Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 4031 17. 09. 2013 1Eingegangen: 17. 09. 2013 / Ausgegeben: 06. 12. 2013 G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . F ü t t e r u n g 1. Welches Ziel wird mit dem Verbot der Fütterung verfolgt? 2. Wird dieses Ziel durch das Verbot der Fütterung erreicht? 3. In diesem Zusammenhang: a) Wie haben sich die Baumartenanteile in Baden-Württemberg seit 1990 (im Vergleich zum Zeitpunkt vor dem Orkan „Wiebke“) in Prozent und Hektar entwickelt? b) Wie hoch ist der Flächenanteil der Primär- und Urwälder an der Gesamt -Waldfläche in Baden-Württemberg? c) Wie hoch ist der Anteil der Wälder in Baden-Württemberg, welcher der potenziellen natürlichen Vegetation (PNV) entspricht? Gibt es dafür eine Zielgröße, die sie sich zu eigen macht? d) Wie sollen die Zielgröße PNV bzw. andere zu setzende Zielgrößen regionalisiert werden bzw. unter welchen wissenschaftlich nachvollziehbaren Kriterien sollen diese standortbezogen festgelegt werden? 4. Beeinträchtigt sachgerechte Fütterung lokal, regional oder landesweit die Biodiversität der Waldökosysteme oder die naturähnliche Entwicklung der Zusammensetzung der Baumpopulationen? 5. In welcher Weise und wie stark sind aus ihrer Sicht die Schutzgüter „Boden , Wasser, Klima und Luft“ durch die Fütterung beeinträchtigt? 6. Weshalb kommt sie zur Schlussfolgerung, dass die Fütterung verboten werden muss, obwohl es wissenschaftliche Arbeiten gibt, welche zum Ergebnis Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Ist eine grundlegende Neuregelung des Landesjagdgesetzes nötig? Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 2 kommen, dass artgerechte Fütterung, welche nach wildbiologischen Erkenntnissen erfolgt, keine Schäden zur Folge hat bzw. zur Schadvermeidung dienen kann? 7. Wie begründet sie ihre Überlegung, die in einigen Waldrevieren anstelle von intensiver Ansitz- und Kirrjagd ein bis zwei Mal jährlich praktizierte Bewegungsjagd auf Schalenwild, eine für das Wild störungs- und jagdstress - arme Form des Wildtiermanagements, faktisch abzuschaffen? Wie sollen solche Waldreviere künftig die Schadvermeidung bei angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen und Weinbauflächen (meist im Nachbarrevier) sicherstellen, vor dem Hintergrund, dass die Ablenkfütterung des Schwarzwilds – mit durchaus geringeren Futtermengen als bei der Kirrung – für diese Form des Wildtiermanagements unerlässlich ist? 8. Ist angesichts der vorgenannten Fragen die Einschränkung des Jagdrechts gerechtfertigt? Wird dabei in angemessener Weise beachtet, dass das Jagdrecht ein Teil des Eigentumsrechts ist, dessen Einschränkung einer besonderen Abwägung bedarf? 9. Bei behördlich festgestellter Notzeit soll entsprechend ihrer Vorstellungen die Bejagung eingestellt und ein Betretungsverbot erlassen werden, damit auf Fütterung verzichtet werden kann. Wie soll das ansonsten freie Betretungsrecht durchgesetzt und kontrolliert werden? 10. Welche Effizienz- bzw. Erfolgskontrollen plant sie im Zusammenhang mit dem Fütterungsverbot? 11. Hätten gegen ein Fütterungsverbot von betroffenen Eigentümern oder Jägern erhobene Klagen aus ihrer Sicht Aussicht auf Erfolg? I I . K i r r u n g 1. Weshalb kommt sie zum Schluss, dass die Fütterung verboten werden muss, aber die Kirrung erhalten werden soll, obwohl sie ebenfalls eine Fütterung von Wildtieren darstellt? 2. Weshalb beabsichtigt sie, vor dem Hintergrund des allgemein anerkannten wildbiologischen Forschungsergebnis, dass jegliche Futtergabe an Wieder - käuer ab Ende Dezember die Umstellung ihrer Pansenzotten auf einen ener - giearmen Stoffwechsel verhindert, einerseits die Fütterung zu verbieten und gleichzeitig die Kirrung bis Ende Januar zu erlauben (folglich müsste ab Ende der Schusszeit am 31. Januar bis zum Ende des Winters weitergefüttert werden, weil sich die Tiere nicht mehr umstellen können)? I I I . B a u j a g d 1. Welches sind ihre Beweggründe, als erstes Land/Bundesland in Europa die Baujagd zu verbieten? 2. Gibt es konkrete Missstände oder dies belegende Forschungsergebnisse, welche sie zum Handeln zwingen? 3. Worin besteht aus ihrer Sicht der Unterschied in der tierschutzrechtlichen Bewertung von Baujagd, Frettierjagd, Beizjagd und Bewegungsjagd mit Hundemeuten? 4. Weshalb wählt sie ein Verbot anstatt die Hundeausbildung sowie die Ausbildung der Jäger zu fördern? 5. Hat hierbei eine Abwägung zwischen Tierschutzaspekten und der mit dem Verbot einhergehenden Eigentumsbeschränkung stattgefunden (mit Angabe des Ergebnisses)? 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 6. Werden durch zu erwartende geringere Fuchsabschüsse die Niederwildbestände (z. B. Hasen, Rebhühner) zurückgehen? 7. Ist durch eine steigende Fuchspopulation ein Verlust an Fauna und/oder Biodiversität zu erwarten? I V . E i n h e i t l i c h e J a g d b e h ö r d e 1. Weshalb beabsichtigt sie, vor dem Hintergrund möglicher Ziele einer Novellierung des Landesjagdgesetzes zu einem Wildtiermanagement-Gesetz (u. a. Erhöhung der Transparenz, Einbeziehung aller Interessengruppen, Mediation), nach Abwägung dieser Gesichtspunkte, die Beibehaltung einer eigenen Jagdbehörde für den 325.000 Hektar großen Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg? Ist diese Sonderbehandlung gerechtfertigt, insbesondere auch gegenüber großen kommunalen und privaten Forstverwaltungen? 2. Dient der Erhalt einer eigenen Jagdbehörde für die Flächen von Forst Baden -Württemberg der Entbürokratisierung und dem Abbau von Personalaufwand ? 12. 09. 2013 Hauk und Fraktion B e g r ü n d u n g Die Landesregierung beabsichtigt eine Novellierung des Landesjagdgesetzes, im Zuge derer dem Vernehmen nach die Fütterung von Wildtieren sowie die Baujagd verboten werden sollen. Nachdem es sich dabei um wesentliche, ja konstitutive Elemente der traditionellen Jagdausübung in Baden-Württemberg handelt, stellt sich die Frage nach der sachlichen und vor dem Hintergrund von Artikel 14 Grundgesetz auch verfassungsrechtlichen Begründung derartiger Eingriffe. A n t w o r t * ) Schreiben des Staatsministeriums vom 26. November 2013 Nr. III: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium _____________________________________ *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 4 Anlage: Schreiben des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Mit Schreiben vom 27. November 2013 Nr. Z(55)-0141.5/281F beantwortet das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: I . F ü t t e r u n g Zu I.: 1. Welches Ziel wird mit dem Verbot der Fütterung verfolgt? 2. Wird dieses Ziel durch das Verbot der Fütterung erreicht? Vorbemerkung zu den Antworten I. bis IV.: Der Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen sieht vor, das Landesjagdgesetz zu überarbeiten und stärker an wildökologischen Anforderungen und am Tierschutz auszurichten. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) führt seit Ende des Jahres 2012 ein Beteiligungsverfahren durch, um die Novellierung des Jagdgesetzes für Baden-Württemberg vorzubereiten. Ziel des Verfahrens ist ein Gesetzentwurf, der in möglichst weiten Bereichen gesellschaftliche Akzeptanz erreicht und damit die Zukunftsfähigkeit der Jagd sichert. Mit der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs im Rahmen eines moderierten Beteiligungsverfahrens soll einerseits sichergestellt werden, dass die Belange verschiedener Interessengruppen angemessene Berücksichtigung finden. Andererseits soll das Verfahren die Akzeptanz der erarbeiteten Lösungen bei den Interessengruppen erhöhen. Am Verfahren nehmen zunächst Verbandsvertreterinnen und -vertreter aus den Bereichen Jagd, Grundbesitz, Landwirtschaft, Naturschutz und Tierschutz teil. Den betroffenen Verbänden wird damit die Möglichkeit geboten, ihre Ziele und Positionen darzulegen und zu begründen. Wesentliche Einrichtungen des Beteiligungsverfahrens sind ein Koordinierungskreis als zentrales Beratungs- und Steuerungsorgan sowie zwei Arbeitsgruppen zur fachlichen Diskussion und Erarbeitung von Regelungsvorschlägen. Zurzeit finden Abstimmungsgespräche zu verschiedenen Punkten statt. Ergebnisse , auf deren Basis der weitere Anhörungs- und Beteiligungs- sowie Gesetzgebungsprozess aufbauen, liegen noch nicht vor. Die Landesregierung hat bisher weder Entscheidungen zu künftigen Regelungsinhalten getroffen, noch einen Referentenentwurf für die Gesetzesnovelle vorliegen . Zu I. 1. und 2.: Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Novellierung des Landesjagdgesetzes wird das Thema Fütterung von Schalenwildarten von Expertinnen und Experten sowie Verbänden intensiv diskutiert. Eine abschließende Entscheidung der Landesregierung hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung ist noch nicht getroffen. Die in Baden-Württemberg natürlich vorkommenden Schalenwildarten haben sich im Zuge der Evolution an die natürlichen Nahrungsgrundlagen angepasst. Nahrungsengpässe werden auch ohne Fütterung überstanden. Die Fütterung von Schalenwild ist daher ein starker Eingriff in die natürlichen Vorgänge eines Ökosystems und hat vielfältige Folgen für das Wild und die Ökosysteme . 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 Insbesondere kann die Fütterung beim Reh- und Schwarzwild zu Bestandshöhen führen, die weit über der jagdrechtlich geforderten Anpassung an die „landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen“ (§ 1 BJagdG) liegen. Als negative Folgen sind zunehmende Wildschäden, vermehrte Wildunfälle und eine verringerte Biodiversität festzustellen. Mit einem grundsätzlichen Fütterungsverbot von Schalenwild könnten diese negativen Folgen verringert werden. Ergänzend zum grundsätzlichen Fütterungsverbot wird im derzeit stattfindenden Beteiligungsverfahren eine mögliche Ausnahmeregelung für auf Basis wildtier - ökologischer Forschung erstellte und revierübergreifend abgestimmte Wildtier - management-Konzeptionen diskutiert. Auf die im Rahmen der Fachdiskussion der CDU-Landtagsfraktion am 11. Juli 2013 vom Leiter des Fachbereichs Jagd und Wildtiermanagement des Schweizer Bundesamtes für Umwelt erwähnten positiven Erfahrungen in der Schweiz mit dem Verbot der Fütterung von Schalenwild wird hingewiesen. 3. In diesem Zusammenhang: a) Wie haben sich die Baumartenanteile in Baden-Württemberg seit 1990 (im Vergleich zum Zeitpunkt vor dem Orkan „Wiebke“) in Prozent und Hektar entwickelt ? Zu I. 3. a): Die letzte Bundeswaldinventur fand im Inventurstichjahr 2002 statt. Mit Ergebnissen der dritten Bundeswaldinventur kann erst im Spätjahr 2014 gerechnet werden. Aktuelle und genaue Zahlen zur Veränderung der Baumartenanteile in BadenWürttemberg liegen für die Wälder des Landes und der öffentlichen Körperschaften (= öffentlicher Wald) vor. Der Anteil des öffentlichen Waldes an der gesamten Waldfläche Baden-Württembergs beträgt etwa 63 %. Bis zum Inventurstichjahr 2002 belegen die bisherigen Bundeswaldinventuren für den Gesamtwald in Baden-Württemberg vergleichbare Entwicklungen. Daher wird im Folgenden die Entwicklung der Baumartenanteile im öffentlichen Wald dargestellt. Seit 1990 haben die Anteile der Laubbaumarten deutlich zugenommen. So betrug der Laubbaumanteil 1990 38 % (rund 317.500 ha), stieg 2000 auf 42 % (rund 355.300 ha) und lag Ende 2010 bei 48 % (rund 399.900 ha). Der Flächenzuwachs bei den Laubbäumen ging überwiegend zu Lasten der Fichte. Bei den Laubbäumen haben vor allem die Buche und die sogenannten sons tigen Baumarten wie Bergahorn, Esche und typische Pionierbaumarten hinzugewonnen. Diese Entwicklung ist mit der Einführung des Konzepts der naturnahen Waldwirtschaft durch die Landesforstverwaltung Baden-Württemberg in den 1980er-Jahren planmäßig waldbaulich eingeleitet worden und wurde durch die Orkane der 1990er-Jahre (Vivian und Wiebke) sowie den Orkan Lothar 1999 erheblich beschleunigt . Beim Tannenanteil konnte der seit der vorletzten Jahrhundertwende zu beobachtende Rückgang ab 1990 gestoppt werden, allerdings stagniert der Tannenanteil trotz intensiver waldbaulicher Bemühungen in den letzten 20 Jahren unverändert bei 8 % (rund 67.000 ha im Jahr 1990 bzw. rund 65.700 ha im Jahr 2010). Ur - sachen für diese Stagnation sind in der starken Verbissbelastung der Tanne und in den wenig tannenfreundlichen Verjüngungs- und Wachstumsbedingungen auf den großen Sturmflächen zu finden. Beim Eichenanteil ist seit 1990 ein Aufwärtstrend von 6 % (rund 50.100 ha) auf 8 % (rund 63.000 ha) im Jahr 2010 zu verzeichnen. Dieser ist vor allem durch die Sturmflächen der 1990er-Orkane auf den labilen Standorten im Norden und Osten des Landes bedingt. Dort sind nach den Stürmen mit hohem waldbaulichen Aufwand vielfach stabile Eichenbestände begründet worden. Allerdings war dies nur durch aufwändige und für den Waldbesitzer meist kostenintensive Schutzmaßnahmen gegen Wildverbiss und Fegeschäden des Rehwildes möglich. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 6 Insgesamt bewegt sich die Veränderung bei den Baumartenanteilen in BadenWürttemberg in Richtung des in den 1990er-Jahren auf standörtlicher Basis entwickelten langfristigen Baumartenziels für den öffentlichen Wald. Im Einzelnen stellen sich die Veränderungen der Baumartenanteile im öffent - lichen Wald in der Forsteinrichtungsstatistik wie folgt dar: b) Wie hoch ist der Flächenanteil der Primär- und Urwälder an der GesamtWaldfläche in Baden-Württemberg? Zu I. 3. b): Primär- und Urwälder sind in Baden-Württemberg aufgrund der jahrtausendelangen Flächennutzung sowie der teilweise erheblichen anthropogen bedingten Stand - ortsveränderungen in einer flächenhaften Ausprägung nicht mehr vorhanden. Allenfalls in standörtlichen und geomorphologischen Extremsituationen, vor allem auf neu entstandenen Rohböden bspw. in Schroffhanglagen, können auf kleiner Fläche Pionierwälder aus Weiden, Pappeln oder Birken angetroffen werden, die von menschlicher Tätigkeit unbeeinflusst entstanden sind und damit Primärwald - charakter besitzen. Wegen dieser Kleinflächigkeit lässt sich kein Flächenanteil von Primär- oder Urwäldern im Land angeben. c) Wie hoch ist der Anteil der Wälder in Baden-Württemberg, welcher der potenziellen natürlichen Vegetation (PNV) entspricht? Gibt es dafür eine Zielgröße, die sie sich zu eigen macht? Zu I. 3. c): Eine flächendeckende Kartierung der PNV für die Wälder Baden-Württembergs gibt es nicht. Der Flächenanteil der Wälder, der der PNV entspricht, lässt sich näherungsweise anhand der Naturnäheeinstufung der Wälder durch die Bundeswaldinventur II (BWI 2) ermitteln. Dort wurden für den baden-württembergischen Wald zum Inventurstichjahr 2002 folgende Daten ermittelt: – 19,3 % sehr naturnah (Baumartenzusammensetzung besteht zu 90 % und mehr aus Baumarten der heutigen potenziellen natürlichen Vegetation [hpnV]) – 29,2 % naturnah (Baumartenzusammensetzung besteht zu 75 % bis 89 % aus Baumarten der hpnV) – 28,9 % bedingt naturnah (Baumartenzusammensetzung besteht zu 50 bis 74 % aus Baumarten der hpnV) Ein Zielwert für die PNV existiert für die Gesamtwaldfläche des Landes nicht. Baumarten Zeitraum Fichte Tanne Kiefer Douglasie Lärche Buche Eiche anderes Laubholz Veränderungen in % bezogen auf die gesamte Fläche des öffentlichen Waldes und in Hektar 1990 40 % 334.200 ha 8 % 66.800 ha 9 % 75.200 ha 3 % 25.100 ha 2 % 16.700 ha 22 % 183.800 ha 6 % 50.100 ha 10 % 83.600 ha 2000 36 % 304.600 ha 8 % 67.700 ha 9 % 76.100 ha 3 % 25.400 ha 2 % 16.900 ha 23 % 194.600 ha 7 % 59.200 ha 12 % 101.500 ha 2010 31 % 261.400 ha 8 % 65.700 ha 7 % 61.500 ha 4 % 30.900 ha 2 % 18.800 ha 26 % 218.800 ha 8 % 63.000 ha 14 % 118.100 ha 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 d) Wie sollen die Zielgröße PNV bzw. andere zu setzende Zielgrößen regionalisiert werden bzw. unter welchen wissenschaftlich nachvollziehbaren Kriterien sollen diese standortbezogen festgelegt werden? Zu I. 3. d): Die PNV als Zielgröße hat in der waldbaulichen Planung des Landes bzw. bei der Forsteinrichtung der öffentlichen Wälder keine unmittelbare Bedeutung. Vor allem im öffentlichen Wald von Baden-Württemberg findet die Baumartenplanung in erster Linie auf standörtlicher Grundlage statt und erfolgt durch eine Baumarten - eignungsbewertung für die einzelnen Waldstandorte anhand der Kriterien Konkurrenzkraft , Pfleglichkeit, Betriebsrisiko und Leistungskraft einer Baumart. In der Standortskartierung wurden für die jeweiligen Standortseinheiten sogenannte Standortswälder abgeleitet, welche die potenzielle natürliche Baumartenzusammensetzung des Waldes auf einer Standortseinheit angeben und im Anhalt an die potenzielle natürliche Vegetation hergeleitet werden. Die Ergebnisse der Standortskartierung werden in Standortskarten in einem Maßstab von 1:10.000 dargestellt, sodass es keiner weiteren Regionalisierung bedarf. 4. Beeinträchtigt sachgerechte Fütterung lokal, regional oder landesweit die Biodiversität der Waldökosysteme oder die naturähnliche Entwicklung der Zusammensetzung der Baumpopulationen? Zu I. 4.: Der Begriff der „sachgerechten Fütterung“ ist allenfalls unter wildbiologischen Aspekten hinreichend genau bestimmt. Im Zusammenhang mit Auswirkungen auf Waldökosysteme hat der Begriff keine Konkretisierung erfahren. Im Folgenden wird daher unter „sachgerecht“ eine „artgerechte“ Fütterung verstanden, welche die Futtermittel auf die Biologie der zu fütternden Wildtierarten abstimmt. Da eine artgerechte Fütterung zur Konzentration von Wild führt, sind zumindest negative lokale Auswirkungen nicht auszuschließen. Ob es darüber hinaus groß - räumigere Auswirkungen geben kann, erfordert eine umfassende Betrachtung aller Einflussfaktoren und Wechselwirkungen (Wildbestandsentwicklung, Waldbau , Wald-Feld-Verteilung, Landwirtschaft etc.). Studien weisen darauf hin, dass die Fütterung von Schalenwild die Wilddichte auf ein unnatürliches hohes Niveau bringt, was bei landesweiter Betrachtung negative Auswirkungen auf die Bio - diversität der Waldökosysteme haben kann. Zweifelsfrei wird die „naturähnliche Entwicklung der Zusammensetzung der Baum populationen“ durch die Schalenwildfütterungen beeinflusst. Die induzierten höheren Wilddichten bewirken einen höheren Verbiss an der Waldverjüngung mit der Folge der negativen Selektion verbissempfindlicher Baumarten. 5. In welcher Weise und wie stark sind aus ihrer Sicht die Schutzgüter „Boden, Wasser, Klima und Luft“ durch die Fütterung beeinträchtigt? Zu I. 5.: Die Schutzgüter „Boden, Wasser, Klima und Luft“ werden durch die Fütterung von Schalenwild indirekt berührt. Durch die Fütterung bedingte erhöhte Wilddichten erschweren die Einbringung von klimastabileren Baumarten wie Tanne oder Eiche. Dies verzögert derzeit – wie die forstlichen Verbissgutachten zeigen – die dringende Anpassung der Waldökosysteme an die zu erwartenden Szenarien des Klimawandels. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 8 6. Weshalb kommt sie zur Schlussfolgerung, dass die Fütterung verboten werden muss, obwohl es wissenschaftliche Arbeiten gibt, welche zum Ergebnis kommen , dass artgerechte Fütterung, welche nach wildbiologischen Erkenntnissen erfolgt, keine Schäden zur Folge hat bzw. zur Schadvermeidung dienen kann? Zu I. 6.: Eine Entscheidung der Landesregierung zum künftigen Umgang mit der Fütterung von Schalenwild ist noch nicht getroffen. Untersuchungen zu den Auswirkungen der Fütterung von Schalenwild auf Verbissund Schälschäden konzentrieren sich auf die Winterfütterung und kommen zu sehr unterschiedlichen und widersprüchlichen Ergebnissen. Fest steht jedoch, dass eine Wildfütterung am falschen Ort oder mit falschen Futtermitteln Wildschäden provoziert . Gleiches gilt für Fütterungen, die zu lokal hohen Wilddichten und Wildkonzentrationen führen. Sie fördern darüber hinaus die Ausbreitung von Krankheiten. Allenfalls eine Winterfütterung, die • ernährungsphysiologisch absolut fehlerfrei • von Oktober bis April betrieben wird und • von einem professionellen und revierübergreifenden Management • bei einem hinreichend und zur richtigen Zeit einregulierten Wildbestand begleitet wird, kann einen Beitrag zur Wildschadensminderung leisten. Damit erfordert eine ernährungsphysiologisch korrekte Wildfütterung einen hohen Aufwand . Diese Bedingungen lassen sich in der normalen jagdlichen Praxis nur im Ausnahmefall erreichen. Nach Untersuchungen der Wildforschungsstelle in einem Rehwildrevier auf der Schwäbischen Alb hielt selbst eine Fütterung ad libitum (artgerecht mit vielen, gut verteilten Futterstellen, Kraftfutterzusatz im Herbst, nur Saftfutter im winter - lichen Stoffwechseltief) die Rehe nicht davon ab, das vorhandene natürliche Nahrungsangebot umfänglich zu nutzen. Die Futtergaben ad libitum gaben einen Besiedlungsanreiz , der zu einer ganzjährig extrem hohen Rehwilddichte oberhalb der natürlichen Biotopkapazität und zu hohem Verbiss an Forstpflanzen im Versuchsrevier führte. Nach Einstellung der Fütterung halbierte sich die Rehwilddichte und der Verbiss nahm ab. Es gab jedoch keine Zunahme der Mortalität. Die Einstellung der Fütterung führte lediglich zu einer erhöhten Abwanderungsrate. Aus biologischer Sicht gibt es daher keine Notwendigkeit, Schalenwild zu füttern, sofern es freie Lebensraumwahl hat und zwischen geeigneten Sommer- und Wintereinständen wechseln kann. Nur wo diese Wanderbewegungen nicht möglich oder problematisch sind (z. B. bei festgelegten Rotwildgebieten), wird man auf eine Fütterung nicht verzichten können. Wichtiger als ein künstliches Futterangebot ist im Übrigen die Vermeidung von Störungen in den Einständen im Hochwinter, insbesondere bei hohen Schneelagen. Denn jede Störung unterbricht die Ruhezustände, die ein Überdauern von Engpässen mit auf Energiesparflamme herabgesetztem Stoffwechsel ermöglichen. 7. Wie begründet sie ihre Überlegung, die in einigen Waldrevieren anstelle von intensiver Ansitz- und Kirrjagd ein bis zwei Mal jährlich praktizierte Bewegungsjagd auf Schalenwild, eine für das Wild störungs- und jagdstressarme Form des Wildtiermanagements, faktisch abzuschaffen? Wie sollen solche Waldreviere künftig die Schadvermeidung bei angrenzenden landwirtschaft - lichen Flächen und Weinbauflächen (meist im Nachbarrevier) sicherstellen, vor dem Hintergrund, dass die Ablenkfütterung des Schwarzwilds – mit durchaus geringeren Futtermengen als bei der Kirrung – für diese Form des Wildtiermanagements unerlässlich ist? Zu I. 7.: Eine Entscheidung der Landesregierung zum Umgang mit der Fütterung von Schalenwild liegt nicht vor. 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 Das in der Fragestellung formulierte Wildmanagement (Bewegungsjagd und Kirrjagdverzicht bei geringem Futtermitteleintrag) stellt in Baden-Württemberg eher die Ausnahme als die Regel dar. Dieses Jagdmanagement erfordert eine großräumige und damit revierübergreifende Konzeption, was eine äußerst anspruchsvolle Revierbetreuung voraussetzt. Die Bindung von Schwarzwild durch Ablenkfütterung an ein Waldgebiet ist nur sehr großräumig und nur mit solchen Futtermittelmengen möglich, von denen starke Impulse auf die Vermehrung des Schwarzwildes ausgehen. In der Regel stellen Ablenkfütterungen eine lokale „Symptombehandlung“ dar, die insgesamt zu einer Problemverschärfung beiträgt. Im Regelfall gelingt es den Revierinhabern nicht, die aus dem Futtermitteleintrag durch Ablenkfütterungen resultierende erhöhte Schwarzwildvermehrung durch entsprechend professionelle und tierschutzgerechte Bejagung abzuschöpfen. Daher wurde in der 2007 vom Ministerium für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz veröffentlichten 10- Punkte-Empfehlung zur jagdlichen Regulierung der Schwarzwildbestände bereits eine Reduktion des Futtermitteleintrags auf das unabdingbar notwendige Maß (Kirrung) formuliert. Die Schadvermeidung in den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen und Weinbauflächen muss über die Anpassung des Wildbestandes an die landschaftlichen Verhältnisse erfolgen. 8. Ist angesichts der vorgenannten Fragen die Einschränkung des Jagdrechts gerechtfertigt ? Wird dabei in angemessener Weise beachtet, dass das Jagdrecht ein Teil des Eigentumsrechts ist, dessen Einschränkung einer besonderen Abwägung bedarf? Zu I. 8.: Eine Einschränkung des Jagdrechts ist auch unter der verfassungsmäßigen Perspektive des Eigentumsschutzes möglich. Eine Entscheidung über eine Neuregelung wurde von der Landesregierung noch nicht getroffen. Die bei uns heimischen Wildarten haben lange ohne menschliches Zutun überlebt. Gefüttert wird erst seit jüngster Zeit. Begründet wird dies mit einem angeblichen Mangel an Nahrung im Kulturland. Abgesehen von kleinlokalen Sonderfällen ist jedoch das Nahrungsangebot im Kulturland höher als in ursprünglichen Lebensräumen . Unter den bei uns in den letzten Jahrzehnten herrschenden Verhältnissen mit einer mosaikartigen Feld-Wald-Verteilung, dem Anbau energiereicher Feldfrüchte , der kleinparzellierten Waldwirtschaft mit hohem Grenzlinienwert und der Zunahme naturnaher Waldwirtschaft mit höherem Laubholzanteil und ent - sprechend reicher Baumfrucht (Herbstmast), hat das Nahrungsangebot weiter zugenommen . Klimaänderungen haben zur Verbesserung der Lebensbedingungen beigetragen. Der trotz intensiver Bejagung ansteigende Bestandstrend bei allen Schalenwildarten bestätigt diese Annahmen. 9. Bei behördlich festgestellter Notzeit soll entsprechend ihrer Vorstellungen die Bejagung eingestellt und ein Betretungsverbot erlassen werden, damit auf Fütterung verzichtet werden kann. Wie soll das ansonsten freie Betretungsrecht durchgesetzt und kontrolliert werden? Zu I. 9.: Eine Entscheidung der Landesregierung zum Umgang mit der Fütterung von Schalenwild bzw. zu möglichen Einschränkungen des freien Betretungsrechts liegt nicht vor. Grundsätzlich kann die Durchsetzung und Kontrolle eines Wegegebots durch behördliche Maßnahmen bestenfalls eine flankierende Maßnahme darstellen. Der erfolgversprechendere Ansatz liegt in der Information und Aufklärung der Öffentlichkeit . Wie die Anfragen bei den Jagdbehörden und den Pressestellen der Jagdverbände zeigen, sind z. B. winterliche Notzeiten für Wildtiere regelmäßig ein Thema für Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 10 die Presse, das bei entsprechender winterlicher Witterung aktiv von den örtlichen Redaktionen aufgegriffen wird. Die Bereitschaft der Presse über angepasste Verhaltensregeln in Notzeiten zu berichten, kann wirkungsvoll genutzt werden, um Waldbesucher und Hundebesitzer zu einem den Schutzbedürfnissen der Wildtiere angepassten Verhalten und zur Einhaltung des Wegegebots zu motivieren und ein entsprechendes öffentliches Bewusstsein zu entwickeln. 10. Welche Effizienz- bzw. Erfolgskontrollen plant sie im Zusammenhang mit dem Fütterungsverbot? Zu I. 10.: Eine Entscheidung der Landesregierung zu einem Verbot der Fütterung liegt nicht vor. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Novellierung ist vorgeschlagen worden , periodisch alle 3 Jahre einen Wildtierbericht Baden-Württemberg zu erstellen . Dieser Wildtierbericht könnte Themen wie die Erfolgskontrolle von Regelungen im Jagdgesetz aufnehmen und vertiefen. Im Rahmen möglicher Forschungsprojekte könnte gegebenenfalls eine Effizienz- und Erfolgskontrolle vorbereitet werden. Die Erfordernis solcher Erfolgskontrollen könnte vorab mit dem Landesjagdbeirat Baden-Württemberg abgestimmt werden. 11. Hätten gegen ein Fütterungsverbot von betroffenen Eigentümern oder Jägern erhobene Klagen aus ihrer Sicht Aussicht auf Erfolg? Zu I. 11.: Ein Entwurf eines solchen Verbots liegt derzeit nicht vor. Daher kann die konkrete Erfolgsaussicht einer solchen Klage nicht bewertet werden . Gemäß der im Rahmen der Vorbereitung der Novellierung vorgenommenen Prüfungen zur Zulässigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsrechts dürften Klagen gegen ein Verbot der Fütterung von Schalenwild keine Aussicht auf Erfolg haben. I I . K i r r u n g 1. Weshalb kommt sie zum Schluss, dass die Fütterung verboten werden muss, aber die Kirrung erhalten werden soll, obwohl sie ebenfalls eine Fütterung von Wildtieren darstellt? Zu II. 1.: Es liegt keine Entscheidung der Landesregierung vor, dass die Fütterung verboten werden muss und die Kirrung erhalten werden soll. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Kirrung von Wildtieren keine Fütterung ist. Sachgerechte Kirrung unterscheidet sich grundsätzlich bereits hinsichtlich ihrer Intension von der Fütterung. Ziel der Kirrung ist es, eine effiziente Bejagung zu ermöglichen. In der Folge unterscheidet sie sich auch hinsichtlich des Zeitpunkts , der Menge, Art und räumlichen Verteilung der Futtermittelgaben. Die Bestimmungen zur Kirrung sind so zu gestalten, dass die negativen Effekte, die von einer Schalenwildfütterung ausgehen, ausgeschlossen werden. 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 2. Weshalb beabsichtigt sie, vor dem Hintergrund des allgemein anerkannten wildbiologischen Forschungsergebnis, dass jegliche Futtergabe an Wiederkäuer ab Ende Dezember die Umstellung ihrer Pansenzotten auf einen energiearmen Stoffwechsel verhindert, einerseits die Fütterung zu verbieten und gleichzeitig die Kirrung bis Ende Januar zu erlauben (folglich müsste ab Ende der Schusszeit am 31. Januar bis zum Ende des Winters weitergefüttert werden, weil sich die Tiere nicht mehr umstellen können)? Zu II. 2.: Da der politische Willensbildungsprozess der Landesregierung nicht abgeschlossen ist, liegt keine Absicht im Sinne einer Entscheidung vor. In ihrer physiologischen Wirkung muss die Kirrung klar von der Fütterung abgrenzbar bleiben. Die Kirrung zielt auf die Darreichung geringer, energiearmer Futtermittelmengen ab, deren Anteil an der Gesamternährung eines Wildtieres keinen Einfluss auf den Verdauungsapparat hat. Die Fütterung hingegen kann einen erheblichen Anteil an der Gesamtfutteraufnahme eines Wildtieres aus - machen und kann die physiologische Ausprägung des Verdauungsapparats erheblich beeinflussen. Daher muss eine artgerechte Fütterung durchgängig nach den in Ziff. I. 6. beschriebenen Voraussetzungen erfolgen. Der Wegfall von Kirrfutter löst bei einem Wildtier in der Regel keine problematischen Reaktionen aus, da es problemlos auf die in der Naturumgebung vorkommenden Futterquellen aus - weichen kann. Störungen bei der Umstellung des Verdauungssystems von Wildwiederkäuern auf die winterlichen Verhältnisse mit nährstoffarmer und rohfaserreicher Nahrung treten vor allem bei der Gabe von Kraftfutter auf. Eine Kirrung soll jedoch grundsätzlich mengenmäßig so begrenzt sein, dass sie keinen nennenswerten Beitrag zur Ernährung leistet. Für die Kirrung von Wiederkäuern sollen darüber hinaus möglichst energiearme Futtermittel verwendet werden. Unter Beachtung dieser Vorgaben sind keine negativen Auswirkungen auf die Stoffwechselphysiologie zu erwarten. Die Kirrjagd gewinnt in unterwuchsreichen, naturnahen Wäldern, die die Sichtbarkeit des Wildes erschweren, zunehmend an Bedeutung als unverzichtbare Jagdmethode zur Erfüllung der Abschusspläne. Die Jagdzeit bis Ende Januar muss regional und in Abhängigkeit von den Witterungsbedingungen unterschiedlich betrachtet werden. Im Schwarzwald ist die Kirrung bei höheren Schneelagen kontraproduktiv, weil die Bejagung dann zu einem hohen Energieverbrauch bzw. -bedarf führt, was verstärkten Verbiss oder Schäle zur Folge haben kann. In der Rheinebene ist die Kirrjagd dagegen auch im Januar zielführend. Diese Differenzierung kann aber nicht gesetzlich festgeschrieben werden, sondern obliegt der Verantwortung des einzelnen Jägers. I I I . B a u j a g d 1. Welches sind ihre Beweggründe, als erstes Land/Bundesland in Europa die Baujagd zu verbieten? Zu III. 1.: Die Jagdmethode der Baujagd wird im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Novellierung des Landesjagdgesetzes intensiv diskutiert. Eine Entscheidung der Landesregierung zu einem Verbot der Baujagd liegt nicht vor. Die Baujagd wird gezielt auf den Fuchs ausgeübt, der sich dem Bauhund durch Flucht entzieht. Daher stellt die Bejagung des Fuchses in der Regel kein tierschutzwidriges Hetzen eines Tieres auf ein anderes Tier dar. Der Dachs zeigt beim Vordringen eines Hundes jedoch kaum Fluchtreaktionen, da er durch Körperbau und Beißwerkzeug gegenüber einem Bauhund sehr wehrhaft ist. Wenn Bauhunde im Bau auf einen Dachs treffen, kann es daher zu Kämpfen kommen. Diese enden in vielen Fällen mit schwersten Verletzungen der Tiere. Diese Schmerzen und Leiden geben Anlass, die Jagdmethode unter Tierschutzaspekten zu prüfen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 12 2. Gibt es konkrete Missstände oder dies belegende Forschungsergebnisse, welche sie zum Handeln zwingen? Zu III. 2.: Systematische Erhebungen oder Forschungsergebnisse zur Anzahl und Schwere der Verletzungen von Bauhunden und Dachsen infolge von Kämpfen zwischen diesen Tieren sind nicht bekannt. Aus der Jagdpraxis sind jedoch zahlreiche Fälle bekannt, bei denen es zu schweren , auch tödlich endenden Verletzungen von Bauhunden durch Kämpfe mit einem Dachs gekommen ist. 3. Worin besteht aus ihrer Sicht der Unterschied in der tierschutzrechtlichen Bewertung von Baujagd, Frettierjagd, Beizjagd und Bewegungsjagd mit Hundemeuten ? Zu III. 3.: Folgende Kriterien dienen der Unterscheidung bzw. Abgrenzung: • Hat die bejagte Tierart in der vom Jäger initiierten Situation einen natürlichen Fluchtinstinkt und kann diesem auch folgen? • Handelt es sich um eine natürliche Räuber-Beute-Beziehung zwischen dem bejagten Tier und dem jagdlich eingesetzten Tier? Bei der Frettierjagd und der Bewegungsjagd mit Hundemeuten folgen die bejagten Tiere einem natürlichen Fluchtinstinkt. Eine Kampfsituation zwischen den Tieren wird durch die Jagdmethode nicht initiiert. Bei der Beizjagd macht sich der Jäger das natürliche Räuber-Beute-Verhältnis zwischen Beizvogel und bejagter Art zu Nutze. Das Wild kann gegebenenfalls noch seinen Fluchtinstinkten folgen. Kämpfe zwischen bejagten Tieren und jagdlich eingesetzten Tieren finden nicht statt. 4. Weshalb wählt sie ein Verbot anstatt die Hundeausbildung sowie die Ausbildung der Jäger zu fördern? Zu III. 4.: Eine Entscheidung der Landesregierung liegt dazu nicht vor. Die Jagdmethode der Baujagd wird im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Novellierung des Landesjagdgesetzes insbesondere auch unter Tierschutzaspekten intensiv diskutiert. Die Zahl an tierschutzwidrigen Situationen lässt sich durch eine vertiefte Ausbildung reduzieren. Ein sicherer Ausschluss von Kämpfen zwischen den Tieren wäre damit vermutlich nicht zu erreichen. Die Diskussionen im Beteiligungsverfahren werden durch Gespräche mit den Jagdhundeverbänden zur Verbesserung und Förderung der Hundeausbildung flankiert. 5. Hat hierbei eine Abwägung zwischen Tierschutzaspekten und der mit dem Verbot einhergehenden Eigentumsbeschränkung stattgefunden (mit Angabe des Ergebnisses)? Zu III. 5.: Eine Entscheidung würde eine vorhergehende Abwägung beinhalten. Insgesamt ist die Bedeutung der Baujagd stark rückläufig. Dies hängt mit der zwischenzeitlich erfolgten Wiederausbreitung des Dachses zusammen. Heute werden die meisten Naturbauten zumindest temporär sowohl von Fuchs als auch von Dachs genutzt, was das Risiko für den Bauhund deutlich erhöht und dadurch die Attraktivität der Baujagd deutlich vermindert hat. 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 Eine Abwägung zwischen Tierschutzaspekten wird im Falle einer Eigentumsbeschränkung erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baujagd ein eng begrenzter Teilbereich der Nutzung des Eigentumsrechtes darstellt. Die Jagd auf den Fuchs und damit das Recht auf Nutzung des Eigentums wäre durch ein Verbot nur in diesem Bereich eingeschränkt. 6. Werden durch zu erwartende geringere Fuchsabschüsse die Niederwildbestände (z. B. Hasen, Rebhühner) zurückgehen? 7. Ist durch eine steigende Fuchspopulation ein Verlust an Fauna und/oder Bio - diversität zu erwarten? Zu III. 6. und 7.: Auswirkungen auf eine Fuchspopulation sind nur von einer sehr großräumig konzipierten und intensiv durchgeführten Fuchsbejagungen zu erwarten. Auch intensive und anhaltende Fuchsbejagung in einzelnen Jagdbezirken führten durch die extreme Vermehrungselastizität des Fuchses bisher nicht zu deutlich geringeren Fuchsbesätzen. Auswirkungen auf die Niederwildbestände oder ein Verlust an Faune und/oder Biodiversität wären daher von einer Einschränkung bei der Baujagd nicht zu erwarten. I V . E i n h e i t l i c h e J a g d b e h ö r d e 1. Weshalb beabsichtigt sie, vor dem Hintergrund möglicher Ziele einer Novellierung des Landesjagdgesetzes zu einem Wildtiermanagement-Gesetz (u. a. Erhöhung der Transparenz, Einbeziehung aller Interessengruppen, Mediation), nach Abwägung dieser Gesichtspunkte, die Beibehaltung einer eigenen Jagdbehörde für den 325.000 Hektar großen Landesbetrieb Forst Baden-Württemberg ? Ist diese Sonderbehandlung gerechtfertigt, insbesondere auch gegenüber großen kommunalen und privaten Forstverwaltungen? Zu IV. 1.: Abschließende Überlegungen der Landesregierung zu einer künftigen Struktur der Jagdbehörden liegen nicht vor. Die bestehende Regelung, nach der die Befugnisse der unteren und oberen Jagdbehörde in den Eigenjagdbezirken des Landes von den Forstbehörden ausgeübt werden, stellt den administrativen Rahmen zur Erfüllung der besonderen Allgemeinwohlverpflichtung der staatlichen Jagdbezirke dar. Diese Allgemeinwohlverpflichtung schlägt sich in einer weitgehenden und frühzeitigen Berücksichtigung gesellschaftlicher Anforderungen und einer besonderen Vorbildfunktion bei der Jagdausübung nieder. Die Verwaltungsjagd hat besondere Aufgaben im Versuchswesen, bei Forschungsvorhaben, bei der Berücksichtigung des Arten- und Biotopschutzes sowie bei der Bereitstellung günstiger Jagdmöglichkeiten für revierlose Jäger. 2. Dient der Erhalt einer eigenen Jagdbehörde für die Flächen von Forst BadenWürttemberg der Entbürokratisierung und dem Abbau von Personalaufwand? Zu IV. 2.: Abschließende Überlegungen der Landesregierung zu einer künftigen Struktur der Jagdbehörden liegen nicht vor. Die direkte Zuweisung der Zuständigkeit für die Eigenjagdbezirke des Landes zu den unteren Forstbehörden dient der schnellen und effektiven Abwicklung der jagdrechtlichen Verwaltungsverfahren. Ein erheblicher Mehraufwand an interner Kommunikation, Information und Abstimmung wird damit vermieden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4031 14 Die Bundesländer, die im letzten Jahrzehnt eine eigenständige Jagdbehörde für die Landesflächen aufgegeben haben, berichteten bei einer Zustands-Erhebung im Jahr 2012 von einem erheblichen Anstieg des Koordinationsaufwandes in der Verwaltungsabwicklung und empfahlen eine Rückkehr zur Eigenständigkeit. 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