Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 2914 23. 01. 2013 1Eingegangen: 23. 01. 2013 / Ausgegeben: 20. 02. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie ganz allgemein die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe? 2. Wie beurteilt sie die Umsetzung des Kommissionsvorschlags hinsichtlich der Entwicklung des bürokratischen Aufwands für die baden-württembergischen Kommunen? 3. Hält sie die vorgesehenen Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen für ausreichend hoch? 4. Mit welchen konkreten Hilfestellungen – im Hinblick auf die in der Richtlinie vorgesehenen bürokratischen Anforderungen – plant sie, die betroffenen Kommunen zu unterstützen? 5. Welche Auswirkungen sind bei einer Verabschiedung der Richtlinie in der jetzigen Fassung für die Rettungsdienste im Land zu erwarten? 6. Teilt sie die Ansicht der Kommission, in den Anwendungsbereich der Richt - linie zur Konzessionsvergabe den Wassermarkt mit einzubeziehen? 7. Führt eine Verabschiedung der Richtlinie ihrer Ansicht nach dazu, dass die gängige und insbesondere in Baden-Württemberg bis dato vielfach erfolgreich praktizierte freiwillige interkommunale Zusammenarbeit von Kommunen generell und insbesondere im Bereich der Wasserversorgung erschwert oder gar unmöglich gemacht wird? Kleine Anfrage des Abg. Leopold Grimm FDP/DVP und Antwort des Innenministeriums Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über die zukünftige Konzessionsvergabe (KOM 2011/897) und hieraus resultierende Folgen für die baden-württembergischen Kommunen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2914 2 8. Führt die Richtlinie ihrer Einschätzung nach zukünftig zwangsläufig zur Pflicht europaweiter Ausschreibungen im Falle einer interkommunalen Zusammenarbeit ? 23. 01. 2013 Grimm FDP/DVP B e g r ü n d u n g Im Zuge des derzeit im zuständigen Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments zu verhandelnden Richtlinienvorschlags der EU-Kommission für ein neues europaweites Vergaberecht sind die hierin geplanten Neuerungen, insbeson - dere im Hinblick auf die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf den Wassermarkt in Deutschland, auf herbe Kritik innerhalb der kommunalen Spitzenverbände sowie in den Medien gestoßen. Eine nachhaltige Gefahr und ein unverhältnismäßig hoher bürokratischer Aufwand für die kommunale Selbstverwaltung in Baden-Württemberg sind die Hauptkritikpunkte der Gegner der Richtlinie . Besonders für kleinere Gemeinden droht bei einer Umsetzung der Vorschläge die reale Gefahr, zukünftig die Grundversorgung nicht mehr auf einem adäquaten , preislichen Niveau sicherstellen zu können. Die interkommunale Zusammenarbeit könnte dadurch Schaden erleiden. Daher erscheint es geboten, die Sicht - weise der Landesregierung im Hinblick auf die in der Richtlinie geplanten Neuerungen und deren Folgen sowie mögliche Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der Kommunen im Land in Erfahrung zu bringen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 13. Februar 2013 Nr. 2-2242.-0/130 beantwortet das Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt sie ganz allgemein die Vorschläge der Europäischen Kommission für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe? Zu 1.: Die Haltung der Landesregierung entspricht dem am 30. März 2012 gefassten Beschluss des Bundesrates [Bundesratsdrucksache 874/11 (Beschluss) (2)], mit dem dieser seine Auffassung darlegt, dass auf europäischer Ebene kein Bedarf für einen Legislativakt zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen bestehe. Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen ist durch das bestehende Primärrecht der EU, insbesondere die aus den Grundfreiheiten abzuleitenden Grundsätze der Gleichbehandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz, sowie die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinreichend rechtssicher geregelt. Dienstleistungskonzessionen weisen zudem nicht zuletzt wegen der auf langfristige Zusammenarbeit angelegten Verträge häufig komplexe Strukturen auf, die durch die jeweiligen Verhältnisse der Mitgliedstaaten geprägt sind. Bei der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen benötigen Auftraggeber und Auftrag - nehmer Flexibilität. Der Richtlinienvorschlag enthält ein starres, bis ins Einzelne gehendes Regelwerk, das diesen Anforderungen nicht gerecht wird und zudem weit über das hinausgeht, was bisher für Baukonzessionen geregelt ist. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2914 2. Wie beurteilt sie die Umsetzung des Kommissionsvorschlags hinsichtlich der Entwicklung des bürokratischen Aufwands für die baden-württembergischen Kommunen? Zu 2.: Die Landesregierung ist der Ansicht, dass die Regelungsdichte des Richtlinienvorschlags zu hoch ist. Insbesondere die von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen zu Vorgaben zum Verfahren und die Festlegungen über Meldungen, Berichte und Statistiken führen zu einer Zunahme an Verwaltungsaufwand, kos - tenintensivem Rechtsberatungsbedarf und zeitlichen Verzögerungen für alle Beteiligten . 3. Hält sie die vorgesehenen Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen für ausreichend hoch? Zu 3.: Die vorgesehenen Schwellenwerte von 2,5 bzw. 5 Millionen Euro werden als zu niedrig angesehen. Angesichts der längeren Laufzeiten werden viele Konzessionen im kommunalen Bereich diese Schwellenwerte erreichen, ohne dass eine grenz - überschreitende Bedeutung derartiger Vereinbarungen gegeben wäre. Die vom federführenden Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) am 24. Januar 2013 beschlossene Anhebung des Schwellenwertes auf 8 Millionen Euro und Verzicht auf einen Zwischenschwellenwert wird von der Landesregierung begrüßt. Das weitere Verfahren zum Erlass der Richtlinie bleibt abzuwarten. 4. Mit welchen konkreten Hilfestellungen – im Hinblick auf die in der Richtlinie vorgesehenen bürokratischen Anforderungen – plant sie, die betroffenen Kommunen zu unterstützen? Zu 4.: Konkrete Hilfestellungen für die Kommunen können erst erwogen werden, wenn die Richtlinie endgültig in Kraft und in nationales Recht umgesetzt ist. Städte und Gemeinden müssen bereits heute mit dem sehr komplexen Vergaberecht um - gehen. Die Konzessionsvergabe von Dienstleistungen wäre dabei nur ein weiterer Baustein. 5. Welche Auswirkungen sind bei einer Verabschiedung der Richtlinie in der jetzigen Fassung für die Rettungsdienste im Land zu erwarten? Zu 5.: Aufgrund der unbestimmten Begriffsbeschreibung der „personenbezogenen Dienstleistungen“ im Richtlinienentwurf besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit über Inhalt und Voraussetzungen für die Einordnung von Dienstleistungen als „personenbezogene Dienstleistungen“ im Sinne der Richtlinie und damit auch über die rechtliche Einordnung des Rettungsdienstes. Die Landesregierung begrüßt es daher, dass nach dem aktuellen Beschluss des IMCO vom 24. Januar 2013 Konzessionen für Rettungsdienste vom Anwendungsbereich der Konzessionsvergaberichtlinie explizit ausgenommen werden sollen. Das weitere Verfahren zum Erlass der Richtlinie bleibt abzuwarten. 6. Teilt sie die Ansicht der Kommission, in den Anwendungsbereich der Richt linie zur Konzessionsvergabe den Wassermarkt mit einzubeziehen? Zu 6.: Nein. In Übereinstimmung mit dem Beschluss des Bundesrates vom 30. März 2012 geht die Landesregierung weiterhin davon aus, dass der Bereich der Wasser- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 2914 4 versorgungsdienste aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen heraus genommen werden sollte. Das offenbar hinter dem Entwurf stehende Anliegen der EU-Kommission, einen internationalen Markt und Wettbewerb für Wasser als frei handelbare Ware einzuführen , steht konträr zur bisher auf europäischer Ebene erfolgten Einstufung der Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge. Die EU hat im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie selbst anerkannt, dass die Wasserversorgung eine Leis - tung der Daseinsvorsorge ist (Erwägung 15). Dementsprechend hat sie in Erwägung 1 festgeschrieben: „Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“ Damit besteht ein eklatanter Widerspruch zwischen der Wasserrahmenrichtlinie und der vorliegenden Initiative. Der Vertrag von Lissabon räumt den nationalen, regionalen und lokalen Behörden einen weiten Spielraum bei der Erbringung, Auftragsvergabe und Organisation von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bei der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger ein. Traditionell ist die Wasserversorgung daher auch eine kommunale Aufgabe im Rahmen der in Deutschland nach Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes besonders geschützten kommunalen Selbstverwaltung. Mit der wettbewerblichen Orientierung der Richtlinie sieht die Landesregierung dies und in der Konsequenz auch Vorsorgeorientierung, Versorgungssicherheit , Qualität und ökologische Nachhaltigkeit infrage gestellt. 7. Führt eine Verabschiedung der Richtlinie ihrer Ansicht nach dazu, dass die gängige und insbesondere in Baden-Württemberg bis dato vielfach erfolgreich praktizierte freiwillige interkommunale Zusammenarbeit von Kommunen ge - nerell und insbesondere im Bereich der Wasserversorgung erschwert oder gar unmöglich gemacht wird? 8. Führt die Richtlinie ihrer Einschätzung nach zukünftig zwangsläufig zur Pflicht europaweiter Ausschreibungen im Falle einer interkommunalen Zusammenarbeit ? Zu 7. und 8.: Interkommunale Zusammenarbeit ist sehr vielgestaltig und findet in den verschiedensten Rechtsformen statt. Grundsätzlich wird die interkommunale Zusammenarbeit durch die Konzessionsvergaberichtlinie nicht unmöglich. Sie führt auch nicht in jeder Konstellation zu einer Pflicht zur europaweiten Ausschreibung interkommunaler Zusammenarbeit. Insbesondere aber bei den derzeit in Deutschland üblichen Strukturen mit Mehrsparten-Stadtwerken würden die sehr eng gefassten Ausnahmetatbestände der Richtlinie nicht greifen. Der IMCO hat am 24. Januar 2013 Erleichterungen für den Wasserbereich beschlossen . Danach soll den im Wasserbereich tätigen Unternehmen, die auf dem Gebiet der Kommune tätig sind, bis zum Jahr 2020 Zeit gegeben werden, ihre Strukturen der Konzessionsvergaberichtlinie anzupassen, ggf. durch Abtrennung des Wassersektors von anderen Aktivitäten. Das weitere Verfahren bleibt abzuwarten . Gall Innenminister << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice