Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 299 19. 07. 2011 1Eingegangen: 19. 07. 2011 / Ausgegeben: 22. 08. 2011 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie die Tatsache, dass im Falle der Realisierung des Projekts „Stuttgart 21“ der von der DB AG vorgelegte Fahrplan eine Anbindung des Flughafens Stuttgart von der Neubaustecke (NBS) Stuttgart–Ulm aus mit den Zügen des Fernverkehrs lediglich im Zweistunden-Takt vorsieht? 2. Was ist der Grund dafür, dass unter den oben geschilderten Bedingungen die Fahrzeit Ulm–Flughafen Stuttgart entgegen bisher kommunizierten 24 Minuten bei 28 Minuten liegt? 3. Wie steht sie dazu, dass nach den Stresstest-Unterlagen ein dichterer Takt zwischen dem Flughafen Stuttgart und Ulm nur mit dem Einsatz der European Train Control System (ETCS)-fähigen Nahverkehrszüge geplant ist und diese 29 bis 31 Minuten benötigen? 4. Welche Erkenntnisse hat sie zu den voraussichtlichen Kosten der unter Frage 3 genannten Verbindungen für das Land? 5. Welche Informationen liegen ihr dazu vor, wie die IRE-Züge von Friedrichs - hafen über Ravensburg nach Stuttgart geführt werden sollen (Neubaustrecke oder Filstalstrecke)? 6. Welche Informationen liegen ihr bezüglich der geplanten Elektrifizierung der Südbahn Ulm–Friedrichshafen, insbesondere im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“, vor? Kleine Anfrage der Abg. Jürgen Filius, Martin Hahn, Daniel Lede Abal, Manfred Lucha und Thomas Poreski GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Auswirkungen der Pläne der Deutschen Bahn (DB) AG auf den Schienenverkehr in der Region Südwürttemberg-Hohenzollern Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 299 2 7. Wie bewertet sie den im Stresstest-Fahrplan vorgesehenen Wegfall der Direktzüge (Aulendorf–Sigmaringen/Rottenburg–Kiebingen–Tübingen–Stuttgart)? 8. Wie bewertet sie in diesem Zusammenhang die ausbleibenden Zusagen der DB AG für den Ausbau der Zollernalbbahn (Tübingen–Sigmaringen–Aulendorf )? 9. In welchem Umfang ist die Nutzung der Bahn-Abstellflächen in Tübingen im Rahmen des „Stuttgart 21“-Konzepts vorgesehen? 10. Kann sie die im DB-Stuttgart 21-Fahrplan vorgesehenen Fahrzeitänderungen der im Stundentakt möglichen Verbindungen Sigmaringen–Stuttgart Hbf, Tübingen–Stuttgart Hbf, Reutlingen–Stuttgart Hbf, Bad Urach–Stuttgart Hbf, Ehingen–Stuttgart Hbf, Langenau–Stuttgart Hbf sowie Illertissen–Stuttgart Hbf beziffern? 19. 07. 2011 Filius, Hahn, Lede Abal, Lucha, Poreski GRÜNE B e g r ü n d u n g Durch den von der K21-Bewegung erwirkten Stresstest ist die Deutsche Bahn AG gezwungen, den im Falle der Realisierung von „Stuttgart 21“ anvisierten Fahrplan offen zu legen. Für die Region Südwürttemberg-Hohenzollern sind die Pläne der Deutschen Bahn AG angesichts einer Fülle von teils sehr widersprüchlichen Aussagen über die zu erwartenden Veränderungen von größter Bedeutung. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 11. August 2011 Nr. 3-3822.0-00/652 beantwortet das Minis - terium für Verkehr und Infrastruktur im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie die Tatsache, dass im Falle der Realisierung des Projekts „Stuttgart 21“ der von der DB AG vorgelegte Fahrplan eine Anbindung des Flughafens Stuttgart von der Neubaustecke (NBS) Stuttgart–Ulm aus mit den Zügen des Fernverkehrs lediglich im Zweistunden-Takt vorsieht? Die Landesregierung bedauert, dass die DB nach derzeitigem Planungsstand statt zwei zweistündlichen Fernverkehrslinien nur noch eine zweistündliche Fernverkehrslinie mit Halt am Flughafen vorgesehen hat. In der Schlichtung Stuttgart 21 hat die DB erklärt, einen stündlichen Halt zu prüfen. Ein Ergebnis dieser Prüfung ist der Landesregierung nicht bekannt. *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 299 2. Was ist der Grund dafür, dass unter den oben geschilderten Bedingungen die Fahrzeit Ulm–Flughafen Stuttgart entgegen bisher kommunizierten 24 Minuten bei 28 Minuten liegt? Der Grund für die längere Fahrzeit ist, dass die DB aktuell für die Fahrzeit den Einsatz von ICE 1 statt ICE 3 unterstellt hat. Tatsächlich können in den Jahren ab 2020 auch andere Fahrzeuge zum Einsatz kommen. 