Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 411 10. 08. 2011 1Eingegangen: 10. 08. 2011 / Ausgegeben: 09. 09. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie sieht das neue Preissystem der EnBW für den Bereich des Wärmestroms im Vergleich zu anderen Anbietern von Wärmestrom aus (Preisvergleich und Preisentwicklung der vier großen Energieversorgungsunternehmen und großer Stadtwerke in Baden-Württemberg), und stehen diese Anbieter im Wärme - strombereich in Baden-Württemberg in einem Wettbewerb? 2. Wie müsste die Preisstrukturgestaltung für Wärmestrom (sie gehören landesals auch bundesweit zu den billigsten) aussehen, damit sie nicht günstiger als die für Allgemeinstrom der EnBW, sondern kostendeckend ist? 3. Wie sieht die Kundenstruktur und deren regionale Verteilung im Wärmestrombereich aus? 4. Welche Möglichkeiten (gesetzliche Rahmenbedingungen) sieht sie, im Wärmestrombereich mehr Wettbewerb herzustellen? 5. Welche sinnvollen Anreizsysteme (z. B. entsprechend dem Wirkungsgrad) sind vorgesehen, wenn mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) viele Nacht - speicheröfen bis 2020 ersetzt werden müssen, um eine schnellst mögliche Umstellung auf energieeffiziente Wärmeversorgungssysteme zu erreichen? 6. Hat der Wärmestrombereich unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Zukunft in einer durch erneuerbare Energien geprägten Energiewirtschaft ? Kleine Anfrage des Abg. Alexander Schoch GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Möglichkeiten der Landesregierung, mehr Wettbewerb im Wärmestrombereich zu sichern – Schaffung von Anreizsystemen, die Wärmeversorgung umzustellen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 411 2 7. Wie effizient ist die Wärmepumpen-Nutzung und bei welchen Rahmenbedingungen sind die Grenzen eines wirtschaftlich und ökologisch sinnvollen Einsatzes von Wärmepumpen gegeben? 02. 08. 2011 Schoch GRÜNE B e g r ü n d u n g Die EnBW Vertrieb GmbH (EnBW EVG) hat ab August 2011 ein neues Preis - system im Bereich Wärmestrom (Speicherheizungs- und Wärmepumpenstrom) eingeführt. Betroffen sind rund 263.000 Kunden, mithin alle Wärmestromkunden der EnBW in Baden-Württemberg. Da es derzeit keinen Wettbewerb auf dem Wärmestrommarkt gibt, können die Kunden den Anbieter auch nicht wechseln. Diese Marktsituation erfordert dringend veränderte Rahmenbedingungen. Da - rüber hinaus ist die Subventionierung des Wärmestroms durch die EnBW zu hinterfragen und zu prüfen inwieweit es aus wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten sinnvoll ist, den Wärmestrom in dieser Form zu fördern. A n t w o r t Mit Schreiben vom 30. August 2011 Nr. 6-4452.84/55 beantwortet das Ministe - rium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie sieht das neue Preissystem der EnBW für den Bereich des Wärmestroms im Vergleich zu anderen Anbietern von Wärmestrom aus (Preisvergleich und Preisentwicklung der vier großen Energieversorgungsunternehmen und großer Stadtwerke in Baden-Württemberg), und stehen diese Anbieter im Wärme - strombereich in Baden-Württemberg in einem Wettbewerb? Das neue Preissystem der EnBW Vertrieb GmbH (EnBW EVG) für Wärmestrom, d. h. Speicherheizungs- und Wärmepumpenstrom, ist zweistufig ausgestaltet. Künftig gibt es Belieferungen zu Wärmestrom-Grundversorgungstarifen sowie zu Sondervertragspreisen. Übergangsweise können die betroffenen Kunden durch Abschluss des Sondervertrags die dortige Preiserhöhung für das erste Jahr des Vertrages („Erstlaufzeit“) deutlich abfedern, teilweise fast halbieren. Die Bruttoverbrauchspreise , insoweit entscheidend für die Heizkostenpreise, steigen im Vergleich zum Preisstand 2008 (Sonderverträge EnBW Elektrowärme und EnBW Wärmeplus) wie folgt: Für den Speicherheizungsstrom bei Abschluss des Sondervertrags EnBW WärmeKompakt von 11,02 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) auf 14,71 ct/kWh im Niedertarif (NT) und von 15,12 ct/kWh auf 18,81 ct/kWh im Hochtarif (HT) bei Zweitarifzählern. Allerdings gilt hier, dass im ersten Jahr der Vertragslaufzeit der Verbrauchspreis jeweils um 1,84 ct/kWh brutto ermäßigt wird, sodass die Verbrauchspreise im ersten Jahr nur bei 12,87 ct/kWh (NT) bzw. 16,97 ct/kWh (HT) liegen. Für den Wärmepumpenstrom im Sondervertrag EnBW WärmePro gilt nunmehr, dass nicht mehr nach Phasen (HT/NT) unterschieden wird, sondern ein einheitlicher Tarif in Höhe von 17,16 ct/kWh (brutto) gilt, wobei jedoch bei Abschluss des Sondervertrages für das erste Jahr ein Bonus von 2,3 ct/kWh gewährt wird, sodass der Verbrauchspreis anfangs nur bei 14,86 ct/kWh (brutto) liegt. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 411 Vergleicht man die Verbrauchspreise der sogenannten Erstlaufzeit der Sonderverträge mit anderen Anbietern in Baden-Württemberg, so zeigt sich, dass die EnBW EVG derzeit weiterhin im Vergleich nicht teuer ist. So liegt der Bruttoverbrauchspreis für Speicherheizungsstrom schon jetzt in vielen großen baden-württembergischen Städten im Bereich von 14 bis 15 ct/kWh (Niedertarif) bzw. 21 ct/kWh (Hochtarif). Beim Wärmepumpenstrom ist die EnBW EVG grundsätzlich auf einen einheitlichen Tarif umgestiegen, d. h. es wird beim Sondervertrag EnBW WärmePro nicht mehr unterschieden zwischen HT- und NT-Phasen, was bei Wärme pumpen nachvollziehbar ist. Andere Anbieter in Baden-Württemberg, die auch beim Wärmepumpenstrom noch eine Trennung in HT- und NT-Preise praktizieren , verlangen dabei NT-Preise zwischen 15 und 17 ct/kWh und HT-Preise zwischen von 19 und 22 ct/kWh. Zu beachten ist hierbei, dass bei rein stichtagsbezogenen Vergleichen unberücksichtigt bleibt, dass einige Vergleichsunternehmen ihre Preise noch anpassen bzw. anheben können. Die Energiekartellbehörde wird nach Ablauf der Erstlaufzeit der EnBW-Verträge zum Jahresende 2012 einen landesweiten Preisvergleich der Wärmestrompreise durchführen. Die Preise für Wärmestrom von in anderen Bundesländern tätigen Konzerngesellschaften der E.ON, RWE und Vattenfall werden vom Bundeskartellamt bzw. von dort zuständigen Landeskartellbehörden überwacht. Es ist aber bekannt, dass die EnBW EVG bislang auch bundesweit zu den günstigeren Anbietern im Wärme - strombereich gehörte. Das jetzt erreichte Preisniveau ist aus Sicht der Energie - kartellbehörde Baden-Württemberg auch insoweit im Vergleich nicht überhöht. So liegt z. B. nach hiesiger Kenntnis das Preisniveau für Speicherheizungsstrom bei E.ON in Bayern bei getrennter Messung aktuell schon im Bereich von fast 15 ct/kWh (NT) bzw. 18 ct/kWh (HT). Auch RWE und Vattenfall sehen beim Wärmepumpenstrom keine Unterscheidung in Hoch- und Niedertarif vor und das aktuelle Preisniveau für den einheitlichen Tarif liegt über 16 ct/kWh (RWE) bzw. 17 ct/kWh (Vattenfall). Einen preislichen Wettbewerb gibt es im Wärmestrombereich generell nicht. Regelmäßig bietet nur der örtliche (Grund-)Versorger Wärmestromprodukte an und es gibt vor Ort in aller Regel keinen Wettbewerber. Ein Wechsel in die wettbewerblich ausgestalteten Allgemeinstromtarife ist theoretisch möglich, aber nur in seltenen Fällen attraktiv. 2. Wie müsste die Preisstrukturgestaltung für Wärmestrom (sie gehören landesals auch bundesweit zu den billigsten) aussehen, damit sie nicht günstiger als die für Allgemeinstrom der EnBW, sondern kostendeckend ist? Die Kalkulation kostendeckender und wettbewerbsanaloger Preise ist, insbesondere nach Aufhebung der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt), auch in Monopolbereichen originäre Angelegenheit der Unternehmen. Aus den kartellbehördlichen Verfahren ist aber bekannt, dass der Wärmestrombereich bislang häufig nicht kostendeckend oder zumindest ungewöhnlich margenschwach betrieben wurde. Strukturell bestehen die Wärmestrompreise überwiegend aus staatlichen Abgaben (Steuern, Konzessionsabgabe) sowie staatlich begründeten Umlagen (u. a. die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz) und letztlich staatlich regulierten Netznutzungsentgelten. So sind z. B. bei einem Nachtstromtarif von 15,5 ct/kWh (brutto) gut 9,5 ct/kWh (brutto) dem unternehmerischen Spielraum entzogen. Der Rest entfällt auf Beschaffungskosten für Stromeinkauf sowie Vertriebskosten und Vertriebsmarge. Der Abstand des NT-Preises zum Allgemeinstrompreis (Haushaltsstrom) von regelmäßig zumindest 4 bis 5 ct/kWh resultiert weniger aus gelegentlichen Beschaffungskostenvorteilen als vielmehr aus gesetzlich vorgesehenen Privilegierungen bei Netznutzungsentgelten und Konzessionsabgaben. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 411 4 3. Wie sieht die Kundenstruktur und deren regionale Verteilung im Wärmestrombereich aus? Die Landesregierung verfügt nicht über vertiefte Informationen zu den Kundenstrukturen der verschiedenen Energieversorgungsunternehmen in ihren jeweiligen (grund)versorgten Gebieten. Die in kartellbehördlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse zeigen recht unterschiedliche Strukturen. Zahlenmäßig relevant sind private Kunden meist der älteren Generation mit Einzelspeicheröfen, die seit vielen Jahrzehnten auch durch kommunale Satzungen und zeitlich lange zurückliegende werbliche Aktivitäten der Stromversorger vorgeprägt mit Elektrowärme heizen. Auf sie entfallen bei der EnBW rund zwei Drittel des abgesetzten Wärmestroms . Der prozentuale Anteil in der Kundenstruktur ist insoweit einerseits bedingt durch die erwähnten früheren kommunalen Vorstellungen und werblichen Aktionen der Stromversorger. Gerade bei der EnBW entfällt jedoch andererseits insgesamt rund ein Drittel des abgesetzten Wärmestroms auf moderne Zentralspeicherheizungsanlagen , Wärmepumpen und Fußbodenspeicherheizungen. 4. Welche Möglichkeiten (gesetzliche Rahmenbedingungen) sieht sie, im Wärmestrombereich mehr Wettbewerb herzustellen? Die gesetzlich angeordnete Liberalisierung des Energiemarktes und die damit verbundene Trennung von Vertrieb und Netz haben dazu geführt, dass Vertriebe die Wärmestrompreise kostendeckend kalkulieren müssen und die bislang praktizierte Quersubventionierung regelmäßig nicht mehr aufrecht erhalten wird. Für Wärmestromanbieter wird eine Ausdehnung über das eigene Stammgebiet hinaus aber erst dann attraktiv, wenn auch angemessene Margen erwirtschaftet werden können , d. h. der Wärmestrom-Preis des örtlichen (Grund-)Versorgers unterboten und dennoch Gewinn erzielt werden kann. Wettbewerbliche Preise sind nicht stets und zwangsläufig niedrigere Preise insbesondere wenn zuvor die tradierte Preis - setzung nicht betriebswirtschaftlich begründet, sondern auch politisch motiviert war. Weitere gesetzgeberische Eingriffe, neben den bereits vorhandenen Privilegierungen bei Netznutzungsentgelten und Konzessionsabgabe, drängen sich derzeit daher nicht auf. Wesentlicher Grund für den fehlenden Wettbewerb ist, dass bislang keine groß - flächig verwendbaren Lastprofile für den Wärmestrombereich vorhanden sind. Aufgrund kartell- und regulierungsbehördlicher Aktivitäten wird an der Erstellung solcher temperaturabhängiger Lastprofile derzeit jedoch gearbeitet. Ein von der Bundesnetzagentur im Juni 2010 eröffnetes Festlegungsverfahren hat u. a. die Vereinheitlichung von Methoden zur Standardlastprofilbelieferung zum Gegenstand , was externen Lieferanten erleichtern soll, zeitvariable Tarife anzubieten. 5. Welche sinnvollen Anreizsysteme (z. B. entsprechend dem Wirkungsgrad) sind vorgesehen, wenn mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) viele Nacht - speicheröfen bis 2020 ersetzt werden müssen, um eine schnellst mögliche Umstellung auf energieeffiziente Wärmeversorgungssysteme zu erreichen? Die EnEV 2009 sieht vor, dass mit Beginn des Jahres 2020 bei Wohngebäuden mit mindestens sechs Wohneinheiten und bei Nicht-Wohngebäuden mit einer Nutzfläche von mehr als 500 Quadratmetern Nachtstromspeicherheizungen mit einem Alter von dann mindestens 30 Jahren außer Betrieb zu nehmen sind. Die Austauschpflicht gilt in allen Fällen nur dann, wenn die erforderlichen Aufwendungen für die Außerbetriebnahme und den Einbau einer neuen Heizung auch bei Inanspruchnahme möglicher Fördermittel innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen erwirtschaftet werden können. Eine Auswertung im Auftrag der Landesregierung führte zum Ergebnis, dass voraussichtlich weniger als 15 % der Objekte, die mit Nachtstromspeicherheizungen ausgestattet sind, unter die Regelungen der EnEV 2009 fallen werden. Das Heizen mit Strom, insbesondere das Heizen mit Nachtstromspeicherheizungen , ist bezogen auf die eingesetzte Primärenergie im Vergleich mit anderen Heizsystemen ineffizient. Sinnvollerweise sollte sich die Sanierung eines typischerweise 40 Jahre alten Gebäudes nicht auf den Austausch der Heizungsanlage 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 411 beschränken, sondern die gesamte Gebäudehülle umfassen. Ein denkbarer Lösungs - ansatz besteht darin, das Gebäude sehr hochwertig auf das Niveau eines Passiv - hauses zu sanieren (dreifachverglaste Fenster, ca. 30 cm Fassadendämmung, ca. 40 cm Dachdämmung, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung). Auf diese Weise ist es möglich, den Heizwärmebedarf so weit zu reduzieren, dass der geringe Restwärmebedarf mit Hilfe einer kleinen Abluftwärmepumpe gedeckt werden kann. Diese Lösung hat den Vorteil, dass kein wassergebundenes Heizsystem aufgebaut werden muss. Im Ergebnis wird so aus einem ineffizienten Altbau ein zukunftsfähiges Gebäude mit minimierten Folgekosten. Die jährlichen Kosten für die Beheizung und Belüftung eines Gebäudes mit 150 Quadratmetern werden dann bei weniger als 300 € liegen, also bei unter 2 € je Quadratmeter und Jahr. Alternativ ist jedoch auch denkbar, eine gute konventionelle Sanierung durchzuführen und das Gebäude dann mit einem wassergebundenen System zu beheizen. Sind ganze Siedlungen elektrisch beheizt, bietet sich der Aufbau eines Wärme - netzes an, das dann mit einem BHKW, auch unter Einsatz von erneuerbarer Energie , betrieben werden kann. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit sind die Sowieso-Kosten einer anstehenden Gebäudesanierung zu berücksichtigen , die nicht dem Energieträgerwechsel zugerechnet werden dürfen. Das Land fördert im Rahmen des Klimaschutz-Plus-Förderprogramms den Ersatz von Elektroheizungen durch Warmwasserheizsysteme auf der Basis von erneuerbaren Energien oder Brennwertfeuerungen in Nichtwohngebäuden. In selbst genutzten privaten Wohnhäusern in Baden-Württemberg wird der Einbau von heiztechnischen Anlagen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, über das Programm „Wohnen mit Zukunft – Erneuerbare Energien“ gefördert. Darüber hinaus kann eine Förderung im Rahmen der bestehenden Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Anspruch genommen werden. 6. Hat der Wärmestrombereich unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Zukunft in einer durch erneuerbare Energien geprägten Energiewirtschaft ? Wärmestrom ist traditionell Strom, der durch Grundlastkraftwerke in Zeiten geringer Netzlast, vorzugsweise in der Nacht, bereit gestellt wird. In diesem Szenario haben bisher erneuerbare Energien nur eine geringe Rolle gespielt. Im Rahmen der Energiewende soll sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der Strombereitstellung deutlich erhöhen und die Anzahl der Grundlastkraftwerke ist durch die Außerdienststellung von Atomkraftwerken ebenso deutlich gesunken . Damit ergibt sich eine Neubewertung von Stromanteilen, die bisher als Heizstrom bezeichnet wurden. Der bisher in der Nacht zur Verfügung stehende Grundlaststrom steht nach der Energiewende nicht mehr in dem Maß zur Verfügung, wie das bisher der Fall gewesen war. Dies bedeutet, dass nun deutlich kosten - intensivere Kraftwerksanlagen diese Aufgabe übernehmen müssen. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn durch die erneuerbaren Energien mehr Energie ins Netz eingespeist wird, als gerade im Netz nachgefragt wird. Von Seiten der Energiewirtschaft gibt es bisher noch keine abgeschlossenen Überlegungen, diesen Überschussstrom im Wärmebereich einzusetzen. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass Strom als besonders hochwertige Energie im Wärmebereich auch hinsichtlich seiner Effizienz bewertet werden muss. Bei allen Heizanlagen, bei denen Strom unmittelbar in Heizwärme umgesetzt wird, ist es aus Gesichtspunkten der Effizienz des Energieeinsatzes sinnvoll, die Anlagen auf primärenergetisch besser bewertete Anlagen umzustellen. Erst in einem energetischen Szenario, bei dem die Stromerzeugung weitgehend auf erneuerbaren Energien basiert, kann es sinnvoll sein, Überschussstrom auch zu unmittelbaren Heizzwecken einzusetzen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 411 6 7. Wie effizient ist die Wärmepumpen-Nutzung und bei welchen Rahmenbedingungen sind die Grenzen eines wirtschaftlich und ökologisch sinnvollen Ein - satzes von Wärmepumpen gegeben? Die Anwendung von Wärmepumpen zur Nutzung von Umweltwärme ist in jedem Fall sinnvoller als der unmittelbare Einsatz von Strom für Heizwärme. Dabei sollte aber sichergestellt werden, dass die Jahresarbeitszahlen der Wärmepumpen über der gegenwärtigen Stromkennzahl von 2,7 des bundesdeutschen Kraftwerksmixes liegen. Die Stromkennzahl sagt aus, wie viele Kilowattstunden an Primärenergie zur Bereitstellung einer Kilowattstunde Strom aufgewendet werden müssen . Ansonsten wäre es nämlich in der primärenergetischen Bewertung sinnvoller, diese Heizanwendung unmittelbar mit der Primärenergie Gas oder Öl zu lösen. Gerade Luft-Wasser-Wärmepumpen haben in mehreren bundesweit publizierten Tests in dieser Hinsicht die Erwartungen nur selten erfüllen können. Dagegen schneiden Wasser-Wasser oder Wasser-Sole-Anlagen in dieser Hinsicht regelmäßig deutlich besser ab. Die Technik der Luft-Wasser-Wärmepumpen ist in erster Linie für die Anwendung in der industriellen Abwärmenutzung entwickelt worden und eignet sich nur bedingt für die Heizung in der Gebäudetechnik und der Warmwassererwärmung. Aufgrund der im Vergleich zu den anderen Techniken günstigen preislichen Situation nehmen solche Anlagen aber einen hohen Marktanteil ein. Eine stringente Qualitätssicherung bei Planung und Ausführung sind die besten Voraussetzungen, um energieeffiziente Wärmepumpenanlagen in der Praxis sicher zu stellen. Insbesondere sollte beachtet werden, dass Wärmepumpenanlagen nur für den energieeffizienten Neubau oder entsprechend sanierte Altbauten ein gutes Mittel der Wahl sein können. Dann können Wärmepumpen für Heizungen in der Gebäudetechnik auch Jahresarbeitszahlen von über 4 erreichen und sind effiziente Anwendungen zur Nutzung von Umweltwärme. Das Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Baden-Württemberg (EWärmeG) trägt dem Rechnung, indem nur die Nutzung elektrisch angetriebener Wärmepumpen mit einer Jahresarbeitszahl von mindestens 3,5 als Nutzung erneuerbarer Energien anerkannt wird. Damit ist gewährleistet, dass nur möglichst effiziente Wärmepumpen die Anforderungen des EWärmeG erfüllen. In Vertretung Meinel Ministerialdirektor