Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2874 16. 01. 2013 1Eingegangen: 16. 01. 2013 / Ausgegeben: 14. 03. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Sind ihr die Pläne des Bundesministers für Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, zur Einführung einer sogenannten „Bagatellgrenze“ bei der Mehrwertsteuer - erstattung an Schweizer Bürger in Höhe von 100 Euro bekannt? 2. Wenn ja, hat sie Kenntnis von den genauen Plänen des Bundesministeriums für Finanzen, und wie sehen diese aus? 3. Wie bewertet sie die Pläne des Bundesministers für Finanzen? 4. Wie bewertet sie das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung , wenn man davon ausgehen kann, dass es zu einer starken Benachteiligung von Lebensmittelhändlern gegenüber beispielsweise Juwelieren kommt? 5. Welche Auswirkungen hätte die Einführung einer solchen „Bagatellgrenze“ für die baden-württembergische Wirtschaft, insbesondere für den grenznahen Einzelhandel ? 6. Sind ihr weitere solcher „Bagatellgrenzen“ in der Bundesrepublik bekannt? 14. 01. 2013 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Bagatellgrenze bei der Mehrwertsteuererstattung an Schweizer Bürger Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2874 2 B e g r ü n d u n g Die Stuttgarter Nachrichten berichteten am Montag, den 24. Dezember 2012 über die von Bundesminister Dr. Schäuble geplante Einführung einer sogenannten Bagatellgrenze in Höhe von 100 Euro um den Mehrwertsteuertourismus von Schweizern in Südbaden einzudämmen. Es stellt sich hierbei die Frage, ob es dazu nicht zu einem ungleich behandelnden ordnungspolitischen Eingriff in den grenznahen Handel kommt, sodass die Positionierung der Landesregierung hierzu von Interesse ist. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 5. März 2013 Nr. 3-S713.4/39 beantwortet das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Sind ihr die Pläne des Bundesministers für Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, zur Einführung einer sogenannten „Bagatellgrenze“ bei der Mehrwertsteuererstattung an Schweizer Bürger in Höhe von 100 Euro bekannt? 2. Wenn ja, hat sie Kenntnis von den genauen Plänen des Bundesministeriums für Finanzen, und wie sehen diese aus? 3. Wie bewertet sie die Pläne des Bundesministers für Finanzen? 4. Wie bewertet sie das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung , wenn man davon ausgehen kann, dass es zu einer starken Benachteiligung von Lebensmittelhändlern gegenüber beispielsweise Juwelieren kommt? Zu 1. bis 4.: Die Fragen 1 bis 4 werden zusammen beantwortet. Nach § 4 Nummer 1 a in Verbindung mit § 6 Absatz 3 a des Umsatzsteuergesetzes sind Lieferungen von Gegenständen an einen Abnehmer, der diese Gegenstände für nichtunternehmerische Zwecke erwirbt und im persönlichen Reisegepäck ausführt , von der Umsatzsteuer befreit. Weitere Voraussetzung ist, dass der Abnehmer seinen Wohnort oder Sitz in einem Staat außerhalb der Europäischen Union (sogenanntes Drittland) hat und die Liefergegenstände innerhalb von drei Monaten nach dem Kauf in das Drittlandsgebiet ausführt. Die Steuerbefreiung wird unabhängig vom Wert der gelieferten Gegenstände und unabhängig davon gewährt , auf welchem Weg und in welches Drittland die gelieferten Gegenstände gelangen. Diese Voraussetzungen der Steuerbefreiung sind durch die Ausfuhrund Abnehmerbescheinigung nachzuweisen. Hierzu ist eine Ausfuhrbestätigung der deutschen Grenzzollstelle erforderlich. Die Umsatzsteuerbefreiung steht ausschließlich dem Unternehmer (Verkäufer) zu. Dieser kann die durch die Steuerbefreiung entstehende Steuerentlastung im Wege eines entsprechenden Preisnachlasses an seinen Kunden weitergeben. Nach Artikel 147 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist die Einführung einer Wertgrenze bis maximal 175 Euro grundsätzlich möglich. Erst wenn der einzelne Rechnungsbetrag diese Wertgrenze überschreitet, sind die zugrunde liegenden Warenlieferungen insgesamt von der Umsatzsteuer befreit. Deutschland hat von dieser Möglichkeit bisher keinen Gebrauch gemacht. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2874 Wie Herr Bundesfinanzminister, Dr. Wolfgang Schäuble, in einem Schreiben an den Minister für Finanzen und Wirtschaft, Herrn Dr. Nils Schmid, mitgeteilt hat, beabsichtigt die Bundesregierung nicht, eine solche Wertgrenze einzuführen. Der Bundesregierung sei zwar bewusst, dass es aufgrund dieser steuerlichen Regelungen , des allgemeinen Preisgefälles zwischen Deutschland und der Schweiz sowie der Entwicklung des Wechselkurses zwischen dem Schweizer Franken und dem Euro in den vergangenen Jahren zu einem starken Anstieg der Einkäufe im Grenzverkehr gekommen sei. Dies führe einerseits zu deutlichem Mehraufwand bei der Zollverwaltung. Andererseits stehe diesem Mehraufwand die Belebung des grenznahen Einzelhandels mit entsprechend höheren Ertragsteuereinnahmen gegenüber. Die Einschätzung der Bundesregierung wird von der Landesregierung geteilt. Insbesondere auch angesichts der Bedeutung des Schweizer Grenzhandels für die baden-württembergische Wirtschaft hatte sich Herr Minister Dr. Nils Schmid zuvor bereits in einem Schreiben an den Bundesfinanzminister vom 14. Dezember 2012 gegen die Einführung einer solchen Wertgrenze ausgesprochen. Auf die Ausführungen zu 5. wird verwiesen. 5. Welche Auswirkungen hätte die Einführung einer solchen „Bagatellgrenze“ für die baden-württembergische Wirtschaft, insbesondere für den grenznahen Einzelhandel? Zu 5.: Laut aktuellen Schätzungen der Industrie- und Handelskammer Hochrhein- Bodensee beläuft sich der Umsatz des Handels mit der Schweiz in der Region auf ca. 1 Mrd. Euro. Dies sichert rechnerisch ca. 6.500 Arbeitsplätze, die unmittelbar von Umsätzen mit Schweizer Kunden abhängen. An diesen Zahlen zeigt sich die Bedeutung des Schweizer Grenzhandels für die baden-württembergische Wirtschaft . Bei Einführung einer Wertgrenze für die Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr ist damit zu rechnen, dass ein Großteil dieser Umsätze wegfällt. Zumal laut Schätzungen der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee der durchschnittliche Einkaufswert unter 50 Euro liegt und auch größere Einkäufe in der Regel aus Teileinkäufen bestehen, die ihrerseits unter die Wertgrenze fallen würden. Das System der Umsatzsteuerrückzahlung würde also für einen großen Teil der bisherigen Wareneinkäufe entfallen und einen Einkauf in Deutschland weniger attraktiv machen. In der Folge ist damit zu rechnen, dass auch das Gastronomie- und Touristik - gewerbe in der Region an Kunden verliert, da ein Einkauf oftmals mit dem Besuch von Restaurants oder kulturellen Veranstaltungen verbunden wird. 6. Sind ihr weitere solcher „Bagatellgrenzen“ in der Bundesrepublik bekannt? Zu 6.: Im nichtkommerziellen Reiseverkehr bestehen vergleichbare „Bagatellgrenzen“ bei der Einfuhr von Waren. Gemäß der Richtlinie 2007/74/EG des Rates vom 20. Dezember 2007 über die Befreiung der von aus Drittländern kommenden Reisenden eingeführten Waren von der Mehrwertsteuer und den Verbrauchssteuern (ABl. EU Nr. L 346, S. 6) sowie der Zollbefreiungsverordnung (EG) Nr. 1186/2009 vom 16. November 2009 (ABl. EU Nr. L 324, S. 23) befreien die Mitgliedstaaten Waren, die im persönlichen Gepäck von Reisenden zu nicht gewerblichen Zwecken eingeführt werden, bis zu einem Gesamtwert von 300 Euro von der Einfuhrumsatzsteuer und sonstigen Einfuhrabgaben. Für Flug- und Seereisende beträgt der Wert 430 Euro. Diese Wertgrenzen sind für die Mitgliedstaaten obligatorisch. Im Gegensatz zur Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reise - verkehr besteht keine Möglichkeit, von diesen Vorgaben abzuweichen. Allerdings Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2874 4 bestehen solche Wertgrenzen auch in der Schweiz, die Einfuhren bis zu einer Grenze von 300 Schweizer Franken abgabenfrei belässt. Vor diesem Hintergrund ist der grenzüberschreitende Warenverkehr für den Schweizer Kunden zwar insgesamt von der Umsatzsteuer befreit, wenn der Gesamtwert der eingeführten Waren die Einfuhrfreigrenze von 300 Schweizer Franken nicht übersteigt. Bei Einführung einer Wertgrenze für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr in Deutschland, wäre der Schweizer Kunde andererseits aber doppelt mit Umsatzsteuer belastet, wenn der einzelne Rechnungsbetrag diese Wertgrenze nicht überschreitet, aber der Gesamtwert der in die Schweiz eingeführten Waren als Summe der jeweiligen Rechnungen über der Schweizer Einfuhrfreigrenze liegt. Dr. Nils Schmid Minister für Finanzen und Wirtschaft << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice