Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 3432 29. 04. 2013 1Eingegangen: 29. 04. 2013 / Ausgegeben: 04. 07. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Haben seit der Bildung der grün-roten Landesregierung im April 2011 Gespräche mit gegebenenfalls welchem Inhalt mit der Schweiz über die Endlagersuche für radioaktive Abfälle in Grenznähe stattgefunden? 2. Ist ihr das Auswahlverfahren in der Schweiz hinsichtlich objektiver Fachkritierien , Transparenz, Verlauf und Beteiligung deutscher Gemeinden sowie des Landkreises Waldshut bekannt und wenn ja, wie beurteilt sie dieses? 3. Bleibt es aus ihrer Sicht bei der kategorischen Ablehnung eines sogenannten gemeinsamen „Kombilagers“ mit der Schweiz und wurde dies der Schweiz so signalisiert? 4. Sind weitere Gespräche mit der Schweiz bezüglich Atomendlager geplant? 5. Inwieweit sind die möglichen Standorte in Grenznähe „Nördlich Lägern“, „Südranden“, „Züricher Weinland“ und „Bötzberg“ als Atomendlager geeignet? 6. Welche Kenntnisse liegen ihr zu baden-württembergischen Gebieten, die eine Opalinuston-Formation aufweisen, vor? 7. Wie bewertet sie diese Opalinuston-Formation-Vorkommen in Hinblick auf die ergebnisoffene Standortsuche für Atommüllendlager und wie positioniert sie sich hierzu? 24. 04. 2013 Schreiner CDU Kleine Anfrage des Abg. Felix Schreiner CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Atomendlagersuche in der Schweiz Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3432 2 B e g r ü n d u n g Die Suche nach einem Atomendlager in der Schweiz betrifft die südbadische Grenzregion und Baden-Württemberg, da sich potenzielle Endlagerstätten in unmittelbarer Nähe zur Grenze befinden. Im Rahmen des Verfahrens sind Vertreter Deutschlands beteiligt, doch sind die Möglichkeiten der Mitsprache begrenzt. In jüngster Vergangenheit sind zudem Bedenken aufgekommen, ob das Verfahren tatsächlich ergebnisoffen ist oder die Entscheidung für Endlagerstätten bereits feststeht. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 26. Juni 2013 Nr. 35-4654.17 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Haben seit der Bildung der grün-roten Landesregierung im April 2011 Gespräche mit gegebenenfalls welchem Inhalt mit der Schweiz über die Endlagersuche für radioaktive Abfälle in Grenznähe stattgefunden? Minister Untersteller hat sich im November 2011 vor Ort über die internationalen Forschungsarbeiten im Felslabor Mont Terri informiert und mit den Schweizer Vertretern grundsätzliche Fragen zum Sachplanverfahren Geologische Tiefen - lager der Schweiz erörtert. Am Rande eines Vortrags von Dr. Walter Steinmann, Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE) der Schweiz, im Juni 2012 in Stuttgart , wurden insbesondere Fragen zur Beteiligung der baden-württembergischen betroffenen Gemeinden im Rahmen der regionalen Partizipation erörtert. Daneben erfolgt ein stetiger Informationsaustausch auf Arbeitsebene zwischen Vertretern des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg und der Schweizer Seite, auch mit kritischen Wissenschaftlern. 2. Ist ihr das Auswahlverfahren in der Schweiz hinsichtlich objektiver Fachkriterien , Transparenz, Verlauf und Beteiligung deutscher Gemeinden sowie des Landkreises Waldshut bekannt und wenn ja, wie beurteilt sie dieses? Das Auswahlverfahren wird vom BFE durchgeführt. Neben den einzelnen Verfahrensschritten sind im Sachplan Geologische Tiefenlager auch die Auswahl - kriterien, grundsätzliche Anforderungen an die Öffentlichkeitsbeteiligung und deren organisatorische Grundlagen vorgegeben. Letztere wurden durch ein Konzept und einen Leitfaden zur regionalen Partizipation weiter konkretisiert. In den für die Beteiligung der Öffentlichkeit in den einzelnen potenziellen Stand - ortgebieten wichtigen Gremien, den Regionalkonferenzen, sind Vertreter aus den betroffenen Gemeinden auf deutscher Seite mit ca. 15 Prozent beteiligt. Die Arbeit in diesen Gremien erstreckt sich zurzeit im Wesentlichen auf die Erörterung der Standortvorschläge für die Oberflächenanlagen. Außerdem sind Vertreter aus Baden-Württemberg, z. B. des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft , des Landratsamtes des Landkreises Waldshut oder des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee im Ausschuss der Kantone, im Technischen Forum Sicherheit oder z. B. im Ausschuss für Raumordnung vertreten. Die Landesregierung hat sich im Schweizer Verfahren stets dafür eingesetzt, dass die betroffenen Kommunen in Baden-Württemberg angemessen berücksichtigt werden. *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3432 3. Bleibt es aus ihrer Sicht bei der kategorischen Ablehnung eines sogenannten gemeinsamen „Kombilagers“ mit der Schweiz und wurde dies der Schweiz so signalisiert? 4. Sind weitere Gespräche mit der Schweiz bezüglich Atomendlager geplant? Die in Deutschland entstandenen hochradioaktiven Abfälle müssen nach Auffassung der Landesregierung auch in Deutschland endgelagert werden. Baden-Württemberg schließ deshalb eine Beteiligung an einem „Kombilager“ in der Schweiz aus. Es gibt mit der Schweiz auch keine Gespräche mit dem Ziel eines gemeinsam genutzten Endlagers für alle Arten von radioaktiven Abfällen. Die intensive Begleitung des Schweizer Sachplanverfahrens Geologische Tiefenlager wird selbstverständlich weitergeführt. 5. Inwieweit sind die möglichen Standorte in Grenznähe „Nördlich Lägern“, „Südranden“, „Züricher Weinland“ und „Bötzberg“ als Atomendlager geeignet? Ob die Standortgebiete „Nördlich Lägern“, „Südranden“, „Zürich Nordost (ehem. Zürcher Weinland)“ und „Jura Ost (ehem. Bözberg)“ für die Einrichtung eines Endlagers tatsächlich geeignet sind, wird das Ergebnis des zurzeit laufenden dreistufigen Einengungsprozesses, wie er im Sachplan vorgegeben ist, zeigen. Am Ende jeder Etappe findet eine Überprüfung durch die Bundesbehörden und danach eine dreimonatige Anhörung statt, bevor der Bundesrat entscheidet. Im Rahmen von Etappe 1 wurde mit Beschluss des Schweizer Bundesrates zunächst über die weitere Untersuchung geeigneter Standortgebiete entschieden. Das Verfahren befindet sich nunmehr in Etappe 2. Pro Planungsperimeter in dem jeweiligen Standortgebiet erfolgt hier zunächst die Auswahl von mindestens einem Standort (einschließlich der vorgesehenen Oberflächenanlagen) für die weiteren Untersuchungen , bevor dann als Ergebnis der Etappe 2 eine Einengung auf mindestens zwei Standorte pro Lagertyp (schwach- und mittelradioaktive Abfälle – SMA und hochradioaktive Abfälle – HAA) stattfinden kann. In Etappe 3 werden die verbliebenen Standorte im Hinblick auf die Standortwahl und die Einreichung des Rahmenbewilligungsgesuchs vertieft untersucht und die erforderlichen standortspezifischen geologischen Kenntnisse falls nötig mittels erdwissenschaftlichen Untersuchungen vervollständigt. Erst danach reichen die Entsorgungspflichtigen das Rahmenbewilligungsgesuch ein (je eines für HAA und SMA oder eines für ein gemeinsames Lager). Die in Etappe 3 erteilte Rahmenbewilligung muss vom Parlament genehmigt werden und untersteht dem fakultativen Referendum. 6. Welche Kenntnisse liegen ihr zu baden-württembergischen Gebieten, die eine Opalinuston-Formation aufweisen, vor? Im Hinblick auf die potenzielle Eignung von geologischen Formationen bezieht sich die Landesregierung auf den Bericht „Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland“ des Bundesamtes für Geologie und Rohstoffe (BGR) vom April 2007, wonach in Deutschland Tone und Salzformationen als grundsätzlich ge - eignet für die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle eingestuft wurden. Es wird im Übrigen auf die Stellungnahme des Umweltministeriums auf einen Antrag des Abg. Wolfgang Stehmer u. a. SPD (DS 14/5118 vom 18. September 2009) verwiesen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3432 4 7. Wie bewertet sie diese Opalinuston-Formation-Vorkommen in Hinblick auf die ergebnisoffene Standortsuche für Atommüllendlager und wie positioniert sie sich hierzu? Die Einigung vom 9. April 2013 zwischen den Spitzen von CDU, CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sowie den Landesregierungen und der Bundesregierung basiert ganz wesentlich auf dem Grundsatz der „Weißen Deutschlandkarte “. Insoweit werden im Suchverfahren auch die in Baden-Württemberg liegenden Opalinuston-Formationen anhand der noch zu erarbeitenden objektiven Kriterien zu prüfen und zu bewerten sein. Die vorliegenden Kenntnisse basieren nicht auf geologisch-technischen Untersuchungen, die dem heutigen wissenschaftlichen Anspruch an ein Kriterien basiertes, transparentes Auswahlverfahren genügen. Auch das BGR hat in seinem in der Antwort auf Frage 6 zitierten Bericht lediglich darauf hingewiesen, dass diese Gebiete als weiter untersuchungswürdig einzustufen sind und keine abschließende Bewertung über die Eignung dieser Gebiete für die Einrichtung eines Endlagers vorgenommen. Dies entspricht auch der Einschätzung der Landesregierung. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft