Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 393 03. 08. 2011 1Eingegangen: 03. 08. 2011 / Ausgegeben: 09. 09. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welchem Mitglied bzw. welchem Mitarbeiter der Landesregierung war der Vorschlag des Schlichters „Frieden in Stuttgart – Eine Kompromiss-Lösung zur Befriedung der Auseinandersetzung um Stuttgart 21“ vor der Präsentation am späten Nachmittag des 29. Juli 2011 bekannt? 2. Wann und durch wen erfolgte die Information? 3. Wer aus dem genannten Personenkreis hat Mitglieder bzw. Mitarbeiter des Aktionsbündnisses von dem Kompromissvorschlag vor der Präsentation durch den Schlichter informiert? 4. Trifft es zu, dass der vergleichbare Vorschlag eines Stuttgarter Verkehrswissenschaftlers 1995 unter anderem durch den jetzigen Verkehrsminister Hermann zwar wiederbelebt, aber als zu teuer verworfen wurde? 5. Ist es zutreffend, dass der jetzige Verkehrsminister noch in einer Pressemitteilung vom 20. Oktober 2010 die am Freitag vom Schlichter vorgeschlagene Kombilösung mit Hinweis auf die hohen Kosten abgelehnt hat, wenn ja, vertritt er diese Auffassung noch immer, wenn nein, wann und warum hat er seine Position aufgegeben? 6. Wer hat die SMA und Partner AG mit der Erarbeitung des Konzepts „Frieden in Stuttgart – Eine Kompromiss-Lösung zur Befriedung der Auseinandersetzung um Stuttgart 21“ beauftragt und wer trägt die daraus entstandenen Kos ten? 02. 08. 2011 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Vorabkenntnis der Landesregierung von dem „Kompromissvorschlag Frieden in Stuttgart“ Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 393 2 B e g r ü n d u n g Die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 hat am späten Nachmittag des 29. Juli 2011 im Rahmen des sogenannten Stresstests angekündigt, dass das Bündnis die Sitzung verlassen wird. Anlässlich der Demonstration am 1. August 2011 sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, dass man „damit erst Herrn Geißler gezwungen hat, damit er sein Verfahren noch irgendwie retten kann, mit seinem Kombivorschlag an die Öffentlichkeit zu gehen.“ Das lässt den Schluss zu, dass das Verfahren insgesamt abgesprochen war und sowohl Landesregierung als auch Aktionsbündnis von dem „Kompromissvorschlag“ nicht wirklich überrascht wurden. Darüber hinaus soll u. a. geklärt werden, wer die Kosten des „neuen“ Kompromiss - vorschlags trägt. A n t w o r t Mit Schreiben vom 25. August 2011 Nr. 3-3824.1-0-01/126 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welchem Mitglied bzw. welchem Mitarbeiter der Landesregierung war der Vorschlag des Schlichters „Frieden in Stuttgart – Eine Kompromiss-Lösung zur Befriedung der Auseinandersetzung um Stuttgart 21“ vor der Präsentation am späten Nachmittag des 29. Juli 2011 bekannt? 2. Wann und durch wen erfolgte die Information? Herr Ministerpräsident Kretschmann wurde in der Mittagspause der Präsentation am 29. Juli 2011 von Herrn Dr. Geißler persönlich von dem Kompromissvorschlag in Kenntnis gesetzt. Herr Minister Hermann und ihn begleitende Mitarbeiter des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur sowie Herr Staatssekretär Rust wurden ebenfalls am Rande der Präsentation informiert. 3. Wer aus dem genannten Personenkreis hat Mitglieder bzw. Mitarbeiter des Aktionsbündnisses von dem Kompromissvorschlag vor der Präsentation durch den Schlichter informiert? Nach Kenntnis der Landesregierung hat niemand aus diesem Personenkreis Mitglieder bzw. Mitarbeiter des Aktionsbündnisses von dem Kompromissvorschlag informiert. 4. Trifft es zu, dass der vergleichbare Vorschlag eines Stuttgarter Verkehrswissenschaftlers 1995 unter anderem durch den jetzigen Verkehrsminister Hermann zwar wiederbelebt, aber als zu teuer verworfen wurde? 5. Ist es zutreffend, dass der jetzige Verkehrsminister noch in einer Pressemitteilung vom 20. Oktober 2010 die am Freitag vom Schlichter vorgeschlagene Kombilösung mit Hinweis auf die hohen Kosten abgelehnt hat, wenn ja, vertritt er diese Auffassung noch immer, wenn nein, wann und warum hat er seine Position aufgegeben? Im Jahr 1995 haben BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vorschläge zu Stuttgart 21 und dem Entwicklungskonzept Filder erarbeitet und dabei die vollständige Umgestaltung des Bahnhofs in einen Tiefbahnhof mit Zufahrtsgleisen in Tunnelführung abgelehnt . Favorisiert wurden in dieser Ausarbeitung das Modell „Lean“ (Beibehaltung und durchgreifende Modernisierung des Kopfbahnhofs) oder „Kombi“ (Er- 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 393 gänzung des leicht reduzierten Kopfbahnhofes durch vier unterirdische Durchfahrtsbahnsteige vor allem für den Fernverkehr und die S-Bahn). Das Modell „Kombi“ entspricht dem Kompromissvorschlag des Schlichters. Es ist richtig, dass die Variante „Kombi“ in der Folgezeit als zu teuer verworfen wurde. Diese Beurteilung war geprägt durch den Erkenntnisstand Mitte der 90er-Jahre. Zum damaligen Zeitpunkt waren der Umfang der freiwerdenden Flächen und die konkreten Kaufpreise dieser Flächen usw. noch nicht bekannt. Gegenstand der gemeinsamen Pressemitteilung vom 20. Oktober 2010 des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Fritz Kuhn MdB und des jetzigen Verkehrsministers und damaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Winfried Hermann war die Behauptung, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hätten Stuttgart 21 erfunden. Im Zuge dieser Presseerklärung wurde auf die oben genannte Ausarbeitung und deren Inhalt hingewiesen. Zur Kombi - lösung wurde ausgeführt: „Vor 15 Jahren haben wir offengelassen, ob als Alternative zu Stuttgart 21 auch eine Kombilösung sinnvoll sein könnte. Diese Variante wurde dann aber sehr bald nach weiteren Prüfungen verworfen, insbesondere weil schon Mitte der 90er-Jahre klar war, dass dieses Projekt viel zu teuer würde.“ Seit den 90er-Jahren haben sich die angesetzten Baukosten sowie der durch Grundstückserlöse finanzierbare Anteil der Baukosten entscheidend verändert. Diese Effekte wirken sich auf die verschiedenen Varianten unterschiedlich aus. Die in den 90er-Jahren getroffene Einschätzung hindert daher nach Auffassung der Landesregierung nicht, aus gebotenem Anlass eine erneute Beurteilung auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse vorzunehmen. 6. Wer hat die SMA und Partner AG mit der Erarbeitung des Konzepts „Frieden in Stuttgart – Eine Kompromiss-Lösung zur Befriedung der Auseinandersetzung um Stuttgart 21“ beauftragt und wer trägt die daraus entstandenen Kos - ten? Der Landesregierung ist nicht bekannt, ob und ggfs. durch wen die SMA zur Erarbeitung des Konzepts beauftragt wurde und wer die daraus entstandenen Kosten trägt. Das Land hat SMA und Partner AG jedenfalls nicht mit der Erstellung des Kompromiss-Konzepts beauftragt. Eine Finanzierung durch das Land ist daher auch nicht vereinbart. Dr. Splett Staatssekretärin