Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2430 02. 10. 2012 1Eingegangen: 02. 10. 2012 / Ausgegeben: 02. 11. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Schulen an welchen Schulstandorten im Schwarzwald-Baar-Kreis sieht sie mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet und will sie im Rahmen ihrer Absichten , Lehrerstellen zu streichen, auflösen? 2. Ist sie bereit, im Rahmen ihrer sogenannten Politik des „Gehörtwerdens“ an jedem dieser Standorte die Bürger, Eltern, Lehrer und kommunalen Vertretungen zu dieser Schließungsabsicht zu hören? 3. Teilt sie die Auffassung, dass kleine Grund-, Haupt- und Realschulen hervor - ragende pädagogische Arbeit leisten und keinen Vergleich in ihrer Qualität mit zentralisierten Schulen scheuen müssen? 4. Ist sie bereit, die wohnortnahen Standorte kleinerer Schulen soweit irgend möglich zu erhalten und dafür auf Gemeinschaftsschulen oder Ganztagsschulen zu verzichten? 5. Will sie in Kauf nehmen, dass einerseits durch Schulzentralisierungen kommunale Investitionen an den zur Schließung vorgesehenen Standorten vernichtet werden, andererseits an den zentralen Standorten Infrastruktur neu aufgebaut werden muss? 6. Ist sie sich bewusst, dass größere Schuleinheiten zwangsläufig zusätzlichen und kostenintensiven Bedarf an Schulsozialarbeit auslösen und die Kosten für Schülerbeförderungen steigen? 01. 10. 2012 Rombach CDU Kleine Anfrage des Abg. Karl Rombach CDU und Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Keine Zentralisierung von Schulen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2430 2 B e g r ü n d u n g Die Absicht der Landesregierung, Lehrerstellen im Haushalt zu streichen, wird vor allem kleinere Schulen im ländlichen Raum treffen. Diese Schulen sind aber nicht nur ein zentraler Bestandteil der örtlichen Infrastruktur und des Gemeinschaftslebens . Sie arbeiten zudem auf einem hohen Qualitätsniveau und lösen durch ihre Ortsnähe soziale Probleme, die in Ballungsräumen und zentralisierten großen Schulen mit hohem Zusatzaufwand bewältigt werden müssen, sehr viel einfacher und besser. A n t w o r t Mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 Nr. 24-6437/69/1 beantwortet das Ministe - rium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft und dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Schulen an welchen Schulstandorten im Schwarzwald-Baar-Kreis sieht sie mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet und will sie im Rahmen ihrer Absichten , Lehrerstellen zu streichen, auflösen? Die Frage, ob eine Schule in ihrer Existenz gefährdet ist, hängt insbesondere von der langfristigen Schülerzahlentwicklung im Schulbezirk bzw. im Einzugsgebiet der betreffenden Schule ab. Eine verlässliche Prognose zur Schülerzahlentwicklung an den einzelnen Schulstandorten im Schwarzwald-Baar-Kreis ist schwierig, da auf Kreisebene wegen ihrer Kleinräumigkeit viele Faktoren (z. B. Neubaugebiete , Neugestaltung des ÖPNV u. v. m.) die Schülerzahlen beeinflussen können. Im Übrigen können nach den bestehenden schulgesetzlichen Regelungen Schulen in der Regel nur auf Antrag des Schulträgers aufgehoben werden. Die Schulverwaltung wird daher im Einvernehmen mit den Schulträgern versuchen, örtlich praktikable und sinnvolle Lösungen zu finden. Die öffentlichen Schulen erhalten unter Berücksichtigung der jährlich fortgeschriebenen Verwaltungsvorschrift „Eigenständigkeit der Schulen und Unterrichtsorganisation“ die zur Erfüllung des Pflichtunterrichts notwendigen Lehrerwochenstunden. Die geplante Reduzierung von Lehrerstellen wird aus der demografischen Rendite erbracht. 2. Ist sie bereit, im Rahmen ihrer sogenannten Politik des „Gehörtwerdens“ an jedem dieser Standorte die Bürger, Eltern, Lehrer und kommunalen Vertretungen zu dieser Schließungsabsicht zu hören? Wie bereits unter Ziffer 1 ausgeführt, können nach den bestehenden schulgesetz - lichen Regelungen Schulen in der Regel nur auf Antrag des Schulträgers aufge - hoben werden. Im Rahmen der kommunalen Entscheidungsfindung bis hin zum Gemeinderatsbeschluss und zur eventuellen Antragstellung durch den Schulträger werden bereits alle Beteiligten vor Ort in diesen Prozess mit eingebunden. Bei der Prüfung der Anträge prüft die Schulverwaltung u. a. auch, ob z. B. die schulischen Gremien angehört wurden. 3. Teilt sie die Auffassung, dass kleine Grund-, Haupt- und Realschulen hervor - ragende pädagogische Arbeit leisten und keinen Vergleich in ihrer Qualität mit zentralisierten Schulen scheuen müssen? Zur Aufgabe aller Schulleitungen im Land Baden-Württemberg gehört es, die pädagogische und fachliche Qualität der unterrichtlichen Arbeit sicherzustellen, in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und kontinuierlich zu verbessern. Vielfältigste qualitätsbildende Maßnahmen seitens der Landesregierung unterstützen 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2430 hier die Schulen in ihrer Arbeit. Kleine Grundschulen haben sich beispielsweise in den letzten Jahren verstärkt mit jahrgangsübergreifendem Lernen befasst und die jahrgangsübergreifende Eingangsstufe und/oder jahrgangsübergreifende Aufbaustufe (Klassenstufen 3 und 4) umgesetzt. Die Bildungsplanvorgaben zur Ausprägung des Schulprofils an der Sekundarstufe können besonders an mehrzügigen Schulen ideal umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, Schulstandorte im Haupt- und Werkrealschulbereich respektive Realschulbereich zu fokussieren, die das Potenzial haben, auch langfristig zukunftsfähig zu sein. 4. Ist sie bereit, die wohnortnahen Standorte kleinerer Schulen soweit irgend möglich zu erhalten und dafür auf Gemeinschaftsschulen oder Ganztagsschulen zu verzichten? Das Initiativ- und Gestaltungsrecht für schulorganisatorische Maßnahmen, wie z. B. die Schließung von Schulen, liegt nach wie vor beim jeweiligen Schulträger. Ergänzend ist anzumerken, dass somit auch die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen sowie die Einrichtung von Ganztagsschulen nur auf Antrag der Schul - träger erfolgt. 5. Will sie in Kauf nehmen, dass einerseits durch Schulzentralisierungen kommunale Investitionen an den zur Schließung vorgesehenen Standorten vernichtet werden, andererseits an den zentralen Standorten Infrastruktur neu aufgebaut werden muss? Das Initiativ- und Gestaltungsrecht für schulorganisatorische Maßnahmen und die Durchführung von Schulbaumaßnahmen liegt nach wie vor beim jeweiligen Schulträger. Die Schulverwaltung berücksichtigt bei Zustimmungen nach § 30 des Schulgesetzes für schulorganisatorische Änderungen die Auswirkungen beim Schulhausbau. Durch den Rückgang der Schülerzahlen kann es an Schulstand - orten zu frei stehendem Schulraum kommen, der für andere schulorganisatorische Maßnahmen genutzt werden kann. Soweit Schulträger auf Antrag Schulen zu zentralen Standorten zusammenlegen wollen, ist in aller Regel bereits eine Infrastruktur vorhanden, sodass diese meist nicht neu aufgebaut, sondern allenfalls erweitert werden muss. 6. Ist sie sich bewusst, dass größere Schuleinheiten zwangsläufig zusätzlichen und kostenintensiven Bedarf an Schulsozialarbeit auslösen und die Kosten für Schülerbeförderungen steigen? Das Land hat keine Erkenntnisse darüber, dass größere Schuleinheiten zwangsläufig zu einem zusätzlichen Bedarf an Jugendsozialarbeit an Schulen (Schul - sozialarbeit) führen. Die Schulsozialarbeit liegt in der Gesamtverantwortung der öffentlichen Jugendhilfe, dieser obliegt auch die Entscheidung ob und in welchem Umfang Jugendsozialarbeit an einer Schule stattfindet. Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich ab dem Jahr 2012 zu einem Drittel an den Kosten der Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen bis zu einem Betrag von 15 Mio. Euro jährlich. Dies wurde im Pakt für Familien mit Kindern vom 1. Dezember 2011 zwischen der Landesregierung und den kommunalen Landesverbänden so vereinbart . Hierzu hat sich die grün-rote Regierung bereits im Koalitionsvertrag grund - sätzlich verpflichtet. Aufgrund der neuen Landesförderung ist insgesamt ein Zuwachs an Stellen in der Schulsozialarbeit zu verzeichnen. Die Zahl der Vollzeitstellen ist von rund 770 im Jahr 2011 auf rund 1.050 förderfähige Vollzeit - stellen im Schuljahr 2012/2013 angestiegen. Für das Schuljahr 2013/2014 rechnet die Landesregierung, ungeachtet der Größe der Schuleinheiten, mit einer weiteren Erhöhung der förderfähigen Vollzeitstellen. Insofern müsste ab dem Haushaltsjahr 2014 das Fördervolumen des Landes um 10 Mio. Euro auf 25 Mio. Euro jährlich angehoben werden, um die Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit durch das Land beibehalten zu können. Das Sozialministerium hat sich im Rahmen der Haushaltsaufstellung dafür eingesetzt, dass ab dem Jahr 2014 entsprechend er - höhte Mittel zur Verfügung stehen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2430 4 Die Schülerbeförderung sowie die Erstattung von Schülerbeförderungskosten sind Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung. Für die Durchführung der Schülerbeförderung sind die Schulträger, für die Erstattung der notwendigen Beförderungskosten die Stadt- und Landkreise zuständig. Die Kosten der Schulträger bzw. der Stadt- und Landkreise für die Schülerbeförderung hängen von verschiedenen Faktoren ab, die Entfernung der einzelnen Schüler zur Schule ist nur ein Faktor. Da die Schülerbeförderung zu einem großen Teil in den ÖPNV integriert ist und dort in der Regel Zonentarife gelten, erhöhen sich die Kosten nur dann, wenn mehr Zonen durchfahren werden müssen. Kostenmindernde Faktoren sind z. B. rückläufige Schülerzahlen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass bei einer etwaigen Konzentration von Schulstandorten sich möglicherweise die Zahl der Beförderungswege vermindern könnte (bei Schülerverkehren fahren mehr Schüler gemeinsam). Weiter differenzierte Aussagen sind insoweit wegen der unterschiedlichen Verhältnisse nicht möglich. Warminski-Leitheußer Ministerin für Kultus, Jugend und Sport