Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 365 27. 07. 2011 1Eingegangen: 27. 07. 2011 / Ausgegeben: 30. 08. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie bezüglich der Direktzüge, die pro Tag von Paris nach Budapest ab der Fertigstellung des Projekts „Stuttgart 21“ fahren sollen? 2. Wie viele Direktverbindungen nach Bratislava und Budapest sind dann von Ulm aus gesichert? 3. Hat sie Informationen, wie ernsthaft die Société Nationale des Chemins de fer (SNCF) die Nachrüstung ihrer TGV-Züge betreibt, damit diese auf der Neubaustrecke (NBS) Stuttgart–Ulm zum Einsatz kommen können? 4. Werden die in Frage 3. genannten TGV-Züge für den Betrieb auf der NBS eine Ausnahmegenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes benötigen? 5. Hat sie Erkenntnisse darüber, ob die umstiegsfreie Fahrt Stuttgart–Wien nach Fertigstellung des Projekts „Stuttgart 21“ häufiger als bisher angeboten werden soll? 27. 07. 2011 Filius GRÜNE Kleine Anfrage des Abg. Jürgen Filius GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Magistrale für Europa [Trans European Network (TEN)-Achse 17] Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 365 2 B e g r ü n d u n g Die Magistrale Paris–Budapest respektive Paris–Bratislava wird im Zusammenhang mit den anstehenden Infrastrukturprojekten immer wieder angeführt. Die Bezeichnung „Das neue Herz Europas“ legt die Vermutung nahe, dass diese Achse künftig von herausragender Bedeutung sein wird. Für eine sachgerechte Diskussion sind belastbare Informationen über das künftige Verkehrsaufkommen auf der Achse dringend notwendig. A n t w o r t Mit Schreiben vom 16. August 2011 Nr. 3-3824.1-1-01/66 beantwortet das Minis - terium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat sie bezüglich der Direktzüge, die pro Tag von Paris nach Budapest ab der Fertigstellung des Projekts „Stuttgart 21“ fahren sollen? 2. Wie viele Direktverbindungen nach Bratislava und Budapest sind dann von Ulm aus gesichert? Der Landesregierung liegen bislang keine Informationen vor, ob und in welchem Umfang von Anbietern im Schienenverkehr Direktverbindungen von den Endpunkten der „Magistrale für Europa“ ab der bislang für 2019 vorgesehenen Inbetriebnahme der Infrastruktur des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm eingerichtet werden. Zielstellung des Projekts „Magistrale für Europa“ ist auch nicht, Direktverbindungen zwischen Paris und Budapest bzw. Bratislava anzubieten. Vielmehr soll mit dem Ausbau der Bahninfrastruktur auf dieser wichtigen europäischen Ost-West- Verbindung erreicht werden, dass durch die Verkürzung der Reisezeiten eine Vielzahl von attraktiven Teilrelationen entlang der Strecke und im Korridor der Magis - trale gerade auch im internationalen Verkehr entstehen (siehe auch Ziffer 5). In diesem Zusammenhang stehen noch eine Reihe anderer Abschnitte zum Ausbau aus. 3. Hat sie Informationen, wie ernsthaft die Société Nationale des Chemins de fer (SNCF) die Nachrüstung ihrer TGV-Züge betreibt, damit diese auf der Neubaustrecke (NBS) Stuttgart–Ulm zum Einsatz kommen können? Aufgrund der fehlenden Spezifizierung zur Form der Nachrüstung von Zügen in der Frage konzentriert sich die Beantwortung auf den Aspekt der Leit- und Sicherungstechnik . Die Eignung aller in Deutschland verkehrenden Typen des TGV, beispielsweise für das Steigungsprofil der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm, hat die Deutsche Bahn als Kooperationspartnerin der Société Nationale des Chemins de fer (SNCF) bereits im Rahmen der Drs. 17/5700 des Deutschen Bundestags bestätigt . Die in Deutschland verkehrenden TGV sind mit dem aktuell erforderlichen Signal - und Leitsystem ausgestattet [Linienzugbeeinflussung (LZB)/Punktuelle Zugbeeinflussung (PZB)]. Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm ist mit der neuen Leit- und Sicherungstechnik der europäischen Bahnen - European Train Control System (ETCS) - auszustatten. Dieses stellt auf dieser Trasse ein ausschließendes Netzzugangskriterium dar, d. h. Züge zur Nutzung auf dieser Neubaustrecke sind mit diesem standardisierten europäischen Zugleit- und Sicherungssystem auszustatten , sofern sie noch nicht über diese Technologie verfügen. TGV-Fahrzeuge der SNCF sind bereits für das Zugsicherungssystem ETCS vorgerüstet. Zur Inbetriebnahme bedarf es lediglich einer Anpassung der Software. Daneben plant die SNCF bereits im Vorfeld und damit unabhängig von der Inbetriebnahme der Neu- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 365 baustrecke Wendlingen–Ulm eine Umrüstung ihrer eingesetzten TGV-Fahrzeugtypen auf eine neuere Version des ETCS. 4. Werden die in Frage 3. genannten TGV-Züge für den Betrieb auf der NBS eine Ausnahmegenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes benötigen? Zur Kompatibilität zwischen Infrastruktur und Fahrzeug dienen die Normen gemäß TSI (Technical Standards Interoperability), sodass spezielle Ausnahmeregelungen für den Betrieb der TGV auf der Neubaustrecke nach Aussage der DB Fernverkehr AG als Kooperationspartner der SNCF nicht notwendig sind. 5. Hat sie Erkenntnisse darüber, ob die umstiegsfreie Fahrt Stuttgart–Wien nach Fertigstellung des Projekts „Stuttgart 21“ häufiger als bisher angeboten werden soll? Zurzeit wird von Stuttgart nach Wien nur eine einzige Direktverbindung samstags und sonntags mit einer Gesamtfahrtzeit von 6:48 h angeboten. Daneben existieren häufige Verbindungen mit einmaligem Umstieg in München (Reisezeit 6:48 h bis 7:32 h) oder Nürnberg (Reisezeit 7:19 h) oder Salzburg (Reisezeit 7:46 h) oder Würzburg (Reisezeit ca. 8:30 h). Zur zukünftigen Angebotsplanung im internationalen Personenfernverkehr liegen dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur keine Erkenntnisse vor. Es ist jedoch durch die Fertigstellung weiterer Teilstücke der Magistrale mit schnelleren und damit attraktiveren Verbindungen zu rechnen. Ausgehend von einer Bewertung der bis 2020 anstehenden Ausbaumaßnahmen auf dem Teilstück der Magis - trale zwischen Stuttgart und Wien ist mit einer Fahrzeitreduzierung von ca. 70 Minuten zu rechnen. Ob diese Verbindungen direkt oder mit einem Umstieg angeboten werden, stellt eine Angebotsentscheidung der Bahnunternehmen dar. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur