Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2463 11. 10. 2012 1Eingegangen: 11. 10. 2012 / Ausgegeben: 13. 11. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt sie den Einfluss der Länge der Öffnungszeiten von Spielhallen auf die Verbreitung der Spielsucht ein, insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Pforzheim? 2. Wie bewertet sie im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg die momentane Rechtslage zur Sperrzeitverlängerung für Spielhallen? 3. Wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund das Erfordernis des Vorliegens eines „atypischen örtlichen Gefahrenpotenzials“ für die Ermöglichung längerer Sperrzeiten für Spielhallen? 4. Hält sie eine Veränderung der Gesetzeslage dahingehend für sinnvoll und denkbar, dieses Erfordernis zu verändern? 09. 10. 2012 Dr. Engeser CDU Kleine Anfrage der Abg. Dr. Marianne Engeser CDU und Antwort des Innenministeriums Sperrzeitverlängerung von Spielhallen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2463 2 B e g r ü n d u n g In der Stadt Pforzheim hat sich die Zahl der Spielhallen innerhalb weniger Jahre (2007 bis 2011) verdoppelt. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich nach Angaben der Suchtberatungsstelle der Diakonischen Suchthilfe Mittelbaden auch die Zahl der im Stadtgebiet Pforzheim in Suchtbehandlung befindlichen Personen. Auf 10.000 Einwohner kommen in Pforzheim mittlerweile 70 Prozent mehr Spielautomaten als im Landesschnitt der Kommunen. Daher erließ die Stadt Pforzheim eine Rechtsverordnung über verlängerte Sperrzeiten für Spielhallen in Pforzheim, wonach diese nicht wie sonst bereits um 6.00 Uhr morgens, sondern erst um 11.00 Uhr öffnen durften. Diese Verordnung wurde nun vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Verweis auf das Nichtvorliegen eines atypischen örtlichen Gefahrenpotenzials für ungültig erklärt. Für Pforzheim ist dies ein schwerer Schlag im Kampf gegen die sich immer weiter ausbreitende Spielsucht und gibt Anlass, über die rechtlichen Voraussetzungen für die Regelung der Sperr - zeiten von Spielhallen nachzudenken. A n t w o r t Mit Schreiben vom 2. November 2012 Nr. 4-1114.7/38 beantwortet das Innen - ministerium in Abstimmung mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt sie den Einfluss der Länge der Öffnungszeiten von Spielhallen auf die Verbreitung der Spielsucht ein, insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Pforzheim? Zu 1.: Geldspielgeräte in Spielhallen haben generell ein hohes Suchtpotenzial, welches grundsätzlich noch gesteigert wird, je weniger der Zugang zu Spielhallen für die Bevölkerung in zeitlicher und örtlicher Hinsicht begrenzt ist. Studien zeigen, dass die häufigste Spielform bei pathologischen Glücksspielern, die in Beratungsstellen Hilfe suchen, das Spielen an Geldspielgeräten ist (z. B. Baden-WürttembergStudie , ZI Mannheim). Die Zahl neuer Geldspielgeräte ist bundesweit seit der letzten Änderung der Spielverordnung im Jahr 2006 deutlich gestiegen, sodass derzeit eine große örtliche Verfügbarkeit eines Glücksspielangebots mit einem hohen Suchtpotenzial zu verzeichnen ist. Ein allgemein etablierter suchtpolitischer Ansatz besteht in der Reduzierung der Verfügbarkeit durch eine entsprechende Begrenzung des Angebots. Die Wirkung verhältnispräventiver Maßnahmen wie die Begrenzung der generellen Verfügbarkeit wird wissenschaftlich als hoch bis mittelmäßig eingeschätzt (Problematisches und pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielsüchtigen, Meyer und Hayer 2010 in Bundesgesundheitsblatt 2010, Ausgabe 53, S. 295 bis 305). Ein Instrument zur Beschränkung des Angebots in zeitlicher Hinsicht bildet dabei die Sperrzeit, während der Spielhallen geschlossen sind. Diese Sperrzeit ist aus suchtmedizinischer Sicht wichtig, um durch die zwingende Unterbrechung Abstand zum Spiel zu gewinnen. Hierdurch haben Spieler die Möglichkeit, ihr eigenes Spielverhalten kritisch zu überdenken und im Idealfall ein problematisches Spielverhalten nicht fortzusetzen. Wie sich die konkrete Ausgestaltung der Öffnungszeiten auf das Spielverhalten auswirkt, kann nicht mit letzter Sicherheit eingeschätzt werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2463 2. Wie bewertet sie im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts - hofes Baden-Württemberg die momentane Rechtslage zur Sperrzeitverlängerung für Spielhallen? 3. Wie beurteilt sie vor diesem Hintergrund das Erfordernis des Vorliegens eines „atypischen örtlichen Gefahrenpotenzials“ für die Ermöglichung längerer Sperrzeiten für Spielhallen? Zu 2. und 3.: Bis zum Inkrafttreten des im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Landesglücksspielgesetzes (Landtags-Drucksache 15/2431), sind die Sperrzeiten für Spielhallen in der Gaststättenverordnung (GastVO) geregelt. Nach § 9 Absatz 1 Satz 3 GastVO beginnt die Sperrzeit um 0 Uhr und endet um 6 Uhr. Gemäß § 12 GastVO kann für einzelne Betriebe (und damit auch für Spielhallen) bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die Sperrzeit verlängert, befristet und widerruflich verkürzt oder aufgehoben werden. Die Vorschrift verlangt eine Einzelfallprüfung. Die Entscheidung steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Diese Regelung gibt den Kommunen die Möglichkeit, auf lokale Besonderheiten flexibel zu reagieren und einen Ausgleich zu schaffen. Zuständig für eine Ausnahme nach § 12 GastVO sind in der Regel die Gemeinden (vgl. § 1 Absatz 1, Absatz 2, Absatz 5 GastVO). Gemäß § 11 in Verbindung mit § 1 Absatz 5 Satz 1 GastVO kann auch durch Rechtsverordnung die Sperrzeit allgemein verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Grundsätzlich ist es somit – wie auch in Pforzheim geschehen – zulässig, die Verlängerung der allgemeinen Sperrzeit für Spielhallen (§ 9 Absatz 1 Satz 3 GastVO) durch eine Rechtsverordnung nach § 11 GastVO zu regeln. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Gesetzgeber mit den Regeln in § 9 Absatz 1 Satz 3 GastVO eine grundsätzliche Entscheidung über die erforderliche Länge von Sperrzeiten für den Regelfall getroffen hat. Bereits bei dieser Grundsatzentscheidung wurde das Gefahrenpotenzial von Spielhallen berücksichtigt. Durch eine Sperrzeitverlängerung wird von dieser grundsätzlichen Regelung abgewichen und das Grundrecht der betroffenen Spielhallenbetreiber aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz (Berufsfreiheit) durch die örtliche Behörde stärker als gesetzlich allgemein vorgesehen eingeschränkt. Es ist daher gerechtfertigt, wie in § 11 GastVO festgelegt, weitergehende Anforderungen für diese Einschränkungen vorauszusetzen . Die weitergehenden Anforderungen sind das Bestehen eines öffentliches Bedürfnisses oder das Vorliegen besonderer örtlicher Verhältnisse, die diese Einschränkung notwendig erscheinen lassen. Es müssen mithin atypische Umstände mit entsprechendem örtlichen Bezug vorliegen, die zu einer Steigerung des Gefahrenpotenzials führen. Allgemeine Ausführungen über vorhandene Gefahren sind als Rechtfertigungsgrund nicht geeignet. Diese grundsätzlichen Erwägungen wurden von der Rechtsprechung mit den Urteilen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. September 2012, Az.: 6 S 544/12 und Az.: 6 S 389/12 bestätigt. 4. Hält sie eine Veränderung der Gesetzeslage dahingehend für sinnvoll und denkbar, dieses Erfordernis zu verändern? Zu 4.: Es ist beabsichtigt, die Sperrzeit für Spielhallen künftig in § 46 Landesglücksspielgesetz zu regeln, sodass § 9 Absatz 1 Satz 3 GastVO entfallen kann. An der generellen Sperrzeit von 0 Uhr bis 6 Uhr soll dabei festgehalten werden, eine Verkürzung der Sperrzeiten ist künftig ausgeschlossen. Eine Verlängerung der Sperrzeit über diesen festen Zeitraum hinaus bleibt aber weiterhin für Einzelfälle möglich . Da damit weitergehend in die Rechte der Spielhallenbetreiber eingegriffen wird, müssen allerdings auch nach zukünftiger geplanter Rechtslage besondere örtliche Verhältnisse beziehungsweise das Vorliegen eines öffentlichen Interesses gegeben sein. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2463 4 Die neue Sperrzeitregelung ist nur ein Teilaspekt sämtlicher Regelungen für den Betrieb von Spielhallen, die insgesamt dem Spielerschutz dienen. Grundlegender Gedanke ist die Tatsache, dass die Impulskontrolle des Spielers zur Nachtzeit grundsätzlich herabgesetzt ist und daher die Steuerungsmöglichkeiten eingeschränkt sind. In einem Zusammenwirken mit den anderen Vorschriften, die dem Spielerschutz in Spielhallen dienen, wird die beabsichtigte Regelung für angemessen erachtet. Insoweit wird ein Nachsteuern zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für erforderlich gehalten. In Vertretung Dr. Zinell Ministerialdirektor << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice