Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 252 08. 07. 2011 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Kernkraftwerk Fessenheim K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie die Sicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim im Hinblick auf den Schutz der baden-württembergischen Bevölkerung? 2. Wie steht sie zur Entscheidung der französischen Atomaufsicht, die sich unter gewissen Auflagen für einen Weiterbetrieb des Blocks 1 ausspricht? 3. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die Realisierbarkeit dieser Auflagen? 4. Wird sie weitere Schritte unternehmen, um den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks zu verhindern und wenn ja, welche? 5. Hat sie dieses Thema bereits gegenüber der Électricité de France S. A. (EDF) oder der französischen Regierung angesprochen? 06. 07. 2011 Dr. Rapp CDU B e g r ü n d u n g Die französische Atomaufsicht hat unter Auflagen grünes Licht für einen Weiterbetrieb des Blocks 1 des Kernkraftwerks Fessenheim für weitere zehn Jahre gegeben. Eine endgültige Entscheidung über den Weiterbetrieb wird die französische Regierung treffen. Die Bevölkerung am Oberrhein spricht sich aufgrund der Anfälligkeit des ältesten französischen Kernkraftwerks und den schrecklichen Ereignissen aus Fukushima seit langem für ein sofortiges und dauerhaftes Abschalten aus. In der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten wurde zwar das Thema Atomaus- Eingegangen: 08. 07. 2011 / Ausgegeben: 04. 08. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 252 2 stieg in Deutschland breit ausgeführt, allerdings kein Wort zur Situation in Fessenheim gesagt. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. Juli 2011 Nr. 3–4654.21 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt sie die Sicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim im Hinblick auf den Schutz der baden-württembergischen Bevölkerung? Die Kernenergienutzung ist mit Risiken verbunden. Der Unfall in Fukushima hat deutlich werden lassen, dass das Unfallrisiko kein „vernachlässigbares Restrisiko “ ist. Die Landesregierung setzt sich daher für ein rasches Ende der Kernenergienutzung ein. In Deutschland hat der Unfall in Fukushima zu einer Neubewertung der mit der Kernenergienutzung verbundenen Risiken geführt. Der Deutsche Bundestag hat mit der 13. Atomgesetznovelle die Entscheidung getroffen, die sieben ältesten Kernkraftwerke und das Kernkraftwerk Krümmel sofort abzuschalten und den Betrieb der Kernkraftwerke insgesamt zeitlich gestaffelt bis Ende 2022 zu beenden. Die Landesregierung hat diese Gesetzesänderung im Bundesrat unterstützt . Die beiden Blöcke des Kernkraftwerks Fessenheim sind, was Alter und Bauart der Anlage betrifft, mit den abgeschalteten Kernkraftwerken in Deutschland vergleichbar . Insbesondere weisen sie keinen ausgeprägten baulichen Schutz gegen terroristische Anschläge mit Flugzeugen auf. Im Hinblick auf die Verringerung von Risiken sollten die beiden Blöcke in Fessenheim möglichst rasch abgeschaltet und die Brennelemente aus den Lagerbecken entfernt werden. 2. Wie steht sie zur Entscheidung der französischen Atomaufsicht, die sich unter gewissen Auflagen für einen Weiterbetrieb des Blocks 1 ausspricht? In Frankreich wurde als Konsequenz aus dem Reaktorunfall in Fukushima eine Überprüfung der Kernkraftwerke eingeleitet, die etwa bis Ende 2011 durchgeführt sein soll. Der EU-Stresstest sieht ebenfalls eine Überprüfung durch die Betreiber und eine Bewertung durch die zuständige nationale Behörde bis Ende 2011 vor. Diese Überprüfungen sind auch für das Kernkraftwerk Fessenheim noch nicht abgeschlossen. Die Entscheidung der französischen Aufsichtsbehörde enthält einen Vorbehalt hinsichtlich der Ergebnisse dieser Überprüfungen. Die Landesregierung hält die jetzt getroffene Entscheidung für ein falsches und der Bedeutung des Stresstests nicht angemessenes Signal. Der Unfall in Japan sollte auch in Frankreich zu einer politischen Neubewertung der Kernenergierisiken führen. Eine derartige politische Entscheidung kann und darf die Aufsichtsbehörde nicht vorwegnehmen. 3. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die Realisierbarkeit dieser Auflagen? Die Landesregierung kann den Umfang und die technischen Einzelheiten der Auflagen nicht im Detail bewerten. Sie hat jedoch den Eindruck, dass die französische Aufsichtsbehörde realisierbare Auflagen formuliert hat. 4. Wird sie weitere Schritte unternehmen, um den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks zu verhindern und wenn ja, welche? Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass bei dem Stresstest an das grenznahe Kernkraftwerk Fessenheim dieselben Maßstäbe angelegt werden, die in Deutschland bei der Überprüfung durch die Reaktor-Sicherheitskommission verwendet wurden. Sie wird sich zudem dafür einsetzen, dass die Thematik der Sicherheit des Kernkraftwerks Fessenheim im Rahmen der deutsch-französischen Gipfeltreffen erörtert wird. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 252 3 5. Hat sie dieses Thema bereits gegenüber der Électricité de France S. A. (EDF) oder der französischen Regierung ausgesprochen? Die Landesregierung hat sich im Juni 2011 an die französische Regierung gewandt . In einem Schreiben vom 30. Juni 2011 an die französische Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet wurde betont, dass aufgrund der grenzüberschreitenden Unfallauswirkungen der Stresstest für das Kernkraftwerk Fessenheim dem Umfang und den Maßstäben der Überprüfung der deutschen Kernkraftwerke durch die Reaktor-Sicherheitskommission entsprechen müsse. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft