Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 3542 24. 05. 2013 1Eingegangen: 24. 05. 2013 / Ausgegeben: 25. 06. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Sozialstationen im Enzkreis und in Pforzheim sind derzeit nach Darstellung der jeweiligen Träger aufgrund von Finanzierungslücken von einer Schließung bedroht? 2. Wie bewertet sie die Darstellung, wonach in den Sozialstationen bei der Kompensation der tariflich festgelegten Gehaltssteigerungen eine Finanzierungslücke von rund 10 Prozent hinsichtlich der Kostenerstattung durch die Krankenkassen im Verhältnis zu den tatsächlichen Personalkosten klafft? 3. Was tut sie, um eine ausreichende Finanzierung der Personalkosten in den Sozialstationen sicherzustellen? 4. Wie bewertet sie die Darstellung, wonach auch die Bürokratiekosten für die Sozialstationen in den vergangenen Jahren signifikant angestiegen sind? 5. Was sind gegebenenfalls die Gründe dafür? 23. 05. 2013 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Zukunft von Sozialstationen im Enzkreis und in Pforzheim Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3542 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 17. Juni 2013 Nr. 33-5012 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Sozialstationen im Enzkreis und in Pforzheim sind derzeit nach Darstellung der jeweiligen Träger aufgrund von Finanzierungslücken von einer Schließung bedroht? Aus den zahlreichen Rückmeldungen anlässlich einer vom Enzkreis ad hoc initiierten Umfrage bei den Diakonie- und Sozialstationen haben sich keine Anhaltspunkte auf Sozialstationen ergeben, die aktuell von Schließung bedroht sind. Die Unterstützung durch kommunale Gebietskörperschaften sowie Förder- und Krankenpflegevereine trägt maßgeblich zu deren finanzieller Stabilisierung bei. Gleichwohl sehen sich zahlreiche Dienste gezwungen Rücklagen einzusetzen. Vereinzelt wurden finanzielle Engpässe auch über Kreditaufnahme überbrückt. 2. Wie bewertet sie die Darstellung, wonach in den Sozialstationen bei der Kompensation der tariflich festgelegten Gehaltssteigerungen eine Finanzierungslücke von rund 10 Prozent hinsichtlich der Kostenerstattung durch die Krankenkassen im Verhältnis zu den tatsächlichen Personalkosten klafft? Das Sozialministerium geht davon aus, dass sich diese Frage auf die Kostenerstattung im Bereich der häuslichen Krankenpflege bezieht. Eine pauschale Aussage über Finanzierungslücken zwischen der Kostenerstattung durch die Kranken - kassen und den tatsächlichen Kosten der Erbringer von Leistungen der Haushaltshilfe bzw. der häuslichen Krankenpflege ist angesichts der Heterogenität der Leis - tungserbringer und entsprechend unterschiedlicher Vergütungsvereinbarungen nicht möglich. Über die Einzelheiten der Versorgung mit Haushaltshilfe nach § 38 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) bzw. die Versorgung mit häus - licher Krankenpflege nach § 37 SGB V schließen die Krankenkassen gemäß § 132 Absatz 1 Satz 2 SGB V bzw. § 132 a Absatz 2 SGB V Verträge mit den Leis - tungserbringern. Die Krankenkassen sind hierbei nicht zu einheitlichem und gemeinsamen Handeln verpflichtet. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl an Verträgen über die Erbringung der in Rede stehenden Leistungen. Die Verträge sind den für die Krankenkassen zuständigen Aufsichtsbehörden nicht vorzulegen. Die Landesregierung hat somit im Bereich der Versorgung mit Haushaltshilfe bzw. mit häuslicher Krankenpflege keine detaillierte Kenntnis über die Entwicklung der Leistungsvergütung durch die Krankenkassen im Verhältnis zur Steigerung der Personal- und Sachkosten bei den Einrichtungsträgern. Eine allgemeingültige Aussage zur Ertragslage der Leistungserbringer ist der Landesregierung daher nicht möglich. Der Landesregierung ist jedoch bekannt, dass insbesondere tarifgebundene Einrichtungsträger eine unzureichende Kompensation der tariflich vereinbarten Gehaltssteigerungen durch die Kostenträger monieren. Hintergrund ist die Bindung der Krankenkassen an den Grundsatz der Beitragssatzstabilität. Gemäß § 71 Absatz 1 Satz 1 SGB V haben die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer Vergütungsvereinbarungen so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen sind, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten . Um diesen Vorgaben zu entsprechen, darf nach § 71 Absatz 2 Satz 1 SGB V bei Vergütungsanpassungen die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sog. Veränderungsrate der Grundlohnsumme nicht überschreiten. Unter der Grundlohnsumme versteht man die Summe der beitragspflichtigen Löhne und Gehälter, aus denen Krankenversicherungsbeiträge zu leisten sind, also die bundesweite Gesamtsumme des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, aus dem die Beiträge zur Krankenversicherung errechnet werden. Die Veränderungsrate der Grundlohnsumme blieb in der Vergangenheit regelmäßig hinter den Steigerungs- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3542 raten der Tariflöhne zurück. Bei nominell höheren Tariflohnsteigerungen in einzelnen Branchen führt die Berücksichtigung der Veränderungsrate als Obergrenze für Vergütungsanpassungen zu der von den Einrichtungsträgern monierten Finanzierungslücke . In rechtlicher Hinsicht ist umstritten, ob die enge Bindung an die Veränderungs - rate nach § 71 Absatz 2 SGB V für die Vergütung der Leistungen der Haushaltshilfe bzw. der häuslichen Krankenpflege gilt. Im Rahmen von Schiedsverfahren in anderen Bundesländern wurde die Anwendung der Veränderungsrate als Obergrenze für Vergütungsanpassungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege zum Teil explizit bejaht, zum Teil aber auch verneint. Das Bundessozialgericht hat die Frage in einem Urteil vom 25. November 2010 ausdrücklich offen gelassen . Die Landesregierung bzw. die Aufsichtsbehörde über die landesunmittel - baren Krankenkassen können und dürfen vor diesem Hintergrund die Rechtsfrage nicht abschließend und für die Beteiligten verbindlich beantworten. Sofern die Geltung der Veränderungsrate zu bejahen ist, können über die Veränderungsrate hinausgehende Vergütungsvereinbarungen nur getroffen werden, wenn andernfalls die medizinische Versorgung nicht zu gewährleisten wäre. 3. Was tut sie, um eine ausreichende Finanzierung der Personalkosten in den Sozialstationen sicherzustellen? Die Finanzierung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V erfolgt durch die Krankenkassen. Der Landesregierung kommt insoweit keine Verantwortung für die Sicherstellung der Versorgung zu. Die Landesregierung hat keine rechtlichen Möglichkeiten, auf die Vergütungsvereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern Einfluss zu nehmen. Lediglich im Falle, dass sich die Vertragspartner weder über die Vertragsinhalte noch über eine unabhängige Schiedsperson zur Festlegung des Vertragsinhalts einigen können , hat die für die vertragsschließende Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde eine Schiedsperson zu benennen. Eine darüber hinausgehende Einflussnahme auf die Vergütungsvereinbarungen ist vom Bundesgesetzgeber nicht vorgesehen. Gleichwohl unterstützt das Land im Rahmen freiwilliger Leistungen nach Maß - gabe der Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Förderung der ambulanten Hilfen (VwV-Ambulante Hilfen) Familienpflege- und Dorfhilfedienste, die zum Tätigkeitsprofil von Sozialstationen zählen. Die Dienste erbringen Leistungen zur Beratung, Anleitung und Aufrechterhaltung des Familienverbandes in Notlagen für Menschen, die krankheitsbedingt oder während der Rekonvaleszenz hilfebedürftig sind. Dies kann der Fall sein, wenn die den Haushalt führende Person ins Krankenhaus oder zur Kur muss oder eine weitere Entbindung ansteht und zu Hause Kinder unter 12 Jahre zu versorgen sind. Die Landesförderung soll dort einwirken wo gesetzliche Leistungen Lücken lassen. Dies kann beispiels - weise der Fall sein, wenn ein Einsatz zeitlich zu kurz bemessen ist oder eine Beendigung des Engagements unmittelbar mit dem Tod der haushaltführenden Person unzumutbar wäre. Zuwendungsfähig sind die Personal- und Sachausgaben, soweit sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen und nicht durch die Sozialleistungsträger getragen werden. In 2012 wurden rund 1,2 Mio. Euro an Fördermitteln ausgeschüttet. Das Budget des Landes in 2013 beträgt ebenfalls 1,2 Mio. Euro 4. Wie bewertet sie die Darstellung, wonach auch die Bürokratiekosten für die Sozialstationen in den vergangenen Jahren signifikant angestiegen sind? Im SGB V gibt es keine dem § 113 SGB XI vergleichbare, die Anforderungen an die Pflegedokumentation regelnde Norm. Haushaltshilfe bzw. Häusliche Krankenpflege wird aufgrund einer zwischen den Krankenkassen und den Leistungs - erbringern gemäß § 132 Absatz 1 Satz 2 SGB V bzw. § 132 a Absatz 2 Satz 1 SGB V geschlossenen Vereinbarung erbracht. In der Vereinbarung sind u. a. die Einzelheiten über die Versorgung, die Preise und deren Abrechnung zu regeln. Gegenstand der Vereinbarung sind dabei regelmäßig die zum Zwecke der Abrechnung zu übermittelnden Daten sowie Dokumentationspflichten, die einen entsprechenden Erfüllungsaufwand bei den Leistungserbringern auslösen. Die Lan- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 3542 4 desregierung vermag mangels Kenntnis der Vereinbarungen nicht zu beurteilen, wie sich der Erfüllungsaufwand aus den Verträgen zur Erbringung von Leistungen der Haushaltshilfe bzw. der häuslichen Krankenpflege in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Die Vereinbarung der Vertragsinhalte weist der Gesetz - geber allein den Vertragsparteien zu. 5. Was sind gegebenenfalls die Gründe dafür? Aus der Erhebung des Enzkreise bei den Pflegediensten geht hervor, dass die Ansprüche an eine qualitativ hochwertige Pflege einhergehen mit erhöhten Anforderungen hinsichtlich Qualitätssicherung, Transparenz, Pflegeplanung, Dokumentations - und Berichtspflichten. Verbunden mit oft komplexen Antrags- und Genehmigungsverfahren beispielsweise im Zusammenhang mit der Verordnung häuslicher Krankenpflege wird dies in der täglichen Praxis der Dienste oft als belastend wahrgenommen. Ein umfangreicher Bericht der Bundesregierung vom März 2013 beschäftigt sich mit dem „Erfüllungsaufwand im Bereich Pflege – Antragsverfahren auf gesetzliche Leistungen für Menschen, die pflegebedürftig oder chronisch krank sind“; die Projektreihe „Bestimmung des bürokratischen Aufwands und Ansätze zur Entlastung“ identifiziert eine Fülle von Ursachen und zeigt entsprechende Lösungswege auf. Weitergehende Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice