Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 2428 02. 10. 2012 Kleine Anfrage des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Kenntnis der Landesregierung über tarifpolitische Überlegungen der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Hat sie Kenntnis von einem Sparprogramm namens „Fokus“, das auch zum Inhalt haben soll, manche Arbeitsbereiche in tariffreie Zonen auszulagern und somit 250 Mio. Euro an jährlichen Personalkosten einzusparen, wovon mehrere Konzerngesellschaften wie der Kölner Billigstromanbieter Yello, der Stuttgarter Energiedienstleister EnBW Energy Solutions (ESG) und die EnBW Vertrieb GmbH (EVG) betroffen seien? 2. Würde durch die Auslagerung der von ihr geforderte Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde berührt? 3. Wie würde sie ein solches Sparprogramm insbesondere vor den Inhalten der Koalitionsvereinbarung („Musterland für gute und sichere Arbeit“, „gerechte Entlohnung“) bewerten? 4. Welche Auswirkungen hätten die Bestimmungen des Tariftreuegesetzes, nachdem die Auslagerung anscheinend in eine tariffreie Zone erfolgen soll? 5. Wie wird sie sich in ihrer Rolle als maßgeblicher Großaktionär der EnBW diesbezüglich weiterhin positionieren und verhalten? 6. Sind ihr ähnliche Personalverlagerungen/Umorganisationen aus dem Bereich der Universitätsklinika bekannt und wie bewertet sie dies jeweils bezüglich der oben genannten Fragen? 02. 10. 2012 Haußmann FDP/DVP Eingegangen: 02. 10. 2012 / Ausgegeben: 06. 11. 2012 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2428 2 B e g r ü n d u n g Der Koalitionsvertrag der Landesregierung für die 15. Legislaturperiode führt ab Seite 21 f. aus, dass Baden-Württemberg zum „Musterland guter Arbeit“ gemacht werden soll. Hierunter seien gute Arbeitsbedingungen mit gerechter Entlohnung zu verstehen. Ebenso sei das Tariftreuegesetz bedeutend. Öffentliche Aufträge des Landes und der Kommunen dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten Tarifl öhne zahlen. Eine Auslagerung einiger Geschäftsfelder in tariffreie Bereiche wirft die Frage auf, wie das Land als maßgebender Aktionär der EnBW mit diesen Bestimmungen und Zielsetzungen umgeht, sollte die Meldung über das genannte Sparprogramm zutreffen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 Nr. 5–3221.EBWAG/82 beantwortet das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Hat sie Kenntnis von einem Sparprogramm namens „Fokus“, das auch zum Inhalt haben soll, manche Arbeitsbereiche in tariffreie Zonen auszulagern und somit 250 Mio. Euro an jährlichen Personalkosten einzusparen, wovon mehrere Konzerngesellschaften wie der Kölner Billigstromanbieter Yello, der Stuttgarter Energiedienstleister EnBW Energy Solutions (ESG) und die EnBW Vertrieb GmbH (EVG) betroffen seien? Zu 1.: Das Land als mittelbarer Aktionär hat diesbezüglich keine eigenen Informationen und Kenntnisse. Nach Mitteilung der EnBW ist es das unternehmerische Ziel des Fokus-Sparprogramms, marktfähige Rahmenbedingungen für die einzelnen Geschäftsaktivitäten zu schaffen, die mittelfristig eine angemessene Profi tabilität ermöglichen . Hierzu werden auch Maßnahmen im Personalbereich gehören, über die nach Auskunft der EnBW bisher aber noch nicht entschieden worden ist. 2. Würde durch die Auslagerung der von ihr geforderte Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde berührt? 3. Wie würde sie ein solches Sparprogramm insbesondere vor den Inhalten der Koalitionsvereinbarung („Musterland für gute und sichere Arbeit“, „gerechte Entlohnung“) bewerten? 4. Welche Auswirkungen hätten die Bestimmungen des Tariftreuegesetzes, nachdem die Auslagerung anscheinend in eine tariffreie Zone erfolgen soll? Zu 2. bis 4.: Die EnBW hat mitgeteilt, dass auch in einer tarifungebundenen Gesellschaft das nach dem Tariftreuegesetz sich ergebende Mindestentgelt nicht unterschritten würde. 5. Wie wird sie sich in ihrer Rolle als maßgeblicher Großaktionär der EnBW diesbezüglich weiterhin positionieren und verhalten? Zu 5.: Nach dem Aktienrecht hat der Aktionär keinen Einfl uss auf das operative Geschäft einer Aktiengesellschaft. Die im Aufsichtsrat der EnBW vertretenen Mitglieder der Landesregierung werden diese Entwicklung jedoch aufmerksam verfolgen und kritisch begleiten. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2428 3 6. Sind ihr ähnliche Personalverlagerungen/Umorganisationen aus dem Bereich der Universitätsklinika bekannt und wie bewertet sie dies jeweils bezüglich der oben genannten Fragen? Zu 6.: An den Universitätsklinika sind aktuell keine konkreten Outsourcing-Maßnahmen oder Personalverlagerungen/Umorganisationen geplant. Die Vergütungen der Tochtergesellschaften der Universitätsklinika erfolgen in Anlehnung an die Branchentarifverträge . Zur Sicherung des Verbleibs von Wirtschaftsbetrieben, Eigenreinigung und Patientenlogistik hat ein Universitätsklinikum entschieden, einen separaten Tarifvertrag mit Besitzstandswahrung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schließen, der die Ausgliederung oder den Verkauf für die Geltungsdauer des Vertrages ausschließt. Bisher ist bei den Universitätsklinika Baden-Württembergs keine Auslagerung von Arbeitsbereichen in tariffreie Zonen erfolgt. Die Personalverlagerungen und Umorganisationen im Bereich der Universitätsklinika sind nicht mit denen der EnBW vergleichbar. In Vertretung Rust Staatssekretär