Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 3504 15. 05. 2013 1Eingegangen: 15. 05. 2013 / Ausgegeben: 19. 06. 2013 K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über Veranstaltungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in einer Gaststätte im Weinheimer Ortsteil Sulzbach (u. a. Landes- und Bundesparteitag 2013) aktuell und in den zurückliegenden zwei Jahren? 2. Welche Erkenntnisse liegen ihr aktuell über Aktivitäten, Organisationsstrukturen und Netzwerke der NPD und rechtsextremer Kreise im Raum Weinheim und in der Rhein-Neckar-Region vor? 3. Gibt es Erkenntnisse über Pläne der NPD oder von Einzelpersonen in deren Umfeld, die Gaststätte in absehbarer Zeit erwerben zu wollen? 4. Welche Erfahrungen gibt es in Zusammenhang mit derartigen Immobilienspekulationen durch die NPD und rechtsextreme Kreise? 5. Welche Möglichkeiten sieht sie, einen möglichen Ankauf zu verhindern? 6. Wie kann sie die Zivilgesellschaft vor Ort dabei unterstützen, Flagge gegen die NPD zu zeigen? 7. Wie beurteilt sie das polizeiliche Einsatzkonzept anlässlich des Bundesparteitags der NPD, bei dem der Ortsteil Sulzbach zwei Tage lang nahezu abgeriegelt wurde und die Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger stark beeinträchtigt war? 15. 05. 2013 Kleinböck SPD Sckerl GRÜNE Kleine Anfrage der Abg. Gerhard Kleinböck SPD und Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE und Antwort des Innenministeriums NPD-Aktivitäten im Raum Weinheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 2 B e g r ü n d u n g Die NPD hat seit Mitte März 2013 mindestens vier große Veranstaltungen (Landes - und Bundesparteitag, „Veteranentreffen“, Versammlung am 1. Mai) in einer Gaststätte in Weinheim-Sulzbach abgehalten. Bürgerinnen und Bürger der gesamten Region haben mit friedlichen Demonstrationen anlässlich des Bundesparteitags deutlich gemacht, dass diese Partei mit ihrem verfassungsfeindlichen und rechtsextremen Gedankengut in Weinheim und Umgebung unerwünscht ist. Die Stadt Weinheim muss davon ausgehen, dass die NPD die Gaststätte regelmäßig für derartige Veranstaltungen nutzen will. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und insbesondere im Ortsteil Sulzbach haben u. a. durch einen Beschluss des Ortschaftsrats und eine Versammlung aller Vereine deutlich gemacht, dass ein regelmäßiger Treffpunkt der NPD und weiterer rechtsextremer Kreise nicht geduldet werden soll. Das polizeiliche Einsatzkonzept anlässlich des NPD-Bundesparteitags sah eine weiträumige Absperrung der Einfahrten in den und aus dem Ortsteil vor und führte zwei Tage lang gleichzeitig zu einer starken Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger im Ortsteil selbst. Für einen unfriedlichen Verlauf von Demonstrationen gab es aus Kenntnis der Antragsteller keinerlei Hinweise. Mit Blick auf mögliche regelmäßig wiederkehrende NPD-Veranstaltungen in diesem Etablissement ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit dieses polizeilichen Einsatzkonzepts zu prüfen. Mit der Kleinen Anfrage sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Stadt und ihr Ortsteil mit ihren gewählten Gremien zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern dafür sorgen können, dass Weinheim von weiteren derartigen Veranstaltungen verschont bleibt. A n t w o r t Mit Schreiben vom 6. Juni 2013 Nr. 4-1113.1/86 beantwortet das Innenministe - rium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat sie über Veranstaltungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in einer Gaststätte im Weinheimer Ortsteil Sulzbach (u. a. Landes- und Bundesparteitag 2013) aktuell und in den zurückliegenden zwei Jahren? Zu 1.: Nach den vorliegenden Erkenntnissen fanden im „Schwarzen Ochsen“ in Weinheim -Sulzbach erst seit dem Jahr 2013 wiederholt Veranstaltungen der NPD statt. Für die Jahre 2011 und 2012 liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Im Jahr 2013 sind bislang folgende Veranstaltungen der NPD bekannt geworden: Am 17. März 2013 fand der 49. ordentliche Parteitag des Landesverbandes BadenWürttemberg der NPD im Rhein-Neckar-Kreis statt. Erst nachträglich wurde der genaue Veranstaltungsort des Landesparteitags, die Gaststätte „Zum Schwarzen Ochsen“ in Weinheim-Sulzbach, bekannt. Auf diesem Parteitag wurde der bis - herige Landesgeschäftsführer und stellvertretende Landesvorsitzende Alexander NEIDLEIN zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Der bisherige Amtsinhaber Jürgen SCHÜTZINGER trat nicht mehr zur Wahl an. Am 20./21. April 2013 fand dort der 34. ordentliche Bundesparteitag der NPD statt, an dem rund 170 Delegierte teilnahmen. Der amtierende Bundesvorsitzende Holger APFEL wurde nach einer Kampfabstimmung gegen den stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes Berlin in seinem Amt bestätigt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 Am 28. April 2013 veranstaltete der Landesverband Baden-Württemberg der NPD in dieser Gaststätte einen sogenannten „Zeitzeugenvortrag“, bei dem Weltkriegsteilnehmer über Kriegsereignisse berichteten. An der Veranstaltung nahmen bis zu 100 Personen teil. Ferner besuchten am 1. Mai 2013 Angehörige der rechtsextremistischen Szene, die mit zwei Reisebussen unterwegs waren, im Anschluss an eine Demonstration der NPD in Frankfurt am Main (Hessen) sowie an einen Aufzug der NPD in Hanau (Hessen) die genannte Gaststätte. 2. Welche Erkenntnisse liegen ihr aktuell über Aktivitäten, Organisationsstrukturen und Netzwerke der NPD und rechtsextremer Kreise im Raum Weinheim und in der Rhein-Neckar-Region vor? Zu 2.: In der Rhein-Neckar-Region hat sich eine aktive rechtsextremistische Szene etabliert , von der zum Teil öffentlichkeitswirksame Aktivitäten ausgehen. Innerhalb dieser rechtsextremistischen Szene bestehen auch über die Parteigrenzen der NPD hinweg Kontakte insbesondere zur Neonazi-Szene. Es bestehen Anhaltspunkte, dass diese Kontakte teilweise für eine Zusammenarbeit bei Aktivitäten genutzt werden. Von einem Netzwerk der unterschiedlichen rechtsextremistischen Organisationen , das etwa im Vorfeld zu Veranstaltungen regelmäßig und langfristig koordinierend und planend tätig wird, ist derzeit allerdings – trotz einzelner personeller Verflechtungen zwischen der NPD und beispielsweise dem „Aktionsbüro RheinNeckar “ – noch nicht auszugehen. Die NPD selbst verfügt in der Rhein-Neckar-Region mit dem Kreisverband Rhein-Neckar über eine gefestigte Organisation, die regelmäßig auch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten entwickelt. Darüber hinaus ist sie auch im Internet vertreten und besitzt ein Facebookprofil. Der Kreisverband Rhein-Neckar wird als die derzeit aktivste Untergliederung der NPD innerhalb des baden-württembergischen Landesverbands eingeschätzt. Neben den unter Ziffer 1 dargestellten Veranstaltungen konnten zuletzt zwei Aktionen des Kreisverbands der NPD im Weinheimer Ortsteil Sulzbach festgestellt werden: Zum einen die Verteilung von Werbematerial im Mai 2013, zum anderen die Teilnahme von Vertretern des Kreisverbands an einer öffentlichen Sitzung des Ortschaftsrats am 25. April 2013. Darüber hinaus fanden auch in anderen Teilen der Rhein-Neckar-Region Aktivitäten der NPD statt. Diese richteten sich häufig gezielt an die Öffentlichkeit, so zum Beispiel eine Flugblattverteilung Ende April 2013 im Kraichgau, die Unterstützung einer von Neonazis initiierten „Mahn - wache gegen Kinderschänder“ in Sinsheim am 23. März 2013 sowie eine Kundgebung am 16. Februar 2013 in Mannheim unter dem Motto „Für Sicherheit durch Recht und Ordnung“. Daneben fanden 2012 Veranstaltungen statt, die überregionalen Charakter besaßen : Zu der sogenannten „Deutschlandfahrt“ war unter anderem der Bundesvorsitzende der NPD, Holger APFEL, am 28. Juli 2012 nach Mannheim gekommen. Bei dieser „Deutschlandfahrt“ handelte es sich um eine bundesweite Veranstaltungsserie der NPD in den Monaten Juli und August des Jahres 2012, über die die NPD auf ihren Internetseiten berichtete. Zum Teil wurde diese Veranstaltungs - reihe auch mit dem Begriff der „Sommertour“ umschrieben. In Baden-Württemberg fanden Veranstaltungen in Mannheim (28. Juli 2012), Stuttgart (30. Juli 2012) und Ulm (ebenfalls 30. Juli 2012) statt. Am 1. Mai 2012 fand in Mannheim eine öffentliche Versammlung statt. Diese stand unter dem Motto „Wir zahlen – Brüssel kassiert, raus aus dem Euro“. An der Kundgebung, für die auch im Internet mobilisiert wurde, nahmen ca. 270 Personen des rechtsextremistischen Spektrums teil. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 4 Neben solchen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten sind auch parteiintern orientierte Veranstaltungen bekannt geworden. Außer den bereits unter Nr. 1 dargestellten Veranstaltungen waren dies zum Beispiel der Landeskongress der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) Baden-Württemberg am 10. Februar 2013 bei Mannheim , eine Rednerveranstaltung in der Rhein-Neckar-Region vom Januar 2013 und eine Jahreshauptversammlung des Kreisverbands in Mannheim am 1. November . In der Region Rhein-Neckar sind daneben weitere rechtsextremistische Organisationen aktiv: a) „Aufbruch Deutschland“ Der „Aufbruch Deutschland“ (AD), der in der Vergangenheit auch als „Aufbruch Freies Deutschland“ (AFD) auftrat, ist die Nachfolgeorganisation der „Deutschen Liste“ (DL). Die DL wurde 1982 unter dem Namen „Deutsche Liste Weinheim“ durch dem damaligen Funktionär und späteren Bundes- und Landesvorsitzenden der NPD Günter DECKERT als Bündnis für die Kommunalwahl gegründet. DECKERT gehört seit 2007 nicht mehr der NPD an. Vereinzelte Aktivitäten finden im Raum Mannheim/Ludwigshafen statt. b) „Deutscher Kreis Kurpfalz“ Der „Deutsche Kreis Kurpfalz“ (DKK) ist eine Gruppe um den ehemaligen NPDLandes - und Bundesvorsitzenden Günter DECKERT, die sich regelmäßig zu Veranstaltungen im Raum Weinheim trifft, ohne dabei öffentlichkeitswirksame Aktivitäten zu entfalten. Offizielle Kontakte zur NPD bestehen nicht. c) „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ Als typisches Beispiel für länderübergreifende Netzwerkstrukturen innerhalb des deutschen Neonazismus kann das „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ (AB Rhein-Neckar) gelten, das seit dem Jahr 2003 im Dreiländereck zwischen Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz arbeitet. Es koordiniert im Rhein-Neckar-Raum die Aktivitäten der dortigen Neonazigruppierungen. Es ist personell zum Teil mit der NPD verflochten und pflegt enge Kontakte zu rechtsextremistischen Führungspersonen und Gruppierungen in den angrenzenden Regionen. Sein Aktionsschwerpunkt liegt in Rheinland-Pfalz und damit weiterhin außerhalb BadenWürttembergs . d) „Freie Nationalisten Kraichgau“ und „Weiße Rebellion“ Im südöstlichen Bereich des Rhein-Neckar-Kreises sind in der Umgebung von Sinsheim zudem die Gruppierungen der „Freien Nationalisten Kraichgau“ und der „Weißen Rebellion“ bekannt. Mitglieder dieser Organisationen traten in der Vergangenheit durch die Anmeldung und Teilnahme an verschiedenen öffentlichen Versammlungen und Aufzügen auf. Die Gruppierung „Freie Nationalisten Kraichgau“ ist aktuell auf ihrer Internetpräsenz und bei Flugblattverteilaktionen, Teilnahmen an Kundgebungen, Demonstrationen und sogenannten Heldengedenken aktiv. Verschiedene Angehörige der zwei genannten Gruppierungen wurden durch die Begehung von Straftaten (Propaganda-, Körperverletzungsdelikte) auffällig . Beispielsweise wurde in einem Ermittlungsverfahren der Polizeidirektion Heidelberg aus dem Jahr 2011 gegen mehrere Angehörige der „Weißen Rebellion“ unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Die Angeklagten wurden zu Freiheits- und Geldstrafen verurteilt. 3. Gibt es Erkenntnisse über Pläne der NPD oder von Einzelpersonen in deren Umfeld, die Gaststätte in absehbarer Zeit erwerben zu wollen? Zu 3.: Auf der dem linksextremistisch orientierten Spektrum zuzuordnenden Internet - seite linksunten.indymedia.org ist unter dem 30. April 2013 ein Bericht mit dem Titel „Kauft die NPD den Gasthof ,Zum Schwarzen Ochsen‘?“ eingestellt. Darin heißt es: „Im Ort ist auch die Befürchtung zu hören, dass die Wirtsfamilie ihr An- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 wesen an der B 3 an die NPD verkaufen könnte.“ Auch in anderen Medienberichten wurde das Thema aufgegriffen. Verlässliche Erkenntnisse über eine entsprechende Erwerbsabsicht der NPD liegen nicht vor. Die Wahrscheinlichkeit eines Immobilienerwerbs durch die NPD hängt maßgeblich von deren finanziellen Situation ab. Zu dieser kann grundsätzlich folgende Einschätzung abgegeben werden: Nach den vorliegenden Erkenntnissen befindet sich der baden-württembergische Landesverband der NPD in einer finanziell äußerst angespannten Lage. Die Partei finanziert sich unter anderem durch die Einnahmen nach dem Parteiengesetz, welche insbesondere von den erzielten Wahlergebnissen abhängen. Dabei gelang es der NPD in Baden-Württemberg weder bei der Landtagswahl 2006 (0,7 %) noch bei der Landtagswahl 2011 (0,97 %), die Hürde von 1 % der abgegebenen Stimmen zu überspringen, sodass sie keine Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung beanspruchen konnte. Zudem deuten weder ein möglicher Anstieg der Mitgliedsbeiträge infolge eines signifikanten Mitgliederzuwachses noch das Spendenaufkommen der letzten Jahre auf eine finanzielle Erholung hin. Auch die Bundespartei hat mit erheblichen finan - ziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, sodass eine wesentliche finanzielle Unterstützung des hiesigen Landesverbands durch die Bundespartei eher unwahrscheinlich ist. Auch aus dem in den letzten Jahren bekannt gewordenen, vermeintlichen Interesse des hiesigen Landesverbandes an dem Erwerb einzelner Immobilien ergaben sich keine Hinweise darauf, wie die dafür erforderlichen finanziellen Mittel aufgebracht werden könnten. Vor dem Hintergrund der dargestellten finanziellen Situation der NPD scheint ein Immobilienerwerb nicht wahrscheinlich. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Partei ihr nahestehende Sympathisanten entweder als Strohmänner für den Kauf einer Immobilie auftreten lässt oder potenzielle Käufer von der NPD finanziell unterstützt werden. 4. Welche Erfahrungen gibt es in Zusammenhang mit derartigen Immobilienspekulationen durch die NPD und rechtsextreme Kreise? Zu 4.: Die NPD trat in Baden-Württemberg wiederholt im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften in Erscheinung und war Gegenstand öffentlicher Berichterstattung. Bislang blieb es allerdings bei der zum Teil von der Partei selbst öffentlich geäußerten Absichtserklärung, eine Immobilie zu erwerben. Insgesamt verstärkte sich der Eindruck, dass die NPD zum Schein als Interessentin für – gegebenenfalls auch schwer verkäufliche – Immobilien auftritt, um die betroffene Kommune zur Ausübung ihres Vorkaufsrechts zu veranlassen, um die Etablierung eines dauerhaften Stützpunkts in der Kommune zu verhindern. Der Verdacht, die Partei versuche mit ihren öffentlich geäußerten Kaufabsichten in Zusammenarbeit mit dem Verkäufer in der Erwartung einer „Provision“ Einfluss auf den Kaufpreis zu nehmen, indem sie dem Eigentümer einen über dem Verkehrswert liegenden Preis bietet, konnte trotz vereinzelter Anhaltspunkte allerdings nicht erhärtet werden. Aus den letzten Jahren kann beispielsweise auf folgende Fälle verwiesen werden: a) Um den Jahreswechsel 2011 auf 2012 wurde öffentlich darüber berichtet, dass die NPD Interesse am Erwerb des „City-Kinos“ in Villingen-Schwenningen habe. Bereits im Januar 2012 erklärte der Eigentümer allerdings, seine Immobilie nicht an die NPD veräußern zu wollen. b) Ende 2008 äußerte die NPD Interesse daran, eine Immobilie in Calw zu erwerben und dort ihre Landesgeschäftsstelle einzurichten. Dem Eigentümer der dort zum Verkauf stehenden Immobilie „Alter Bahnhof“ lag offenbar ein Kaufangebot des baden-württembergischen NPD-Landesverbands in Höhe von 1,6 Millionen Euro vor. Vermutlich um dem Kaufinteresse zusätzlich Nachdruck zu verleihen, veranstaltete der NPD-Landesverband am 18. Januar 2009 seine „Reichsgründungsfeier“ in diesem Gebäude. Schließlich hatte sich die Stadt Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 6 Calw dazu entschlossen, das Gebäude ab April 2009 langfristig anzumieten. Ob von Seiten der NPD überhaupt eine ernsthafte Erwerbsabsicht vorlag oder das Kaufinteresse nur vorgetäuscht war, kann nicht abschließend bewertet werden. c) Anfang 2009 wurde in Medienberichten darüber spekuliert, ob die NPD Inte - resse an dem Erwerb des seit Jahren leer stehenden „Albhotels“ in Bitz habe. Ein Interesse an dieser Immobilie war seinerzeit innerhalb der NPD indes wahrscheinlich nicht thematisiert worden. d) Anfang Juli 2008 war eine Immobilie in Straßberg im Fokus der NPD. In einem „Pressegespräch“ vom 4. Juli 2008 erklärte der baden-württembergische NPDLandesvorsitzende , dass die Partei ernsthaft daran interessiert sei, das ehemalige Hotel „Linderhof“ in Straßberg zu erwerben, um es unter anderem als Schulungs -, Kommunikations- und Tagungszentrum für die Partei zu nutzen. Dem Eigentümer der Immobilie habe man ein Kaufangebot unterbreitet. Wie der NPD-Landesverband dieses Vorhaben finanzieren wollte, blieb weitgehend unklar. Ausländische „Sponsoren“ konnten seinerzeit nicht ausgeschlossen werden. Im weiteren Verlauf stand die NPD indes nicht mehr uneingeschränkt zu ihrer ursprünglichen Kaufzusage gegenüber dem Eigentümer, was eventuell auf einen Dissens zwischen dem NPD-Bundes- und dem baden-württembergischen Landesverband wegen des finanziellen Aufwands für den Erwerb der Immobilie zurückzuführen war. Schlussendlich erwarb der Zollernalbkreis gemeinsam mit Albstadt und der Gemeinde Straßberg das Objekt. e) Im April 2008 kam es wegen eines etwaigen Immobilienerwerbs durch die NPD auf der Insel Reichenau zu einer öffentlichen Berichterstattung. Zunächst wurde vom Eigentümer behauptet, die NPD habe Interesse an dem Objekt. Nachdem seine Verkaufsabsicht bekannt geworden war, äußerte sich der Eigen - tümer dahingehend, dass er nicht mehr vorhabe, das Hotel an die NPD zu veräußern . Ein tatsächliches Interesse der NPD bestand wahrscheinlich nicht. f) Zum 1. Mai 2007 wurde die NPD-Landesgeschäftsstelle in der ehemaligen Gaststätte „Goldenes Kreuz“ in Rosenberg-Hohenberg eingerichtet. Die Lokalität stand seinerzeit im Eigentum des damaligen stellvertretenden baden-württembergischen NPD-Landesvorsitzenden. 2009 kaufte die Gemeinde Rosenberg -Hohenberg die Immobilie, nachdem die Landesgeschäftsstelle der NPD zuvor bereits verlegt worden war. g) Im April 2008 mietete ein Rechtsextremist ein Gebäude in Karlsruhe-Durlach, Badener Straße 34, an. In der Folge waren kurzfristig rechtsextremistische Aktivitäten in dem Haus feststellbar. Eine Absicht, das Objekt zu kaufen, bestand von rechtsextremistischer Seite allerdings nicht. Am 28. April 2008 versiegelte die Stadt Karlsruhe das Objekt. Die Polizei hatte am selben Tag Personen der rechtsextremistischen Szene im Gebäude angetroffen, obwohl die Stadt das Haus bereits am 19. April 2008 hatte räumen lassen und eine Nutzungsuntersagung verfügt hatte. Am 9. Mai 2008 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe einen gegen die Nutzungsuntersagung gerichteten Eilantrag des Eigentümers ab. Eigentümer der Immobilie ist eine Firma mit Sitz in Prag, über die keine weiteren Erkenntnisse vorliegen. 5. Welche Möglichkeiten sieht sie, einen möglichen Ankauf zu verhindern? Zu 5.: Bei einem möglichen Immobilienerwerb durch Extremisten ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob Maßnahmen ergriffen werden können, die geeignet sind, mittelbar einen Ankauf zu verhindern. In Betracht kommen beispielsweise Maßnahmen nach dem Gaststättenrecht oder dem Baurecht, um gegebenenfalls die konkrete Nutzung beziehungsweise Zweckbestimmung der Immobilien zu untersagen . Ferner können auch Gespräche mit dem Eigentümer der Immobilie mit Blick auf die möglichen Folgen oder Auswirkungen eines solchen Vorgangs zum Erfolg führen. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 Das Innenministerium Baden-Württemberg hat 2010 einen vom Landesamt für Verfassungsschutz erarbeiteten Flyer mit dem Titel „Mehr Schein als sein? – Die Immobiliengeschäfte der Rechtsextremisten“ herausgegeben. Ziel dieser Hand - reichung ist es, Kommunen und Bürger für die Problematik zu sensibilisieren und eine Hilfestellung im Umgang mit den anstehenden Fragen zu bieten. Die Sicherheitsbehörden stehen den betroffenen Kommunen mit ihren Erkenntnisse beratend zur Verfügung. 6. Wie kann sie die Zivilgesellschaft vor Ort dabei unterstützen, Flagge gegen die NPD zu zeigen? Zu 6.: Die Beobachtung des politisch motivierten Extremismus zählt zu den gesetzlichen Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz, wobei der Rechtsextremismus, dem insbesondere die NPD als bedeutendste rechtsextremistische Partei angehört, seit Jahren einen Schwerpunkt der Beobachtung darstellt. Ein wichtiger Teil der Bekämpfung des Rechtsextremismus in Baden-Württemberg ist die Präventionsarbeit , mit der das Landesamt für Verfassungsschutz seit Jahren über die Gefahren dieses Phänomenbereichs aufklärt und sein Fachwissen Kooperationspartnern wie zum Beispiel der Landeszentrale für politische Bildung (Projekt „Team meX“) zur Verfügung stellt. Dabei ist die Erkenntnis leitend, dass eine gut informierte Öffentlichkeit entscheidend für die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist. Im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit bietet das Landesamt für Verfassungsschutz daher zahlreiche Informationen über rechtsextremistische Aktivitäten in Baden-Württemberg an, um dem Aufklärungsbedürfnis der Bevölkerung zu entsprechen . Beispielsweise zu nennen ist der Jahresbericht und die mit aktuellen Informationen bestückte Internetseite sowie eine auskunftsbereite Pressearbeit. Zudem finden umfangreiche Vortragstätigkeiten statt. Auch die öffentliche Diskussion über eine tatsächliche oder mögliche Nutzung örtlicher Immobilien war in der Vergangenheit schon mehrfach Anlass für Veranstaltungen vor Ort, an denen Referenten des Landesamtes für Verfassungsschutz mitgewirkt und Vor - träge zum Thema Rechtsextremismus gehalten haben. Die Polizei Baden-Württemberg ist grundsätzlich zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet. So hat sie das in Artikel 8 Grundgesetz verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit , unabhängig von Inhalt und politischem Postulat, zu gewährleisten . Einschränkungen in der Ausgestaltung der grundrechtlichen Versammlungsfreiheit ergeben sich in erster Linie aus dem Versammlungsgesetz. Im Bewusstsein, dass das Vorgehen gegen Extremismus ein solidarisches Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte erfordert, bringt sich die Polizei präventiv in verschiedene überregionale Netzwerke beratend ein und unterstützt bei Bedarf lokale zivilgesellschaftliche Kräfte. Sie nimmt an Präventionsveranstaltungen von Bürgerbewegungen, Kommunen und Institutionen zum Thema Extremismus teil, um beispielsweise im Rahmen von Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussionen durch Information und Aufklärung beteiligter Gruppen sensibilisierend zu wirken. Durch die aktive Mitwirkung im „Landesnetzwerk für Menschenrechte und Demokratieentwicklung – gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit“ und dem „Albbündnis für Menschenrechte, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ bringt die Landesprävention des Landes - kriminalamts Baden-Württemberg ihre Fachkompetenz in überregional und regional tätige Netzwerke aus Behörden, Institutionen und Projekte ein, in denen unter anderem auch das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg und die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg vertreten sind. Mit der Landeskoordination Baden-Württemberg des größten bundesweiten Schüler - netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wurde im Jahr 2012 eine Kooperationsvereinbarung getroffen, die insbesondere eine fachliche Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung von schulischen Präventionsmaßnahmen umfasst. Zwischenzeitlich sind bundesweit mehr als 1.000 und in BadenWürttemberg 95 Schulen Mitglied dieses nachhaltigen Demokratie-Netzwerks und bekamen den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ verliehen. In Weinheim ist die Dietrich-Bonhoeffer-Schule Mitglied dieses Netzwerkes. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3504 8 7. Wie beurteilt sie das polizeiliche Einsatzkonzept anlässlich des Bundesparteitags der NPD, bei dem der Ortsteil Sulzbach zwei Tage lang nahezu abgeriegelt wurde und die Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger stark beeinträchtigt war? Zu 7.: Grundlage des Verkehrskonzeptes der einsatzführenden Polizeidirektion Heidelberg war der ungehinderte Zugang aller Versammlungsteilnehmer zu den Versammlungen gegen die NPD sowie der Veranstaltungsteilnehmer des NPD-Bundesparteitages im Stadtgebiet Weinheim-Sulzbach am 20. und 21. April 2013. Zur Sicherstellung des Verkehrsflusses sowie zur Eröffnung von Versammlungsflächen musste die Bundesstraße in Sulzbach gesperrt und der überörtliche Verkehr weiträumig umgeleitet werden. Die Entscheidung zur Sperrung der Bundesstraße erfolgte, um die Sicherheit der Versammlungen gewährleisten zu können. Über den gesamten Einsatz hinweg kam es lediglich zu geringfügigen Verkehrsbehinderungen . Den Anwohnern wurde nach selektiven Kontrollen eine stetige Zufahrt ermöglicht und auch die übrigen Verkehrsteilnehmer hatten jederzeit eine Zufahrtsmöglichkeit nach Sulzbach über die K 4229 oder den Dammweg. Insgesamt führten die polizeilichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Versamm - lungsfreiheit zu keinen unverhältnismäßigen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger. In Vertretung Dr. Zinell Ministerialdirektor << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice