Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2201 08. 08. 2012 1Eingegangen: 08. 08. 2012 / Ausgegeben: 05. 09. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie die Vorgabe des § 3 der Landesheimbauverordnung (LHeim- BauVO) zum ausschließlichen Bau von Einzelzimmern in den Alten- und Pflegeheimen Baden-Württembergs? 2. Welche Wohnkonzepte ergeben sich nach ihrer Ansicht aus der Möglichkeit des § 3 der LHeimBauVO, „zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu einer Nutzungseinheit “ zusammenschließen zu können? 3. Wie hoch ist die Quote der nebeneinanderliegenden Einzelzimmer, die zu „Nutzungseinheiten“ zusammengeschlossen werden können und hält sie diese Anzahl für ausreichend? 4. Ist ihr bekannt, ob seitens der Bewohnerinnen und Bewohner eine Nachfrage nach „echten“ Zweibettzimmern besteht? 5. Für welchen Personenkreis sieht sie Vorteile in der Schaffung von „echten“ Zweibettzimmern? 08. 08. 2012 Kleinböck SPD Kleine Anfrage des Abg. Gerhard Kleinböck SPD und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Wohnkonzept der Landesheimbauverordnung Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2201 2 B e g r ü n d u n g Die Verordnung des Sozialministeriums zur baulichen Gestaltung von Heimen und zur Verbesserung der Wohnqualität in den Heimen Baden-Württembergs (LHeimBauVO) vom 18. April 2011 schreibt in § 3 „für alle Bewohner ein Einzelzimmer “ vor. Diese Vorgabe dient insbesondere der Wahrung der Privatsphäre und der Steigerung der Wohnqualität der Bewohnerinnen und Bewohner in ihren individuellen Wohnbereichen. Seitens der Heimträger wird eingewandt, dass in Fällen, in denen eine Unterbringung in Zweibettzimmern gewünscht wird, die Vorgabe der LHeimBauVO derzeit die Bereitstellung entsprechender Wohneinheiten erschwert. Denn zwei zusammengeschlossene Einzelzimmer ergeben oftmals kein „echtes“ wohnliches und attraktives Zweibettzimmer. A n t w o r t Mit Schreiben vom 27. August 2012 Nr. 33-0141.5/15/2201 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet sie die Vorgabe des § 3 der Landesheimbauverordnung (LHeim- BauVO) zum ausschließlichen Bau von Einzelzimmern in den Alten- und Pflegeheimen Baden-Württembergs? Die Landesheimbauverordnung geht von den beiden grundlegenden Prämissen aus, wonach einerseits die Bewohner von Heimen in erster Linie Bürger mit den gleichen Rechten wie alle anderen Bürger sind und andererseits bei den Lebens - umständen in den Heimen das höchst mögliche Maß an Normalität erreicht werden soll. Zu grundlegenden Bürgerrechten wie auch zu normalen Lebensumständen gehört die Befriedigung des Bedürfnisses nach Wohnen. Und kennzeichnend für Wohnen unter normalen Lebensumständen ist immer auch die Verfügbarkeit einer geschützten Privat- und Intimsphäre. Es gibt in unserem Kulturkreis keine Wohnform, bei der sich zwei fremde (d. h. nicht familiär oder i. S. einer Paarbeziehung verbundene) Menschen regelmäßig bzw. dauerhaft den Schlafraum teilen. Wo dies der Fall ist, handelt es sich um typische Institutionen (Krankenhäuser, Kasernen oder Haftanstalten), bei denen ein Wohnanspruch i. S. der Befriedigung eines menschlichen Grundbedürfnisses nicht oder nur eingeschränkt verwirklicht wird oder die Einschränkung der privaten Sphäre sogar Gegenstand einer Sanktion und zudem die Unterbringung in den genannten Institutionen grundsätzlich nicht auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgelegt ist. Diese Bedürfnisse nach Nähe und Möglichkeiten des Zusammenlebens in einem Privatbereich werden in der Verordnung ausdrücklich berücksichtigt. Doppelzimmer sind hierfür nicht erforderlich. 2. Welche Wohnkonzepte ergeben sich nach ihrer Ansicht aus der Möglichkeit des § 3 der LHeimBauVO, „zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu einer Nutzungseinheit “ zusammenschließen zu können? Eine wesentlich höhere Wohnqualität (als durch das Angebot von Mehrbettzimmern ) und vielfältigere Nutzungsmöglichkeiten können durch flexible Bau- und Raumkonzepte erreicht werden. Es werden jeweils zwei nebeneinanderliegende Zimmer zu einer Wohneinheit verbunden. Wenn gewünscht, kann dann auch ein Zimmer als gemeinsamer Schlafraum genutzt werden. Die gemeinsame Nutzung von zwei Zimmern als Wohneinheit kann jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. Mit flexiblen Raumkonzepten können alle „Vorteile“ eines Doppel - zimmers realisiert und gleichzeitig deren Nachteile vermieden werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2201 3. Wie hoch ist die Quote der nebeneinanderliegenden Einzelzimmer, die zu „Nutzungseinheiten“ zusammengeschlossen werden können und hält sie diese Anzahl für ausreichend? Dem Sozialministerium liegen dazu keine Zahlen vor. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Landesheimbauverordnung „… soll ein möglichst hoher Anteil der Einzelzimmer so gestaltet werden, dass jeweils zwei nebeneinander - liegende Zimmer zu einer Nutzungseinheit zusammengeschlossen und von zwei Personen gemeinsam genutzt werden können.“ Diese Vorgabe wird nach unserer Erkenntnis sowohl bei Neubauvorhaben als auch bei Modernisierungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen, soweit technisch möglich , nahezu vollständig umgesetzt. 4. Ist ihr bekannt, ob seitens der Bewohnerinnen und Bewohner eine Nachfrage nach „echten“ Zweibettzimmern besteht? Dem Sozialministerium liegen dazu keine Zahlen vor. 5. Für welchen Personenkreis sieht sie Vorteile in der Schaffung von „echten“ Zweibettzimmern? Das Sozialministerium sieht für keinen Personenkreis Vorteile in der Schaffung von Doppelzimmern. Es ist auch keine einzige wissenschaftlich fundierte Exper - tise bekannt, die einen solchen Vorteil belegen würde. Die flexiblen Raumkonzepte der Landesheimbauverordnung ermöglichen es vielmehr , dass niemand gegen seinen Willen in einem Mehrbettzimmer leben muss. Gleichzeitig kann allen, die dies wünschen, jederzeit die Möglichkeit des gemeinsamen Wohnens eingeräumt werden. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren