Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 3461 07. 05. 2013 Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung Tourismusland Baden-Württemberg weiter stärken G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die Situation des Tourismus in Baden-Württemberg, speziell im Vergleich zu den übrigen Bundesländern, dar? 2. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass der Tourismusstandort BadenWürttemberg gerade im Inland beworben werden sollte? 3. Wenn ja, welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um den Tourismusstandort Baden-Württemberg zu stärken und seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen ? 4. Bei welchen wichtigen Tourismusmessen war Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren vertreten und welche Form hatte dieses Engagement? 5. Wie entwickeln sich die Tourismuszahlen und -kennziffern für Baden-Württemberg in den vergangenen fünf Jahren? 6. Welche zentralen tourismuspolitischen Leitlinien legt sie derzeit ihren Tätigkeiten zugrunde? 7. Welche Ziele verfolgt sie, um in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten den heimischen Tourismus zu stärken? 8. Welche Bedeutung misst sie den Teilbereichen des Tourismussektors wie Naturtourismus, Genusstourismus, Kulturtourismus, Gesundheitstourismus, Messetourismus, Kinder- und Jugendtourismus bei? Eingegangen: 07. 05. 2013 / Ausgegeben: 30. 07. 2013 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 2 9. Welche Maßnahmen verfolgt sie, um die allgemeine Verkehrsinfrastruktur den Bedürfnissen des Tourismus in Baden-Württemberg anzupassen, sodass das Wachstum im Tourismus nicht aufgrund mangelnder verkehrstechnischer Erreichbarkeit gehemmt wird? 10. Welche Bedeutung misst sie den großen Verkehrsinfrastrukturprojekten, wie beispielsweise „Stuttgart 21“, „Baden 21“, „Rhein/Main–Rhein/Neckar“, für den Tourismus in Baden-Württemberg bei? 11. Was sind die Schwerpunkte ihres Landesmessekonzepts? 12. Wie plant sie den Messestandort Baden-Württemberg weiter auszubauen? 13. Welche Pläne verfolgt sie im Bereich ihrer Möglichkeiten bei Themen der Steuern, wie der Vermögens-, der Erbschafts- oder der Mehrwertsteuer und welche Auswirkungen haben diese Pläne auf das Hotellerie- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg? 14. Ist ihr bekannt, welche Auswirkungen die Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes zum 1. Januar 2010 bei den Beherbergungsbetrieben in Baden-Württemberg, insbesondere im Bereich der Investitionen und der Arbeits- und Ausbildungsplätze, hatte? 15. Wie bewertet sie die Forderung, im Zuge einer geplanten Gesamtreform des Mehrwertsteuersystems einen einheitlichen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Hotellerie und Gastronomie zu erreichen? 16. Welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um Ausbildung und Weiterqualifizierung im Hotel- und Gaststättengewerbe zu verbessern, beziehungsweise Nachwuchsprobleme zu beheben? 17. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass die aktuellen Kurzarbeitsregelungen für die Tourismusbranche, sowohl für die Unternehmer als auch für die Beschäftigten, positiv zu bewerten sind, da sie sowohl Flexibilität als auch Arbeitsplatzsicherheit bedeuten? 18. Wie steht sie zu den Bemühungen der EU-Kommission, Mittel für Tourismus aus der Europäischen Strukturförderung herauszunehmen und welche Auswirkung hätte dies für den Tourismus im ländlichen Raum bzw. für die sogenannten „benachteiligten Gebiete“? 19. Welche Pläne verfolgt sie im Bereich der Ladenschlusszeiten konkret, plant sie Änderungen an der sogenannten Bäderregelung bezüglich der Sonntagsöffnung ? 20. Welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um im Rahmen der Tourismusförderung faire Regelungen im Bereich „Gebühreneinzugszentrale (GEZ)“ und im Bereich der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA)“ für die Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie herbeizuführen? 21. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass die Ferienzeiten in Abstimmung mit der Kultusministerkonferenz entzerrt werden sollten, um eine optimale Auslastung der Ferienbetriebe zu erreichen? 22. Schließt sie eine Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes für den Rest der Legislaturperiode aus? 23. Wie bewertet sie den Vorschlag, den Tourismus in den „grenznahen Regionen“ durch eine gemeinsame Vermarktung mit Partnern jenseits der Bundesgrenze, beispielsweise aus Frankreich oder der Schweiz, zu fördern? 23. 04. 2013 Dr. Rülke, Dr. Bullinger und Fraktion Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 3 B e g r ü n d u n g Deutschland als Reiseland ist bei den Gästen aus dem Inland und den Urlaubern aus der ganzen Welt so beliebt wie noch nie. So zählten die Beherbergungsbetriebe 2012 insgesamt mehr als 407 Millionen Übernachtungen – ein Plus von vier Prozent gegenüber 2011 und damit ein erneuter Rekord. Auch bei den Übernachtungen im eigenen Land gab es eine neue Bestmarke. Europaweit liegt Deutschland als Reiseziel auf Platz zwei hinter Spanien und noch vor Frankreich. Ob Geschäftsreisen , Städtereisen, Kurzurlaub oder Sommerurlaub, Deutschland ist als Reiseland so attraktiv wie nie zuvor. Wie Baden-Württemberg hierbei abschneidet gilt es von der Landesregierung zu erfahren. Der Tourismussektor gehört zu den wichtigsten Dienstleistungs- und Wachstumsbranchen in unserem Land. Er ist ein ökonomisches Schwergewicht und ein echter Jobmotor. Mit den touristischen Einrichtungen unserer Nachbarländer steht er in intensivem Wettbewerb. Die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Tourismusgewerbes beweist die Auflösung des Investitionsstaus im Beherbergungsgewerbe und die Steigerung der Zahl von Beschäftigten und Auszubildenden auf Rekordniveau. Welchen Beitrag hatte Baden-Württemberg hierzu? Güter und Dienstleistungen im Gesamtwert von fast 280 Milliarden Euro haben Urlauber sowie Geschäftsreisende aus dem In- und Ausland 2010 in Deutschland in Anspruch genommen. Das geht aus einer vom Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) in Auftrag gegebenen und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus“ hervor. Dank dieser Umsätze finden hierzulande 2,9 Millionen Menschen – das sind sieben Prozent aller Erwerbstätigen – einen Arbeitsplatz. Gleichzeitig trägt der Tourismus in Deutschland allein durch die sogenannten „direkten Effekte“ wie z. B. Flug- und Bahntickets oder Hotelbuchungen mit fast 100 Milliarden Euro und damit 4,4 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Damit liegt der Tourismus in Deutschland in etwa auf dem Niveau des Baugewerbes. Bezieht man die sogenannten Vorleistungen, zu denen z. B. die Dienstleistungen am Flughafen, Lieferungen von Bäckern an Gaststätten oder Renovierungsarbeiten durch Handwerker im Hotel sowie die Effekte ein, die durch das Ausgeben von Löhnen durch Beschäftigte der Tourismusbranche entstehen, ist der Tourismus sogar zu 9,7 Prozent an der Wertschöpfung und zu zwölf Prozent an der Beschäftigung beteiligt. Es stellt sich die Frage, wie diese Kennziffern in Baden-Württemberg ausfallen. Die positive Entwicklung der Branche spiegelt sich auch in den Beschäftigtenzahlen wider. Wie aus den jüngst von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Zahlen hervorgeht, gab es im November 2012 mit 884.100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe 30.030 mehr als im November 2011. Der Zuwachs lag damit bei 3,5 Prozent, während die Steigerung in der Gesamtwirtschaft nur 1,3 Prozent betrug. Die Tourismusbranche liegt damit vor der KfzIndustrie , dem Maschinenbau oder dem Bankwesen, deren Wirtschaftskraft allen gegenwärtig ist. Die FDP/DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg stellt daher fest, dass das Gastgewerbe weiterhin ein starker Jobmotor des deutschen und damit badenwürttembergischen Mittelstands ist und dass es das gemeinsame Ziel aller Fraktionen im Landtag sein muss, den Tourismusstandort Baden-Württemberg weiter nachhaltig zu stärken. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 4 A n t w o r t *) Schreiben des Staatsministeriums vom 23. Juli 2013 Nr. III–4360.: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium *) Der Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist wurde zugestimmt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 5 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 Nr. Z(64)–0141.5/229 M beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft, dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, sowie dem Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie stellt sich die Situation des Tourismus in Baden-Württemberg, speziell im Vergleich zu den übrigen Bundesländern, dar? Zu 1.: Der Tourismus in Baden-Württemberg verzeichnete 2012 nach der amtlichen Beherbergungsstatistik absolute Rekordwerte von rd. 18,6 Mio. Gästeankünften und rd. 47,7 Mio. Übernachtungen. Dies entsprach 11,7 Prozent der statistisch erfassten Übernachtungen und rd. 12,2 Prozent der Ankünfte in der Bundesrepublik Deutschland. Zu dem Vergleich des Landes zu den übrigen Bundesländern im übernachtenden Tourismus wird auf die Tabelle in der Anlage 1 verwiesen. Danach liegt Baden-Württemberg nach Bayern auf dem zweiten Rang der Übernachtungen sowie nach Bayern und Nordrhein-Westfalen auf dem dritten Rang der Ankünfte in den Bundesländern. Mit einem Zuwachs der Übernachtungen 2012 von 4,7 Prozent lag das Land nach den Stadtstaaten Hamburg und Berlin nach Sachsen auf dem zweiten Rang unter den Flächenländern. Auch im Bereich des übernachtenden Ausländertourismus liegt das Land mit dem dritten Rang der Ausländerankünfte und -übernachtungen im Spitzenfeld unter den Bundesländern. Nach der Tourismusintensität, gemessen als Zahl der Übernachtungen je 1.000 Einwohner, liegt Baden-Württemberg auf dem 11. Rang unter den Bundesländern. Die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes vom Übernachtungstourismus ist damit vor dem Hintergrund der ausgewogenen Wirtschaftsstruktur des Landes im Ländervergleich leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt. Im Kapazitätsbereich liegt das Land nach Bayern sowohl nach der Zahl der geöffneten Betriebe als auch nach der Zahl der angebotenen Schlafgelegenheiten auf dem zweiten Rang bundesweit. Auch hinsichtlich der Auslastung der angebotenen Schlafgelegenheiten nimmt das Land den zweiten Platz unter den Flächenländern ein. Zum Tagestourismus liegen Angaben der amtlichen Statistik nicht vor. Nach der letztverfügbaren Grundlagenuntersuchung des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr e. V. an der Universität München (dwif) zu den Tagesreisen der Deutschen für das Jahr 2006 lag Baden-Württemberg mit 441 Mio. Tagesreisen (Tagesausflüge und Tagesgeschäftsreisen zusammen) nach Nordrhein-Westfalen (700 Mio. Tagesreisen) und Bayern (530 Mio. Tagesreisen) auf dem dritten Rang bundesweit im Tagestourismus. Auch zu Umsätzen und Beschäftigung aus und im Tourismus liegen vergleichbare Angaben der amtlichen Statistik nicht vor. 2. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass der Tourismusstandort BadenWürttemberg gerade im Inland beworben werden sollte? Zu 2.: Trotz überdurchschnittlich hoher Zuwächse bei den Gästeankünften und Übernachtungen aus dem Ausland in den vergangenen Jahren bleibt Deutschland selbst der mit Abstand wichtigste Quellmarkt für den Tourismusstandort Baden-Württemberg . Rund vier Fünftel der statistisch erfassten Ankünfte und Übernachtungen im Jahr 2012 lassen sich auf Gäste aus dem Inland zurückführen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 6 Das eigene Land ist für die Deutschen noch immer das wichtigste Reiseziel. Laut ADAC-Reisemonitor 2013 planen 37,1 Prozent der Befragten, im laufenden Jahr ihren Haupturlaub im eigenen Land zu verbringen. Gleichzeitig nimmt der Anteil von Zweit- und Kurzurlauben zu, die besonders gerne im Inland verbracht werden . Dabei steht Baden-Württemberg im Wettbewerb mit starken Destinationen zwischen dem Wattenmeer und den Alpen. Aus diesem Grund bleibt es weiterhin eine der Hauptaufgaben der für die Vermarktung des Tourismus im Land zuständigen Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW), im Inland für die Vielfalt des Reiselandes Baden-Württemberg zu werben und das Bundesland erfolgreich im Wettbewerb zu positionieren. Gleichzeitig nimmt der Anteil von Gästen aus dem europäischen und internationalen Ausland deutlich zu. Innerhalb der letzten zehn Jahre nahm der Anteil ausländischer Urlauber an den Ankünften von 17,5 Prozent 2002 auf 22 Prozent im Jahr 2012 zu. Aufgrund des hohen Wachstumspotenzials auf ausgewählten ausländischen Quellmärkten hat die TMBW ihre Marketingaktivitäten im Ausland in den zurückliegenden Jahren intensiviert. Hohe Zuwächse auf den AuslandsQuellmärkten von zuletzt 6,2 Prozent bei den Ankünften und 7,4 Prozent bei den Übernachtungen im Jahr 2012 verdeutlichen die Wirksamkeit dieser strategischen Ausrichtung. 3. Wenn ja, welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um den Tourismusstandort Baden-Württemberg zu stärken und seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen ? Zu 3.: Die Landesregierung verfolgt das Ziel, über die TMBW und die regionalen Tourismusmarketingorganisationen den Bekanntheitsgrad des Landes und seiner Regionen als Tourismusstandort im In- und Ausland zu stärken. Sie hat hierzu bereits im Haushaltsjahr 2012 die institutionelle Förderung der TMBW um 0,5 Mio. Euro insbesondere für den Bereich des Auslandsmarketings verstärkt und führt die so erhöhte Förderung auch in den Jahren 2013 und 2014 weiter. An der erhöhten Förderung partizipieren die regionalen Tourismusmarketingorganisationen im Rahmen der von der TMBW an diese weitergereichten Mittel in Höhe von insgesamt 862.000 Euro sowie die Heilbäder und Kurorte Marketing Baden-Württemberg GmbH anteilig. Die TMBW hat als Landesmarketingorganisation die Aufgabe, die touristische Wertschöpfung durch gezielte Imagewerbung und konkrete Marketingmaßnahmen für Baden-Württemberg und seine Destinationsmarken zu steigern. Seit 2010 werden die touristischen Angebote und deren Vermarktung unter der touristischen Landesmarke „Wir sind Süden“ zusammengeführt. Die Neuausrichtung reicht von der Schaffung einer Wort-Bild-Marke über den Internet-Auftritt, Magazine und Broschüren bis zu den Bildwelten, die Interesse für das Reiseland Baden-Württemberg wecken sollen. Dabei wird mit der Landesmarke „Wir sind Süden“ bewusst an die erfolgreiche Sympathie- und Imagekampagne des Landes angeknüpft. Mit dem Markenauftritt wird eine emotionale Ebene in die Kundenansprache eingeführt, die Lust auf Urlaub im Süden machen und das Bild eines heiteren, jungen, liebenswerten Baden-Württemberg vermitteln soll. Zur Steigerung des Bekanntheitsgrades des Reiselandes Baden-Württemberg verfolgt die TMBW im Rahmen ihrer strategischen Marketingkonzeption einen Marketing-Mix, der verschiedene Vertriebs-, Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen im In- und Ausland umfasst. Grundlage der gesamten Marketingarbeit bildet die Konzentration auf die vier Kernthemen „Natur“, „Kultur“, „Genuss“ und „Wohlsein“, die als vier Themensäulen die Marketingaktivitäten inhaltlich strukturieren (siehe hierzu auch Punkt 8). In diesen vier Themenbereichen werden bestehende touristische Inhalte und Angebote aus dem Land gebündelt sowie neue Produktlinien und Erlebnismarken entwickelt, die auf allen Marketing- und Kommunikationskanälen der TMBW beworben werden. Dabei orientiert sich die Entwicklung neuer Erlebnismarken neben den vier Kernthemen an Themen, für die Baden-Württemberg besonders bekannt ist sowie an der Landesmarke „Wir sind Süden“. Beispiele für aktuell beworbene Erlebnismarken sind: „Grüner Süden“ (naturnahe, ökologische und nachhaltige Urlaubsangebote), „Wege durch Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 7 den Weinsüden“ (weintouristische Routen und Angebote), „Wandern im Süden“ (Premium- und Qualitätswanderwege), „Radfahren im Süden“ (Radwege und -touren ), „familien-ferien“ (Angebote für Familien mit Kindern) und „Best of South West Germany“ (neun Fünf-Sterne-Superior Hotels). Zusätzlich zu den Kernthemen und Erlebnismarken wird mit den starken Destinationsmarken (Schwarzwald , Bodensee, Schwäbische Alb etc.) und mit touristischen Leuchttürmen (Burg Hohenzollern, Schloss Heidelberg, Europa-Park etc.) im In- und Ausland für das Reiseland Baden-Württemberg geworben. Die beschriebenen Kernthemen und Erlebnismarken werden in gebündelter Form vorgestellt und vermarktet sowie im Rahmen des Marketing-Mixes über unterschiedliche Kanäle beworben. Klassische Werbung (Anzeigen, Plakate) findet dabei zurückhaltend und selektiv statt. Neben Print-Broschüren zu den einzelnen Kernthemen und Erlebnismarken werden eigene Endkundenmagazine herausgegeben . Online-Marketing und der Bereich Social Media gewinnen auch im Tourismus immer mehr an Bedeutung. Neben dem Internet-Auftritt www.tourismusbw .de werden die touristischen Themen und Inhalte aus Baden-Württemberg und den Regionen über verschiedene Social Media-Kanäle kommuniziert (Facebook, Google+, Youtube, Pinterest, Blogs). Über die beschriebenen Kernthemen und Erlebnismarken hinaus bündelt die TMBW auch Angebote für mobilitätseingeschränkte Personen (Barrierefreies Reisen ) sowie für Anbieter von Bus- und Gruppenreisen und vermarktet diese Angebote über eigene Broschüren und im Internet. Buchbare Pauschalen und Angebote werden in Kooperation mit Reiseveranstaltern und Incoming-Agenturen verbreitet. Sämtliche Themen und Erlebnismarken werden durch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der TMBW zusätzlich in nationalen und internationalen Medien platziert und damit einem breiten Publikum bekannt gemacht. Neben der klassischen PR-Unterstützung werden die touristischen Themen und Angebote aus BadenWürttemberg auch im Rahmen von Pressereisen den Medienvertretern vorgestellt. Pro Jahr werden in Kooperation mit den Regionen zehn bis zwölf Gruppenpressereisen und zahlreiche Einzelpressereisen zu unterschiedlichen Themen mit inländischen Medienvertretern durchgeführt. Zusätzlich werden Gruppen- und Einzelpressereisen mit internationalen Journalisten aus Europa und Übersee umgesetzt. Neben dem Inlandsmarketing nimmt die Bearbeitung der Auslandsmärkte eine wachsende Bedeutung ein, da der Anteil ausländischer Gäste in Baden-Württemberg in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat und hier die größten Wachstumspotenziale liegen. Auf der Basis von Auslandsmarktbeobachtungen wurden Primär- und Sekundärmärkte definiert, die von der TMBW bearbeitet werden. Als Primärmärkte werden die Schweiz, die Benelux-Länder, Frankreich, USA und Kanada bearbeitet; als Sekundärmärkte Großbritannien, Österreich, Italien, Russland , Indien, Japan, China und die arabischen Golfstaaten. Um die Auswahl der bearbeiteten Auslandsmärkte an aktuelle Entwicklungen anzupassen, wird derzeit im Rahmen einer laufenden Studie eine Analyse der wichtigsten Auslandsmärkte für Baden-Württemberg durchgeführt, die als Grundlage zukünftiger Maßnahmen dienen wird und neue Quellmärkte mit Wachstumspotenzial erschließt. Die Bearbeitung der ausländischen Quellmärkte erfolgt dabei durch Maßnahmenpakete , an denen die Regionen und Leistungsträger aus dem Land beteiligt werden . Um Mitarbeiter der internationalen Reiseindustrie über die touristische Vielfalt Baden-Württembergs zu informieren, wurde ein eigenes englischsprachiges ELearning -Portal eingerichtet (www.going-cuckoo.com), das spielerisch Kenntnisse über das Reiseland Baden-Württemberg vermittelt. Nach wie vor bilden touristische Fach- und Publikumsmessen im In- und Ausland eine wichtige Plattform, um auf die touristischen Angebote in Baden-Württemberg und den Regionen aufmerksam zu machen (siehe Ziff. 4). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 8 4. Bei welchen wichtigen Tourismusmessen war Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren vertreten und welche Form hatte dieses Engagement? Zu 4.: In Deutschland präsentiert sich Baden-Württemberg seit Jahren über die TMBW mit großflächigen Messeauftritten auf der CMT in Stuttgart und der ITB in Berlin. Die CMT (Internationale Ausstellung für Caravan Motor Touristik) gilt als Europas wichtigste Publikumsmesse für Touristik und Freizeit. Auf der CMT präsentiert sich der Markplatz Baden-Württembergs, der sich aus dem Gemeinschaftsstand der TMBW und SWR (500 m2) sowie einer Vielzahl von Messeständen touristischer Partner aus dem ganzen Land zusammensetzt. Sie verzeichnete im Jahr 2013 rund 211.000 Besucher. Die ITB (Internationale Tourismusbörse Berlin) wird als die international führende Messe der globalen Reiseindustrie für Fachbesucher bezeichnet. Diese weltweit größte Reisemesse wurde 2013 von 110.000 Fachbesuchern , darunter mehr als 43 Prozent aus dem Ausland, besucht. Baden-Württemberg ist in Berlin mit einem 1.500 m² großen Gemeinschaftsstand vertreten, der von der TMBW koordiniert wird und neben einem Fachbesucherbereich Messestände der Regionen und verschiedener Leistungsträger aus dem Land umfasst. Zu dem Gemeinschaftsstand gehören neben der TMBW 25 Mitaussteller, die sich im Rahmen des Standkonzeptes präsentierten. Neben den beiden touristischen Leitmessen in Deutschland nutzt die TMBW Messen als wichtige Präsentationsmöglichkeit auch im Auslandsmarketing. Hierbei sind vor allem der GTM (Germany Travel Mart), der in jährlich wechselnden deutschen Städten, zuletzt 2013 in Stuttgart, durchgeführt wird und der WTM (World Travel Market) in London als wichtige Veranstaltungen für Fachbesucher zu nennen. Darüber hinaus präsentiert die TMBW das Reiseland Baden-Württemberg auch auf ausgewählten Endverbrauchermessen in Europa, etwa der Wiener Ferienmesse, der Schweizer Ferienmesse FESPO in Zürich, der Vakantiebeurs in Utrecht oder der BIT in Mailand. Auch auf den Überseemärkten präsentiert sich Baden-Württemberg auf einzelnen Messen (MITT Moscow International Travel & Tourism Exhibition) und Roadshows (Indien, Japan, China, USA, Kanada, arabische Golfstaaten). Im Vergleich zu den aufwändigen Standkonzepten für CMT und ITB stellt sich das Engagement der TMBW auf ausländischen Messen ungleich konzentrierter und im Aufwand überschaubarer dar. In der Regel erfolgt die Messepräsenz im Rahmen von kleineren Messeständen oder Countern. Über touristische Fach- und Endverbrauchermessen hinaus präsentiert sich die TMBW gemeinschaftlich mit anderen Bundesländern und der AG „Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ regelmäßig auf den beiden führenden Messen für Rehabilitation und Menschen mit Behinderung (REHAB in Karlsruhe und REHACARE in Düsseldorf) und stellt dort barrierefreie Urlaubsangebote aus Baden -Württemberg vor. Touristische Angebote aus Baden-Württemberg wurden in den letzten fünf Jahren daneben im Rahmen von Messeauftritten regionaler Tourismusmarketingorganisationen auf ca. 15 weiteren tourismusrelevanten Messen im Inland und auf weiteren 12 Tourismusmessen im europäischen Ausland präsentiert. 5. Wie entwickeln sich die Tourismuszahlen und -kennziffern für Baden-Württemberg in den vergangenen fünf Jahren? Zu 5.: Zu der Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg in den vergangenen fünf Jahren wird auf die Ergebnisse der amtlichen Statistik in der Anlage 2 verwiesen . Danach sind die Ankünfte und Übernachtungen nach einem Rückgang vom Jahr 2008 auf das Jahr 2009 um 2,6 bzw. rd. 2,8 Prozent seit 2010 kontinuierlich auf die neuen Höchstwerte von 18,6 Mio. Ankünfte und rd. 47,7 Mio. Übernachtungen in 2012 gestiegen. Auch die Entwicklung des Ausländertourismus folgte diesem Verlaufsmuster. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 9 Die Auslastung der angebotenen Schlafgelegenheiten hat sich nach einem Rückgang von 33,3 Prozent 2008 auf 32,6 Prozent 2009 auf 36,1 Prozent 2012 verbessert . Die Aufenthaltsdauer verharrte über den gesamten Fünfjahreszeitraum unverändert bei 2,6 Tagen. Die Zahl der geöffneten Betriebe entwickelte sich schwankend und lag 2012 um 1,8 Prozent unter dem Ausgangswert 2008. Auch die Zahl der angebotenen Schlafgelegenheiten zeigte einen schwankenden Verlauf, stieg aber bis 2012 um 1 Prozent über den Ausgangswert von 2008. Zum Tagestourismus sowie zu wirtschaftlichen Kennziffern des Tourismus wie Umsatz oder Beschäftigung sind entsprechende Aussagen in Ermangelung amtlicher Statistiken nicht möglich. Die letzte Grundlagenuntersuchung zum Tagestourismus datiert aus dem Jahr 2006; abschließende Ergebnisse einer von Bund und Ländern gemeinsam in Auftrag gegebenen neuen Grundlagenuntersuchung zu den „Tagesreisen der Deutschen“ werden bis Ende 2013 erwartet. 6. Welche zentralen tourismuspolitischen Leitlinien legt sie derzeit ihren Tätigkeiten zugrunde? Zu 6.: Die zentralen tourismuspolitischen Leitlinien der Landesregierung für die 15. Legislaturperiode entsprechen den einschlägigen Ausführungen im Koalitionsvertrag , wie sie unter Ziff. II. 3 der Großen Anfrage der Fraktion der SPD „Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg“, Drucksache 15/865 resümiert werden. Die Landesregierung legt danach einen besonderen Fokus auf einen naturnahen, umweltverträglichen und barrierefreien Tourismus. Daneben orientiert die Landesregierung ihre Tourismuspolitik an den 12 Handlungsleitlinien des 2009 verabschiedeten „Tourismuskonzepts Baden-Württemberg“. Diese Handlungsleitlinien repräsentieren markt- und zielgruppengerechtes Handeln und sollen allen touristischen Akteuren im Land als Maßstab und Kriterienkatalog für die Selbstprüfung und das eigene Handeln dienen. 7. Welche Ziele verfolgt sie, um in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten den heimischen Tourismus zu stärken? Zu 7.: Ziel der Landesregierung ist eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg. Dies gilt sowohl für den Tourismus im ländlichen Raum als auch für den Städte- und Kulturtourismus. Weitere wichtige Ziele sind vor dem Hintergrund einer wachsenden Nachfrage der Einbezug von Nachhaltigkeitsaspekten im Tourismus, die Stärkung des barrierefreien Tourismus und der Ausbau der touristischen Infrastruktur. Diese Themen werden konsequent durch die Zuwendungszwecke und -ziele der finanziellen Tourismusfachförderung, insbesondere dem Tourismusinfrastrukturprogramm, gestärkt. Aufgrund des stetig wachsenden Wettbewerbs ist es überdies erforderlich, Alleinstellungsmerkmale zu identifizieren und diese gezielt im touristischen Marketing zu nutzen. Das Projekt zur modellhaften Durchführung eines Nachhaltigkeitschecks für die besucherstärksten Tourismusziele bildet hierbei einen Schwerpunkt. Auch die Einrichtung des Nationalparkes Schwarzwald und eines Biosphärengebietes im Südschwarzwald bringen wichtige touristische Impulse. 8. Welche Bedeutung misst sie den Teilbereichen des Tourismussektors wie Naturtourismus , Genusstourismus, Kulturtourismus, Gesundheitstourismus, Messetourismus , Kinder- und Jugendtourismus bei? Zu 8.: Die Landesregierung misst dem Tourismussektor als Querschnittsbranche und seinen einzelnen Teilbereichen sowie den Dienstleistern im Tourismus, wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Handel, Reiseveranstaltern und Reisevermittlern oder Verkehrsunternehmen, eine hohe wirtschaftliche Bedeutung bei. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 10 Naturtourismus Als wichtigste Urlaubsaktivität geht aus der Studie „Destination Brand 10 – Themenkompetenz deutscher Urlaubsziele“ und aus anderen Studien der Aufenthalt in der Natur hervor. 70 Prozent der potenziellen Baden-Württemberg-Urlauber haben daran sehr großes oder großes Interesse. Gleichzeitig teilt mehr als die Hälfte der Deutschen (54 Prozent) die Ansicht, dass Baden-Württemberg besonders geeignet für einen Natururlaub ist. Bei den Befragten, die bereits einen Urlaub in BadenWürttemberg verbracht haben, fällt dieser Wert mit 82 Prozent noch deutlich höher aus. Da Natur eine wichtige Komponente der meisten touristischen Teilbereiche ist, sind die Überschneidungen mit anderen Segmenten entsprechend breit. Im Rahmen eines Fachgutachtens zum Handlungsfeld Tourismus zur Anpassungsstrategie des Landes an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels hat die ift Freizeit- und Tourismusberatung GmbH, Köln das Nachfragevolumen und die wirtschaftliche Bedeutung des Naturtourismus abgeschätzt. Danach ist für den Naturtourismus schätzungsweise von ca. 15 Mio. Tagesreisenden und ca. 3 Mio. Übernachtungen sowie Bruttoumsätzen von ca. 500 Mio. Euro auszugehen. Nach dem „Tourismuskonzept Baden-Württemberg“ wird der Markt für Naturtourismus (mit Natur als dominantem Motiv) als mittelgroßer Markt mit moderatem Wachstum und steigender Wettbewerbsintensität eingeschätzt und noch erhebliche Entwicklungschancen , insbesondere für den ländlichen Raum gesehen. Für den aktivtouristischen Überschneidungsbereich des Wandertourismus wurde von ift für Baden-Württemberg ein Nachfragevolumen von ca. 45 Mio. Tagesreisenden und ca. 4 Mio. Übernachtungen sowie Bruttoumsätze von ca. 925 Mio. Euro prognostiziert. Für den Radtourismus schätzte ift ein Nachfragevolumen von ca. 15 Mio. Tagesreisenden und ca. 3,25 Mio. Übernachtungen sowie Bruttoumsätze von ca. 450 Mio. Euro. In Deutschland hängen laut einer Untersuchung des Bundeswirtschaftsministeriums 186.000 Arbeitsplätze direkt vom Radtourismus ab. Es profitieren dabei in starkem Maße kleine und mittelständische Betriebe in strukturschwachen ländlichen Räumen. Auch der Radtourismus ist daher eine der wesentlichen Säulen des Tourismus in Baden-Württemberg und ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor im Land. Zu den Überschneidungsbereichen Wandern und Radfahren des Aktivtourismus zum Naturtourismus wird im Übrigen auf die Antwort der Landesregierung zu der Großen Anfrage der SPD „Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg“, Drucksache 15/865, verwiesen. Genusstourismus Unter Genusstourismus wird im Folgenden das Interesse und der Genuss kulinarischer und gastronomischer Spezialitäten (Kernangebot) verstanden. Mit 54 Prozent der potenziellen Baden-Württemberg-Urlauber steht der Genusstourismus an zweiter Stelle der Themen. Auch bei diesem Thema hält mehr als die Hälfte der Befragten (52 Prozent) Baden-Württemberg für ein geeignetes Reiseziel. Hier liegt der Wert bei Befragten, die bereits im Land waren mit 79 Prozent ebenfalls deutlich höher. Das Nachfragevolumen und die wirtschaftliche Bedeutung des Kulinariktourismus schätzt ift im Rahmen des vorgenannten Fachgutachtens auf ca. 27 Mio. Tagesreisende und ca. 0,5 Mio. Übernachtungen ab. Die Bruttoumsätze im Kulinariktourismus werden mit ca. 1 Mrd. Euro, die touristisch induzierten Umsätze in der Gastronomie mit ca. 5,7 Mrd. Euro angenommen. Das „Tourismuskonzept Baden-Württemberg“ bewertet den touristischen Genussmarkt als einen mittelgroßen Markt für Zielgruppen mit einem primären Interesse an Genuss und als einen sehr großen Markt für alle anderen Zielgruppen mit sekundärem Interesse , mit einem starken Wachstum und sich ebenso intensivierenden Wettbewerb. Nach dem Tourismuskonzept ist das Land in diesem Segment wettbewerbsfähig und in wesentlichen Teilen marktführend, begründet mit diesem Thema allerdings noch keine Alleinstellung, da sich auch andere Destinationen in diesem Segment profilieren. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 11 Kulturtourismus Jeweils die Hälfte der im Rahmen des „Destination Brand 10“ Befragten (50 Prozent ) möchte im Urlaub vor allem kulturelle Einrichtungen besuchen und Wellnessangebote nutzen. Für einen Kultururlaub stufen 48 Prozent Baden-Württemberg als geeignet ein (71 Prozent der Befragten mit Kenntnis der Destination). Nach Einschätzung der TMBW ist die Zahl reiner Kulturreisen nach Baden-Württemberg eher gering – mit leicht fallender Tendenz. Hier zeigt sich, dass „Kultur“ nur selten alleiniger Reiseanlass ist, sondern immer häufiger als „Teilelement“ in einen Erholungs- und Besichtigungsurlaub integriert wird. Insgesamt wird der Kulturtourismus mit dem „Tourismuskonzept Baden-Württemberg“ als ein mittelgroßer , in Kombination mit dem Städtetourismus jedoch großer Kurzreisemarkt mit einem moderaten Wachstum und intensivem Wettbewerb eingeschätzt (vgl. Ziff. I. 4 der Großen Anfrage der Fraktion der SPD: Entwicklung des Tourismus in Baden-Württemberg, Drucksache 15/865). Das Nachfragevolumen und die wirtschaftliche Bedeutung des kombinierten Städte- und Kulturtourismus schätzt ift im Rahmen des o. g. Fachgutachtens auf ca. 65 Mio. Tagesreisende, ca. 4,5 Mio. Übernachtungen in meldepflichtigen Betrieben und ca. 3 Mio. Übernachtungen bei Freunden/Verwandten. Die Bruttoumsätze liegen schätzungsweise bei ca. 2,7 Mrd. Euro. Gesundheitstourismus Im Rahmen des „Destination Brand 10“ halten 45 Prozent der Befragten BadenWürttemberg für geeignet bei den Themen Wellness- oder Gesundheitsurlaub (68 bzw. 70 Prozent der Befragten mit Destinationserfahrung). Der Gesundheitstourismus hat eine hohe Bedeutung und gilt als eine Stärke und Kernkompetenz des Landes. Insbesondere der nördliche und südliche Schwarzwald, Oberschwaben als auch einzelne Bäderstandorte werden als die Gesundheitsregionen im Land wahrgenommen. Nach dem „Tourismuskonzept Baden-Württemberg“ wird der Gesundheitstourismus als ein besonders wettbewerbsintensiver Markt mit großem Nachfragevolumen, stark wachsend in den Segmenten Prävention, Medical Wellness, und Wellness und mit deutlichen Rückgängen in den Segmenten der ambulanten und stationären Vorsorgeleistungen eingeschätzt. Mit dem Gesundheitstourismus werden hohe Wachstumsraten in den kommenden Jahren verbunden. Auslöser hierfür sind das steigende Gesundheitsbewusstsein der Menschen, die Gesunderhaltung bis ins hohe Alter hinein, der medizinische Fortschritt und der Wandel im Gesundheitssystem hin zu mehr Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative. Auch die Gesundheitsorientierung und höhere Reisetätigkeit der wachsenden Zahl der Senioren beeinflusst den Gesundheitstourismus zudem positiv. Die Betriebe haben deshalb in den zurückliegenden Jahren verstärkt Investitionen in die Angebotsvielfalt und -qualität gerade auch im Gesundheits- und Wellnessbereich getätigt. Dafür sprechen auch die Zahlen in den verschiedensten Studien. Laut Reiseanalyse 2011 ist für 35 Prozent der Deutschen „Gesundheit“ ein Urlaubsmotiv für eine Inlandsreise. 8,2 Prozent planen 2013 einen Wellness- und Gesundheitsurlaub als Haupturlaubsreise (ADAC Reisemonitor). Die Reiseanalyse 2012 bescheinigt vor allem dem Wellnessurlaub eine gute Potenzialentwicklung. Im Rahmen des o. g. Fachgutachtens schätzte ift das Nachfragevolumen des Gesundheitstourismus auf ca. 10 Mio. Tagesreisende, ca. 3 Mio. Übernachtungen im Rahmen privat finanzierter Reisen sowie 6,4 Mio. Übernachtungen in Kur- und Rehakliniken ab. Die Bruttoumsätze aus dem Gesundheitstourismus wurden mit ca. 1,6 Mrd. Euro angenommen. Demgegenüber errechnete eine 2005/2006 durchgeführte Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif) einen touristischen Bruttoumsatz in den Heilbädern und Kurorten des Landes (Gesundheitstourismus) von 2,956 Mrd. Euro. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 12 Geschäftstourismus (Messetourismus) Statistische Angaben oder isolierte Untersuchungen zum Messetourismus liegen für das Land nicht vor. Der Messetourismus wird allgemein dem Geschäftstourismus im Sinne beruflich motivierter Reisen mit und ohne Übernachtung zugeordnet. Dieser, auch MICE (Meetings, Incentives, Conventions, Events) genannte Tourismuszweig ist eng mit der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und Entwicklung verbunden . Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Messestandorte mit ihren Veranstaltungen eine große Wirkung auf die tourismuswirtschaftliche Entwicklung haben. Exemplarisch lässt sich dies nach Darstellung des DEHOGA Baden-Württemberg e. V. für den Standort der Landesmesse Stuttgart zeigen. So waren in der Stadt Leinfelden-Echterdingen kurz vor Eröffnung der Landesmesse im Juli 2007, insgesamt 985 Übernachtungsmöglichkeiten im Beherbergungsbereich vorhanden. Fünf Jahre später im Juli 2012 schon 2.377. Die Zahl der Übernachtungen hat sich von 2007 mit 151.391 auf 344.765 in 2012 mehr als verdoppelt. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung Baden-Württembergs nimmt der Geschäftstourismus insgesamt einen wichtigen Stellenwert ein. Mit der Landesmesse Stuttgart und den Standorten Karlsruhe, Freiburg, Offenburg, Mannheim, Ulm und Friedrichshafen, Villingen-Schwenningen und Sinsheim hat das Land wichtige Messeplätze vorzuweisen, die in den jeweiligen Städten einen hohen Anteil am Übernachtungsaufkommen generieren dürften. Im Rahmen des o. g. Fachgutachtens wurde das Nachfragevolumen des Geschäftstourismus auf 73 Mio. Tagesreisende (ohne Ausländer) und ca. 18 Mio. Übernachtungen in meldepflichtigen Quartieren sowie ca. 2,5 Mio. Übernachtungen in Privatquartieren und 1 Mio. Nächtigungen bei Freunden und Verwandten abgeschätzt. Die Bruttoumsätze aus dem Geschäftstourismus wurden mit ca. 5 Mrd. Euro, davon 2,5 Mrd. Euro aus promotablem Geschäftstourismus angenommen. Kinder- und Jugendtourismus (Familientourismus) Statistische Angaben oder einschlägige Untersuchungen zum Kinder- und Jugendtourismus liegen für das Land nicht vor. Baden-Württemberg wird von den Deutschen aber auch als ein Reiseziel wahrgenommen, das sich besonders für einen Urlaub mit Kindern und Jugendlichen eignet. Laut „Destination Brand 10“ teilen 50 Prozent der Befragten diese Ansicht. Da 49 Prozent der deutschen Bevölkerung Interesse am Thema „Familienurlaub“ bekunden, ist dieser Sektor für den Tourismus in Baden-Württemberg als bedeutend einzustufen. Nach dem „Tourismuskonzept Baden-Württemberg“ ist das Land zusammen mit Bayern und Mecklenburg -Vorpommern Marktführer im Segment des Familientourismus. Der Markt für Familientourismus wird nach wie vor groß, allerdings bei anhaltend hohem Wettbewerb schrumpfend eingeschätzt. 9. Welche Maßnahmen verfolgt sie, um die allgemeine Verkehrsinfrastruktur den Bedürfnissen des Tourismus in Baden-Württemberg anzupassen, sodass das Wachstum im Tourismus nicht aufgrund mangelnder verkehrstechnischer Erreichbarkeit gehemmt wird? Zu 9.: Die allgemeine Verkehrsinfrastruktur und die verkehrstechnische Erreichbarkeit in Baden-Württemberg sind grundsätzlich gut. Hiervon profitiert auch das Urlaubs- und Reiseland Baden-Württemberg. Verbesserungen sind in Arbeit. Das Land setzt sich seit Jahren dafür ein und wird auch weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um bei der DB Fernverkehr Direktzugverbindungen in Tourismusdestinationen zu erhalten oder neu einzurichten. Auch die weitere Optimierung der Verknüpfung von Hochgeschwindigkeitszügen mit den Nahverkehrsangeboten und der bedarfsgerechten Anbindungen vor Ort ermöglicht eine möglichst umweltverträgliche Gestaltung von An- und Abreise sowie der Mobilität vor Ort, auch im touristischen Verkehr. Die Landesradfernwege sind Bestandteil des im Aufbau befindlichen Landradverkehrsnetzes und werden daher vorrangig gefördert. Insgesamt stellt das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg für die Förderung kommunaler Radwege in 2013 10 Mio. Euro und in 2014 15 Mio. Euro bereit. Für Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 13 Radwege an Landesstraßen werden zusätzlich in 2013 5 Mio. Euro und in 2014 2,5 Mio. Euro investiert. Von diesen Geldern profitiert auch die radtouristische Infrastruktur . Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur hat zum 1. Januar 2013 die Qualitätssicherung bei der landesweit einheitlichen wegweisenden Beschilderung der Landesradfernwege übernommen. 10. Welche Bedeutung misst sie den großen Verkehrsinfrastrukturprojekten, wie beispielsweise „Stuttgart 21“, „Baden 21“, „Rhein/Main–Rhein/Neckar“, für den Tourismus in Baden-Württemberg bei? Zu 10.: Für den baden-württembergischen Tourismus sind die genannten Verkehrsinfrastrukturprojekte schon deshalb von hoher Relevanz, weil eine schnelle Erreichbarkeit aus den in- und ausländischen Quellmarktregionen unabdingbar ist, um als Reiseziel konkurrenzfähig zu sein. Bei großen Verkehrsinfrastrukturprojekten sind aufgrund der verbesserten verkehrlichen Erreichbarkeit grundsätzlich positive gesamtwirtschaftliche Effekte zu erwarten. Bei der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm und Stuttgart 21 wurde im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Studie für die Branchengruppe „Handel, Tourismus , Verkehr“ eine dauerhafte Steigerung des Bruttowertschöpfungszuwachses in Baden-Württemberg von 0,19 Prozent prognostiziert1. Genauere gutachterliche Ergebnisse für den Anteil des Tourismus innerhalb dieser Branchenaggregation liegen nicht vor. Zusammen mit einer natürlichen modellimmanenten Prognoseunsicherheit kann der zuvor genannte Wert deshalb nur eine grobe Trendaussage für die Effekte des Gesamtprojekts auf den Tourismus im Land geben. Beim Aus- und Neubau der Rheintalbahn und bei der Neubaustrecke „Rhein/Main–Rhein-Neckar“ ist grundsätzlich mit ähnlichen Wirkungen infolge der verbesserten Erreichbarkeit zu rechnen, auch wenn für diese Projekte keine eigenen Prognosen vorliegen. Neben den dauerhaften Effekten sind auch bauzeitliche Wirkungen von großen Schieneninfrastrukturprojekten auf den Tourismus im Land möglich. Dabei sind prinzipiell positive wie auch negative Effekte denkbar. So können große Infrastrukturprojekte in ihrer Bauphase einerseits auf gezieltes Interesse bei Besuchern treffen. Gleichzeitig führen solche Vorhaben aber auch zu bauzeitlichen Beeinträchtigungen für Besucher durch Lärm- und Erschütterungen, veränderte Verkehrsführungen oder andere Einschränkungen. Informationen zur Größenordnung dieser möglichen bauzeitlichen Wirkungen für den Tourismus im Land liegen nicht vor. 11. Was sind die Schwerpunkte ihres Landesmessekonzepts? Zu 11.: Die Landesmesse Stuttgart und weitere attraktive Messeplätze in Baden-Württemberg bieten für die leistungsstarke Industrie und die breit aufgestellte Dienstleistungswirtschaft des Landes wichtige Präsentationsmöglichkeiten zur Erschließung nationaler und internationaler Märkte. Messen unterstützen die Imagebildung Baden-Württembergs als starker Wirtschaftspartner und zugleich touristisch attraktive Region nachhaltig. Die Landesregierung zielt mit ihrem Landesmessekonzept bzw. mit ihrer Messepolitik auf die Stärkung des Messe- und Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg ab. Ein weiteres Ziel der Messepolitik des Landes ist es, die Voraussetzungen für eine optimale Auslastung aller Messestandorte im Lande stetig zu verbessern. In den vergangenen Jahren wurden die Messestandorte mit Unterstützung des Landes ausgebaut, erweitert und auf den neuesten Stand gebracht. Gleichzeitig wurde die inhaltliche Strategie der Messepolitik neu ausgerichtet. Bereits die Empfehlungen eines früheren Messegutachtens im Auftrag des damaligen Wirtschaftsministeriums verwies auf die Verbesserung der Wettbewerbssituation der Messestandorte sowie die Entwicklung von Eigenveranstaltungen und vor allem die Internationalisierung des Messegeschäfts. Die Umsetzung dieser Empfehlungen ist Aufgabe der selbstständigen Messegesellschaften im Land. 1 Rothengatter, Werner, et al (2009): Volkswirtschaftliche Bewertung des Projekts Baden-Württemberg (BW) 21: Gutachten im Auftrag des Innenministeriums Baden-Württemberg; Endbericht März 2009. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 14 Die Landesregierung unterstützt die Aktivitäten der baden-württembergischen Messegesellschaften und ihrer Träger. Instrumente hierfür sind u. a. die gemeinsame Dachmarke „bw-fairs – Messemarktplatz Baden-Württemberg“, ein gemeinsames Vermarktungsinstrument für den gesamten baden-württembergischen Messestandort sowie das Messeforum Baden-Württemberg. Aufgabe dieses Netzwerkes mit den Vertretern der neun Messegesellschaften des Landes und mit Beteiligung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft sowie von Baden-Württemberg International – Gesellschaft für internationale wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit mbH (bw-i) ist es, den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit zu intensivieren und den Messestandort Baden-Württemberg im nationalen und internationalen Wettbewerb zu stärken und weiter voranzubringen. Das Land Baden-Württemberg begleitet als Gesellschafter über seine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Landesmesse Stuttgart GmbH aktiv die Entwicklung von neuen Messethemen und die Internationalisierung einzelner Geschäftsbereiche . Dabei wird die Geschäftsführung der Landesmesse unterstützt, Messethemen für Eigenmessen, insbesondere an wirtschaftspolitischen Zukunftsfeldern wie Nachhaltige Mobilität, Umwelttechnologien, Erneuerbare Energien und Ressourceneffizienz , Gesundheitswirtschaft sowie Informations- und Kommunikationstechnologie auszurichten. 