Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 3500 15. 05. 2013 Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Aktuelle Bildungsforschung belegt: Guter Unterricht braucht gute Lehrer – und keine bloßen Lernbegleiter G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . R o l l e u n d Q u a l i t ä t d e r L e h r k r a f t 1. Welche Erkenntnisse sind ihr aus der aktuellen Bildungsforschung mit Blick auf die Rolle des Lehrers bekannt? 2. Über welche Kompetenzen, Anforderungen und Qualifikationen muss – aus ihrer Sicht – ein Lernbegleiter verfügen? 3. Inwiefern korrelieren der Lernerfolg und der Wissensgewinn der Schülerinnen und Schüler mit der Qualität der Lehrkraft? 4. Werden die Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Schulen in ihrer Qualität dem in der Forschung von John Hatties entworfenen Bild eines guten Lehrers gerecht bzw. welche weiteren Verbesserungen wären aus ihrer Sicht erforderlich? 5. Wie bewertet sie die These des Bildungsforschers John Hattie, dass ein guter Lehrer den eigenen Unterricht mit den Augen seiner Schüler sehen muss? 6. Welche Bedeutung misst sie „der Liebe des Lehrers zum Fach“ für das Gelingen des Unterrichts bei? I I . U n t e r r i c h t s f o r m e n 1. Welche empirischen Belege liegen ihr aus der aktuellen Bildungsforschung vor, die aufzeigen, dass ein ausschließlich offener Unterricht und das jahrgangsübergreifende Lernen zu einer Verbesserung des Lernens und einer Steigerung des Lernerfolgs führen? Eingegangen: 15. 05. 2013 / Ausgegeben: 15. 07. 2013 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 2 2. Können ausschließlich offene Unterrichtsformen den Schülern einen klaren Plan von Schwerpunkten und Lerninhalten vermitteln? 3. Können die verfügbaren Unterrichtsstunden in einem jederzeit offen geführten Unterricht ebenso effektiv genutzt werden wie in einer von der Lehrkraft präsent geführten Unterrichtseinheit, damit Unterrichtszeit nicht wirkungslos verstreicht und wenn ja, wie? 4. Ist jede Schülerin bzw. jeder Schüler den Anforderungen eines ausschließlich offenen Unterrichtes gewachsen (unter Angabe, ob jeder Lehrer dazu in der Lage ist, eine offene Unterrichtsform zu leiten)? 5. Weshalb lehnt sie einen gut strukturierten und anregenden sogenannten Frontalunterricht ab? 6. Könnte ein lehrerzentrierter Unterricht, bei dem die Schüler aktiv eingebunden werden und der sich nicht als reiner Lehrermonolog versteht, funktionieren und eine effektive sowie effektive Form der Wissensvermittlung sein? I I I . L e r n e r f o l g d e r S c h ü l e r i n n e n u n d S c h ü l e r 1. Welche Auswirkungen und welchen Einfluss hat die finanzielle Ausstattung der Schule auf den Wissensgewinn und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler? 2. Wie wichtig ist für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler eine fortlaufende Rückmeldung ihres aktuellen Leistungsstands durch passgenaue Leistungsüberprüfungen? 3. Erkennt sie in der Vergabe von Noten bzw. der Möglichkeit des Wiederholens einer Klassenstufe eine effiziente und effektive Maßnahme zur Verbesserung des Lernerfolgs der Schülerinnen und Schüler? 4. Welchen Stellenwert nehmen Lob und Tadel im Unterricht ein? 5. Welchen Stellenwert erkennt sie in einer ausgeprägten Feedback-Kultur im Unterricht? 6. Ist ein ausgeprägtes System und Konzept der Selbstevaluation für den Lernerfolg der Schüler und für die Qualität des Unterrichts des Lehrers von Bedeutung? 7. Welche verschiedenen Unterrichtsstile sollte ein guter Lehrer beherrschen, damit sich der Lernerfolg für die Schülerinnen und Schüler verbessert (unter Angabe, ob sie dem ausschließlich offenen Unterricht eine besondere Bedeutung beimisst)? IV. K l a s s e n f ü h r u n g d e r L e h r k r a f t 1. Welchen Stellenwert misst sie einer stringenten Klassenführung („classroom management“) des Lehrers bei? 2. Wie wichtig ist es für die Schülerinnen und Schüler, während des Unterrichts zu jedem Zeitpunkt genau zu wissen, worauf es ankommt bzw. was verlangt wird? 3. Wie steht sie zu der Erkenntnis der aktuellen Bildungsforschung, dass eine gute Lehrkraft nicht bloßer Architekt von Lernumgebungen bzw. kein Lernbegleiter sein soll, sondern vielmehr als Regisseur verstanden werden soll, der von der ersten bis zur letzten Minute den Unterricht steuert, seine Klasse im Griff und jeden Einzelnen im Blick hat? Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 3 4. Welche Bedeutung misst sie den Komponenten Humor und Strenge in der Klassenführung der Lehrkraft bei? 6. Wie bewertet sie insgesamt die aktuellen bildungswissenschaftlichen Erkenntnisse John Hatties mit Blick auf die von ihr verantworteten Umwälzungen im baden-württembergischen Schulsystem? 14. 05. 2013 Hauk, Wacker, Kurtz und Fraktion Beg r ü n d u n g Der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie hat in den zurückliegenden Jahren weltweit sämtliche Studien zum Lernerfolg gesichtet, gewichtet und zu einer großen Synthese der Unterrichtsforschung zusammengeführt. Hattie erstellte dabei eine Liste der effektivsten und pädagogisch wirkungs- und wertvollsten Komponenten und Einflussgrößen, die einen guten Unterricht charakterisieren. Dabei fällt besonders auf, dass Unterrichtskonzepte, wie sie von selbsternannten Schulreformern und Neudenkern oftmals gedacht und umgesetzt werden, in der aktuellen Bildungsforschung schlicht durchfallen. Besonders Modelle des ausschließlich offenen Unterrichts oder des jahrgangsübergreifenden Lernens bieten ganz offensichtlich keine geeignete Grundlage für erfolgreichen Unterricht oder für eine Steigerung des Lernerfolgs. Es finden sich keinerlei empirische Belege dafür, dass sich das Lernen der Schülerinnen und Schüler bei solchen Konzepten in irgendeiner Art und Weise verbessern würde. John Hatties Ausführungen und Schlüsse erweisen sich durchaus als repräsentativ, da in seine Untersuchungen unter anderem rund 250 Millionen Schülerinnen und Schüler einbezogen waren. Er liefert damit die umfangreichste Darstellung weltweiter Bildungsforschung. John Hatties zentrales und zugleich wichtigstes Forschungsergebnis lautet: Das was Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie es lernen und mit welchem Erfolg sie es lernen hängt entscheidend vom einzelnen Pädagogen ab, bzw. wird von diesem maßgeblich beeinflusst. Der Rolle und der Qualität der Lehrerin bzw. des Lehrers kommt also eine entscheidende Bedeutung hinsichtlich des Lernerfolgs der Schülerinnen und Schüler zu. Aus Hatties Forschung geht eindeutig hervor, dass es nicht genügt, wenn ein Lehrer lediglich als Baumeister von Lernumgebungen oder als Lernbegleiter agiert. Ein guter Lehrer sollte vielmehr als ein Regisseur verstanden werden, der zu jeder Zeit seinen Unterricht steuern kann und dabei seinen Schülern über die gesamte Unterrichtsstunde klarmachen kann, was er von ihnen verlangt und worauf es ankommt. Ein weiteres wichtiges Forschungsergebnis ist, dass die Zeit des Unterrichts effizient und effektiv genutzt werden muss und nicht mit unwichtigen Dingen verschwendet werden darf. Dabei wendet die gute Lehrkraft eine weit gefächerte Bandbreite von Unterrichtsstilen an. Dazu gehört auch der sogenannte Frontalunterricht, welcher fälschlicherweise oftmals als einseitiger Lehrermonolog missverstanden wird. Ein lehrerzentrierter Unterricht kann sehr hilfreich und förderlich für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler sein, wenn die Lehrkraft dabei wenig redet und zugleich seine Schülerinnen und Schüler aktiv einbindet. In einer ausschließlich offenen Unterrichtsform ist es hingegen der einzelnen Lehrkraft nach der aktuellen Bildungsforschung nicht möglich, den Schülerinnen und Schülern klar zu machen, was von ihnen verlangt wird, da hier auch ein effektives „classroom management“ praktisch unmöglich ist. Die ausschließlich offenen Unterrichtsformen, wie sie an den in Baden-Württemberg eingeführten Gemeinschaftsschulen klar dominieren, lassen die Schülerinnen und Schüler in vielerlei Hinsicht im ungewissen und hemmen damit deren Lernerfolg. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 4 Des Weiteren spielt die Leistungsorientierung eine wichtige Rolle in der aktuellen Bildungsforschung. Nach Hattie ist eine Feedback-Kultur von äußerster Wichtigkeit . Die Schülerinnen und Schüler müssen einschätzen und ermessen können, was sie selbst können. Dazu sind Leistungsüberprüfungen ein gutes Instrument, welches sich ebenso positiv auf den Lernerfolg auswirkt. Im Ganzen ist zu erkennen, dass an den von der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg derzeit eingeführten Gemeinschaftsschulen das genaue Gegenteil von dem praktiziert wird, was die aktuelle Bildungsforschung als zielführend für den angestrebten Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler feststellt und belegt. Mit dieser Großen Anfrage soll die Landesregierung um Auskunft gebeten werden, wie sie zu der aktuellen Bildungsforschung insbesondere zur Studie von John Hattie steht und wie sie vor diesem Hintergrund den pädagogischen Ansatz der von ihr bevorzugten Gemeinschaftsschule einordnet. A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 2. Juli 2013 Nr. III–: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 5 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Mit Schreiben vom 22. Juni 2013 Nr. 32–6500.0/806/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Namen der Landesregierung die Große Wir fragen die Landesregierung: I . R o l l e u n d Q u a l i t ä t d e r L e h r k r a f t 1. Welche Erkenntnisse sind ihr aus der aktuellen Bildungsforschung mit Blick auf die Rolle des Lehrers bekannt? Die Metaanalyse von Hattie (2013, S. 27 f., 129) zeigt, dass von nahezu allen Lehrerinnen und Lehrer positive Effekte auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler ausgehen. Der Beitrag der Lehrkräfte auf die Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler ist erheblich (vgl. Klieme et al., 2006; Scheerens & Bosker, 1977; Wang et al., 1993). Dabei spielen folgende mit dem Lehrer bzw. der Lehrerin in Verbindung stehenden Variablen eine entscheidende Rolle: – Die Qualität der Lehrperson (aus Schülersicht: Gute Lehrkräfte sind demnach jene, die herausfordern, hohe Erwartungen haben, die zur Auseinandersetzung mit ihrem Fach ermuntern und auch tiefer liegende Aspekte ihres Fachs thematisieren ; – eine positive Schüler-Lehrer-Beziehung; – Teilnahme an Angeboten der Lehrerfort- und -weiterbildung; – große Erwartungen des Lehrers bzw. der Lehrerin; – keine Etikettierung von Lernenden; – Klarheit der Lehrkraft in Organisation und Kommunikation. Andere Ergebnisse aus der Schuleffektivitätsforschung bestätigen die allgemeinen Modelle der Bildungsproduktivität und zeigen, dass die Qualität und die Quantität der Instruktion durch den Lehrer wichtige „Produktionsfaktoren“ darstellen (vgl. Klieme et al., 2006). Scheerens & Bosker zeigen (1977) in ihrem Vergleich zur Schuleffektivitätsforschung, dass Unterrichtsmerkmale im Vergleich zu den Merkmalen der Schulumwelt einen deutlich größeren Einfluss auf die Lernergebnisse haben. Aus den empirischen Ergebnissen einer Metaanalyse von Wang et al. (1993) ist zu entnehmen, dass die Faktoren „classroom management“ und Qualität unterrichtlicher Interaktion auf der Ebene Schüler-Schüler und Lehrer-Schüler nahezu die gleiche mittlere Effektstärke haben und damit vergleichbar sind mit den kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten oder den familiären Voraussetzungen. 2. Über welche Kompetenzen, Anforderungen und Qualifikationen muss – aus ihrer Sicht – ein Lernbegleiter verfügen? Jede gute Lehrkraft muss mit Blick auf die Person des Lernenden immer auch – nicht nur – Lernbegleiter sein. Dazu gehören ein ausgezeichnetes Fachwissen sowie didaktische und methodische Kenntnisse. Um Schülerinnen und Schülern zu erfolgreichem, engagiertem Lernen und Freude an der Leistung hinzuführen, ist die Lernbegleitung ein Plus in Bezug auf alle anderen genannten Qualifikationen, das heißt: Kenntnisse über Lernvorgänge, Kompetenzen zum Lernen anzuleiten, zu unterstützen sowie hilfreiches Feedback zu geben. Diese Aufgabe und Qualifikation der Lehrkraft ist bereits bei Commenius unter dem Begriff „Mathetik“ (neben der Didaktik) bekannt. An Gemeinschaftsschulen unterrichten Lehrkräfte aller Schularten. Alle Lehrerinnen und Lehrer können in allen Lerngruppen der Sekundarstufe I eingesetzt werden. Wenn die Gemeinschaftsschule eine Sekundarstufe II anbietet, werden dort nur Gymnasiallehrerinnen und -lehrer unterrichten. Das Kultusministerium hat zudem ein differenziertes Fortbildungs- und Beratungsangebot für die Gemeinschaftsschule entwickelt, das den unterschiedlichen Entwicklungsständen der einzelnen Schulen gerecht wird. Alle Gemeinschaftsschulen haben die Möglichkeit, zwei Lehrkräfte als Lernbegleiter ausbilden zu lassen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 6 Lehrkräften stehen außerdem Fortbildungsmodule zur Verfügung zu Themen wie „Beobachten – Beschreiben – Bewerten – Begleiten (BBBB)“, kooperatives Lernen , inklusive Bildungsangebote, pädagogische Diagnostik oder Arbeit mit Kompetenzrastern (Stärkung der kriterialen Bezugsnorm). Die Landesakademie stellt den Gemeinschaftsschulen eine Internetplattform zum Austausch von Materialien und Erfahrungen zur Verfügung. Zusätzliche Lernmöglichkeiten und der Erfahrungsaustausch werden durch die Vernetzung der Gemeinschaftsschulen untereinander gefördert. Durch regelmäßige Treffen aller Schulleitungen der Gemeinschaftsschulen sollen Synergieeffekte geschaffen werden, um schulorganisatorische und inhaltliche Aspekte zu besprechen und gemeinsam weiterzuentwickeln. Geplant ist ferner, regionale Netzwerke für Lehrkräfte und Schulleitungen zum Erfahrungsaustausch und zur Weiterentwicklung aufzubauen. 3. Inwiefern korrelieren der Lernerfolg und der Wissensgewinn der Schülerinnen und Schüler mit der Qualität der Lehrkraft? Hattie (2013, S. 130 ff.) gibt für verschiedene von der Lehrkraft abhängige Variablen Auskunft über deren Zusammenhang mit dem Fortschritt in der Lernleistung von Schülerinnen und Schülern. Dargestellt wird dieser Zusammenhang mittels der Effektstärke Cohens d. Zu beachten ist nach Hattie, dass Effektstärken d > 0,4 auf sehr erfolgreiche Variablen und d > 0,6 auf äußerst erfolgreiche Variablen hinweisen. Fasst man alle von Hattie (2013) im Kapitel „7. Die Beiträge der Lehrperson“ dargestellten Variablen (vgl. Ziffer I. 1.) als Teilaspekte der Qualität einer Lehrkraft auf, so zeigen diese eine Effektstärke von 0,49 auf den Fortschritt in der Lernleistung von Schülerinnen und Schülern. 4. Werden die Lehrerinnen und Lehrer an den baden-württembergischen Schulen in ihrer Qualität dem in der Forschung von John Hatties entworfenen Bild eines guten Lehrers gerecht bzw. welche weiteren Verbesserungen wären aus ihrer Sicht erforderlich? Eine pauschale Aussage über die Qualität der Lehrkräfte an den baden-württembergischen Schulen vor dem Hintergrund der von Hattie (2013) gelisteten Variablen ist nicht möglich. Dazu bräuchte es eine eigene Studie. 5. Wie bewertet sie die These des Bildungsforschers John Hattie, dass ein guter Lehrer den eigenen Unterricht mit den Augen seiner Schüler sehen muss? Diese Erkenntnis betont die Bedeutung der Adressatenorientiertheit, die generell zu begrüßen und in der Lehreraus- und -fortbildung zu stärken ist. 6. Welche Bedeutung misst sie „der Liebe des Lehrers zum Fach“ für das Gelingen des Unterrichts bei? Die mit dem Bild der Liebe zum Fach gemeinte starke Identifikation mit den Gegenständen seines unterrichtlichen Handelns stellt eine bedeutende Voraussetzung für einen gelingenden Unterricht dar, reicht allerdings als alleinige Voraussetzung nicht aus. Sie ist zu ergänzen durch weitere bedeutende Faktoren (bzw. Variablen), wie zum Beispiel das fachliche und fachdidaktische Wissen sowie das pädagogisch -psychologisches Wissen (siehe Krauss et al., 2008; OECD 2010: The Nature of Learning; Baumert & Kunter, 2011 zur COACTIV-Studie). I I . U n t e r r i c h t s f o r m e n 1. Welche empirischen Belege liegen ihr aus der aktuellen Bildungsforschung vor, die aufzeigen, dass ein ausschließlich offener Unterricht und das jahrgangsübergreifende Lernen zu einer Verbesserung des Lernens und einer Steigerung des Lernerfolgs führen? Nach Hattie (2013, S. 105 f.) weist der ausschließlich „offene“ Unterricht mit einer Effektstärke von d = 0,01 einen minimal positiveren Effekt gegenüber „traditionellem “ Unterricht auf. Unter offenem Unterricht werden hier dabei verschiedene Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 7 pädagogische Programme subsumiert – einerseits jene, die ein offenes Konzept als entscheidendes Merkmal einer guten Praxis betonen, andererseits auch die, die sich in den Lehrmethoden oder in der Rolle der Lernenden vom „traditionellen“ Unterricht abheben. Nicht aufgeschlüsselt wird hierbei, welche der pädagogischen Programme deutlich größere Effekte erzielen. Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Begriff „offener Unterricht“ in der internationalen Lehr-Lernforschung kaum verwendet wird. Stattdessen ist heute die Unterscheidung zwischen „instruktiven“, also lehrerzentrierten Unterrichtsformen, und „konstruktivistischen“, also die Eigentätigkeit des Schülers in den Mittelpunkt stellenden Unterrichtsformen, gebräuchlich. Die Frage, ob generell ein offener oder ein „traditioneller“ Unterricht besser ist, greift insgesamt zu kurz. Diese Methoden geben zwar den Rahmen für die Unterrichtsgestaltung vor. Größere Erklärungskraft für Lernerfolge haben jedoch LehrLernprozesse wie kognitive Aktivierung, passgenaue Unterstützung oder „classroom management“ (Hattie, 2013; Seidel & Shavelson, 2007; Wang et al., 1993). 2. Können ausschließlich offene Unterrichtsformen den Schülern einen klaren Plan von Schwerpunkten und Lerninhalten vermitteln? 3. Können die verfügbaren Unterrichtsstunden in einem jederzeit offen geführten Unterricht ebenso effektiv genutzt werden wie in einer von der Lehrkraft präsent geführten Unterrichtseinheit, damit Unterrichtszeit nicht wirkungslos verstreicht und wenn ja, wie? In allen Schularten finden unterschiedliche, eher instruktive oder konstruktivistisch geprägte, Methoden Anwendung, die in den Unterricht strukturgebend eingebettet sind. Das methodische Grundprinzip offener Unterrichtsphasen ist das entdeckende , problemlösende, handlungsorientierte und selbstverantwortliche Lernen. In der Umsetzung soll sich offener Unterricht u. a. als Freiarbeit, Wochenplanarbeit, Stationsarbeit, in Form eines Projektes oder in der Form kooperativen Lernens darstellen . Die offenen Lehr- und Lernformen werden regelmäßig von der Lehrkraft in ein pädagogisches Gesamtkonzept integriert, das auch Phasen der lehrerzentrierten Instruktion umfasst, um die Chancen auf ein optimiertes, selbstgesteuertes Lernen zu erhöhen. Dabei werden vor der Einleitung offener Unterrichtsphasen instruktive Inputs sowie klare, konkrete Ziele und Erarbeitungswege aufgezeigt. 4. Ist jede Schülerin bzw. jeder Schüler den Anforderungen eines ausschließlich offenen Unterrichtes gewachsen (unter Angabe, ob jeder Lehrer dazu in der Lage ist, eine offene Unterrichtsform zu leiten)? Der Umgang mit heterogenen Lerngruppen und die Vermittlung moderner Unterrichtsformen ist Bestandteil einer zeitgemäßen Lehrerbildung. Eine weitere Professionalisierung der Lehrkräfte erfolgt durch kontinuierliche Formen der Fortbildung , Unterstützung und Begleitung. Es liegt in der Verantwortung und Fähigkeit der Lehrerinnen und Lehrer, diese pädagogischen und didaktischen Herausforderungen umzusetzen und die Schülerinnen und Schüler, je nach ihren Lernvoraussetzungen adäquat auf die Anforderungen des selbstgesteuerten Lernens vorzubereiten. Dabei variiert die Balance zwischen instruktiven Phasen und Phasen des konstruktivistischen Lernens je nach Altersstufe und Lernvoraussetzung der Schülerinnen und Schüler. 5. Weshalb lehnt sie einen gut strukturierten und anregenden sogenannten Frontalunterricht ab? 6. Könnte ein lehrerzentrierter Unterricht, bei dem die Schüler aktiv eingebunden werden und der sich nicht als reiner Lehrermonolog versteht, funktionieren und eine effektive sowie effektive Form der Wissensvermittlung sein? Ein gut strukturierter und anregender lehrerzentrierter Unterricht ist phasenweise und situationsbezogen sinnvoll und verhält sich komplementär zu anderen Unterrichtsformen . Ein moderner Unterricht zeichnet sich dadurch aus, dass sich un- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 8 terschiedliche Lehr-Lernformen, darunter auch lehrerzentrierte, abwechseln, um komplexe Lernziele zu erreichen. I I I . L e r n e r f o l g d e r S c h ü l e r i n n e n u n d S c h ü l e r 1. Welche Auswirkungen und welchen Einfluss hat die finanzielle Ausstattung der Schule auf den Wissensgewinn und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler? Nach Hattie (2013, S. 88) weist die finanzielle Ausstattung einer Schule eine Effektstärke von d = 0,23 für den Fortschritt in der Lernleistung von Schülerinnen und Schülern auf und kann daher als gering bis mittelstark bezeichnet werden. Laut Hattie (2013) kann der scheinbar begrenzte Effekt der finanziellen Ausstattung aber darauf zurückgeführt werden, dass (a) die meisten Studien in Ländern mit ohnehin hohen Ressourcen durchgeführt wurden, (b) die meisten Finanzen als Fixkosten gebunden sind und (c) die Effekte innerhalb einzelner Schulen wesentlich größer sind als zwischen den Schulen. 2. Wie wichtig ist für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler eine fortlaufende Rückmeldung ihres aktuellen Leistungsstands durch passgenaue Leistungsüberprüfungen? Feedback an Schülerinnen und Schüler zählt nach Hattie (2013, S. 206) zu den stärksten Einflussgrößen auf die Leistung (d = 0,73). Dabei gibt es jedoch auch eine große Variabilität zwischen den im Rahmen der Meta-Studie ausgewerteten Forschungen, was darauf hinweist, dass einige Arten von Feedback wirksamer sind als andere. Die effektivsten Formen von Feedback geben u. a. den Lernenden Hinweise und Bestärkung für den weiteren Lernprozess (s. auch III. 4. und 5.). Dieses Feedback wird als „formatives Feedback“ bezeichnet und weist auch nach Black & Wiliam (1998) sehr hohe Effektstärken in empirischen Studien auf. Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule erfordert daher auch in Baden -Württemberg eine kontinuierliche Leistungserhebung und -beurteilung durch Lernerfolgskontrollen. Sie dokumentieren den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler, bestätigen den erzielten Erfolg, geben Hinweise für den weiteren Lernfortgang und können die Motivation der Schülerinnen und Schüler fördern. Zur Förderung der Nachhaltigkeit des Lernens kommen dabei u. a. Methoden zum Einsatz, die weit über passgenaue und punktuelle Leistungsüberprüfungen hinausgehen . So können diese u. a. durch ein Schülerportfolio oder die Dokumentation einer Projektarbeit ergänzt werden. Zur fortlaufenden Rückmeldung des aktuellen Leistungsstands zählen auch Gespräche der Lehrkräfte mit Schülern und Eltern. 3. Erkennt sie in der Vergabe von Noten bzw. der Möglichkeit des Wiederholens einer Klassenstufe eine effiziente und effektive Maßnahme zur Verbesserung des Lernerfolgs der Schülerinnen und Schüler? Die Vergabe von Noten allein ist noch nicht hinreichend für die Verbesserung des Lernerfolgs von Schülerinnen und Schülern. Vielmehr bedarf es hier detaillierter Informationen über Ansatzpunkte für die weitere Förderung und Entwicklung (vgl. II. 2., 4. und 5.; Hattie, 2013; Wiliam, 2010). An den Gemeinschaftsschulen erfolgen daher regelmäßige differenzierte Beurteilungen über den individuellen Entwicklungs - und Leistungsstand. Dazu werden regelmäßig schriftliche, mündliche oder praktische Leistungserhebungen durchgeführt. Zum Schulhalbjahr und am Ende des Schuljahres erhalten die Schüler eine schriftliche Information über ihre Leistungen in den einzelnen Fächern und Fächerverbünden. Dabei wird kenntlich gemacht, auf welcher Anforderungsebene die Leistungen erbracht wurden. Auf Wunsch der Erziehungsberechtigten sind dabei zusätzliche Noten oder Notentendenzen auszubringen. Hinsichtlich der Effektivität für Klassenwiederholungen zeigt die Zusammenfassung von Hattie (2013, S. 88) mit einer Effektstärke von d = – 0,16 sogar negative Auswirkung auf den Fortschritt in der Lernleistung der Wiederholer. Die fehlende Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 9 Nachhaltigkeit von Klassenwiederholungen wird durch zahlreiche andere Studien belegt, die von Hattie (2013) nicht einbezogen wurden (siehe auch Tillmann & Maier, 2001; Krohne & Tillmann, 2006; Tietze & Rossbach, 1998). Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei Klassenwiederholungen um keine generell effiziente Maßnahme handelt, sondern um eine im Einzelfall unter Umständen sinnvolle Maßnahme. 4. Welchen Stellenwert nehmen Lob und Tadel im Unterricht ein? 5. Welchen Stellenwert erkennt sie in einer ausgeprägten Feedback-Kultur im Unterricht? Feedback wird nach Hattie (2013, S. 206) in dem Sinne verstanden, dass Rückmeldungen in beide Richtungen erfolgt, von den Lernenden in Richtung der Lehrkräfte und umgekehrt. Formatives Feedback, das Informationen zur Verbesserung des eigenen Lernprozesses beinhaltet, gehört mit einer Effektstärke von d = 0,73 zu den bedeutenden Variablen und kann mit Blick auf die Unmittelbarkeit der Rückmeldung und einer Effektstärke von d = 0,16 auch mit zeitlicher Dehnung erfolgen . Diese Erkenntnis wird der Tatsache gerecht, dass vom lehrerzentrierten Unterricht mit unmittelbarer Rückmeldung bis hin zur Wochenarbeit eine Effektivität gewährleistet werden kann. Lob und Tadel gehören nach Hattie allerdings zu den am wenigsten effektiven Formen des Feedbacks, da sie in ihrer Aussagekraft und im Informationsgehalt bezüglich der Optimierung von Lernprozessen für die Lernenden zu kurz greifen. Besser erscheinen unmittelbare Anschluss-Feedbacks mit Hinweisen, wie die Lernenden ihre Lernziele erreichen können. Das umfasst Informationen zu den Zielen, zu den Umsetzungsprozessen und zur Selbstregulation. 6. Ist ein ausgeprägtes System und Konzept der Selbstevaluation für den Lernerfolg der Schüler und für die Qualität des Unterrichts des Lehrers von Bedeutung? Die formative Evaluation des Unterrichts stellt nach Hattie (2013, S. 215) mit einer Effektstärke von d = 0,9 eine bedeutende Variable dar. 7. Welche verschiedenen Unterrichtsstile sollte ein guter Lehrer beherrschen, damit sich der Lernerfolg für die Schülerinnen und Schüler verbessert (unter Angabe, ob sie dem ausschließlich offenen Unterricht eine besondere Bedeutung beimisst)? Die aktuellen fachdidaktischen Forschungen fordern im Sinne eines eher konstruktivistischen Lehr- und Lernverständnisses einen Unterricht, der Schülerinnen und Schüler in authentischen Lernsituationen mit komplexen Problemen konfrontiert, die dann möglichst eigenständig konstruktiv und kooperativ gelöst werden sollten (siehe z. B. Prenzel et al., 1999). Auf diese Weise soll die Anhäufung von nicht anwendbarem trägem Wissen vermieden werden. Guter Unterricht (vgl. Klieme, 2006) hat demnach eine strukturierte, klare und störungspräventive Unterrichtsführung, fördert ein unterstützendes schülerorientiertes Sozialklima, schafft die kognitive Aktivierung, zu der je nach fachlichem Kontext z. B. die Qualität der Nutzung von Experimenten, herausfordernde offene Aufgaben und ein generell diskursiver Umgang mit Fehlern gehören. Diese Dimensionen guten Unterrichts stellen klare Forderungen an die Lehrperson. Eine gute Lehrkraft sollte grundsätzlich ein reichhaltiges Repertoire an Instruktionsformaten beherrschen, um diese situationsbedingt einsetzen zu können. Dabei wechseln sich eher instruktive, lehrerzentrierte Unterrichtsphasen sowie eher konstruktivistische , schülerzentrierte Unterrichtsphasen ab und sind strategisch sinnvoll in einem Unterrichtskonzept miteinander verwoben. Lehrkräfte sollten daher einen anregenden, herausfordernden, in wichtigen Phasen anleitenden und motivierenden Unterricht gestalten, der Freiräume eröffnet und die Schülerinnen und Schüler systematisch hierauf vorbereitet. Strategien zum selbstgesteuerten Lernen, Selbstverbalisierung und Selbstbefragung, das Setzen von Zielen, Feedback-Kultur, reziprokes Lernen, kooperatives Lernen, die Förde- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 10 rung von metakognitiven Strategien und inhaltliche Klarheit sind Variablen eines guten Unterrichts. Konstruktivistischen Unterrichtskonzepten misst die Landesregierung insofern besondere Bedeutung zu, als hier das selbstgesteuerte und selbstorganisierte Lernen betont wird, das in der ausgewogenen Verbindung mit instruktiven Unterrichtsphasen eine hohe Wirksamkeit für den Lernfortschritt von Schülerinnen und Schülern entfaltet. IV. K l a s s e n f ü h r u n g d e r L e h r k r a f t 1. Welchen Stellenwert misst sie einer stringenten Klassenführung („classroom management“) des Lehrers bei? Die Klassenführung spielt eine zentrale Rolle bei der Schaffung einer angenehmen, störungsreduzierten und lernförderlichen Lernumgebung für die Schülerinnen und Schüler. Eine stringente Klassenführung, in der sich unterschiedliche methodischdidaktische Zugänge abwechseln, ist bei jeder Form des Unterrichtsstils erforderlich . 2. Wie wichtig ist es für die Schülerinnen und Schüler, während des Unterrichts zu jedem Zeitpunkt genau zu wissen, worauf es ankommt bzw. was verlangt wird? Klare Orientierung ist ein zentrales Merkmal guten Unterrichts und ist Ausgangsbasis dafür, dass die Schülerinnen und Schüler stets die Lernziele und den Weg dorthin im Blick haben. 3. Wie steht sie zu der Erkenntnis der aktuellen Bildungsforschung, dass eine gute Lehrkraft nicht bloßer Architekt von Lernumgebungen bzw. kein Lernbegleiter sein soll, sondern vielmehr als Regisseur verstanden werden soll, der von der ersten bis zur letzten Minute den Unterricht steuert, seine Klasse im Griff und jeden Einzelnen im Blick hat? Die Schülerinnen und Schüler und ihr Bedürfnis und Recht darauf zu lernen, stehen im Mittelpunkt des Unterrichts. Lehrerinnen und Lehrer verantworten die Gestaltung der Rahmenbedingungen, die Lernenden formulieren ihre Lernschwierigkeiten und stellen aus eigenem Antrieb heraus Fragen, die die Lehrkraft als Lernbegleiter zu beantworten hilft. Dabei unterstützt der Lehrer bzw. die Lehrerin bei der Ursachenforschung der Lernprobleme und regt mögliche Wege zu deren Überwindung an. In seiner Rolle als Lernbegleiter ist ein Lehrer bzw. eine Lehrerin demnach Wissenvermittler/-in, Tutor/-in, Berater/-in, Begleiter/-in, Gestalter/-in einer angenehmen und kommunikativen Arbeitsatmosphäre und selbst Lernender. Lehrkräfte, die sich als Unterstützer von Lernprozessen sehen, – sehen Vielfalt eher als Chance denn als Belastung, – analysieren die Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler und beraten diese regelmäßig, – stellen Lernmaterial zur Verfügung oder erarbeiten dies gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, – legen Wert auf weitgehende Schülerpartizipation und -selbsttätigkeit, – gestalten den Unterricht gezielt mit Möglichkeiten zur individuellen Förderung, – beobachten und werten gemeinsam mit Schülerinnen und Schüler Lerninhalte und Lernformen aus, – ermöglichen verschiedene Formen der Rückmeldung zu den Arbeits- und Sozialformen und fördern so die stärkere Bewusstmachung wirksamer Lernstrategien, – geben bewusst Verantwortung an Schülerinnen und Schüler ab, problematisieren dies auch immer wieder mit ihnen und fördern so die Selbstverantwortung, – fördern bewusst Stärken hinsichtlich des Selbstwirksamkeitsprinzips, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3500 11 – unterstützen systematisch die lernrelevanten Vorkenntnisse der Lernenden, – arbeiten vermehrt im Team, analysieren gemeinsam diagnostische Daten, um auch gezieltes Schließen von Wissenslücken und Kompetenzdefiziten zu ermöglichen , – legen die Kriterien der Leistungserwartung offen dar und erklären sie bei Bedarf. Hattie (2013, S. 287) stellt die größere Wirksamkeit der Lehrkraft in der Rolle eines Regisseurs der eines Moderators gegenüber. In der Rolle als Regisseur setzt die Lehrkraft verstärkt die Methoden (Variablen) reziprokes Lernen, Feedback, lautes Denken, metakognitive Strategien, direkte Instruktion und herausfordernde Ziele ein. Hattie (2013, S. 242, 243) bemerkt ergänzend, dass direkte Instruktion fälschlicherweise oftmals mit Frontalunterricht verwechselt wird. Direkte Instruktion umfasst hingegen mehrere Schritte: Die Lehrkraft – bestimmt Lernintention und Erfolgskriterien, – macht diese den Lernenden transparent, – lenkt die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die Unterrichtsstunde, – erfasst, überprüft und bewertet, ob die Lernenden das Vermittelte verstanden haben, – vermittelt Wissen auf jeweils angemessenem Niveau, – führt angeleitete Übungen durch, – greift auf und bindet ein, was die Lernenden gesagt haben, – fordert zum unabhängigen Üben auf. Eine Vielzahl der von Hattie (2013) als wirksam identifizierten Variablen findet Eingang in die Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern an der Gemeinschaftsschule. Er nimmt eine aktive und aktivierende Rolle ein und ist nicht einfach nur Architekt von Lernumgebungen. Die im Antrag unterstellte Annahme, dass der Lernbegleiter an einer Gemeinschaftsschule lediglich Moderator im Sinne von Hattie (2013) sei, ist nicht zutreffend. Im Gegenteil entspricht die Rolle eines Lernbegleiters exakt den Forderungen an einen guten Lehrer, wie Hattie ihn definiert. 4. Welche Bedeutung misst sie den Komponenten Humor und Strenge in der Klassenführung der Lehrkraft bei? Die angesprochenen Variablen sind Bestandteile eines lebendigen Unterrichts. In Form und Ausprägung sind diese unmittelbar mit der Person der Lehrkraft verbunden . 6. Wie bewertet sie insgesamt die aktuellen bildungswissenschaftlichen Erkenntnisse John Hatties mit Blick auf die von ihr verantworteten Umwälzungen im baden-württembergischen Schulsystem? Hattie (2013) analysiert vor allem die Wirksamkeit von Variablen für den Fortschritt in der Lernleistung von Schülerinnen und Schülern. Empfehlungen hinsichtlich Schulstrukturen gibt er dabei nicht. Die pädagogische Konzeption in den Gemeinschaftsschulen des Landes Baden-Württemberg ist vor dem Hintergrund konkreter schul-, klassen-/gruppen-, lehrer-, schüler- und unterrichtsbezogener Variablen zu betrachten (vgl. hierzu die weiter oben gemachten Ausführungen). Stoch Minister für Kultus, Jugend und Sport