Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2669 14. 11. 2012 1Eingegangen: 14. 11. 2012 / Ausgegeben: 16. 12. 2012 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Haben die Endverbraucher mit unter 100.000 kWh/a Stromverbrauch der Gemeinden und Ortsteile der Landkreise Konstanz und Waldshut, die in der Antwort zu Frage 1 in der Landtagsdrucksache 14/1112 genannt werden, mittlerweile auch die faktische Möglichkeit, den Stromanbieter frei zu wählen? 2. Falls nicht, warum konnte keine Verbesserung für die betroffenen Gemeinden erreicht werden und wann kann aus heutiger Sicht mit der faktischen Wahlfreiheit gerechnet werden? 3. Wie haben sich die Strompreise für die Endverbraucher in den betroffenen Gemeinden in den vergangenen fünf Jahren im Verhältnis zum Landesdurchschnitt entwickelt? 4. Wie weit sind die Überlegungen fortgeschritten, die betroffenen Gebiete von Norden an das deutsche Hochspannungsnetz anzuschließen (vgl. Drucksache 14/1112 Antwort zu Frage 7)? 5. Inwieweit sieht sie, nicht zuletzt aufgrund der Energiewende und dem damit einhergehenden Ausbau der Windkraft im Land, Handlungsbedarf zum Anschluss an das deutsche Stromnetz? 14. 11. 2012 Storz SPD Kleine Anfrage des Abg. Hans-Peter Storz SPD und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Stromversorgung im Grenzgebiet zur Schweiz Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2669 2 B e g r ü n d u n g Mehrere dutzend Gemeinden und Teilorte bzw. rund 40.000 Menschen im Grenzgebiet zur Schweiz werden ausschließlich über das Schweizer Stromnetz versorgt. Seit der Liberalisierung des Strommarkts in Deutschland kommt es durch diesen Umstand zu Wettbewerbsverzerrungen in den betroffenen Regionen. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil hohe Stromkosten für viele einkommensschwachen Haushalte zunehmend zum Problem werden und keine Möglichkeit besteht, zwischen verschiedenen Stromanbietern zu wählen. Durch den kommenden Ausbau der Windenergie könnte eine Anbindung an das deutsche Stromnetz überdies auch technisch notwendig werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 Nr. 6-4455.0/193 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Haben die Endverbraucher mit unter 100.000 kWh/a Stromverbrauch der Gemeinden und Ortsteile der Landkreise Konstanz und Waldshut, die in der Antwort zu Frage 1 in der Landtagsdrucksache 14/1112 genannt werden, mittlerweile auch die faktische Möglichkeit, den Stromanbieter frei zu wählen? In den betroffenen Gemeinden und Ortsteilen ist der Wechsel des Stromanbieters weiterhin nur im Rahmen einer sog. Beistellung möglich, d. h. der Kunde schließt einen Versorgungsvertrag mit dem neuen Lieferanten ab, die Belieferung erfolgt jedoch weiterhin durch das örtliche Versorgungsunternehmen, welches mit dem neuen Versorger nach den eigenen Preisen abrechnet. Ein zufriedenstellender Wettbewerb kann sich unter diesen Voraussetzungen nicht entwickeln. 2. Falls nicht, warum konnte keine Verbesserung für die betroffenen Gemeinden erreicht werden und wann kann aus heutiger Sicht mit der faktischen Wahlfreiheit gerechnet werden? Erwartungen, die vor einigen Jahren noch an eine Liberalisierung des schweizerischen Strommarktes geknüpft waren, haben sich für Kundengruppen mit einem Verbrauch von weniger als 100.000 kWh noch nicht realisiert. In der Schweiz wurden für diese Verbrauchergruppen die grundlegenden rechtlichen Rahmen - bedingungen für einen Lieferantenwechsel frühestens für das Jahr 2014 geschaffen . Ob für diese Verbraucher in der Schweiz bis dahin oder erst später eine Marktöffnung tatsächlich stattfindet und ob sich daraus ein intensiver Wettbewerb auch auf den von dort versorgten Gebieten in Deutschland entwickeln wird, ist jedoch ungewiss. Dessen ungeachtet haben zwischen schweizerischen und deutschen Netzbetreibern , der Eidgenössischen Elektrizitätskommission, der Bundesnetzagentur und der Landesregulierungsbehörde intensive Gespräche darüber stattgefunden, ob und wie auch unter der gegebenen Anschlusssituation Lieferantenwechsel in den betroffenen Versorgungsgebieten technisch und rechtlich ermöglicht werden können . Unter den verschiedenen in Betracht gezogenen Ansätzen zeichnet sich inzwischen die Etablierung eines sog. Treuhandmodells als mögliche Lösung ab. Die Elektrizitätswerk des Kantons Schaffhausen AG (EKS) hat der Landesregulierungsbehörde ein zusammen mit der Thüga Energienetze GmbH erarbeitetes Konzept vorgelegt, wonach Zähler deutscher Wechselkunden einem virtuellen deutschen Netzbetreiber zugewiesen werden, wodurch Wechselprozesse durch deutsche Lieferanten so behandelt werden können, als ob sich die Abnahmestellen in Deutschland befänden. Die Zähler werden einem Bilanzkreis des Treuhän- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2669 ders in Deutschland zugewiesen, der die Energie prognostiziert, in die Schweiz transportiert und an die Bilanzgruppe der EKS weitergibt. Die Umsetzung eines solchen Modells ist allerdings mit nicht unerheblichen Kosten verbunden und daher auch mit den Kosten eines physischen Anschlusses an das deutsche Stromnetz zu vergleichen. Die Einzelheiten bedürfen daher noch der Abstimmung mit der Landesregulierungsbehörde. Sofern sich das Konzept als tragfähig erweist und eine Abstimmung in allen noch offenen Punkten erzielt werden kann, wäre eine Realisierung des Modells etwa zum Jahresbeginn 2014 möglich. Eine definitive Aussage, ob und wann mit einer solchen Lösung zu rechnen ist, ist aufgrund der noch nicht ausgeräumten Unwägbarkeiten allerdings nicht möglich. Hinsichtlich Überlegungen für einen physischen Anschluss an das deutsche Stromnetz wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Soweit in nächster Zeit Konzessionsvergabeverfahren stattfinden, können die betroffenen Gemeinden die Umsetzung eines der möglichen Modelle, das den Wechsel des Stromlieferanten nach den deutschen Marktregeln ermöglicht (z. B. Treuhandlösung oder physikalischer Anschluss) als Kriterium für die sich bewerbenden Stromnetzbetreiber aufnehmen. 3. Wie haben sich die Strompreise für die Endverbraucher in den betroffenen Gemeinden in den vergangenen fünf Jahren im Verhältnis zum Landesdurchschnitt entwickelt? Ausgehend von einem typischen Abnahmefall für Haushaltskunden (4-PersonenHaushalt , 4.000 kWh Jahresverbrauch, Eintarifzähler) wurde bei allen sechs betroffenen Verteilernetzbetreibern das jeweils günstigste Angebot des örtlichen Grundversorgers erhoben und daraus ein (ungewichteter) Durchschnittswert ermittelt . Dabei ergibt sich in den Jahren 2007 bis 2011 folgender durchschnittlicher Preis pro kWh (brutto): Zum Vergleich können die durchschnittlichen Preise für Haushaltsstromkunden in Baden-Württemberg in den Berichten des Leipziger Instituts für Energie über den Strom- und Gasmarkt in Baden-Württemberg herangezogen werden, die im Auftrag des Umweltministeriums bzw. des früheren Wirtschaftsministeriums erstellt wurden. Diese Werte basieren auf einer Marktübersicht des Verbraucher - portals Verivox. Angegeben ist dort u. a. der Durchschnitt des jeweils günstigsten Angebots (also ggf. auch Sonderverträge) des örtlichen Grundversorgers, soweit es im Internet veröffentlicht wurde, bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh (2007 und 2008: 3.500 kWh). Für Baden-Württemberg werden folgende Werte genannt: Zu beachten ist, dass es sich hier um reine Mittelwerte handelt, sodass aufgrund der vorhandenen Streubreite auch örtliche Grundversorger außerhalb des Grenzbereichs zur Schweiz ein dem Hochrheinversorgungsgebiet durchaus vergleich - bares Preisniveau aufweisen können. Die vorgenannten Werte weisen dennoch auf ein höheres Strompreisniveau in den betroffenen Gebieten hin. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass in dem untersuchten Abnahmefall je nach Verbrauchsstruktur durch die Nutzung von Zweitarifzählern und Schwachlasttarifen auch dort günstigere Durchschnittspreise erzielt werden können. Ein Vergleich der 2007 2008 2009 2010 2011 Veränderung 2007–2011 20,97 ct/kWh 22,52 ct/kWh 23,17 ct/kWh 23,82 ct/kWh 25,83 ct/kWh 23 % 2007 2008 2009 2010 2011 Veränderung 2007–2011 19,3 ct/kWh 19,8 ct/kWh k.A. 21,18 ct/kWh 23,19 ct/kWh 20 % Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2669 4 Veränderungen im Bezugszeitraum deutet auch darauf hin, dass sich die Preisveränderungen über dem Landesdurchschnitt bewegen. Nach Berechnungen der Landesregulierungsbehörde könnte die Differenz jedenfalls zu wesentlichen Teilen auf eine unterschiedliche Entwicklung der Netznutzungsentgelte zurückgeführt werden. Diese haben sich im Landesdurchschnitt für den o. g. Abnahmefall (ungewichtet ) um 4,6 % verringert, während in den ausschließlich von der Schweiz aus versorgten Gebieten eine Erhöhung um durchschnittlich (ungewichtet) 5,2 % zu verzeichnen ist. Als Gründe kommen u. a. die Steigerungen der Kosten für das vorgelagerte schweizerische Netz in Betracht, die auch durch Wechselkursentwicklungen bedingt sind. 4. Wie weit sind die Überlegungen fortgeschritten, die betroffenen Gebiete von Norden an das deutsche Hochspannungsnetz anzuschließen (vgl. Drucksache 14/1112 Antwort zu Frage 7)? Seit geraumer Zeit sind Überlegungen der vier der EKS nachgelagerten Gemeindewerke Klettgau, Lottstetten, Jestetten und Hohentengen bekannt, ihre Netze an das deutsche Hochspannungsnetz anzuschließen. Diese Pläne haben sich nach Kenntnis der Landesregulierungsbehörde weiter konkretisiert. Aus regulierungsrechtlichen Gründen bedürfen die Kosten eines solchen Vorhabens allerdings sorgfältiger Prüfung durch die Netzbetreiber, da diese nur dann anerkennungsfähig sind, wenn sie gegenüber der derzeitigen Anschlusssituation hinreichende Kostenvorteile aufweisen. Zu beachten ist dabei, dass sich das Ziel einer Ermög - lichung eines Lieferantenwechsels und der Schaffung von Wettbewerb grundsätzlich auch im Wege der oben beschriebenen Treuhandlösung erreichen ließe. Sofern ein Umschluss an das deutsche Netz in Angriff genommen werden sollte, geht die Landesregulierungsbehörde derzeit von einer Realisierungszeit von etwa drei Jahren aus. 5. Inwieweit sieht sie, nicht zuletzt aufgrund der Energiewende und dem damit einhergehenden Ausbau der Windkraft im Land, Handlungsbedarf zum Anschluss an das deutsche Stromnetz? Die Vorgaben des EEG und des KWKG bergen für die betroffenen Stromnetz - betreiber mitunter praktische Abwicklungsprobleme, weil die gesetzlichen Regelungen und Mechanismen von einem Anschluss an deutsche vorgelagerte Netze ausgehen und nicht auf die dortige Anschlusssituation zugeschnitten sind. Insoweit ist ein Anschluss an das deutsche Stromnetz aus Sicht der Netzbetreiber mit Vorteilen verbunden. Gleichwohl sind die regulierungsrechtlichen Vorgaben des effizienten Netzbetriebs zu beachten. Auch soweit Umschlussvorhaben Vorteile im Hinblick auf den Anschluss von EEG- und KWKG-Anlagen bieten, müssen sie individuell daraufhin geprüft werden, ob der damit verbundene erhebliche Investitionsaufwand wirtschaftlich gerechtfertigt ist oder gleichwertige Lösungen (etwa die vorbeschriebene sog. Treuhandlösung) sich anbieten, d. h. dass die Netzkunden vor Ort nicht langfristig ungerechtfertigt belastet werden. Die Landesregulierungsbehörde hat den Netzbetreibern, die Überlegungen zu derartigen Investitionsentscheidungen anstellen, einen frühzeitigen Dialog zur Klärung solcher Fragestellungen angeboten. Sofern sich durch den Anschluss an das deutsche Stromnetz die Netzentgelte der betroffenen Netzbetreiber im Vergleich zu anderen Lösungen verringern und die Wettbewerbssituation sich hierdurch verbessert, ist ein solcher Umschluss zu begrüßen. In Vertretung Meinel Ministerialdirektor << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice