeboten. Zur Zertifizierung dieser Herkunftssprachen wird zudem eine Zusatzprüfung zur Prüfung der Fremdsprache Englisch an Hauptschulen angeboten. Für Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 an Werkrealschulen , Realschulen sowie Gymnasien besteht die Möglichkeit einer Zertifizierungsprüfung in Italienisch. In Abstimmung u. a. mit dem Italienischen und Türkischen Generalkonsulat wurden Elterninformationen des Kultusministeriums zur Schuleingangsphase in die jeweilige Sprache übersetzt. Die Übersetzung weiterer Publikationen ist geplant . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 26 Für italienische Kinder gibt es die Möglichkeit, Nachhilfe zu beantragen. Formulare liegen den Schulämtern/Schulen vor. Für die Abwicklung ist der Verein Lernerfolg e. V. zuständig. Sommerschulen Bei den Sommercamps handelt es sich um ein erlebnisorientiertes, einwöchiges Bildungs- und Betreuungsangebot in der letzten Sommerferienwoche zu Beginn der Klasse 8. Zielgruppe sind insbesondere Schülerinnen und Schüler der Haupt- /Werkrealschule mit Migrationshintergrund und/oder mit Bildungsdefiziten. Das Rahmenprogramm wird maßgeblich von außerschulischen Partnern gestaltet. Im Vordergrund soll die Steigerung der schulischen Leistungsfähigkeit und der Lernmotivation stehen, um erfolgreich ins neue Schuljahr starten zu können. Neu ist dabei die Kombination zwischen schulischem Lernen in den Kernfächern (Deutsch, Mathe, Englisch) und sportlichen, musischen, naturwissenschaftlichen und kulturellen Elementen im ergänzenden Freizeitbereich. In einer Projektwoche sollen den Jugendlichen in kompakter Form an Hand geeigneter Themen und Methoden insbesondere überfachliche, soziale, personale und methodische Kompetenzen vermittelt und die Freude am gemeinsamen Lernen gefördert werden. Bildung im Justizvollzug Lerndefizite, Bildungsmängel und berufliche Perspektivlosigkeit behindern die soziale Integration und begünstigen eine kriminelle Entwicklung. Besonders junge Strafgefangene mit Migrationshintergrund weisen häufig gravierende Bildungsdefizite und Sprachschwierigkeiten auf, denen im Justizvollzug durch ein differenziertes Spektrum an schulischen und beruflichen Bildungsangeboten begegnet werden muss. Durch anerkannte Abschlüsse nachgewiesene und an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts orientierte schulische und berufliche Bildung können die Startbedingungen entlassener Gefangener signifikant verbessert werden . Die Eröffnung von Bildungschancen und die Vorbereitung auf das Berufs - leben durch schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen ist daher ein wichtiger Beitrag für eine erfolgreiche soziale Eingliederung der Gefangenen und hat im baden-württembergischen Justizvollzug einen hohen Stellenwert. Entsprechend dem Bildungsstand und den Lernbedürfnissen der Gefangenen unterteilen sich die schulischen Bildungsangebote im baden-württembergischen Justizvollzug in Alphabetisierung , Elementarunterricht, Förder- und Hauptschulkurse, Berufsschulunterricht , Realschulkurse und höhere Bildungsabschlüsse. Dank der Vielfalt der Angebote kann jedem Gefangenen ein an seinen individuellen Fähigkeiten ausgerichtetes und nach der Entlassung nutzbares Bildungsangebot unterbreitet werden, was sonderpädagogische Förderung einschließt. Den häufig – nicht nur bei ausländischen Gefangenen und Gefangenen mit Migrationshintergrund – anzutreffenden Sprachschwierigkeiten begegnet der Justizvollzug mit Alphabetisierungs- und Sprachkursen, die grundsätzlich auch von deutschen Gefangenen in Anspruch genommen werden können. Zudem werden auch Integrationssprachkurse angeboten, die sich an Ausländer, Aus- und Umsiedler sowie an Deutsche mit Migrationshintergrund richten, die ihre Deutschkenntnisse verbessern und vertiefen möchten. Im Rahmen der Kurse wird auch die alltäg - liche und berufliche Wirklichkeit in Deutschland reflektiert. Zudem startete im Herbst 2011 – zunächst als Modellprojekt in der Justizvollzugsanstalt Freiburg – ein Kurs „Berufsbezogene Deutschförderung“. Im Jugendstrafvollzug in der Jus - tizvollzugsanstalt Adelsheim werden junge Strafgefangene ohne ausreichende Deutschkenntnisse in der Lernpädagogischen Abteilung betreut und zusätzlich an den Nachmittagen in 2er-Gruppen beschult. In den anderen Justizvollzugsanstalten werden Alphabetisierungs- und Sprachkurse sowie Integrationssprachkurse angeboten. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport veranstaltet in Kooperation mit dem Justizministerium am 20. November 2012 eine Fachtagung zum Thema „Prävention – Sanktion – Pädagogik“. Im Rahmen der Fachtagung sollen Möglichkeiten einer nachhaltigen Verbesserung der Bildungschancen Benachteiligter, insbesondere junger Menschen mit Migrationshintergrund, diskutiert werden. 27 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Teilhabe an Ausbildung Die Landesregierung sieht eine besondere Herausforderung darin, die Integration Jugendlicher mit Migrationshintergrund in Ausbildung zu verbessern. Nur jedem vierten Jugendlichen mit Migrationshintergrund gelingt ein problemloser Übergang von der Schule in die Berufsausbildung – bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund ist es die Hälfte. Im Jahr 2010 waren 27 % der 25- bis 35-jährigen Baden -Württemberger mit Migrationshintergrund ohne berufliche Ausbildung gegenüber nur 7 % derjenigen ohne Migrationshintergrund. Eine fehlende Berufsausbildung erhöht das Risiko, arbeitslos zu werden, erheblich. Wirtschaft und Politik haben im „Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung und des Fachkräftenachwuchses in Baden-Württemberg“ vereinbart, allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Angebot auf Ausbildung oder Qualifizierung zu unterbreiten. Vorrangiges Ziel ist der direkte Einstieg der Schülerinnen und Schüler in die duale Berufsausbildung. Vereinbart wurde u. a., die Potenziale benachteiligter Jugendlicher besser auszuschöpfen und insbesondere die Ausbildungsbereitschaft von jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Damit mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund den Weg in eine berufliche Ausbildung finden, fördert die Landesregierung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes sogenannte „Berufswerber/-innen“ („Azubi statt ungelernt – mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund ausbilden“). Diese sind Muttersprachler und beraten die Eltern und die Jugendlichen in der jeweiligen Landessprache zum deutschen Berufsbildungssystem und dessen 350 Ausbildungsberufen . Darüber hinaus werden die Eltern und Jugendlichen aktiv bei allen Fragen zu Ausbildung und Beruf (Bewerbungen, Suche nach Praktikums- oder Ausbildungsplätzen) und während der Ausbildungszeit unterstützt. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft fördert elf regionale Vorhaben, die türkische Eltern über die Möglichkeiten der Berufsausbildung ihrer Kinder informieren . Sie laufen seit 2010 noch bis Ende 2012. Ende Januar 2012 hat das Minis - terium für Finanzen und Wirtschaft einen neuen ESF-Aufruf gestartet. Damit soll das Projekt im Jahr 2013 auf andere Nationalitäten ausgeweitet werden. Neben den türkischsprachigen können nun auch Berufswerber für alle anderen nichtdeutschen Nationalitäten gefördert werden. Darüber hinaus fördert das Ministerium für Integration in den Jahren 2012 und 2013 ein deutsch-türkisches Fernsehmagazin für das türkische Fernsehen mit einer Internetverknüpfung. Das TV-Magazin „Fabrika“ mit seinem Modul „Bildung und Arbeit in Baden-Württemberg“ richtet sich auf die Vermittlung von wesentlichen Kenntnissen zum deutschen (Aus-)Bildungs- und Beschäftigungs - system. Auf der Basis von Interviews werden auf narrative Weise berufsbildende Institutionen der Aufnahmegesellschaft vorgestellt. Zudem sei auf die Umsetzung von Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft“ verwiesen. So dienen beispielsweise die Einführung von Ganztagesangeboten und die Dualisierung der Berufsvorbereitung durch Einführung von Praxistagen der besseren beruflichen und gesellschaftlichen Integration nicht zuletzt auch von Jugendlichen mit Migrationshintergrund . Außerdem werden individuelle Unterstützungssysteme an beruf - lichen Schulen auf- und ausgebaut, um alle vorhandenen Bildungspotenziale auszuschöpfen . Teilhabe an Arbeit In Zeiten des demografischen Wandels und der Fachkräfteknappheit ist es nicht nur eine Frage von Fairness, Zuwanderern gleiche Chancen auf Teilhabe in der Gesellschaft und speziell auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Es gilt auch, die Bevölkerung stärker als bisher vom Nutzen der sozioökonomischen Integration von Zuwanderern zu überzeugen, sei es um den sozialen Frieden zu sichern oder um die Wirtschaft und den öffentlichen Dienst zu stärken. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 28 Integration in Arbeit Menschen mit Migrationshintergrund sind u. a. eine wichtige Zielgruppe des ESF, da sie eine deutlich höhere Arbeitslosenquote aufweisen, seltener eine abgeschlossene Berufsausbildung haben und häufiger die Schule mit einem unterdurchschnittlichen Bildungsniveau verlassen. In den Förderbereichen, in denen eine Integration in Arbeit und Bildung angestrebt wird (Prioritätsachsen B und C des Operationellen Programms) sind daher folgerichtig Menschen mit Migra - tionshintergrund im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung (27 %) deutlich überrepräsentiert: Hier stellen sie 40 % aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer (Daten aus 2011). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass im ESFMonitoring eine Differenzierung von Migrantinnen und Migranten nach staat - licher oder ethnischer Herkunft nicht erfolgt. Das Landesprogramm „Gute und sichere Arbeit“ ist konsequent auf die auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt benachteiligten Zielgruppen – also auch auf Menschen mit Migrationshintergrund – ausgerichtet. Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz Der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund spiegelt sich bislang nicht in der Verwaltung wider. Ziel der Landesregierung ist es deshalb, den Anteil der Migranten bei Auszubildenden und Beschäftigten der Landesverwaltung zu erhöhen. In Zusammenarbeit mit dem Innenministerium Baden-Württemberg bereitet das Ministerium für Integration u. a. die Grundlagen einer Kampagne für die Polizei im Land vor. Gezielt sollen Menschen mit Migrationshintergrund für eine Tätigkeit bei der Polizei gewonnen werden. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe wird voraussichtlich im Herbst 2012 Ergebnisse vorstellen, die Grundlage für konkrete Maßnahmen sein werden. Um die interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung und die interkulturelle Kompetenz gerade bei Personalverantwortlichen und Führungskräften zu stärken, bietet die Landesregierung spezielle Schulungen und Informationen an. In Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung und der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd wurde ein E-Learning-Kurs zum Erwerb interkultureller Kompetenzen entwickelt. Landesbediensteten wird zusätzlich ein um spezifische Ausführungen zur interkulturellen Öffnung der Landesverwaltung erweiterter Kurs in Zusammenarbeit mit der Führungsakademie Baden-Württemberg angeboten. Außerdem ist vorgesehen, die Maßnahmen des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg zur interkulturellen Öffnung der Kommunen zu fördern. Ein landesweiter Kongress, der sich an die Verwaltungen des Landes und der Kommunen richtet, ist für das vierte Quartal 2012 geplant. Um die Bedeutung der interkulturellen Öffnung des öffentlichen Dienstes zu unterstreichen , hat die Landesregierung den Beitritt des Landes zur bundesweiten „Charta der Vielfalt“ beschlossen. Im Interesse der Weiterqualifizierung und des überregionalen Erfahrungsaustausches wird auf der Ebene der Deutschen Richterakademie bereits seit mehreren Jahren für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte eine Veranstaltung zum Thema „Interkulturelle Kommunikation im Gerichtssaal“ angeboten. Darüber hinaus wird die Frage der interkulturellen Kommunikation aber auch bei verschiedenen weiteren Veranstaltungen angesprochen, die sich allgemein mit Fragen der Kommunikation oder des internationalen Rechtsverkehrs befassen. Dieses überregionale Angebot wird bei Bedarf durch Veranstaltungen auf Landesebene ergänzt. So hat sich etwa die Arbeitsgerichtsbarkeit zuletzt verstärkt mit der Thematik der interkulturellen Kommunikation auseinandergesetzt. Auch die Justizvollzugsschule Baden-Württemberg hat im Mai 2012 ein dreitägiges Fortbildungsseminar zu interkultureller Kompetenz (mit dem Thema „Diversity Management“) durchgeführt. Entsprechende Fortbildungstagungen sollen im nächsten Jahr u. a. für Verwaltungsleiterinnen und Verwaltungsleiter der Justizvollzugsanstalten angeboten werden. Fortbildungsbedarf besteht auch im Bereich der rechtlichen Betreuung. Das Jus - tizministerium plant daher, bei Fortbildungen zum Betreuungsrechts auf lokaler Ebene verstärkt auf das Thema „Interkulturelle Kompetenz“ einzugehen. Im In- 29 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 ternetauftritt für das Betreuungswesen in Baden-Württemberg (www.betreuungsrecht -bw.de) hat das Justizministerium eine gesonderte Rubrik für fremdsprachige Angebote eingerichtet. Darin soll die derzeit in Vorbereitung befindliche kleine Broschüre „Betreuung und Vorsorgevollmacht“ in deutscher, russischer, polnischer , türkischer, englischer, griechischer und italienischer Sprache zum Down - load bereitgestellt werden. Die weiteren Broschüren des Justizministeriums liegen ausschließlich in deutscher Sprache vor. Es wird jedoch in Betracht gezogen, Übersetzungen in weitere Sprachen zu veranlassen, sobald ein entsprechender Bedarf festgestellt wird. Zu grundsätzlichen Bausteinen und Zusatzqualifikationen in der Lehrerausbildung und -fortbildung wird auf die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport zu Nr. 5 des Antrags der Abgeordneten Dr. Bernhard Lasotta u. a. CDU „Integration und Schulausbildung“ (Drucksache 15/286) verwiesen. Berufliche Anerkennung Die Herstellung von Chancengerechtigkeit und der Abbau möglicher Benachteiligungen am Arbeitsmarkt ist ein weiteres wichtiges integrationspolitisches Ziel der Landesregierung. Mehr berufliche Anerkennung für Menschen mit ausländischen Qualifikationen soll nicht nur zur Verbesserung der beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten, sondern auch zur Fachkräftesicherung beitragen. Mit dem am 1. April 2012 in Kraft getretenen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes (BQFG) besteht für bundesrechtlich geregelte Berufe nun ein Rechtsanspruch auf Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Abschlüsse. Das Ministerium für Integration hat zusammen mit dem IQ Netzwerk und Vertretern der Arbeitsagenturen und Jobcenter, der Liga der freien Wohlfahrtspflege, der Kammern, der Regierungspräsidien und der berührten Fachministerien in einem Landesarbeitskreis „Anerkennung“ eine Grundstruktur für die Erstberatung in Baden -Württemberg erarbeitet. Die Migrationsberatungsstellen wurden bereits zur neuen Rechtslage geschult. Für Berufe, deren Regelung in die Kompetenz der Länder fallen, soll ebenfalls ein Rechtsanspruch auf Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Abschlüsse durch ein Landesanerkennungsgesetz geschaffen werden. Das Ministerium für Integra - tion als federführendes Ressort erarbeitet zurzeit einen Referentenentwurf und koordiniert den Gesetzgebungsprozess zwischen den beteiligten Ressorts über eine interministerielle Arbeitsgruppe. Zudem testet das Ministerium für Integration im Rahmen eines Modellprojektes anonymisierte Bewerbungsverfahren. An dem Projekt nehmen Arbeitgeber aus Baden-Württemberg auf freiwilliger Basis teil. Erwartet werden Erkenntnisse darüber , ob anonymisierte Bewerbungsverfahren praktikabel und dazu geeignet sind, Diskriminierungen bei der Arbeitsplatzsuche zu verhindern. Die beteiligten Arbeitgeber erhalten durch die Teilnahme die Möglichkeit, für sich und für ein weltoffenes Baden-Württemberg zu werben. Das Pilotprojekt wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Bei einer Auftaktveranstaltung im Juni 2012 wurden interessierte Arbeitgeber über das Projekt informiert, das im Herbst 2012 starten wird. Erhöhung der Selbstständigenquote Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Selbstständigenquote von Migrantinnen und Migranten in Baden-Württemberg zu erhöhen. Vor dem Hintergrund geringer gewordener Gründungszahlen (7 % weniger im Jahr 2011 als im Vorjahr) und im Hinblick auf den demografischen Wandel rücken Zielgruppen mit hohem unerschlossenem Gründungspotenzial stärker in den Mittelpunkt des Interesses. Zur Erhöhung der Selbstständigenquote von Migrantinnen und Migranten sind mehrere Maßnahmen vorgesehen. Um Existenzgründerinnen und -gründer sowie Unternehmensübernehmerinnen und -übernehmer auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten und nachhaltige Existenzgründungen zu erreichen, verfügt das Land über ein breites Angebot an Förderprogrammen und Anlaufstellen für Gründerinnen und Gründer. So gibt es Förderprogramme wie z. B. Beratungen bei Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 30 Gründung und Festigung sowie zinsvergünstigte Darlehen. Migrantinnen und Migranten nutzen allerdings immer noch viel zu häufig das dichte Unterstützungsnetz an Gründungshilfen nicht. Planungsfehler, Unterkapitalisierung und überdurchschnittlich hohe Insolvenzraten sind die Folge. Viele Gründungen scheitern daran, dass nicht genügend Eigen- oder Fremdkapital bereit gestellt werden kann. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt der Zielgruppe der Menschen mit Migrationshintergrund eine wachsende Bedeutung zu. Deshalb bedarf es einer breit angelegten Existenzgründungsinitiative für Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund, die zum einen Brücken zwischen den einzelnen Ethnien und den Gründungseinrichtungen baut und zum anderen die volkswirtschaftliche Bedeutung der Migrantenökonomie in der Gesellschaft bewusster macht. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft plant in Kooperation mit dem Ministerium für Integration folgende Maßnahmen: – Awareness-Kampagne „Selbstständigkeit hat viele Gesichter“ zur gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Bedeutung der Migrantenökonomie, Herausstellen von Best Practices; – konzertierte Veranstaltungen von Migrantenvereinen und deutschen Fachverbänden und Kammern; – Migrantenunternehmer gehen an Schulen (Schwerpunkt Haupt-/Werkrealschulen und Berufsschulen); – Förderung von Betreuern mit Migrationshintergrund bei Fachverbänden und Kammern nach dem Vorbild der Nachfolge-Moderatoren. Gesellschaftliche Teilhabe Eine breite Bevölkerungsmehrheit begreift Deutschland als Einwanderungsland, schätzt kulturelle Vielfalt und erwartet von Zuwanderern nicht kulturelle Assimilation . Teile der Bevölkerung haben aber Berührungsängste oder Vorbehalte gegenüber Zuwanderern, sei es in der eigenen Nachbarschaft oder durch die Präsenz fremder Kulturen, Sprachen und Religionen in der Öffentlichkeit. Diese Distanz zwischen Teilen der Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten gilt es zu minimieren , durch Akzeptanz, Begegnung und Dialog. Der Rechtstaat sowie die Werte Deutschlands bleiben dabei unveräußerlich. Runder Tisch Islam Mit dem Runden Tisch Islam hat die Landesregierung ein Gremium der Anerkennung mit dem Ziel einer konkreten Verbesserung der Situation von Muslimen in Baden-Württemberg ins Leben gerufen. Im Herbst 2011 trat der Runde Tisch Islam erstmals zusammen. Das Arbeitsgremium widmet sich halbjährlich der Lösung konkreter Herausforderungen beim Zusammenleben von muslimischen und nichtmuslimischen Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs. Bekämpfung von Zwangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre Die Bekämpfung von Zwangsverheiratung und Gewalt im Namen der Ehre ist ein weiterer Arbeitsschwerpunkt. Das Ministerium für Integration veranstaltet halbjährlich das Landesforum gegen Zwangsverheiratung. Der Austausch dient der Koordinierung des Einsatzes gegen Zwangsverheiratung und trägt wesentlich dazu bei, die zahlreichen Initiativen auf diesem Gebiet zu bündeln und abzustimmen . Weiter wird die erfolgreiche Arbeit der Beratungsstellen YASEMIN und SIBEL finanziell unterstützt. Die mobile Beratungsstelle YASEMIN sichert die qualifizierte Beratung und Begleitung, die anonyme Online-Beratungsstelle SIBEL (Berlin) die niederschwellige Unterstützung der von Zwangsverheiratung oder Gewalt im Namen der Ehre Bedrohten bzw. Betroffenen. Gemeinsam mit Terre des Femmes e. V. wurden außerdem zehn Multiplikator/ -innen-Workshops in zehn verschiedenen Städten Baden-Württembergs konzipiert , in denen sich je 20 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ab September 2012 im Kampf gegen Gewalt im Namen der Ehre und gegen Zwangsverheira- 31 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 tung fortbilden. Die Teilnehmenden arbeiten im Bereich der öffentlichen Verwaltung , in sozialen Berufen oder im Bildungsbereich. Bekämpfung von Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung Zu einer erfolgreichen Integrationspolitik gehören auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung. Auf Anregung der Ministerin für Integration wurde gemeinsam mit den christ - lichen Kirchen, den muslimischen Vertreterinnen und Vertretern des Runden Tisches Islam und den jüdischen Gemeinden im November 2011 ein Bündnis gegen Menschenfeindlichkeit initiiert – als gemeinsames Signal von Vertretern der großen Religionen gegen Gewalt und Extremismus. Das Ministerium für Integration beteiligte sich auch an der bundesweiten Woche gegen Rassismus und veranstaltete am 22. März 2012 eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Gefahr von rechts! Wie gehen wir damit um?“ Außerdem haben der Landessportverband Baden -Württemberg und das Ministerium für Integration am 23. August 2012 mit einer gemeinsamen Erklärung vor dem Start in die neue Bundesligasaison ein Zeichen gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Gewalt, Hass sowie Intoleranz und für Respekt, Toleranz, Fairplay sowie ein friedliches und interkulturelles Miteinander im Sport gesetzt. Das Land wird überdies noch in diesem Jahr der „Koa - lition gegen Diskriminierung“ beitreten. Im Rahmen der „Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft“ bekunden die Unterzeichner ihren Willen zur verstärkten Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zur Förderung des Diskriminierungsschutzes. Ausgehend von diesen Signalen unterstützt die Landesregierung konkrete Projekte und damit insbesondere die Präventionsarbeit an Schulen. Das Ministerium für Integration und das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport fördern zu diesem Zweck das Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ in BadenWürttemberg . Das Projekt zielt darauf ab, dass sich die Schülerinnen und Schüler eigenständig engagieren, an ihrer Schule Verantwortung übernehmen und sich für demokratische Grundwerte und Zivilcourage einsetzen. Des Weiteren wird die Verbreitung des Projekts „Instant Acts gegen Gewalt und Rassismus“ unterstützt. Die vorgesehenen Projekttage haben zum Ziel, dass Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 13 und 19 Jahren fremde Kulturen und deren Vertreterinnen und Vertreter kennen lernen, eine stärkere Akzeptanz und Respekt vor anderen Kulturen entwickeln und gegenseitige Achtung aufbauen. Bildungs- und Beratungsstelle für Angelegenheiten der Sinti und Roma Das Kultusministerium unterstützt die Integration der Sinti und Roma durch die Finanzierung einer halben Personalstelle beim Landesverband der Sinti und Roma in Mannheim. Bürgerschaftliches Engagement, Bürgerbeteiligung und Ehrenamt Ziel der Landesregierung ist es auch, Menschen mit Migrationshintergrund für bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung zu gewinnen. Die vom Sozialministerium initiierten Landesprogramme „Mittendrin“ und „BürgerInnenrat“ richten sich u. a. an Menschen mit Migrationshintergrund; dabei wird nicht nach den Migrationshintergründen unterschieden. – Mit dem zu Beginn des Jahres angelaufenen Förderprogramm „Mittendrin“ können beispielsweise Organisationen, Verbände oder Vereine als Integra - tionsbegleiter unterstützt werden. Um über die Fördermöglichkeiten zu informieren , stellt das Sozialministerium das Programm bei vielfältigen Veranstaltungen wie beispielsweise dem „Sommerfest der Kulturen“ in Stuttgart vor oder stellt Informationsmaterialien zur Verfügung. – Ähnlich ausgerichtet ist das Programm „BürgerInnenräte“. Hierbei sollen der Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg neue Impulse verliehen und Menschen mit Migrationshintergrund einbezogen werden. Dagegen werden im Bürgermentor /-innenprogramm schon heute Menschen mit Migrationshintergrund als Bürgermentorinnen und Bürgermentoren sowie Bürgermentorentrainerin- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 32 nen und -trainer in zielgruppenspezifischen Engagement- und Arbeitsfeldern geschult. Finanziell unterstützt wird das Programm durch die Baden-Württemberg Stiftung. In Absprache mit der Baden-Württemberg Stiftung wurde als ein neuer Schwerpunkt der Ausbildung „Migration“ vereinbart. Derzeit arbeitet das Sozialministerium in Abstimmung mit seinen Partnern an der konkreten Umsetzung. – Außerdem wird sich die Veranstaltungsreihe „Wanderakademie“ mit dem Thema Migration befassen. Diese soll im kommenden Jahr in Karlsruhe stattfinden . Ein besonderes Anliegen der Landesregierung besteht darin, auch mehr Menschen mit Migrationshintergrund dafür zu gewinnen, sich in der Justiz ehrenamtlich oder bürgerschaftlich zu engagieren. Denn bei der Erfüllung von ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Aufgaben in der Justiz ist die Gruppe der in Baden-Württemberg lebenden Menschen mit Migrationshintergrund bislang noch unterrepräsentiert . Dies zu ändern, sieht die Landesregierung als Herausforderung für die Zukunft. Sie hat daher im Nationalen Aktionsplan Integration, der im Januar 2012 von der Bundeskanzlerin der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, angekündigt, in diesem Bereich einen Schwerpunkt zu setzen (vgl. S. 453 des Nationalen Ak - tionsplans Integration sowie S. 277 des Anhangs zum Nationalen Aktionsplan Integration mit den jeweiligen Beiträgen der Länder). Mehr Menschen mit Migra - tionshintergrund als bislang sollen dafür gewonnen werden, am Handeln und an den Entscheidungen der Dritten Gewalt aktiv teilzuhaben. Denn es dient sowohl der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund als auch der Akzeptanz der Justiz, wenn sich in der Dritten Gewalt die Bürgergesellschaft in einer Weise abbildet, wie sie sich hinsichtlich der Herkunft der Bürgerinnen und Bürger tatsächlich zusammensetzt. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung dieses Vorhabens sind bereits dahingehend ergriffen worden, dass das Justizministerium den „Tag des Ehrenamts – Bürgerschaftliches Engagement in der Justiz“, der am 6. Oktober 2012 im Rahmen des Landesjubiläums 2012 im Haus der Wirtschaft in Stuttgart veranstaltet wird, gezielt auch darauf ausrichtet, Menschen mit Migrationshintergrund zu erreichen und für das Thema zu interessieren. So ist im Rahmen des Tagungsprogramms eine Talkrunde mit dem Titel „Menschen mit Migrationshintergrund als Ehrenamtliche in der Justiz“ vorgesehen. Die Frage, wie mehr Menschen mit Migra - tionshintergrund für ein Ehrenamt in der Justiz gewonnen werden können, wird zudem das Thema einer weiteren Diskussionsrunde sein. Hinzu kommen laufende Planungen im Justizministerium, mit Informationsveranstaltungen , die sich gezielt an Migrantenselbstorganisationen richten, auf das Thema aufmerksam zu machen. Donauraumstrategie Am 24. Juni 2011 wurde die EU-Donauraumstrategie offiziell durch den Europä - ischen Rat verabschiedet. Diese makroregionale Strategie verfolgt das Ziel, die Zusammenarbeit der Donauländer zu stärken. Schwerpunkte sind die Bereiche Infrastruktur, Umweltschutz, die Schaffung von Wohlstand sowie gute Regierungsführung . Die Donauraumstrategie umfasst acht EU-Mitgliedstaaten: Bulgarien , Deutschland, Österreich, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, die Slowakische Republik und Slowenien. Außerhalb der EU bezieht sie Kroa - tien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, die Republik Moldau und die Ukraine ein. Die Landesregierung bindet die Zivilgesellschaft in die Donauraumstrategie ein, um Europa für die Bürger greifbar zu machen und um der Migrationspolitik neue Impulse zu geben. Dazu fand am 24. Juli 2012 in Stuttgart eine Donauraumkonferenz mit dem Titel „Migration im Donauraum – Wirtschaftliche Chancen nutzen, Potenziale erkennen“ mit über 300 Gästen aus Baden-Württemberg und aus den Donauraum-Ländern statt. Die Konferenz beschäftigte sich unter anderem mit den Themen „Migration und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“, „Auswirkungen der Migration auf Zivilgesellschaft und Kultur“ und „Wissenschaft und Bildung – Austausch und Vernetzung im Donauraum“. 33 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Politische Teilhabe Eine vollständige politische Teilhabe mit allen Rechten und Pflichten ist geknüpft an die deutsche Staatsangehörigkeit. In Baden-Württemberg lebt eine erhebliche Anzahl von Ausländern, die die Einbürgerungsvoraussetzungen formal erfüllen. Mit einer Einbürgerungskampagne sollen diese Personen dazu motiviert werden, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Im Rahmen dieser Kampagne, die im Herbst 2012 startet, sollen Migrantinnen und Migranten über die Einbürgerungsvoraussetzungen, insbesondere über die Einbürgerungserleichterungen und über die Vorteile des deutschen Passes informiert werden. Um einbürgerungswilligen Personen die Einbürgerung zu ermöglichen hat die Landesregierung Erleichterungen umgesetzt. So werden die Entlassungsbedingungen aus einer ausländischen Staatsbürgerschaft in mehr Ländern als bisher als unzumutbar angesehen, mit der Folge, dass mehr Einbürgerungsbewerber unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert werden. Ebenso werden junge ausländische Wehrpflichtige ab der zweiten Generation unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert, wenn der Heimatstaat die Entlassung der Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig macht. Eine weitere Einbürgerungserleichterung wurde für langjährig in Deutschland lebende Ältere, die in der Regel bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, eingeführt. An diesen Personenkreis werden andere Integrationserfordernisse als für Erwerbstätige gestellt. Für die Ermessenseinbürgerung müssen Einbürgerungsbewerber ab dem 60. Lebensjahr, die zudem seit zwölf Jahren rechtmäßig hier leben, keine schriftlichen Sprachkenntnisse mehr nachweisen; es ist ausreichend, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltag mündlich verständigen können. Des Weiteren hat die Landesregierung das Einbürgerungsverfahren anerkannter Flücht - linge in den Fällen vereinfacht, in denen die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft unerheblich ist: Dieser Personenkreis kann bereits aus anderen Gründen unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert werden. Auch für Studien- und Ausbildungsabsolventen hat die Landesregierung die Einbürgerung erleichtert. Aufenthaltszeiten zu Studien- und Ausbildungszwecken werden inzwischen anerkannt . Um mehr über Einbürgerungsverfahren vor Ort zu erfahren, führt das Ministe - rium für Integration derzeit eine Befragung unter Eingebürgerten und den Einbürgerungsbehörden durch. Die Studie ermöglicht eine systematische Bestandsaufnahme der Einbürgerungsverfahren im Land. Neben etlichen formalen Fragen, u. a. zur Dauer der Verfahren, wird auch nach der Bereitstellung und Nutzung von Informationsquellen zum Einbürgerungsverfahren gefragt. Darüber hinaus erfolgt eine subjektive Bewertung der Verfahrensabläufe von Seiten der Eingebürgerten und der Einbürgerungsbehörden. Ferner beschäftigt sich die Studie mit Einbürgerungsmotiven und der emotionalen Ebene der Einbürgerung. Im Jahr 2013 ist eine zweite Befragungswelle geplant. Auf diese Weise können Veränderungen in Ablauf und Wahrnehmung der Einbürgerungsverfahren festgestellt werden. Die Auswirkungen der bisher vollzogenen Maßnahmen im Bereich Einbürgerung in Baden-Württemberg sind erkennbar und positiv. So hat sich die Zahl der Einbürgerungen im Jahr 2011 um rund 11 % erhöht. Diese Entwicklung ist erfreulich und im Hinblick auf den demographischen Wandel wünschenswert. Kommunale Integrationsarbeit Integration findet vor Ort statt: in den Städten, Gemeinden und Landkreisen. Die Landesregierung unterstützt die Integrationsanstrengungen in den Kommunen auf verschiedene Weise. Das Ministerium für Integration hat die Mittel für die kommunale Integrationsförderung für das Jahr 2012 auf zwei Millionen Euro aufgestockt. Mit diesen Mitteln werden die soziale Beratung und Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund gefördert (15.000 Euro je Stadt- und Landkreis) und in einigen Land - kreisen, die dafür keine Bundesmittel erhalten, auch die Jugendmigrationsdienste. Weiterhin stehen aus diesen Mitteln jedem Stadt- und Landkreis bis zu 28.500 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 34 Euro für konkrete Integrationsprojekte zur Verfügung. Diese Projekte müssen in einem der nachfolgenden Integrationsschwerpunkte stattfinden: Vorbereitende, begleitende und weiterführende Angebote zu den Integrationskursen des Bundes; Stärkung der schulischen, sprachlichen, sozialen und beruflichen Kompetenzen; Stärkung der Gleichberechtigung und Gleichstellung der Menschen mit Migra - tionshintergrund, insbesondere der gleichberechtigten Teilhabe von Mädchen und Frauen sowie der aktiven Partizipation am gesellschaftlichen und politischen Leben; Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen und Verbesserung der interkulturellen Öffnung auf kommunaler Ebene; Integrationsangebote für ältere Migrantinnen und Migranten auf kommunaler Ebene; Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Menschenfeindlichkeit sowie Diskriminierung auf kommunaler Ebene. Das Ministerium für Integration legt einen weiteren Schwerpunkt seiner Fördermaßnahmen auf den Aufbau und die Verfestigung von kommunalen Strukturen. Es liegt im Interesse des Landes, dass die Integrationsarbeit auf Kreisebene und in den Gemeinden in höherem Maße gesteuert, koordiniert, strukturiert und nachhaltig erfolgt. Nur so können Integrationsangebote vor Ort transparent gemacht und passgenau auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten werden. Daher wird das Minis terium für Integration noch in diesem Jahr Projekte fördern, die den Aufbau und die Weiterentwicklung nachhaltiger Strukturen bei der Integrationsarbeit in den Kommunen zum Ziel haben. Aus Anlass des 60-jährigen Landesjubiläums hat das Ministerium für Integration gemeinsam mit der Baden-Württemberg Stiftung im Mai 2012 das Programm „Vielfalt gefällt! – 60 Orte der Integration“ initiiert. Durch das Programm sollen Bürgerinnen und Bürger motiviert werden, Modellprojekte zu verwirklichen und einen Dialog zu beginnen, der einen Beitrag zum besseren gegenseitigen Verständnis der vielfältigen Kulturen in Baden-Württemberg leistet. Von dem Programm , für das insgesamt drei Millionen Euro zur Verfügung stehen, profitieren unmittelbar die Menschen vor Ort. Humane Flüchtlingspolitik Im Zusammenhang mit den integrationspolitischen Zielen und Maßnahmen der Landesregierung steht auch die Verbesserung der Lebenssituation von Flüchtlingen . Zum Teil sind diese Menschen nur für vergleichsweise kurze Zeit in BadenWürttemberg , teilweise bleiben Flüchtlinge aber auch viele Jahre oder sogar dauerhaft im Land. Deshalb ist es neben einer – im Vordergrund stehenden – angemessenen Unterbringung und Versorgung geboten, auch die Integrationsfähigkeit dieser Menschen zu erhalten. Das Ministerium für Integration hat auf untergesetzlicher Ebene humanitäre Verbesserungen in Kraft gesetzt, mit denen es zugleich auch den gestiegenen Flüchtlingszahlen Rechnung trägt. Mit der „Verordnung des Integrationsministeriums über die Zulassung von Abweichungen von der Dauer des Nutzungsverhältnisses nach § 7 Absatz 5 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes“ vom 18. Juli 2012, die seit dem 31. Juli 2012 in Kraft ist, wurde den zuständigen Kreisen die Möglichkeit eröffnet, Asylbewerber, deren Antrag erfolglos geblieben ist, wesentlich früher als bisher aus der vorläufigen Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften in die Anschlussunterbringung in den Gemeinden zu entlassen. Damit kann sich die Dauer der Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften, die derzeit im Durchschnitt noch mehr als zwei Jahre beträgt, nahezu halbieren. Mit den neu gefassten „Vorläufigen Anwendungshinweisen des Integrationsminis - teriums zur Anwendung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes“, die seit dem 2. August 2012 anzuwenden sind, hat das Ministerium den unteren Aufnahmebehörden bei den Stadt- und Landkreisen in erster Linie für besonders schutzbedürftige Personen die Möglichkeit eröffnet, anstelle der Gemeinschaftsunterkünfte verstärkt auch Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen heranzuziehen. Daneben wird den Kreisen u. a. ein größerer Spielraum zugebilligt, um neben reinen Sach- vermehrt Geldleistungen zu bewilligen, mit denen die Flüchtlinge beispielsweise Nahrungsmittel nach ihren eigenen Essgewohnheiten einkaufen können . Anwendungshinweise des Ministeriums für Integration an die Stadt- und Landkreise gewährleisten in diesem Zusammenhang, dass die sich aus dem Bun- 35 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 desverfassungsgerichtsurteil ergebenden Leistungsverbesserungen für Asylbewerber in Baden-Württemberg rasch einheitlich umgesetzt werden, die insbesondere der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dienen. Weitere Maßnahmen ergänzen dieses Paket: Bereits Anfang des Jahres lockerte die Landesregierung mit ihrer „Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Aufenthaltsbereichs durch Asylbewerber“ die Residenzpflicht für Asylbewerber , die bis dahin deren Bewegungsfreiheit regelmäßig auf einen Kreis beschränkte , wesentlich. Die Betreuung traumatisierter Flüchtlinge im Lande konnte das Ministerium für Integration mit der Förderung der fünf psychosozialen Zentren im Jahr 2012 in Höhe von 300.000 Euro stärken; die Arbeit des Flüchtlingsrates Baden Württemberg unterstützt das Ministerium mit 50.000 Euro. Im Übrigen bereitet das Ministerium für Integration mit dem Ziel einer weiteren Humanisierung des Flüchtlingsaufnahmerechts derzeit eine Überarbeitung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes selbst vor. Eckpunkte für eine solche Gesetzes - novelle hat in den vergangenen Monaten eine von der Integrationsministerin einberufene Arbeitsgruppe, an der alle maßgeblichen Akteure der Flüchtlingsarbeit mitgewirkt haben, erstellt. In dem neuen Gesetz wird es nicht zuletzt um eine verbesserte Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge gehen. Auf Bundesebene setzt sich das Land für eine Öffnung der Integrationskurse – im Rahmen der Verfügbarkeit – auch für Flüchtlinge ein. Ebenso fordert das Land – als Ergänzung der für Flüchtlingskinder in Baden-Württemberg bestehenden Schulpflicht nach sechs Monaten – eine Ausweitung des Bildungs- und Teilhabepaketes auch auf Kinder, die Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Daneben befürwortet das Land eine Abschaffung des Vorrangs von Sachleistungen im Asylbewerberleistungsrecht. Initiative für eine stichtagslose Bleiberechtsregelung Die Landesregierung setzt sich im Bundesrat für eine neue gesetzliche, an hu - manitären Kriterien ausgerichtete Bleiberechtsregelung für gut integrierte und langjährig geduldete Flüchtlinge ein. Einer entsprechenden Gesetzesinitiative Hamburgs wird Baden-Württemberg als Mitantragsteller beitreten. Die geplante Neuregelung sieht vor, dass geduldete Ausländerinnen und Ausländer einen Aufenthaltstitel erhalten können, wenn sie unter anderem einen langjährigen Aufenthalt in Deutschland (Erwachsene mit minderjährigen Kindern: sechs Jahre; Erwachsene ohne Kinder: acht Jahre) und hinreichende deutsche Sprachkenntnisse vorweisen können, ihren Lebensunterhalt grundsätzlich selbst sichern können, grundsätzlich straffrei geblieben sind und keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen aufweisen. Gut integrierte Jugendliche könnten ein Bleiberecht bereits nach vier Jahren, anstatt bislang erst nach sechs Jahren erhalten . Mit der geplanten stichtagslosen Bleiberechtsregelung sollen die Probleme der Kettenduldung und damit einhergehend der fehlenden Aufenthaltsperspektive für diesen Personenkreis gelöst werden. Darüber hinaus sieht die Koalitionsvereinbarung vor, auf Landesebene zeitnah Verwaltungsregelungen zur Umsetzung der im Juli 2011 eingeführten Bleiberechtsregelung für Jugendliche zu erlassen. Das Innenministerium hat die erforderliche Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung der Bleiberechtsregelung für Jugendliche bereits im September 2011 erlassen. Kinder- und Jugendarbeit Die im Landesjugendplan zusammengefassten Fördermaßnahmen des Landes für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund umfassen alle jungen Menschen im Sinne des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII), die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Seit dem Jahr 2006 wird die Integrationsoffensive in der Kinder- und Jugendarbeit , in deren Rahmen Projekte zur interkulturellen Öffnung der offenen und der verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit unterstützt werden, gefördert. Im aktuellen Haushaltsjahr werden hierfür 140.000 Euro eingesetzt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 36 Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Förderung der Organisationsentwicklung von Verbänden junger Migrantinnen und Migranten (VJM) auf Landesebene seit dem Jahr 2007. Hier wurde beispielsweise die DJR (Deutsche Jugend Russland) unterstützt . Im Jahr 2012 ist die Einbeziehung der Eritreischen Jugend, der Russisch Orthodoxen Jugend (ROJ) oder der Ponitaki Esti Stuttgart (griechischer Hintergrund ) vorgesehen. Beide Förderprogramme sind sehr breit angelegt und für alle Jugendliche mit Migrationshintergrund unabhängig von ihrer Herkunft geöffnet. Mit den Akteuren der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit wird derzeit der „Zukunftsplan Jugend“ erarbeitet. Ziel ist es hier u. a., dass die Kinderund Jugendarbeit bislang weniger gut erreichte Zielgruppen, insbesondere Kinder - und Jugendliche mit Migrationshintergrund und junge Menschen anderer Lebensweise und Weltanschauung, besser anspricht und einbezieht. Dabei soll auch geprüft werden, wie die Potenziale der Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten besser genutzt werden können, um diese einerseits in der Verbandsstruktur bzw. in die Stadt- und Kreisjugendringe zu integrieren sowie an - dererseits an die vorgesehenen Kooperationen und Netzwerke heranzuführen. Gesundheit Über die Informationsreihe „Arbeit, Gesundheit, Vorsorge“ des Netzwerks Migration und soziale Sicherheit (NEMIGUSS) bietet das Ministerium für Integra - tion zusammen mit der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und zahlreichen Kooperationspartnern – vorerst als Modellprojekt für die Stadt Stuttgart konzipiert – griechischen, türkischen und italienischen Migrantinnen und Migranten kostenlos Informationsveranstaltungen zu Themen der sozialen Sicherheit und Gesundheit. Gesetzliche Krankenversicherung In Bezug auf die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) stellt sich die Frage, ob Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund zu bestimmten Bereichen der Regelversorgung nur unzureichend Zugang finden und ob ggf. die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, also Krankenkassen und Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen , besondere Angebote bereit hält, um diesen Personenkreis im gleichen Maße zu erreichen wie die deutsche Bevölkerung. Die Mikrozensus-Zusatzerhebung zur Gesundheit 2009 zeigt für Baden-Württemberg beispielsweise auf, dass Migrantinnen und Migranten häufiger übergewichtig bzw. stark übergewichtig sind als Baden-Württemberger ohne Migrationshintergrund und dass bei ersteren das Übergewicht früher beginnt (vgl. Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg Nr. 6/2012; Seite 18 ff.). Aus einem vom Bund im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan Integration im Jahr 2011 durchgeführten Dialogforum Gesundheit und Pflege ist bekannt, dass z. B. die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugend - lichen mit beidseitigem Migrationshintergrund deutlich geringer ist als bei Kindern und Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Diese unterschiedliche Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen hat vielfältige Ursachen. Ein Grund ist eine bei Migrantinnen und Migranten stärker als im Durchschnitt der Bevölkerung verbreitete symptomgebundene Krankheitsauffassung, nach der symptomfrei bedeutet, gesund zu sein. Ein anderer Grund sind Informationsdefizite über die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Bei der ambulanten Versorgung von Migranten in Arztpraxen ist die mangelnde sprachliche Verständigung mit den Patienten die am häufigsten anzutreffende Barriere. – Maßnahmen der Krankenkassen: Die Krankenkassen haben die Aufgabe, durch Aufklärung und Beratung auf eine gesunde Lebensweise ihrer Versicherten hinzuwirken (vgl. § 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch [SGB V]). Soweit die Ursachen für eine unterschied - liche Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen im unzureichenden Wissen 37 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 der Versicherten über die Angebote der GKV (z. B. über Früherkennungsuntersuchungen , Mutter-Kind-Kuren oder Desease-Management-Programme) liegen , sind Krankenkassen dazu angehalten, durch Informationsvermittlung dem entgegen zu wirken. Es liegt auf der Hand, dass ein fremdsprachliches Beratungsangebot der Krankenkassen den Zugang zu Versicherten mit Migrationshintergrund erleichtert. Ein umfassendes Angebot an muttersprachlicher Pa - tientenberatung stößt allerdings an Grenzen, da die Sprachvielfalt nicht überall vorgehalten werden kann. Krankenkassen erfahren bei der Neuanmeldung einer versicherten Person von deren Nationalität, sodass sie in der Lage sind, neuen Versicherten z. B. Broschüren in ihrer Muttersprache anzubieten. Die Landesvertretung Baden-Württemberg der Techniker Krankenkasse (TK) hat z. B. in Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und dem Landesgesundheitsamt die Broschüre „Schütteln ist lebensgefährlich“ auch in russischer und türkischer Sprache aufgelegt. Der Grund, warum diese Broschüre nur auf Russisch und Türkisch übersetzt wurde, lag darin, dass die TK bei diesen beiden Bevölkerungsgruppen die größte Nachfrage nach Informationen zu diesem Thema feststellen konnte. Dem Sozialministerium ist auch bekannt, dass die Krankenkassen in BadenWürttemberg mit verschiedenen Projekten das Thema Gesundheit von Menschen mit Migrationshintergrund aufgreifen. So beteiligte sich z. B. die AOK Baden-Württemberg an einem Modellvorhaben der Volkshochschulen, welches den Bereich der Gesundheitsförderung in die Integrationskurse für Menschen mit Migrationshintergrund mit einbezog. – Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW): Um die sprachliche Verständigung in Arztpraxen zu erleichtern, können Pa - tienten oder deren Angehörige über das von der KVBW eingerichtete Patiententelefon „medcall“ die Kontaktdaten von Arztpraxen erfahren, in denen fremdsprachliche Ärzte oder Praxismitarbeiter beschäftigt sind. Dort können sich auch Arztpraxen für ihre Patienten erkundigen, die zu einem anderen niedergelassenen Arzt überwiesen werden sollen. Ferner kann über die auf den Internetseiten der KVBW eingerichtete elektronische Arztsuche durch Angabe einer bestimmten Fremdsprache gezielt nach Arztpraxen mit fremdsprach - lichen Kompetenzen gesucht werden. Die KVBW hat zudem für ihre Mitglieder Vorlagen für Patientenbefragungen erarbeitet, die dabei helfen sollen, die Qualität der Arbeit in den Praxen sowie die Patientenzufriedenheit zu erhöhen. Die Fragebögen für die Patientenbefragungen sind auch in Türkisch, Russisch, Kroatisch, Italienisch und Griechisch erhältlich. Der Spitzenverband der Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärzt - liche Bundesvereinigung (KBV) geben Patienteninformationen zu unterschiedlichen gesundheitlichen Themen heraus. Diese Informationen werden an die Arztpraxen verteilt und werden dort als Wartezimmerinformation an die Pa - tienten gegeben. Zu den Themen Atemwegserkrankungen/Asthma und Diabetes sind diese Informationen in mehreren Sprachen verfügbar: Der Flyer „Asthma “ inklusive einer Anleitung zum richtigen Inhalieren ist auch in Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und Türkisch verfügbar, die Informationen zu den Themen „Diabetes und Füße“ sowie „Diabetes und Augen“ in den Sprachen Arabisch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch und Türkisch. Die Landesregierung begrüßt jede Initiative von Krankenkassen und Kassen - ärztlicher Vereinigung, die geeignet ist, Patienten mit Migrationshintergrund den Zugang zum Angebot der Gesetzlichen Krankenversicherung zu erleichtern. Das Sozialministerium hat jedoch keine Möglichkeiten, die seiner Rechtsaufsicht unterliegenden Krankenkassen und Kassen(zahn)ärztlichen Ver einigungen im Wege der Aufsichtsführung zu bestimmten Projekten oder Maßnahmen zu verpflichten, die Personen mit Migrationshintergrund den Zugang zu Leistungen der GKV erleichtern. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 38 Psychiatrie und Sucht Eine bundesweite und breit angelegte wissenschaftliche Untersuchung zur Frage der Integration einzelner Migrantengruppen, Prävalenzraten der unterschiedlichen psychischen Störungen innerhalb der Migrantengruppe sowie deren Versorgungsgrad wäre sinnvoll. Muttersprachliche Beratungs- und Therapieangebote sind angesichts der nachweislich erhöhten Gefährdung beispielsweise von Jugendlichen mit Migrationshintergrund von erheblicher Bedeutung. Der Zugang über die Muttersprache und über vertraute soziale Werte erleichtert in der Regel Maßnahmen der Prävention und der Frühintervention. Daher versuchen die Psychosozialen Beratungsstellen im Rahmen ihrer Möglichkeiten, muttersprachliche Angebote vorzuhalten und werden dabei durch das Sozialministerium unterstützt. Vor dem Hintergrund der immer weiteren Auffächerung der Migrantengruppen und dezentralen Lebensweise erscheint aber ein flächendeckendes psychotherapeutisches Angebot eher unrealistisch. Auch haben dabei erste Untersuchungen keine Überlegenheit muttersprachlicher Angebote hinsichtlich des Therapieerfolges ergeben. Von daher erscheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt übereilt, die Umsetzung muttersprachlicher psychotherapeutischer Behandlungsangebote zu forcieren. Muttersprachliches Informationsmaterial, Zuziehung von Dolmetschern und interkulturelle Fortbildungen für alle an der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung beteiligten Berufsgruppen hingegen erscheinen sinnvoll und sind üblich . Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, interkulturelle Aspekte systematisch in allen Berufsausbildungen von an der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung beteiligten Berufsgruppen zu vermitteln. Stationäre Versorgung Die Sicherstellung der interkulturellen Kompetenz in Krankenhäusern liegt in der Organisationsverantwortung der Krankenhausträger. Die Träger v. a. der großen Kliniken stellen sich dieser Herausforderung seit längerem. Fragen im Umgang mit Patienten mit Migrationshintergrund treten im Klinikalltag häufig auf und können den Klinikbetrieb aufhalten. Die Krankenhäuser entwickeln daher aus eigenem Antrieb die erforderlichen Strategien, um auch Patientinnen und Patienten mit anderer kultureller und sprachlicher Herkunft adäquat zu versorgen . Auch der Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern um Patienten zeigt Wirkung . Etliche Krankenhäuser werben mit Dolmetscherdiensten oder fremd - sprachigen Angeboten auf ihrer Homepage. Gerade im Bereich der Pflege, aber auch im Bereich des originär medizinischen Personals beschäftigen die Krankenhäuser nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e. V. (BWKG) weit überdurchschnittlich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Etwaige Sprachbarrieren können dadurch überwunden werden. Teilweise führen Krankenhäuser Listen mit den Sprachkenntnissen bestimmter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ggf. als Dolmetscher und damit auch als kulturelles Bindeglied eingesetzt werden können. Broschüren sowie Informations- und Aufklärungsmaterial sind in etlichen Fremdsprachen verfügbar und werden von den Kliniken nach Erfordernis vorgehalten. In der psychiatrischen und der psychosomatischen Versorgung wurden die interkulturellen Kompetenzen zum Teil gezielt erweitert und angeboten. Beispielsweise gibt es Angebote einer fremdsprachigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung in Psychiatrischen Institutsambulanzen. Eine Fachklinik für Psychosomatik betreibt eine Station für Patienten, die aufgrund von Flucht, Folter, Vertreibung und Krieg in ihrem Herkunftsland nach Deutschland geflüchtet und schwer traumatisiert sind. In einer kinder- und jugendpsychiatrischen Tagesklink in einem Ballungsraum wird bei der Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch ein Migrationshintergrund mit der Möglichkeit, Traditionen aus zwei Kulturen zusammenzuführen, positiv berücksichtigt. 39 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 Bei der ärztlichen Behandlung achten die Krankenhäuser darauf, auf vorhan - dene Vorbehalte gegen eine Behandlung durch das „andere Geschlecht“ einzugehen . Dieses Frage stellt sich z. B. im besonderen Maß im gynäkologischen Bereich, wo es sein kann, dass muslimische Frauen die Untersuchung durch einen männlichen Arzt ablehnen. Die Krankenhäuser bemühen sich deshalb so weit wie möglich, in diesem Bereich die Behandlung auch durch eine Ärztin anzubieten . Die Angebotspalette bei der Essensversorgung in den Krankenhäusern hat sich insgesamt deutlich erweitert. Ein schweinefleischloses Essen dürfte zum Standard gehören, ebenso die Möglichkeit zu vegetarischer Kost. Einige Krankenhäuser sind bereits in der Lage, Andachtsräume mit der Ausrichtung nach Mekka zur Verfügung zu stellen. Die Kliniken sind gemäß § 137 SGB V zur Durchführung eines internen Qualitätsmanagements verpflichtet. Zahlreiche Klinken wählen dazu eine freiwillige Zertifizierung nach KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen ), die unter Kategorie 1: „Patientenorientierung im Krankenhaus “ auch Aspekte der interkulturellen Kompetenz in Krankenhäusern bewertet . Pflege Die Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund – unabhängig vom jeweiligen individuellen Migrationshintergrund – ist vor dem Hintergrund des demografischen Wandels von zunehmender Relevanz. Nach den Ergebnissen des Mikrozensus lebten in Baden-Württemberg im Jahr 2007 gut 2,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, dies ist mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung Baden-Württembergs. Diese Bevölkerungsgruppe besteht aus gut 1,4 Millionen Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit und annähernd 1,3 Millionen Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Mit rund 25 % liegt in Baden-Württemberg damit der Anteil dieses Personenkreises deutlich über dem Bundesdurchschnitt von knapp 19 %. Die Altersstruktur von Personen mit bzw. ohne Migrationshintergrund unterscheidet sich erheblich. Personen ohne Migrationshintergrund sind mit einem Durchschnittsalter von 44,2 Jahren neun Jahre älter als Personen mit Migrationshintergrund (35,2 Jahre). Mehr als zwei Drittel der Migrantinnen und Migranten sind jünger als 45 Jahre. Bei den Personen ohne Migrationshintergrund ist dies nur gut die Hälfte. Der Anteil der jungen Menschen unter 20 Jahren unterscheidet sich sogar um 10 % zugunsten der Personen mit Migrationshintergrund. Ein ähnlich großer Unterschied zeigt sich bei Personen im Rentenalter (65 Jahre und älter). 22 % der Personen ohne Migrationshintergrund sind bereits im Rentenalter, bei den Migrantinnen und Migranten ist der Anteil halb so groß. Die Datensituation zur Pflegebedürftigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund ist noch unbefriedigend. Erst eine seit kurzem verfügbare Studie des Bundesgesundheitsministeriums zu den „Wirkungen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes “ lässt die Ableitung von Aussagen zu pflegebedürftigen Personen mit Migrationshintergrund in stationären Einrichtungen sowie von ambulanten Diens - ten betreuten Personen mit Migrationshintergrund zu. Das Sozialministerium hat deshalb im Frühjahr 2011 eine Untersuchung zur Versorgungssituation älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Auftrag gegeben mit dem Ziel, einerseits die aktuelle Versorgungssituation in statio - nären Einrichtungen sowie im Bereich der ambulanten Dienste zu erfassen sowie andererseits – sofern erforderlich – Konsequenzen für die Pflegestrukturen zu definieren. Ältere Migrantinnen und Migranten nehmen die Hilfe ambulanter Pflegedienste in Anspruch oder leben in Pflegeeinrichtungen, weil sich die familiäre Versorgungssituation wandelt. Mit der Informations- und Werbekampagne „Attraktivität der Pflegeberufe und der sozialen Berufe“ in Baden-Württemberg sollen gezielt auch in Baden-Württemberg lebende Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen werden, unabhängig von ihrer staatlichen oder ethnischen Herkunft. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 40 Mehr Pflegepersonal mit Migrationshintergrund würde zudem die Pluralität un - serer Gesellschaft in den Diensten und sozialen Einrichtungen besser widerspiegeln und einen wichtigen Beitrag zu deren interkulturellen Öffnung im Rahmen einer kultursensiblen Pflege leisten. Öney Ministerin für Integration 41 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2042 $Q ODJ H$ $E Jl QJ HU ]D KOH QD XV GH Q. ODV VH QV WX IHQ �E ]Z �� �G HU |I IHQ WOLF KH QX QG SU LYD WHQ : HU NU HD O��+ DX SW VF KX OHQ �� �� 6F K OHU PH UNP DO �6 WDD WVD QJ HK |UL JN HLW � $E Jl QJ HU] DK OD XV .OD VV HQ VWX IH � $E Jl QJ HU] DK O. 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