12. Wie plant sie den Messestandort Baden-Württemberg weiter auszubauen? Zu 12.: Im Hinblick auf den weiteren Ausbau des Messestandorts Baden-Württemberg ist zwischen der Landesmesse Stuttgart, an der das Land als Gesellschafter beteiligt ist, und den weiteren Messestandorten im Land zu unterscheiden. Die Geschäftsführung der Landesmesse Stuttgart GmbH plant, die Hallenkapazitäten von derzeit 105.000 qm um ca. 17.000 qm auf 122.000 qm zu erweitern. Die Erweiterung umfasst den Neubau einer Halle (Halle 10) mit zusätzlicher Fläche von rund 15.000 qm und den Ausbau des Eingangs West (Westerweiterung). Im Eingang West sollen auf rund 2000 qm eintausend zusätzliche Besucherplätze im Kongress- und Veranstaltungsbereich entstehen. Die Erweiterungspläne der Landesmesse Stuttgart GmbH werden derzeit von den Gesellschaftern geprüft. Die Gesellschafter Stadt Stuttgart und Land Baden-Württemberg haben bei ihrer Prüfung und Bewertung der Pläne zur Westerweiterung zwei Grundvoraussetzungen formuliert. Zum einen müssen sich die Erweiterungsmaßnahmen auf die bestehenden Flächen im planfestgestellten Areal der Landesmesse Stuttgart beschränken und zum anderen muss die Messe die Kosten für die Erweiterung aus eigenen Mitteln finanzieren. Den Aus- oder Neubau von Messeflächen der weiteren Messestandorte in BadenWürttemberg hat die Landesregierung im Rahmen der Regionalmessenförderung unterstützt. Damit wurde die Wettbewerbsfähigkeit dieser Standorte, an denen das Land Baden-Württemberg keine direkte Beteiligung hat, wesentlich verbessert. Das Messeland Baden-Württemberg verfügt damit an allen Standorten über eine moderne Infrastruktur und gute Voraussetzungen, um im nationalen und internationalen Messemarkt erfolgreich zu sein. Eine erneute Bezuschussung von Investitionen in die Messeinfrastruktur an den weiteren Messestandorten des Landes ist derzeit nicht vorgesehen. 13. Welche Pläne verfolgt sie im Bereich ihrer Möglichkeiten bei Themen der Steuern, wie der Vermögens-, der Erbschafts- oder der Mehrwertsteuer und welche Auswirkungen haben diese Pläne auf das Hotellerie- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg? Zu 13.: Die Landesregierung unterstützt Initiativen zur stärkeren Beteiligung großer Privatvermögen zur Finanzierung von Landesaufgaben sowie zur Anhebung des Spitzensteuersatzes , allerdings deutlich oberhalb der heutigen Tarifstufe. Im Bereich der Umsatzsteuer setzt sich die Landesregierung grundsätzlich für eine Reform und Überarbeitung der Tatbestände des ermäßigten Umsatzsteuersatzes ein. Eine Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 15 solche Reform wäre ein nachhaltiger Beitrag zur Steuervereinfachung, der für sich allein gesehen allen am Wirtschaftsleben Beteiligten Vorteile brächte. Ob und welche Auswirkungen diese staatlichen Pläne haben, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab. 14. Ist ihr bekannt, welche Auswirkungen die Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes zum 1. Januar 2010 bei den Beherbergungsbetrieben in Baden-Württemberg, insbesondere im Bereich der Investitionen und der Arbeits- und Ausbildungsplätze, hatte? Zu 14.: Der Landesregierung ist die vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Management und Tourismus (IMT) der Fachhochschule Westküste zu den Auswirkungen der Mehrwertsteuersenkung bekannt. Ausgelöst durch die Senkung des Umsatzsteuersatzes sollen danach die Hotellerie- und Gastronomiebetriebe bundesweit Investitionen in einem Umfang von 939,6 Millionen Euro getätigt haben. Darüber hinaus sollen die finanziellen Spielräume für Neueinstellungen genutzt worden sein. In den Jahren 2010 und 2011 seien 11.118 neue Arbeits- und Ausbildungsplätze – davon 5.426 Vollzeit-, 3.763 Teilzeitstellen sowie 1.929 Ausbildungsplätze – geschaffen worden. Die Landesregierung vermag nicht zu beurteilen, ob diese positiven Ergebnisse allein auf den ermäßigten Umsatzsteuersatz oder auch auf andere gesamtwirtschaftliche Wirkungsfaktoren, wie etwa das niedrige Zinsniveau und die allgemein gute Tourismuskonjunktur der letzten Jahre zurückzuführen sind bzw., inwieweit die durch Senkung der Umsatzsteuer bedingten Mehreinnahmen landesweit für Investitionen, Qualitätsverbesserung, Preissenkungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen genutzt wurden. 15. Wie bewertet sie die Forderung, im Zuge einer geplanten Gesamtreform des Mehrwertsteuersystems einen einheitlichen reduzierten Mehrwertsteuersatz für Hotellerie und Gastronomie zu erreichen? Zu 15.: Die Landesregierung spricht sich bei einer Reform des Mehrwertsteuersystems grundsätzlich gegen die Schaffung weiterer Ausnahmetatbestände aus. Infolgedessen unterstützt sie die Ausweitung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nicht. 16. Welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um Ausbildung und Weiterqualifizierung im Hotel- und Gaststättengewerbe zu verbessern, beziehungsweise Nachwuchsprobleme zu beheben? Zu 16.: Die Landesregierung misst der Aus- und Weiterbildung für die Nachwuchs- und Fachkräftesicherung im Hotel- und Gaststättengewerbe eine sehr hohe Bedeutung bei. Der Bedarf an Fach- und Führungskräften wird aufgrund der demografischen Entwicklung und des wirtschaftlichen Strukturwandels auch in der Tourismuswirtschaft Baden-Württembergs weiter zunehmen. Gut ausgebildete und stetig weiter qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Dienstleistungsbranchen wie dem Hotel- und Gastststättengewerbe von hoher Bedeutung für die Qualität der erbrachten Dienstleistungen, die Zufriedenheit der Gäste und schließlich für die Zukunftssicherung der Unternehmen und der Arbeitsplätze. Die Landesregierung unterstützt die Unternehmen im Hotel- und Gaststättengewerbe hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung sowie der Nachwuchssicherung auf vielfältige Weise. Auch im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) wird in Baden-Württemberg in der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 ein beträchtlicher Teil der Fördermittel im Bereich Wirtschaft für Aus- und Weiterbildung eingesetzt . Die Angebote stehen regelmäßig allen Wirtschaftszweigen offen und werden auch vom Hotel- und Gaststättengewerbe in Anspruch genommen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 16 Von Seiten des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport wurde zum Schuljahr 2011/2012 ein dreijähriges Berufskolleg in Teilzeitunterricht, Fachrichtung Hotellerie und Gastronomie, an den vier Landesberufsschulen für das Hotel- und Gaststättengewerbe eingerichtet. Dieses Angebot richtet sich an Schüler und Schülerinnen mit mittlerem Bildungsabschluss, die den Ausbildungsberuf Hotelfachmann/-frau, Hotelkaufmann/-frau, Restaurantfachmann/-frau, Koch/Köchin oder Fachmann/ Fachfrau zur Systemgastronomie erlernen möchten. Parallel zur Ausbildung in einem anerkannten gastgewerblichen Beruf haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, die Fachhochschulreife zu erlangen. Die Weiterqualifizierung nach erfolgreichem Abschluss und einschlägiger Berufstätigkeit kann unter anderem an der Fachschule für Wirtschaft Fachrichtung Hotel- und Gaststättengewerbe erfolgen. Hier besteht für Absolventen des dreijährigen Berufskollegs in Teilzeitunterricht, Fachrichtung Hotellerie und Gastronomie, die Möglichkeit, eine Anrechnung auf die Ausbildungsdauer an der Fachschule zu erhalten und direkt in die Fachstufe (2. Schuljahr) einzutreten. Die Landesregierung unterstützt im Bereich der betrieblichen Ausbildung mit ESFMitteln seit Anfang 2011 die Nachwuchskampagne „BiG Ausbildung – Berufe im Gastgewerbe“ des DEHOGA Baden-Württemberg. Im Rahmen der Kampagne wird auf die guten Berufs- und Karrieremöglichkeiten im Hotel- und Gaststättengewerbe aufmerksam gemacht. Seit Beginn der Kampagne wurden über 10.000 Infopakete an interessierte Jugendliche verschickt. Diese Pakete enthalten neben einer ausführlichen Broschüre zu den gastgewerblichen Berufsbildern auch eine aktuelle Liste mit ausbildenden Betrieben in ganz Baden-Württemberg. Darüber hinaus hat die Landesregierung im Juni 2012 die Ausbildungskampagne „gut-ausgebildet.de“ gestartet. Ziel der Kampagne ist es, die Attraktivität der beruflichen Ausbildung zu erhöhen und Karriereperspektiven aufzuzeigen. Junge Menschen sollen so für eine Ausbildung, auch im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes, begeistert werden. Kernbestandteil der Kampagne sind 40 Videos von Auszubildenden, die den Arbeitsalltag und die Karrierewege jugendgerecht darstellen. Die Filme sind auf der Internetseite „gut-ausgebildet.de“ und auf dem YouTube-Kanal „berufezappen“ zu finden. Sie wurden bereits rund 250.000 mal angeklickt. Im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes gibt es Filme zu den Ausbildungsberufen Koch/Köchin, Hotelfachmann/-frau und Tourismuskaufmann/-frau. Ein wichtiger Teil dieser Ausbildungskampagne sind die Ausbildungsbotschafter . Ausbildungsbotschafter sind Auszubildende, die in baden-württembergischen Schulen für eine Berufsausbildung werben. Sie berichten von ihren persönlichen Erfahrungen und geben Schülerinnen und Schülern einen authentischen Einblick in interessante Ausbildungsberufe. Derzeit sind rund 2.660 Ausbildungsbotschafter aktiv. Pro Schuleinsatz werden in der Regel zwei Ausbildungsbotschafter eingesetzt . Insgesamt fanden bislang knapp 1.600 Schuleinsätze landesweit statt, mit denen ca. 40.000 Schülerinnen und Schüler erreicht wurden. Von den aktiven Ausbildungsbotschaftern sind ca. 75 aus dem Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes . Mit dieser Maßnahme soll bei künftigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern das Interesse für Ausbildungsberufe im Hotel- und Gastgewerbe geweckt werden. Mit dem Ziel, junge Menschen für eine Berufswahl im Tourismus zu sensibilisieren und interessieren, hat die Landesregierung im Jahr 2011 ein Schulprojekt der Schwarzwald Tourismus GmbH „Wir können/kennen Tourismus“ mit 32.500 Euro gefördert. Das Projekt hatte zum Gegenstand, im Rahmen von Schulprojektarbeiten das Wissen der Schüler an allgemein bildenden Schulen im Schwarzwald um die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für sie und ihre Region zu verbessern , so das Tourismusbewusstsein zu steigern und die Schüler mit touristischen Berufen in Kontakt zu bringen. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Landesregierung ist es, Ausbildungsabbrüche auch bei den Berufen des Hotel- und Gaststättengewerbes soweit als möglich zu vermeiden. Daher fördert die Landesregierung seit 2012 in allen Regionen des Landes sogenannte Ausbildungsbegleiter. Diese sollen bei abbruchgefährdeten Ausbildungsverhältnissen, insbesondere auch im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes , stabilisierend wirken und betriebliche Ausbilder durch Beratung und Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 17 Seminare unterstützen. Darüber hinaus werden im Hotel- und Gaststättengewerbe zwei Träger gefördert, die sich ausschließlich um Auszubildende und Betriebe aus diesem Bereich kümmern. Die Landesregierung unterstützt die berufliche Weiterbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe u. a. durch die laufende Modernisierung der DEHOGA Akademie in Bad Überkingen als zentraler Weiterbildungsstätte. In Trägerschaft der „Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung des Gastgewerbes in Baden-Württemberg “ werden in der DEHOGA Akademie praktische wie theoretische Lehrgänge für die zahlreichen Berufe des Gastgewerbes durchgeführt. Die Kurse reichen von der Einstiegsqualifizierung von Existenzgründern über Servier- und Anrichtekurse und die Vermittlung neuer Trends in der Gastronomie bis zu Vorbereitungskursen auf die Küchenmeisterprüfung oder Managementseminare für die gehobene Hotellerie. Die in Bad Überkingen vorhandenen Übungs- und Schauküchen, ein Restaurant mit Servier- und Barbereich oder eine Empfangstheke für die Hotellerie wurden mit Zuschüssen des Landes – zuletzt in den Jahren 2011/2012 – immer wieder erweitert und grundlegend modernisiert. In den Jahren 2003/2004 wurde das vorhandene Gebäude, ebenfalls mit Zuschüssen des Landes, aufgestockt, um dem gestiegenen Teilnehmeraufkommen Rechnung zu tragen. 2010 besuchten fast 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen der rd. 250 Kurse in über 90 Themenfeldern . Allein im Zeitraum von 2003 bis heute wurden entsprechende Bauund Ausstattungsinvestitionen der DEHOGA-Akademie mit Landeszuschüssen von rund 800.000 Euro gefördert. Dadurch wurde ein Investitionsvolumen von über 2,6 Mio. Euro realisiert, um die Weiterqualifizierung der Beschäftigten im Hotel- und Gaststättengewerbe laufend zu verbessern. Die Landesregierung begrüßt im Übrigen das Engagement der Industrie- und Handelskammern und der Tourismus Akademie Baden-Württemberg, mit speziellen Angeboten, Veranstaltungen, Seminaren und Lehrgängen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen der Tourismuswirtschaft weiterzubilden. 17. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass die aktuellen Kurzarbeitsregelungen für die Tourismusbranche, sowohl für die Unternehmer als auch für die Beschäftigten, positiv zu bewerten sind, da sie sowohl Flexibilität als auch Arbeitsplatzsicherheit bedeuten? Zu 17.: Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben u. a. dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld nach dem Recht der Arbeitsförderung (§§ 95 ff. Sozialgesetzbuch III – SGB III –), wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt. Dies ist dann gegeben, wenn der Arbeitsausfall – auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, – vorübergehend ist (momentan max. 12 Monate), – nicht vermeidbar ist und – im jeweiligen Kalendermonat ein Drittel der Beschäftigten von einem (Brutto-) Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent betroffen ist. Ein Arbeitsausfall gilt jedoch dann als vermeidbar, wenn er überwiegend branchenüblich , betriebsüblich oder saisonbedingt ist (§ 96 Abs. 4 S. 2 Ziffer 1 SGB III). Vielfach trifft dies im Tourismussektor bzw. dessen einzelnen Segmenten zu (Beispiel: Ein Wintersportbetrieb hat gleichzeitig branchen-, betriebsüblich und saisonbedingt in den Sommermonaten Arbeitsausfall und kann sich langfristig darauf einstellen). Das erklärt auch, warum sich die Nutzung der Kurzarbeit in der Tourismusbranche Baden- Württemberg in einem äußerst geringen, statistisch nicht darstellbaren Umfang bewegt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 18 Ob und inwieweit ein Betrieb die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt, ist in jedem Einzelfall von der zuständigen örtlichen Agentur für Arbeit zu prüfen und zu entscheiden. Mit diesen seit 1. Januar 2012 gültigen Regelungen wurde zwar der erleichterte Zugang zum Bezug von Kurzarbeitergeld aus der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 aufgehoben, jedoch können betroffene Betriebe nach wie vor auf ein flexibles Instrument zum dauerhaften Erhalt von Arbeitsplätzen zurückgreifen, sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. 18. Wie steht sie zu den Bemühungen der EU-Kommission, Mittel für Tourismus aus der Europäischen Strukturförderung herauszunehmen und welche Auswirkung hätte dies für den Tourismus im ländlichen Raum bzw. für die sogenannten „benachteiligten Gebiete“? Zu 18.: Von den EU-Strukturfonds (EFRE: Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung und ESF: Europäischer Sozialfonds sowie der Kohäsionsfonds) sind für Baden-Württemberg nur die Strukturfonds EFRE und ESF relevant. Die laufende EFRE-Förderperiode im Programm Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung 2007 bis 2013 steht auch in Baden-Württemberg ganz im Zeichen von Innovation und ordnet sich den Lissabon- und Göteborg-Zielen der EU unter. Touristische Maßnahmen sind im Land bereits in diesem Programm nicht förderfähig, da Baden-Württemberg nach den Verhandlungen mit der EU-Kommission über das Operationelle Programm im EU-Vergleich über eine gut ausgebaute und leistungsfähige Tourismusinfrastruktur verfüge und daher im EFRE kein Förderbedarf bestehe. Für die kommende Förderperiode hat die EU-Kommission klar gemacht, dass sie eine noch stärkere Konzentration fordert. Die über den Europäischen Sozialfonds (ESF) in Baden-Württemberg für die Anpassung der Unternehmen und Beschäftigten zur Bewältigung des wirtschaftsstrukturellen Wandels angebotenen Fördermaßnahmen stehen grundsätzlich landesweit und branchenübergreifend im Rahmen der verfügbaren Mittel offen. Regionale Abgrenzungen spielen hierbei grundsätzlich keine Rolle. Beispielsweise ist auch, abhängig von der Finanzausstattung für die künftige Förderperiode 2014 bis 2020, in Zukunft geplant, im Rahmen der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Fachkräftesicherung ESF-Fördermittel für die berufliche Aus- und Weiterbildung zur Verfügung zu stellen. Einige der von der EU im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) kofinanzierten Förderprogramme leisten ebenfalls einen Beitrag zur Verbesserung und Erweiterung des touristischen Angebots. Dazu gehören beispielsweise die Förderprogramme zur Diversifizierung oder zur Naturparkförderung. Es ist beabsichtigt , diese in der kommenden Förderperiode fortzuführen. 19. Welche Pläne verfolgt sie im Bereich der Ladenschlusszeiten konkret, plant sie Änderungen an der sogenannten Bäderregelung bezüglich der Sonntagsöffnung ? Zu 19.: Im Bereich der Ladenschlusszeiten plant die Landesregierung derzeit keine konkreten Änderungen, auch nicht hinsichtlich der sogenannten Bäderregelung bezüglich der Sonntagsöffnung. Vorgesehen ist, die Ergebnisse der Evaluationen der Ladenöffnungsgesetze in anderen Bundesländern, so zum Beispiel in NordrheinWestfalen und in Hessen, hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf Baden-Württemberg zu prüfen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 19 20. Welche Anstrengungen unternimmt sie derzeit, um im Rahmen der Tourismusförderung faire Regelungen im Bereich „Gebühreneinzugszentrale (GEZ)“ und im Bereich der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA)“ für die Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie herbeizuführen? Zu 20.: Gesetzliche Grundlage für die Veranlagung von Unternehmen der Hotellerie und Gastronomie mit dem neuen Rundfunkbeitrag ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag , der zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist. Seither ist auch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) durch den sog. Beitragsservice ersetzt worden. Der Rundfunkstaatsvertrag ist mit dem hierzu erforderlichen Umsetzungsgesetz im Oktober 2011 vom baden-württembergischen Landtag einstimmig verabschiedet worden. Dabei wurde gerade die neue Ausgestaltung als Haushalts- und Betriebsstättenbeitrag als fairer angesehen. Derzeit liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse zu den Auswirkungen des neuen Beitragsmodells vor. Der Staatsvertrag wird jedoch innerhalb der nächsten zwei Jahre im Hinblick auf seine Auswirkungen evaluiert werden. Faire Regelungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter musikalischer Werke ergeben sich für Hotellerie und Gastronomie grundsätzlich auf der Grundlage des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes durch Gesamtverträge zwischen der „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte “ (GEMA) und Nutzervereinigungen, wie zum Beispiel der Bundesvereinigung der Musikveranstalter, zu deren Mitgliedern der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) gehört. Bezüglich zweier streitbefangener Nutzungstarife (U-V, M-V) der GEMA hat sich Herr Wirtschaftsminister Dr. Schmid 2012 nach einem Gespräch mit dem DEHOGA Baden-Württemberg beim Vorsitzenden des Aufsichtsrates und beim Vorsitzenden des Vorstandes der GEMA sowie im Rahmen der Wirtschaftsministerkonferenz für eine einvernehmliche Lösung eingesetzt. Von der für Streitfälle gesetzlich vorgesehenen Schiedsstelle wurde zu diesen Tarifen nunmehr im April 2013 ein Einigungsvorschlag für einen Gesamtvertrag vorgelegt, über dessen Umsetzung zurzeit zwischen GEMA und Bundesvereinigung der Musikveranstalter Verhandlungen stattfinden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen bleibt abzuwarten. 21. Teilt sie grundsätzlich die Einschätzung, dass die Ferienzeiten in Abstimmung mit der Kultusministerkonferenz entzerrt werden sollten, um eine optimale Auslastung der Ferienbetriebe zu erreichen? Zu 21.: Die Landesregierung teilt grundsätzlich die Einschätzung, dass die Ferienzeiten in Abstimmung mit der Kultusministerkonferenz soweit wie möglich entzerrt werden sollten, um damit auch eine optimale Auslastung der Ferien- und Tourismusbetriebe zu erreichen. Allerdings soll Baden-Württemberg ebenso wie Bayern auch ab 2018 nicht am Rotationsprinzip der anderen Bundesländer teilnehmen und an seiner bisher konstanten Regelung der Sommerferientermine mit dem Beginn Ende Juli festhalten. Diese Haltung entspricht den Interessen der baden-württembergischen Tourismuswirtschaft . Aus Sicht des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags – Federführung Tourismus – und des Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Baden-Württemberg e. V. sind die Auswirkungen der Ferienregelungen auf einzelne Gruppen der Tourismuswirtschaft und je nach Betriebsart differenziert zu betrachten. Auf der einen Seite sind die Anforderungen der Ferienhotellerie nach einem möglichst langen Gesamtferienzeitraum und andererseits die Interessen der Geschäftsreisehotels sowie der Städte, Messe- und Kongressanbieter nach einem eher kürzeren Ferienzeitraum zu berücksichtigen. Bei letzteren geht es darum, bei zumindest länderübergreifenden Tagungen auf einen möglichst langen Korridor an „ferienfreier“ Zeit zugreifen zu können, in denen Geschäftsreisende die Leistungen des Hotel- und Gastgewerbes in Anspruch nehmen. Insgesamt sind für BadenWürttemberg , wie in der Antwort zu Frage 8 ausgeführt, neben dem klassischen Urlaubstourismus auch der Geschäftsreise-, Messe- und Kongresstourismus von erheblicher Bedeutung. Zu berücksichtigen sind auch Belange der Busunterneh- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 20 men, Reiseveranstalter und Verkehrsflughäfen im Land. Durch die Pfingstferien, die sich für viele Familien zum Hauptreisezeitraum entwickelt haben, werden die Ferienzeiten entzerrt. So können die Flughäfen im Land und die Reiseveranstalter eine bessere Auslastung erzielen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Ferienkorridor der Vergangenheit für Baden-Württemberg grundsätzlich bewährt hat. Auch die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich in ihrem Beschluss vom 5./6. Juni 2013 aus Gründen der größtmöglichen Wertschöpfung einstimmig dafür ausgesprochen , ab dem Jahr 2018 vom 90-Tage-Ferienzeitraum für die Sommerferien maximalen Gebrauch zu machen und eine stärkere Entzerrung des Sommerferienzeitraums sicherzustellen. Durch eine optimale Ausnutzung des Sommerferienzeitraums werden Verkehrsströme entzerrt, Ferienregionen gleichmäßiger ausgelastet und fallen Übernachtungskosten für die Gäste eventuell geringer aus. Die Länder Baden-Württemberg und Bayern haben durch einen Protokollzusatz erklärt, auch ab 2018 nicht am Rotationsverfahren teilzunehmen. Gemäß § 3 des Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens werden Ferien in erster Linie nach pädagogischen Gesichtspunkten festgelegt und sollen regional gestaffelt in der Zeit zwischen dem 1. Juli und dem 10. September liegen. Dieser Grundsatz bringt zum Ausdruck, dass die Schulferien vorrangig dem Wohl der Schülerinnen und Schüler zu dienen haben. Abweichend von dem Abkommen terminiert die Kultusministerkonferenz unter angemessener Abwägung der Qualitätssicherung schulischer Arbeit und den Interessen der Tourismusbranche für die im Rotationsverfahren befindlichen Bundesländer einen Sommerferienbeginn bereits in die zweite Junihälfte und ein Ferienende der Ländergruppe Bayern/Baden-Württemberg nach dem 10. September . Die derzeit geltende Sommerferienregelung ist somit ein tragfähiger Kompromiss , der sowohl die pädagogischen als auch die wirtschaftlichen Interessen berücksichtigt. Wenn man aus der Sicht Baden-Württembergs die Pfingstferien in eine Gesamtschau mit einbezieht, kommt man auf einen Gesamtzeitraum von weit über 90 Tagen. 22. Schließt sie eine Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes für den Rest der Legislaturperiode aus? Zu 22.: Das Ziel des Landesnichtraucherschutzgesetzes (LNRSchG) besteht darin, die Bevölkerung vor Passivrauch zu schützen. Eine konsequente Umsetzung der geltenden gesetzlichen Regelungen ist notwendig. Die Landesregierung sieht es, wie im Koalitionsvertrag festgehalten, als Verpflichtung an, die Prävention und Gesundheitsförderung und damit auch den Nichtraucherschutz und dessen rechtliche Grundlagen konsequent weiterzuentwickeln. Vor diesem Hintergrund wird derzeit eine landesweite Abfrage zur Umsetzung des geltenden LNRSchG durchgeführt. Ziel ist es, die Erfahrungen und etwaige Probleme im Vollzug in Baden-Württemberg bei der Umsetzung des Gesetzes zu sammeln, um Defizite in der Erreichung des beabsichtigten Schutzniveaus aufdecken zu können. Nach Abschluss und Auswertung der Evaluation kann dann die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen geprüft werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 21 23. Wie bewertet sie den Vorschlag, den Tourismus in den „grenznahen Regionen“ durch eine gemeinsame Vermarktung mit Partnern jenseits der Bundesgrenze, beispielsweise aus Frankreich oder der Schweiz, zu fördern? Zu 23.: Für die grenznahen Regionen Baden-Württembergs ist eine internationale und gemeinsame Vermarktung vor allem dann begrüßenswert, wenn Quellmärkte in fernen Regionen angesprochen werden. Für Reisende aus Übersee haben innereuropäische Grenzen einerseits kaum Bedeutung, auf der anderen Seite besuchen sie Baden-Württemberg häufig ohnehin im Rahmen einer Europareise, die Stationen in verschiedenen Ländern umfasst. Ein grenzübergreifender Zusammenschluss der für die Vermarktung zuständigen Organisationen in dieser Hinsicht bietet Möglichkeiten der Bündelung von Marketingaktivitäten und verspricht Synergieeffekte. Vor diesem Hintergrund fördert die Landesregierung bereits die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Tourismus insbesondere im Bereich einer gemeinsamen Vermarktung. Im Rahmen von INTERREG IV der Europäischen Union ist Baden-Württemberg im Wege der Tourismusförderung als Kofinanzierungspartner an grenzüberschreitenden Projekten fördernd beteiligt. Zu nennen ist hierbei das INTERREG Projekt DEMARRAGE – Der Rheinradweg von der Quelle bis zur Mündung mit schweizerischer, französischer und niederländischer Beteiligung sowie auf deutscher Seite der an den Rhein angrenzenden Bundesländer. Weitere aktuelle Projekte sind das INTERREG IV Projekt – Trinationale Metropolregion am Oberrhein (Internationales Destinationsmarketing Upper Rhine Valley) mit schweizerischer, französischer und deutscher Beteiligung und das erst kürzlich gestartete INTERREG IV Projekt – Der Bodensee, die Wiege der europäischen Gartenbaukultur, an dem ebenfalls die Schweiz als Projektpartner beteiligt ist. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 22 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3461 23