Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 4120 07. 10. 2013 1Eingegangen: 07. 10. 2013 / Ausgegeben: 06. 11. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie verlief nach ihrer Kenntnis der Einsatz der Feuerwehr beim Brand eines Windrads auf dem Langenhard in Lahr im September 2013? 2. Ist ihr bekannt, wie in dem konkreten Fall Löschwasser an die Brandstelle transportiert werden konnte und ob man sich dazu ggf. der Hilfe Dritter bedienen musste? 3. Welche Besonderheiten ergeben sich beim Brand von Windrädern? 4. Gibt es Vorschriften über die Erreichbarkeit von Löschwasser im Zusammenhang mit dem Bau von Windrädern? 5. Welche Gefahren können aus feuerwehrtechnischer Sicht beim Brand eines Windrads entstehen (z. B. durch herabstürzende Teile)? 07. 10. 2013 Dr. Rülke FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Innenministeriums Brandschutz bei Windkraftanlagen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4120 2 B e g r ü n d u n g Der Brand einer Windkraftanlage in Lahr im September 2013 wirft die Frage auf, ob die Brandschutzvorschriften des Landes für die völlig neue Situation mit Wind industrieanlagen im Wald ausreichen. Wie ist der Zugriff auf Löschwasser gesichert? Es stellt sich die Frage, welche Maßnahmen die Landesregierung ergreifen will, um Gefahren für den Wald, die Tiere, angrenzende Wohngebiete und Wanderer abzuwenden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 Nr. 4-1541.0/0 beantwortet das Innenminis - terium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie verlief nach ihrer Kenntnis der Einsatz der Feuerwehr beim Brand eines Windrads auf dem Langenhard in Lahr im September 2013? Zu 1.: Durch die exponierte Lage der Windenergieanlage (WEA) und der guten Sichtverhältnisse am 25. September 2013 war die starke Rauchentwicklung in Entfernungen von bis zu 20 km zu sehen. Daraufhin gingen über die Notrufnummern 112 und 110 bei der Integrierten Feuerwehr- und Rettungsleitstelle Ortenau sowie beim Führungs- und Lagezentrum der Polizeidirektion Offenburg eine Vielzahl von Anrufen ein. Da anfangs unklar war, auf welcher Gemarkung die brennende Anlage steht, wurden beide möglicherweise zuständigen Gemeindefeuerwehren um 12:40 Uhr alarmiert . Die Feuerwehren Lahr und Seelbach waren um 13:00 Uhr mit einem Kommandofahrzeug , einem Einsatzleitwagen, zwei Tanklöschfahrzeugen, einem Lösch - gruppenfahrzeug und einem Mannschaftstransportwagen sowie 26 Feuerwehr - angehörigen an der Einsatzstelle. Nachdem fest stand, dass die WEA auf Gemarkung Lahr steht und sich die Lage stabilisiert hatte, wurden die nicht mehr benötigten Feuerwehrfahrzeuge und Einsatzkräfte der Gemeinde Seelbach um ca. 14:00 Uhr mit Ausnahme des Einsatzleitwagens samt Mannschaft aus dem Einsatz entlassen. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte der Feuerwehren drehte sich das Windrad nicht. Da der Brand im oberen Maschinenhaus ausgebrochen war, war ein Löschangriff der Feuerwehren nicht möglich. Die Feuerwehr hat in Abstimmung und in Zusammenarbeit mit der Polizei die Einsatzstelle weiträumig (im Umkreis von 300 m bis 400 m) abgesperrt. Vermutlich aufgrund der starken Wärmebeaufschlagung brach eines der drei Rotorblätter ab und fiel zu Boden. Durch den Aufprall verteilten sich Trümmerteile in weitem Umkreis. Darüber hinaus brachen weitere brennende Teile der Verkleidung ab und fielen ebenfalls zu Boden. Da die unmittelbare Umgebung der WEA wegen der Gefahr herabstürzender Anlagenteile aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden konnte, wurde das umliegende Waldgebiet mit Hilfe des Polizeihubschraubers und einer Wärmebildkamera auf Brände kontrolliert. Folgebrände wurden nicht festgestellt. Da auch bei einem dritten Kontrollflug gegen 17:00 Uhr keine Brände festgestellt wurden, rückten die verbliebenen sieben Einsatzkräfte der Feuerwehr Lahr von der Einsatzstelle gegen 18:00 Uhr ab. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4120 Zu diesem Zeitpunkt waren alle Zugangswege durch Kräfte der Polizei und der gemeindeeigenen Bauhöfe abgesperrt. Für den Absperrbereich bestand ein Betretungsverbot , das von Polizeistreifen auch nachts überwacht wurde. Die groß - räumigen Absperrmaßnahmen erforderten über einen längeren Zeitraum hinweg einen erhöhten Einsatz von Polizeikräften. Insgesamt waren 37 Beamtinnen und Beamte im Einsatz. Der Brand im Maschinenhaus ist nach 23 Stunden selbstständig erloschen. Er hatte wie auch die Rauchentwicklung bereits zwei bis drei Stunden nach seinem Ausbruch deutlich nachgelassen. 2. Ist ihr bekannt, wie in dem konkreten Fall Löschwasser an die Brandstelle transportiert werden konnte und ob man sich dazu ggf. der Hilfe Dritter bedienen musste? Zu 2.: Da ein Löschangriff im Maschinenraum der WEA nicht möglich war, wurde kein Löschwasser benötigt. Für einen eventuellen Einsatz bei einem Waldbrand in der Umgebung der Anlage standen präventiv zwei Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehren und gefüllte Wasserfässer von örtlichen Landwirten in einem Bereitstellungsraum zur Verfügung. Sie mussten nicht eingesetzt werden. 3. Welche Besonderheiten ergeben sich beim Brand von Windrädern? 5. Welche Gefahren können aus feuerwehrtechnischer Sicht beim Brand eines Windrads entstehen (z. B. durch herabstürzende Teile)? Zu 3. und 5.: Brände im Maschinenraum von Windenergieanlagen sind von den Feuerwehren aufgrund der Höhe (in der Regel 110 m bis 150 m) und mangelnder Zugänglichkeit weder von außen noch von innen zu bekämpfen. Wegen der üblichen Stand - orte im Außenbereich mit Abständen von mehreren hundert Metern zu den nächstgelegenen schutzwürdigen Objekten wie beispielsweise Wohnhäusern ist das Risiko einer Brandausbreitung auf diese Bereiche gering. Ein kontrolliertes Abbrennenlassen der WEA bei gleichzeitiger Überwachung der Umgebung ist üblich und akzeptabel. Brandgefahren entstehen bei Bränden im Maschinenhaus in erster Linie durch herabfallende Teile der WEA. Beim Aufprall können Trümmerteile in einem größeren Umkreis verstreut werden. Die Gefährdung von Menschen muss durch weiträumige Absperrungen des Gefahrenbereichs ausgeschlossen werden. Soweit notwendig sind Personen zu warnen, die sich in dem Bereich aufhalten. Die Feuerwehren müssen auf das Löschen von Bränden vorbereitet sein, die durch brennende oder glimmende Trümmerteile verursacht werden können. Von einer erhöhten Wald- oder Moorbrandgefahr ist nur auszugehen, wenn größere zusammenhängende Gebiete mit einer Bewuchsstruktur an die Anlage angrenzen, die eine hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Brandes befürchten lässt. Solche Situationen sind in Baden-Württemberg wegen seiner nachhaltigen Wald - bewirtschaftung, der Laub- und Mischwaldanteile, dem stufigen Waldaufbau und der überwiegend kleinteilig strukturierten Wälder die große Ausnahme. Weiter wird die Waldbrandgefahr durch die am Schadenstag herrschenden meteorologischen Verhältnissen wie Trockenheit oder Nässe beeinflusst. Im Vergleich zu anderen Ursachen für Waldbrände (z. B. Straßenverkehr, rauchende oder grillende Waldbesucher) ist das durch WEA verursachte Waldbrandrisiko als gering einzuschätzen. Eine Umfrage des Umweltministeriums bei anderen Bundesländern hatte diese Einschätzung bestätigt. Solange die Gefahr des Absturzes von Anlagenteilen besteht, können die Feuerwehren auch bei Brandeinsätzen am Boden nur außerhalb eines ausreichend großen Sicherheitsbereichs tätig werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4120 4 Darüber hinaus können Brände auch in den Trafostationen am Fuße der WEA entstehen. Auf die in solchen Anlagen bei Bränden bestehenden besonderen Gefahren werden die Feuerwehren in der Ausbildung entsprechend vorbereitet. Auch bei WEA sind, wie bei allen baulichen Anlagen, bauliche und technische Maßnahmen zu treffen, die ein Entstehen von Bränden verhindern oder deren Ausbreitung wirkungsvoll eindämmen. Diese Belange des vorbeugenden Brandschutzes werden standortbezogen in den jeweiligen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt. So ist den Antragsunterlagen regelmäßig ein Brandschutzkonzept beizufügen. Die unteren Baurechtsbehörden beteiligen auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur über die brandschutztechnische Prüfung im baurechtlichen Verfahren (VwV Brandschutzprüfung) vom 8. Dezember 2011 (GABl. S. 650) in Stadtkreisen die Leitung der Gemeindefeuerwehr und in Landkreisen den Kreisbrandmeister als feuerwehrtechnischen Beamten des Landratsamtes. Dabei werden auch die Belange des abwehrenden Brandschutzes wie Zufahrtsmöglichkeiten für die Feuerwehr und die Bereitstellung von Feuerwehrfahrzeugen und -geräten sowie von Löschmitteln berücksichtigt. Als Maßnahmen des vorbeugenden Brandschutzes können Brandmeldeanlagen zur Brandfrüherkennung und automatische Löscheinrichtungen in Betracht kommen. Außerdem muss die Anlage der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG entsprechen. Hierbei ist eine Risikobeurteilung bezüglich des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes vorgeschrieben. 4. Gibt es Vorschriften über die Erreichbarkeit von Löschwasser im Zusammenhang mit dem Bau von Windrädern? Zu 4.: Für die Breitstellung von Löschwasser gilt § 3 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Feuerwehrgesetz (FwG) in der Fassung vom 2. März 2010 (GBl. S. 333). Danach müssen die Gemeinden zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung durch die Feuerwehr auf ihre Kosten für eine ständige Bereithaltung von Löschwasservorräten und sonstigen der technischen Entwicklung entsprechenden Feuerlöschmittel sorgen . Maßgebend für den Bedarf sind die jeweiligen örtlichen Verhältnisse, bei denen auch die von WEA ausgehenden Gefahren zu berücksichtigen sind. Diese werden allerdings als gering eingestuft. WEA bestehen weitestgehend aus nicht brennbaren Materialien. Blitzschutzsysteme, elektrische Schutzkonzepte, eine laufende Zustandsüberwachung und Meldungen an eine ständig besetzte Stelle über die Fernüberwachung sowie eine regelmäßige fachkundige Wartung als zentrale Elemente des Brandschutzes sind heute Standard bei modernen WEA. Die Brandlasten in WEA werden von Brandschutzingenieuren, verglichen mit anderen gewerblich-industriellen Anlagen, als gering bewertet. Für abgelegene Einsatzorte, wie dies bei WEA der Fall ist, stellen die Feuerwehren die Löschwasserversorgung in erster Linie mit Tanklöschfahrzeugen sicher, die Löschwasser in fest eingebauten Tanks mitführen. Soweit Löschwasser aus öffentlichen Gewässern oder dem Wasserversorgungsnetz entnommen werden kann, müssen die notwendigen Pumpen und Schläuche für eine Wasserförderung über längere Strecken vorgehalten werden. Bei Bedarf können die Feuerwehren in allen Fällen im Wege der Überlandhilfe nach § 26 FwG auf Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Geräte benachbarter Gemeindefeuerwehren zurückgreifen. Soweit möglich und erforderlich kommt, wie auch in Lahr geschehen, darüber hinaus die Heranziehung von Löschwasserbehältern von Dritten in Betracht. In Vertretung Dr. Zinell Ministerialdirektor