3. Wie steht sie dazu, dass nach den Stresstest-Unterlagen ein dichterer Takt zwischen dem Flughafen Stuttgart und Ulm nur mit dem Einsatz der European Train Control System (ETCS)-fähigen Nahverkehrszüge geplant ist und diese 29 bis 31 Minuten benötigen? Im Angebotskonzept 2020 war die ETCS-Ausrüstung der über die Neubaustrecke nach Ulm verkehrenden Regionalverkehrszüge bereits vorgesehen. Die Fahrzeit zwischen Stuttgart-Flughafen und Ulm beträgt rd. 33 Minuten. Durch den Stresstest -Fahrplan ergeben sich daran keine Änderungen. 4. Welche Erkenntnisse hat sie zu den voraussichtlichen Kosten der unter Frage 3 genannten Verbindungen für das Land? Die Kosten für die Betriebsleistungen ergeben sich aus dem Ausschreibungsverfahren und können deshalb nicht beziffert werden. Die Höhe der Infrastruktur - entgelte ist für das Land heute noch nicht absehbar. Es ist jedoch davon auszugehen , dass die Trassenpreise auf der Neubaustrecke deutlich höher sein werden als auf der bisherigen Strecke nach Ulm. 5. Welche Informationen liegen ihr dazu vor, wie die IRE-Züge von Friedrichs - hafen über Ravensburg nach Stuttgart geführt werden sollen (Neubaustrecke oder Filstalstrecke)? Von Lindau ist eine stündliche Linie über Friedrichshafen–Ravensburg–Ulm– Filstal–Stuttgart nach Karlsruhe über die Filstalstrecke vorgesehen. Optional ist eine bedarfsorientierte Verlängerung der Züge der geplanten IRE-Linie Würzburg –Stuttgart–Stuttgart Flughafen/Messe–Ulm (Neubaustrecke) über Ulm hinaus bis/ab Friedrichshafen-Stadt vorgesehen. 6. Welche Informationen liegen ihr bezüglich der geplanten Elektrifizierung der Südbahn Ulm–Friedrichshafen, insbesondere im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“, vor? Die Elektrifizierung der Südbahn dient vor allem der Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs im Raum Ulm und in der Region Bodensee-Oberschwaben. Durch die Elektrifizierung der Strecke sowie deren gleichzeitige abschnittsweise Ertüchtigung auf Geschwindigkeiten bis zu 160 km/h können beim Einsatz der entsprechenden Fahrzeuge die Reisezeiten in der Relation Ulm–Friedrichshafen auf ca. 60 Minuten verkürzt werden. Dadurch wird zugleich eine Verknüpfung der schnellen Zugsysteme auf der Bodensee-Gürtelbahn (Neitech-Linie) und der Südbahn (Regionalexpress-Linien) ermöglicht. Zusätzlich ist die Elektrifizierung der Südbahn unter dem Gesichtspunkt erforderlich , dass damit für die Relationen von und nach Stuttgart ein bislang notwendiger Traktionswechsel in Ulm vermieden werden kann. Zum aktuellen Sachstand beim Ausbau der Südbahn wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage des Abg. Rivoir, SPD (DS 15/195) verwiesen . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 299 4 7. Wie bewertet sie den im Stresstest-Fahrplan vorgesehenen Wegfall der Direktzüge (Aulendorf–Sigmaringen/Rottenburg–Kiebingen–Tübingen–Stuttgart)? Umsteigefreie Verbindungen von Aulendorf nach Stuttgart wären nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 erst wieder im Fall einer Elektrifizierung der Strecke von Tübingen nach Aulendorf möglich. Die Elektrifizierung eines Teilabschnitts (von Tübingen bis Albstadt-Ebingen) wird derzeit bereits im Rahmen der Regionalstadtbahn Neckar-Alb untersucht. Bei der vom Land vorgesehenen Neuvergabe der SPNV-Leistungen auf den Streckenabschnitten Stuttgart–Tübingen und Tübingen –Sigmaringen–Aulendorf wird die gegebenenfalls erfolgende schrittweise Elektrifizierung dieser Strecke berücksichtigt. Entsprechendes gilt für die um - steigefreie Verbindung Rottenburg–Tübingen–Stuttgart. Die Elektrifizierung der Strecke Rottenburg–Tübingen ist im Rahmen des Projekts Regionalstadtbahn Neckar-Alb vorgesehen. 8. Wie bewertet sie in diesem Zusammenhang die ausbleibenden Zusagen der DB AG für den Ausbau der Zollernalbbahn (Tübingen–Sigmaringen–Aulendorf)? Infrastrukturunternehmer der Zollernalbbahn ist die DB Netz AG. Sie ist verpflichtet , Eisenbahnverkehrsunternehmen, die auf dieser Strecke Betriebsleistungen erbringen wollen, den Schienenweg und die zugehörigen Anlagen zur streckenbezogenen Versorgung dieses Weges zur Nutzung bereitzustellen. Dafür erhebt sie von den Eisenbahnverkehrsunternehmen ein Entgelt. Offensichtlich sieht die DB Netz AG im Rahmen der Priorisierung ihrer Netzausbaumaßnahmen gegenwärtig keine dringende Notwendigkeit, auf der Zollernbahn von sich aus eine elektrische Traktion zu ermöglichen. Dies ist eine unternehmerische Entscheidung der DB Netz AG. Der Landesregierung ist bekannt, dass die Region die Beschleunigung des Zugverkehrs auf der Zollernbahn durch eine durchgehende Elektrifizierung der Strecke Tübingen–Aulendorf wünscht. Dieses Anliegen wird von der Landes - regierung im Koalitionsvertrag auch ausdrücklich unterstützt. In einem ersten Schritt wird das Land daher die Elektrifizierung der Strecke Tübingen–Albstadt- Ebingen im Rahmen des Projekts Regional-Stadtbahn Neckar-Alb auch finanziell unterstützen, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Förderung des Projekts erfüllt werden können. In weiteren Schritten ist gemeinsam mit der DB Netz AG und der Region zu klären, ob und wie die Elektrifizierung der folgenden Streckenabschnitte bis Aulendorf finanziert werden kann. Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Wirtschaftlichkeit dieses Elektrifizierungsvorhabens. Um diese Wirtschaftlichkeit – auch für andere Elektrifizierungsmaßnahmen – sachgerecht beurteilen zu können, hat die Landesregierung jüngst ein Gutachten „Gesamtwirtschaftliche Bewertung von Dieselstrecken in Baden-Württemberg“ in Auftrag gegeben. Die Auswertung dieses Gutachtens sollte wichtige Hinweise für die Möglichkeiten zur Elektrifizierung der Zollernbahn geben. 9. In welchem Umfang ist die Nutzung der Bahn-Abstellflächen in Tübingen im Rahmen des „Stuttgart 21“-Konzepts vorgesehen? Abstellanlagen in Tübingen sind nicht offizieller Teil des Projekts Stuttgart 21. Der Landesregierung liegt daher kein Wartungs- und Abstellungskonzept der DB für die Zeit nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 vor. Die DB AG plant derzeit konkret die Schaffung zusätzlicher Abstellkapazitäten in Tübingen und Heilbronn . In welchem Umfang in Zukunft an welchen Standorten neue Abstellkapazitäten entstehen werden, ist – unabhängig von Stuttgart 21 – vor allem davon abhängig , für welche Standorte sich die jeweiligen Gewinner der Wettbewerbsverfahren entscheiden werden. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 299 10. Kann sie die im DB-Stuttgart 21-Fahrplan vorgesehenen Fahrzeitänderungen der im Stundentakt möglichen Verbindungen Sigmaringen–Stuttgart Hbf, Tübingen–Stuttgart Hbf, Reutlingen–Stuttgart Hbf, Bad Urach–Stuttgart Hbf, Ehingen–Stuttgart Hbf, Langenau–Stuttgart Hbf sowie Illertissen–Stuttgart Hbf beziffern? Die Reisezeiten des Fahrplans 2011 und des Fahrplans 2020 (aktueller Planungsstand ) sind in nachstehender Tabelle angegeben: Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur Reisezeit Fahrplan 2011 Fahrplan 2020 Sigmaringen–Stuttgart Hbf 113 min. 121 min. Tübingen–Stuttgart Hbf 43 min. 44 min. Reutlingen–Stuttgart Hbf 34 min. 34 min. Bad Urach–Stuttgart Hbf 69 min. 72 min. Ehingen–Stuttgart Hbf 89 min. 75 min. Langenau–Stuttgart Hbf 77 min. 53 min. Illertissen–Stuttgart Hbf 78 min. 65 min.