Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2398 26. 09. 2012 1Eingegangen: 26. 09. 2012 / Ausgegeben: 24. 10. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Lehrbeauftragte gab es im Wintersemester 2011/12 insgesamt an den künstlerischen Ausbildungsstätten des Landes Baden-Württemberg und wie verteilen sich die Anteile dieser Gesamtzahl auf die Musikhochschulen, die Akademien der Bildenden Künste, die Filmakademie, die Popakademie und die Theaterakademien? 2. In welchem Umfang, das heißt mit wie vielen Unterrichtsstunden insgesamt und mit welchen Anteilen im Verhältnis zu den hauptamtlichen Lehrkräften waren in diesem Wintersemester 2011/12 Lehrbeauftragte in Ausbildung und Lehre in den genannten Einrichtungen vertreten? 3. Auf welchen Betrag würden sich die Kosten für die Lehre an den unter Frage 1 genannten Einrichtungen belaufen, wenn die Lehrtätigkeit jeweils durch „feste“ Stellen anstelle von Lehraufträgen erbracht worden wären? 4. Wie hoch ist (exakt oder annäherungsweise) der Anteil an der Gesamtzahl der Lehrbeauftragten, der über ein regelmäßiges, die Existenz sicherndes Einkommen verfügt (im Unterschied zu denjenigen, für die der Lehrauftrag Bestandteil des Grundeinkommens ist)? 5. Wie könnte ein Stufenplan aussehen, mit dem eine schrittweise Verbesserung der Situation dieser Lehrbeauftragten und ihrer prekären Beschäftigungs- und Lebensverhältnisse erreicht werden könnte? 25. 09. 2012 Heberer SPD Kleine Anfrage der Abg. Helen Heberer SPD und Antwort des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Die Situation der Lehrbeauftragten an den künstlerischen Ausbildungsstätten des Landes Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2398 2 B e g r ü n d u n g Ursprünglich waren Lehraufträge als Ergänzung zum Studienangebot gedacht, das fest angestellte Lehrkräfte erbringen. Zusätzlich hinzugezogene Lehrbeauftragte sollten den Studierenden den erforderlichen Praxisbezug vermitteln und nebenberuflich Erfahrungen und Qualifikationen aus ihrem Berufsalltag weitergeben. Inzwischen wird, insbesondere an Musikhochschulen, ein großer Anteil der Lehre von Lehrbeauftragten erteilt, und zwar in einem Umfang, in welchem der Kernbestand der Lehre ohne sie nicht mehr gesichert wäre. Dennoch erhalten sie im Vergleich zu ihren fest angestellten Kolleginnen und Kollegen trotz vergleichbarer Qualifikation und identischer Aufgabenwahrnehmung nur einen deutlich reduzierten Teil des Stundensatzes, der für Festangestellte anfällt. Hinzu kommt eine fehlende arbeitsrechtliche Absicherung, da Lehraufträge zu jedem Semester fristlos gekündigt werden können und weder ein Versicherungsschutz noch ein Anspruch auf Honorarfortzahlung im Krankheitsfall noch Mutterschutz gewährt werden. Auch Mitspracherechte, wie sie die Studierenden und die Beschäftigten der Hochschulen haben, gibt es für Lehrbeauftragte nicht. Die Folge der beschriebenen Vergütungs- und Arbeitsbedingungen ist das Entstehen prekärer Arbeitsverhältnisse . Um eine weitere Verstetigung dieser Arbeitsverhältnisse zu verhindern , ist es erforderlich, die Situation der Lehrbeauftragten schrittweise zu verbessern und Lösungen zu erarbeiten, die eine gerechte Bezahlung und rechtliche Absicherung gewährleisten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 Nr. Z beantwortet das Ministerium für Wissenschaft , Forschung und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Lehrbeauftragte gab es im Wintersemester 2011/12 insgesamt an den künstlerischen Ausbildungsstätten des Landes Baden-Württemberg und wie verteilen sich die Anteile dieser Gesamtzahl auf die Musikhochschulen, die Akademien der Bildenden Künste, die Filmakademie, die Popakademie und die Theaterakademien? Über die Anzahl der Lehrbeauftragten, d. h. die Anzahl an Personen, liegen dem MWK keine Informationen vor. Da es sich ganz überwiegend um kleine Lehraufträge mit bis zu vier Semesterwochenstunden (SWS) handelt, wäre eine solche Aufstellung auch nicht aussagekräftig. An den Akademien nach dem Akademiengesetz (AkadG) gibt es keine klassischen Lehrbeauftragten, da es sich bei diesen Einrichtungen nicht um Hochschulen (nach dem LHG) handelt. Sie sind bewusst mit einer sehr projektbezogenen Ausbildung gegründet worden und haben einen wesentlich höheren praktischen Anteil als jede Hochschule. Daher müssen die Akademien nach dem AkadG bei der Betrachtung der Lehrbeauftragten außen vor bleiben. Im Übrigen richten sich die Akademien nach dem AkadG bei der Vergütung ihrer Lehrenden nicht nach den an Hochschulen üblichen Sätzen; die Situation ist also in keiner Hinsicht vergleichbar . 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2398 2. In welchem Umfang, das heißt mit wie vielen Unterrichtsstunden insgesamt und mit welchen Anteilen im Verhältnis zu den hauptamtlichen Lehrkräften waren in diesem Wintersemester 2011/12 Lehrbeauftragte in Ausbildung und Lehre in den genannten Einrichtungen vertreten? Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2011. 3. Auf welchen Betrag würden sich die Kosten für die Lehre an den unter Frage 1 genannten Einrichtungen belaufen, wenn die Lehrtätigkeit jeweils durch „feste“ Stellen anstelle von Lehraufträgen erbracht worden wären? Würden alle Lehraufträge durch feste Mitarbeiter ersetzt, so würde den Musikhochschulen tatsächlich ein wichtiges Instrument der Flexibilität genommen. Auch an allen anderen Hochschularten gibt es Lehraufträge. Die Umwandlung von ungefähr der Hälfte der Lehraufträge in „feste“ Stellen würde einen jähr - lichen Mehraufwand i. H. v. ca. 3,6 Mio. Euro bedeuten. Es handelt sich hierbei um eine rein rechnerische Größe, da teilweise eine Haupttätigkeit Voraussetzung für die Vergabe eines Lehrauftrags ist. Der bis 2014 geltende Solidarpakt sieht aber einen Stellenaufwuchs nicht vor. 4. Wie hoch ist (exakt oder annäherungsweise) der Anteil an der Gesamtzahl der Lehrbeauftragten, der über ein regelmäßiges, die Existenz sicherndes Einkommen verfügt (im Unterschied zu denjenigen, für die der Lehrauftrag Bestandteil des Grundeinkommens ist)? Hierzu können keine Angaben gemacht werden, da kein Lehrbeauftragter seine Einkommensverhältnisse gegenüber der jeweiligen Hochschule oder gegenüber dem MWK offenlegt. 5. Wie könnte ein Stufenplan aussehen, mit dem eine schrittweise Verbesserung der Situation dieser Lehrbeauftragten und ihrer prekären Beschäftigungs- und Lebensverhältnisse erreicht werden könnte? Die Landesregierung setzt sich bereits für die Einrichtung einer Honoraruntergrenzenkommission im Rahmen der Kultusministerkonferenz ein. Darüber hinaus werden nach dem Abschluss der Querschnittsprüfung durch den Rechnungshof generelle und strukturelle Überlegungen anzustellen sein. In Vertretung Walter Staatssekretär Standort Musikhochschule Umfang Lehrbeauftragte in SWS Anteil Lehrbeauftragte insgesamt Freiburg 394 18,5 % Karlsruhe 793 ca. 36 % Mannheim 496 23,9 % Stuttgart 1.396 ca. 40 % Trossingen 580 38 %