Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 374 29. 07. 2011 1Eingegangen: 29. 07. 2011 / Ausgegeben: 30. 08. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist es zutreffend, dass das Messstellennetz zur Schadstoffermittlung der LUBW in den vergangenen Jahren aus Kostengründen schrittweise abgebaut worden ist? 2. Wie viele Messstationen existieren landesweit im Vergleich zum Jahr 2006 momentan noch? 3. Nach welchen Kriterien werden die Standorte für die einzelnen Messstationen ausgewählt? 4. Plant sie einen Ausbau der Messstationen und an welchen Standorten werden möglicherweise neue Anlagen aufgebaut? 5. Wie beurteilt sie die Erstellung sogenannter Emissionskataster zur Erhebung von Luftschadstoffen für die einzelnen Regionen in Baden-Württemberg? 6. Sind solche Emissionskataster in der Vergangenheit bereits schon einmal erstellt worden? 29. 07. 2011 Renkonen GRÜNE Kleine Anfrage des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Messstellen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 374 2 B e g r ü n d u n g Die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) musste in den letzten Jahren erhebliche Budgetkürzungen hinnehmen. Sie summierten sich auf rund zwei Millionen Euro, was offenbar zu einem verstärkten Abbau von Messstationen im Land geführt hat. Zuletzt wurde in Mannheim (Standort beim Kohlekraftwerk) eine Station abgebaut. Dabei ist ein funktionierendes Messstellennetz zur Erhebung der Luftschadstoffe (Feinstaub, Stickoxid) von großer Bedeutung , um verschiedene Luftreinhaltemaßnahmen auf ihren Erfolg hin zu überprüfen . Mich würde auch interessieren, wie die neue Landesregierung die Erstellung sogenannter Emissionskataster bewertet, um die Öffentlichkeit noch besser über die Luftreinhaltung zu informieren. A n t w o r t Mit Schreiben vom 18. August 2011 Nr. 53-8826.72/155 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Ist es zutreffend, dass das Messstellennetz zur Schadstoffermittlung der LUBW in den vergangenen Jahren aus Kostengründen schrittweise abgebaut worden ist? 3. Nach welchen Kriterien werden die Standorte für die einzelnen Messstationen ausgewählt? Die europäische Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG legt die Kriterien fest, nach denen die Beurteilung der Luftqualität erfolgen muss. Die Anforderungen wurden in der Neununddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions - schutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen – 39. BImSchV) in nationales Recht umgesetzt. Danach ist ein Land hinsichtlich der Beurteilung der Luftqualität zum Schutz der menschlichen Gesundheit in Gebiete und Ballungsräume zu unterteilen. Für Baden-Württemberg wurden vier Ballungsräume (Freiburg, Karlsruhe, Mannheim/Heidelberg, Stuttgart) und vier Gebiete außerhalb der Ballungsräume (entsprechend den vier Regierungsbezirken ) festgelegt. Die Beurteilungsflächen für das Schutzgut Vegetation erfolgt in einem Gebiet, das der gesamten Landesfläche ohne die vier Ballungsräume entspricht. Für jedes Gebiet bzw. Ballungsraum ist gemäß der Luftqualitätsrichtlinie für jeden Schadstoff in Abhängigkeit von der jeweils vorhandenen Belastung die Mindestanzahl an Messungen zu ermitteln (siehe Anlage 5 der 39. BImSchV: „Kriterien für die Festlegung der Mindestanzahl der Probenahmestellen für orts - feste Messungen der Werte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoff - oxide, Partikel [PM10, PM2,5], Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“). Anlage 3 der 39. BImSchV „Beurteilung der Luftqualität und Lage der Probe - nahmestellen für Messungen von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoff - oxiden, Partikeln (PM10 und PM2,5), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“ enthält außerdem detaillierte Vorgaben zur Standortauswahl, insbesondere hinsichtlich der Repräsentativität der Messungen für das Gebiet, sowie Vorgaben zu den kleinräumigen Anforderungen an Probenahmestellen (beispielsweise Vorgaben hinsichtlich der Vermeidung von Störungen des Luftstroms oder zur Höhe des Messeinlasses). Die 2008 geänderte Luftqualitätsrichtlinie enthält als neue Anforderungen außerdem eine höhere Anzahl an PM2,5 Messungen und dass für jeweils zwei Stationen im städtischen Hintergrund mindestens eine Verkehrsmessstation betrieben werden muss. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 374 Hieraus, aber auch aufgrund der finanziellen Rahmenbedingungen ergab sich die Notwendigkeit, das Luftmessnetz anzupassen. Dabei war zu prüfen, welcher Umfang des Luftmessnetzes aufgrund der europäischen Vorgaben erforderlich ist und ausreicht, um in allen Teilen des Landes belastbare Aussagen über die Luftqualität zu ermöglichen. Mit diesen Vorgaben wurde ein neues Messnetzkonzept erarbeitet. Für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid, Feinstaub PM10, Ozon, Schwefeldioxid, Kohlen - monoxid und Schwermetalle im Feinstaub PM10 konnte die Anzahl der erforderlichen Messungen vermindert werden. Demgegenüber musste die Anzahl der Messungen für Feinstaub PM2,5, Benzol und Benzo(a)pyren erhöht werden. Um das Ziel einer flächendeckenden Luftqualitätsbeurteilung einhalten zu können, wurde teilweise eine Umverteilung der gemessenen Schadstoffkomponenten erforderlich . Zusätzliche Vorgabe bei der Neuplanung des Luftmessnetzes war, nur solche Messstationen stillzulegen, an denen in den letzten 5 Jahren keine Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden. Im Ergebnis konnten neun Stationen zur Messung der Luftschadstoffkonzentrationen des städtischen Hintergrunds (Freudenstadt, Karlsruhe-Mitte, Mannheim- Süd, Pfullendorf, Plochingen, Offenburg, Stuttgart-Zuffenhausen, Waiblingen, Waldshut) sowie zwei Stationen des ländlichen Hintergrunds (Odenwald, Welzheimer Wald) stillgelegt werden. Gleichzeitig musste die Anzahl der Verkehrsmessstationen von vier auf acht erhöht werden. Die sich aus der neuen Messnetzkonzeption ergebenden Veränderungen wurden überwiegend im ersten Halbjahr des Jahres 2011 umgesetzt. Die Messstation Welzheimer Wald wurde bereits 2010 abgebaut, da sie wegen des Umgebungsbewuchses keine repräsentativen Ergebnisse mehr liefern konnte. 2. Wie viele Messstationen existieren landesweit im Vergleich zum Jahr 2006 momentan noch? Zur Beurteilung der Luftqualität in diesen Gebieten und Ballungsräumen betreibt das Land Baden-Württemberg derzeit 34 Messstationen darunter 8 Verkehrsmessstationen . In 2006 umfasste das Luftmessnetz 41 Stationen darunter 4 Verkehrsmessstationen . Das Luftmessnetz wird ergänzt durch die verkehrsnah gelegenen Stationen des Spotmessnetzes. Sie haben die Aufgabe die Luftqualität an durch Verkehrsabgase geprägten Belastungsschwerpunkten zu ermitteln. In 2006 wurden an 27 Stationen gemessen. 2011 umfasst das Spotmessnetz 25 Stationen. 4. Plant sie einen Ausbau der Messstationen und an welchen Standorten werden möglicherweise neue Anlagen aufgebaut? Ein Ausbau des Luftmessnetzes ist derzeit nicht vorgesehen. Zur Beurteilung der Luftqualität können jedoch zusätzlich zu Immissionsmessungen auch Modellrechnungen heran gezogen werden. Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur lässt derzeit prüfen, ob mittelfristig eine zuverlässige, flächendeckende Ermittlung der Luftqualität durch Modellrechnungen auf der Basis der Daten des Emissionskatasters möglich ist. 5. Wie beurteilt sie die Erstellung sogenannter Emissionskataster zur Erhebung von Luftschadstoffen für die einzelnen Regionen in Baden-Württemberg? 6. Sind solche Emissionskataster in der Vergangenheit bereits schon einmal erstellt worden? In Baden-Württemberg wurden bislang Emissionskataster für die Erhebungsjahre 1995, 1998, 2000, 2002, 2004, 2006 und zuletzt 2008 erstellt. In den Luftschadstoff-Emissionskatastern Baden-Württemberg werden die landesweiten Emissionen differenziert nach Landkreisen, Schadstoffen und den Quellgruppen kleine und mittlere Feuerungsanlagen, Verkehr, Industrie und Gewerbe , biogene Systeme und sonstige technische Einrichtungen dargestellt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 374 4 Das jeweils aktuelle Emissionskataster ist eine wichtige Grundlage für die Luft - reinhalteplanung des Landes und die Aufstellung von Luftreinhalteplänen bzw. Pläne für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität . Die in diesen Plänen festzusetzenden Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionsgrenzwerte beitragen. Das Emissionskataster bildet die Datengrundlage für die Berechnung der Verursacheranteile an den jeweiligen Überschreitungspunkten und ist somit ein notwendiges Grundlagenwerk für die Luftreinhalteplanung. Aufgrund der kleinräumigen Erhebungsmethodik und der differenzierten Erhebungsparameter eignen sich die Daten darüber hinaus auch für die Bearbeitung komplexer Fragestellungen zur Luftreinhaltung auf kommunaler, regionaler oder landesweiter Ebene. Dr. Splett Staatssekretärin