Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 4321 11. 11. 2013 1Eingegangen: 11. 11. 2013 / Ausgegeben: 13. 12. 2013 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche extremistischen Aktivitäten hat sie 2012 und 2013 im Landkreis Esslingen festgestellt? 2. Wie untergliedern sich nach ihrer Kenntnis diese extremistischen Aktivitäten? 3. Liegen ihr Informationen über konkrete Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den Jahren 2012 und 2013 vor? 4. Welche Arten des politischen Extremismus stellen sich im Landkreis Esslingen dar und stellt sie ein vermehrtes Aufkommen von Rechts- und Linksextremismus fest? 5. Finden sich im Landkreis Esslingen auch Hinweise auf islamistische bzw. türkisch -nationalistische Aktivitäten? 6. Gab es im Landkreis Esslingen in den Jahren 2012 und 2013 öffentliche Kundgebungen oder Veranstaltungen von extremistischen Gruppierungen und wenn ja, wie sind diese hinsichtlich Personenzahl, Organisationsform und Vereinigungszweck einzuordnen? 7. Was unternimmt sie vor Ort und in Absprache mit den kommunalen Behörden hinsichtlich der Extremismusprävention? 08. 11. 2013 Kunzmann CDU Kleine Anfrage des Abg. Thaddäus Kunzmann CDU und Antwort des Innenministeriums Extremistische Aktivitäten im Landkreis Esslingen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 2 A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 Nr. 4-1083/285 beantwortet das Innen - ministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche extremistischen Aktivitäten hat sie 2012 und 2013 im Landkreis Esslingen festgestellt? 2. Wie untergliedern sich nach ihrer Kenntnis diese extremistischen Aktivitäten? Zu 1. und 2.: Im Landkreis Esslingen war innerhalb der rechtsextremistischen Szene in den Jahren 2012 und 2013 insbesondere die Neonaziszene aktiv. Hinsichtlich der rechtsextremistischen Skinheadszene wurden im Landkreis Esslingen keine Aktivitäten festgestellt. Am 18. Februar 2012 veranstalteten die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ (AN GP) eine sogenannte „Kaffeefahrt“ unter dem Motto „Gedenkt den Opfern von Dresden“. In den Landkreisen Esslingen, Göppingen und im Rems-MurrKreis wurden an verschiedenen Orten, darunter auch in Esslingen, Kundgebungen zum Gedenken an die Bombardierung der Stadt Dresden im Februar 1945 durchgeführt , an denen rund 40 Rechtsextremisten teilgenommen haben. Seit Februar 2013 gibt es im Internet eine Homepage der „Freien Nationalisten Esslingen“ (FN ES), deren Ziel nach eigenen Angaben insbesondere die Stärkung des nationalen Widerstands ist. Auf der Homepage der FN ES erscheinen regelmäßig Veröffentlichungen über Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene und über Ereignisse aus den Landkreisen Esslingen und Göppingen. Es wird sowohl über Aktivitäten der Antifa als auch über vermeintliche Straftaten von Ausländern und Asylbewerbern berichtet. Im März 2013 verteilten Esslinger Aktivisten in Kirchheim unter Teck Flugblätter mit den Forderungen „Deutsches Geld für deutsche Interessen!“, „Schutz unserer Kinder vor Ausländergewalt!“ und „Sofortige Abschiebung krimineller und gewaltbereiter Ausländer!“. Am 2. März 2013 unterstützten Esslinger Aktivisten den Protest der AN GP gegen eine Kundgebung des „Bündnisses Kreis Göppingen nazifrei“. Dabei kam es zu Streitigkeiten mit Mitgliedern der Partei „DIE LINKE.“ und in deren Folge zu Widerstandshandlungen gegen eingesetzte Polizeibeamte. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 2013 stellten Esslinger Aktivisten in Neuhausen , Denkendorf, Wendlingen, Frickenhausen und Neuffen Holzkreuze auf, um gegen Feierlichkeiten anlässlich des 8. Mai 1945 zu protestieren. Als Reaktion auf einen Farbbeutelangriff auf ein Gasthaus in Wendlingen, in dem zuvor eine Veranstaltung der Partei „Die Republikaner“ stattgefunden hatte, verteilten die FN ES am 19. Mai 2013 Flugblätter, um über die Tat durch „Links - extremisten der kriminellen Antifa“ aufzuklären. Auch beteiligten sich die FN ES an den Mobilisierungsaktionen für die Demonstration der AN GP am 12. Oktober 2013 in Göppingen. So brachten sie in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2013 ein Transparent mit der Aufschrift „GEGEN KAPITALISMUS AM 12. Oktober 2013 NACH GÖPPINGEN DEMO-GOEPPINGEN.ORG“ an einer Brücke über der Bundesstraße 313 in Nürtingen an. In diesem Zusammenhang hatten die FN ES bereits Mitte Juli 2013 entsprechende Flugblätter in Wendlingen, Neuffen und Oberboihingen verteilt. Am 9. September 2013 verteilten Esslinger Aktivisten in Nürtingen Flugblätter, um über das dortige alternative Wohnprojekt Villa Galgenberg „aufzuklären“. In den Flugblättern wurden die Bewohner als Linksextremisten bezeichnet. Zudem beteiligten sich Esslinger Aktivisten am 17. November 2013 am „Heldengedenken “ der AN GP in Göppingen-Eybach. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 Am 21. November 2013 wurde auf Facebook eine Seite unter der Bezeichnung „Nein zum Heim – Asylflut im Kreis Esslingen stoppen“ eingerichtet, auf der unter anderem die Flugblattverteilung der Esslinger Aktivisten in Nürtingen thematisiert wird. Mit dem Slogan „Nein zum Heim“ wird eine aktuelle Kampagne der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD), die sich bundesweit gegen Asylbewerberheime richtet, aufgegriffen. Bislang ist nicht bekannt, wer für die Erstellung der Seite auf Facebook verantwortlich ist. Die NPD und ihre Jugendorganisation, die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), verfügen im Landkreis Esslingen über keine formale Organisationsstruktur. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Landkreis Esslingen von den angrenzenden Untergliederungen, insbesondere durch den NPD-Regionalverband BöblingenStuttgart -Ludwigsburg und den JN-Stützpunkt Stuttgart, „mitbetreut“ wird. Der Umfang der hauptsächlich parteiinternen Aktivitäten, die von der NPD und den JN ausgehen, ist seit Jahren nahezu unverändert. So finden sich in dem monatlich erscheinenden Presseorgan der NPD, der „Deutschen Stimme“, Hinweise auf einen 14-tägig stattfindenden „politischen Stammtisch“ der NPD im Landkreis Esslingen. Auch wird auf der Homepage des NPD-Regionalverbands Böblingen-Stuttgart-Ludwigsburg darauf hingewiesen, dass demnächst die Bewerber zur Regionalwahl 2014 unter anderem auch für Esslingen gewählt werden sollen. Öffentlichkeitswirksame Aktivitäten der NPD und der JN im Landkreis Esslingen haben nicht stattgefunden. Der Landesverband Baden-Württemberg der NPD hatte für den 7. April 2012 zwei Kundgebungen in Esslingen und Plochingen an - gemeldet, die jedoch vom Landkreis und der Stadt Esslingen nicht genehmigt wurden. Darüber hinaus wurde Anfang Februar 2013 im Umfeld einzelner Schulen in Esslingen von den Angehörigen des JN-Stützpunkts Stuttgart die sogenannte „Schulhof -CD“ verteilt. Darauf befinden sich Lieder rechtsextremistischer Musik - gruppen, mit deren Hilfe die JN das Interesse an der rechtsextremistischen Szene wecken und Jugendlichen sowie Heranwachsenden ihre Ideologie vermitteln wollen. Am 7. März 2013 wurde die „Schulhof-CD“ durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert. Hinsichtlich der linksextremistischen Szene wurden im Landkreis Esslingen einzelne Aktivitäten festgestellt. Innerhalb des gewaltorientierten Linksextremismus hatte ein Bündnis aus zahlreichen linksextremistischen und linksextremistisch beeinflussten Gruppierungen, dem unter anderem die „Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart“, die „Antifaschistische Initiative Leonberg“ sowie das „Offene Antifaschistische Bündnis Kirchheim/Teck“ angehörten, zu einer Mahnwache am 7. April 2012 in Esslingen unter dem Motto „Gegen Rassismus und Faschismus “ aufgerufen. Dem Aufruf folgten nur wenige Aktivisten. Am 27. April 2012 veranstaltete die anarchistische Skinhead-Gruppierung „Red & Anarchist Skinheads Stuttgart“ (R.A.S.H. Stuttgart) gemeinsam mit der Stuttgarter Struktur „Antifascist Rock Action“ im Jugendzentrum „Komma“ in Esslingen das Musikfestival „ALL POWER TO THE PEOPLE! A RED AND ANARCHIST FESTIVAL“ mit Gruppen aus Deutschland, Frankreich und Italien. Das Festival wurde am 28. April 2012 in Stuttgart fortgesetzt. Im Jahr 2013 fand es nur in Stuttgart statt. Zur Unterstützung eines breiten antifaschistischen Bündnisses, das anlässlich des Beginns des Prozesses um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) in München zu einer bundesweiten Großdemonstration aufgerufen hatte, mobilisierte das linksextremistische „Offene Antifaschistische Bündnis Kirchheim/Teck“ auf seiner Homepage für eine Demonstration am 6. April 2013 in Kirchheim unter Teck. Auch hier folgten nur wenige Aktivisten dem Aufruf. Innerhalb des dogmatischen Linksextremismus führte die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD), die in Esslingen über einen Kreisverband verfügt, in den Jahren 2012 und 2013 einzelne öffentliche Versammlungen und Kundgebungen durch und widmete sich dabei unter anderem den Themen „Atomkraft “ oder „Lage in Griechenland“. Die Teilnehmerzahl lag hierbei regelmäßig nur im einstelligen Bereich. Im Jahr 2013 stand die Beteiligung der MLPD an der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 4 Bundestagswahl thematisch im Vordergrund. Hierfür gründete die Partei in Esslingen eine Wählerinitiative. Im Bereich des Ausländerextremismus und des islamistischen Extremismus sind im Landkreis Esslingen mehrere örtliche Vereine ansässig. Allerdings führen diese hauptsächlich vereinsinterne Aktivitäten durch. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den Ziffern 4 und 5 verwiesen. 3. Liegen ihr Informationen über konkrete Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den Jahren 2012 und 2013 vor? Zu 3.: Im polizeilichen Sinne werden der extremistischen Kriminalität – als Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) – Straftaten zugeordnet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, also darauf, Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen. Für den Landkreis Esslingen ergeben sich bei Betrachtung der Politisch motivierten Kriminalität, einschließlich der Gewaltdelikte und der extremistischen Straf - taten, für die Jahre 2012 und 2013 folgende Feststellungen: Im Jahr 2012 wurden 53 extremistische Straftaten im Landkreis Esslingen re - gistriert, wobei die meisten den Phänomenbereichen der PMK – Links und – Rechts zuzuordnen sind. Im Einzelnen handelte es sich bei den der PMK – Rechts zuzurechnenden extremistischen Straftaten in 24 Fällen um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 a des Strafgesetzbuchs (StGB), gefolgt von Volksverhetzung nach § 130 StGB in sechs Fällen und zwei Sachbeschädigungsdelikten nach § 303 StGB. Überdies wurde jeweils ein Fall des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB, der Verunglimpfung des Bundespräsidenten nach § 90 StGB sowie der Beleidigung nach § 185 StGB festgestellt. Landkreis Esslingen Summe Ausländer Rechts Links Nicht zuzuordnen Politisch motivierte Kriminalität 2012 67 3 35 18 11 davon Gewaltdelikte 2 0 0 2 0 davon extremistisch 53 2 35 16 0 Politisch motivierte Kriminalität 20131 72 5 37 18 12 davon Gewaltdelikte 0 0 0 0 0 davon extremistisch 59 5 37 17 0 _____________________________________ 1 Stand: 18. November 2013 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 Im Bereich der PMK – Links lag der Schwerpunkt mit elf Fällen bei den Sach - beschädigungsdelikten nach § 303 StGB, gefolgt von drei Fällen der Beleidigung (§ 185 StGB) sowie Körperverletzung in zwei Fällen nach § 223 StGB. Ferner wurde im Bereich der PMK – Ausländer jeweils ein Fall der kriminellen und terroristischen Vereinigungen im Ausland nach § 129 b StGB sowie der Sachbeschädigung nach § 303 StGB erfasst. Für das laufende Jahr 2013 (Stand: 18. November 2013) wurden im Landkreis Esslingen 59 Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert. Dabei entfiel der Großteil auf die Phänomenbereiche der PMK – Links und – Rechts. Es wurden bislang 37 extremistische Straftaten der PMK – Rechts statistisch erfasst . Der Schwerpunkt im Bereich der PMK – Rechts lag beim Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 a StGB mit 23 Fällen, gefolgt von Volksverhetzung nach § 130 StGB in acht Fällen, fünf Sachbeschädigungsdelikten nach §§ 303, 304 StGB und einem Fall des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB. Für den Phänomenbereich PMK – Links wurden bislang 14 Sachbeschädigungsdelikte nach §§ 303, 304 StGB, zwei Verleumdungen nach § 187 StGB sowie eine Beleidigung nach § 185 StGB festgestellt. Im Bereich der extremistischen Straftaten der PMK – Ausländer lagen bis zum Stichtag vier Sachbeschädigungsdelikte nach § 303 StGB sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz vor. 4. Welche Arten des politischen Extremismus stellen sich im Landkreis Esslingen dar und stellt sie ein vermehrtes Aufkommen von Rechts- und Linksextremismus fest? Zu 4.: Der Landkreis Esslingen ist landesweit kein Schwerpunkt innerhalb der rechts - extremistischen Szene. Zwar ist verglichen mit anderen Regionen durch die FN ES ein vermehrtes Auftreten der Neonaziszene im Landkreis Esslingen festzustellen . Allerdings stehen hinter der Gruppierung Personen, die bereits in den letzten Jahren in der rechtsextremistischen Szene aktiv waren, aber weniger in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten sind. Auch aufgrund der mutmaßlich geringen Mitgliederzahl, die im einstelligen Bereich liegt, kann nicht von einem Schwerpunkt der Neonaziszene im Landkreis Esslingen gesprochen werden. Gelegentlich fielen in der Öffentlichkeit Personen mit Jacken mit der Aufschrift „Blood Brothers“ auf. Eigene öffentlichkeitswirksame Aktivitäten entfaltet(e) diese Gruppe aus dem Großraum Stuttgart (Stuttgart, Rems-Murr-Kreis, Landkreis Esslingen) aber nicht. Zudem bewegt sich die Zahl der im Landkreis Esslingen ansässigen rechtsextremistischen Skinheads im unteren zweistelligen Bereich . Auch gibt es in der Region Esslingen weder rechtsextremistische Musikgruppen noch Vertriebe. Die NPD erreichte bei der Bundestagswahl 2013 im Landkreis Esslingen lediglich 0,7 % (2009: 0,9 %) der Zweitstimmen. Sie liegt damit im Landkreis Esslingen unter dem landesweit erreichten Ergebnis von 1,0 %. Innerhalb der linksextremistischen Szene ist ebenfalls kein vermehrtes Aufkommen von Aktivitäten im Landkreis Esslingen festzustellen. Zwar ist aus dem Bereich des gewaltorientierten Linksextremismus in der Region Esslingen das „Offene Antifaschistische Bündnis Kirchheim/Teck“ seit längerem aktiv. In den Jahren 2012 und 2013 trat es allerdings nur noch als Unterstützer bei linksextremistischen Aktionen auf, die sich gegen Rechtsextremisten richteten. Auch die sogenannte „Antifa Esslingen/Nürtingen“ ist lediglich als Mitunterzeichnerin eines „Offenen Briefs“ an das „Bündnis Kreis Göppingen Nazifrei“ bekannt, den im April 2012 mehrere linksextremistische Gruppierungen auf einer Internetplattform veröffentlichten. Der Brief war die Reaktion auf eine Presseerklärung des „Bündnisses Kreis Göppingen Nazifrei“, in der sich das Bündnis von den Aktionen der gewaltbereiten Linksextremisten distanzierte und diese verurteilte. Der dogmatische Linksextremismus ist in Esslingen durch einen Kreisverband der MLPD vertreten. Die MLPD veröffentlicht in ihrem wöchentlich erscheinenden Presseorgan, der „Roten Fahne“, regelmäßig eine Kontaktadresse für Esslingen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 6 Innerhalb des Ausländerextremismus ist dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) der in Esslingen ansässige „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ bekannt, der den im Landkreis Esslingen wohnenden Anhängern der extremistischen „Arbeiterpartei Kurdistans e. V.“ (PKK) als Treffpunkt und Anlaufstelle dient. Der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ ist auf der Homepage der PKK-nahen „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e. V.“ (YEKKOM ) als Mitgliedsverein aufgeführt. Bei der YEK-KOM handelt es sich um einen Dachverband auf nationaler Ebene, in dem überwiegend PKK-nahe örtliche Kurdenvereine zusammengeschlossen sind. Seit seiner Gründung im Jahr 2006 führte der „Kurdisch-Deutsche Freundschaftsverein e. V.“ öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Demonstrationen oder Kundgebungen durch. Solche Veranstaltungen sind dem LfV in den Jahren 2012 und 2013 nicht bekannt geworden. Organisationsstrukturen türkischer linksextremistischer Vereinigungen im Landkreis Esslingen sind dem LfV nicht bekannt. Die dort wohnenden Anhänger der „Marxistischen-Leninistischen Kommunistischen Partei“ (MLKP), der „Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten“ (TKP/ML), der „Maoistischen Kommunistischen Partei“ (MKP) und der „Revolutionären Volksbefreiungspartei -Front“ (DHKP-C) besuchen vorwiegend die in Stuttgart ansässigen Vereine. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass auch der in Kirchheim unter Teck ansässige Verein „Türkisches Volkshaus e. V.“ gelegentlich als Anlaufstelle für Angehörige der türkischen linksextremistischen Vereinigungen dient. So führte der Verein am 12. Mai 2012 eine Veranstaltung in der Stadthalle Kirchheim unter Teck unter dem Motto „Lasst uns teilnehmen an den Gedenkfeiern für die Partei-Märtyrer und revolutionären Märtyrer“ durch. An dieser friedlich verlaufenden Veranstaltung nahmen rund 1.000 Personen teil. 5. Finden sich im Landkreis Esslingen auch Hinweise auf islamistische bzw. türkisch -nationalistische Aktivitäten? Zu 5.: Innerhalb des Ausländerextremismus ist im Landkreis Esslingen die rechtsextremistische türkische „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e. V.“ (ADÜTDF) mit mehreren örtlichen Vereinen vertreten. Der „Verein Türkischer Arbeitnehmer in Esslingen e. V.“ veranstaltete im Jahr 2011 eine Gedenkfeier für den Gründer der türkischen Mutterpartei der ADÜTDF, der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP). Der „Deutsch-Türkische Freundschaftsverein Filderstadt e. V.“ organisierte im Mai 2013 ein Frühlingsfest, für das er mit dem Logo und Schriftzug der ADÜTDF warb. Darüber hinaus nahmen im November 2013 Vereinsmitglieder am großen Kongress der ADÜTDF in Oberhausen teil. Im „Kulturverein der Türkischen Arbeiter in Wendlingen und Umgebung e. V.“ wurden im Frühjahr 2013 Vorstandswahlen durchgeführt. Ein Artikel über diese Veranstaltung wurde auf der Homepage der ADÜTDF eingestellt . Auch der „Deutsch-Türkische Freundschaftsverein Nürtingen e. V.“ ist der ADÜTDF zuzurechnen. In deren Räumlichkeiten fand auch am 12. Januar 2008 die Veranstaltung eines salafistischen Predigers statt. Im Bereich des islamistischen Extremismus gibt es im Landkreis Esslingen zwei Vereine, die der „Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e. V.“ (IGMG) zuzurechnen sind. Dabei handelt es sich um die Vereine „Islamische Gemeinschaft Esslingen e. V.“ sowie „Islamische Gemeinschaft in Nürtingen und Umgebung e. V.“. In der türkischen Tageszeitung „Milli Gazete“, dem Sprachrohr der IGMG, finden sich regelmäßig Veröffentlichungen zu Aktivitäten der „Islamischen Gemeinschaft Esslingen e. V.“. So wird dort regelmäßig über vereinsinterne Aktivitäten sowie über die Teilnahme der Vereinsmitglieder an regionalen Veranstaltungen der IGMG berichtet. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 Über den in Nürtingen ansässigen Verein „Islamische Gemeinschaft in Nürtingen und Umgebung e. V.“ wurde in der türkischen Tageszeitung „Milli Gazete“ berichtet , als ein Stuttgarter Generalkonsul die „Mevlana-Moschee der IGMG Nürtingen “ besuchte und als die „Vierte Regionalverbandskonferenz des Frauenverbands “ der IGMG-Württemberg in Nürtingen stattgefunden hat. 6. Gab es im Landkreis Esslingen in den Jahren 2012 und 2013 öffentliche Kundgebungen oder Veranstaltungen von extremistischen Gruppierungen und wenn ja, wie sind diese hinsichtlich Personenzahl, Organisationsform und Vereinigungszweck einzuordnen? Zu 6.: Innerhalb der rechtsextremistischen Szene wurde im Landkreis Esslingen die sogenannte „Kaffeefahrt“ der AN GP durchgeführt, an der rund 40 Rechtsextremisten teilgenommen haben. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Ziffern 1 und 2 verwiesen. Innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene fand am 7. April 2012 in Esslingen eine Mahnwache unter dem Motto „Gegen Rassismus und Faschismus“ statt, zu der ein Bündnis aus zahlreichen linksextremistischen und linksextremistisch beeinflussten Gruppierungen aufgerufen hatte. Darunter befand sich auch das „Offene Antifaschistische Bündnis Kirchheim/Teck“, das am 6. April 2013 zur Unterstützung eines breiten antifaschistischen Bündnisses anlässlich des Beginns des NSU-Prozesses in München eine Demonstration in Kirchheim unter Teck durchführte. In den Jahren 2012 und 2013 trat das „Offene Antifaschistische Bündnis Kirchheim/Teck“ aber nur noch als Unterstützer bei linksextremistischen Aktionen auf. Der in Esslingen bestehende Kreisverband der MLPD, der dem dogmatischen Linksextremismus zuzurechnen ist, führte in den Jahren 2012 und 2013 einzelne öffentliche Versammlungen und Kundgebungen durch. Allerdings lag die Teilnehmerzahl regelmäßig nur im einstelligen Bereich. Im Bereich des Ausländerextremismus und des islamistischen Extremismus gibt es im Landkreis Esslingen mehrere örtliche Vereine. Allerdings führen diese hauptsächlich vereinsinterne Veranstaltungen durch. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den Ziffern 4 und 5 verwiesen. 7. Was unternimmt sie vor Ort und in Absprache mit den kommunalen Behörden hinsichtlich der Extremismusprävention? Zu 7.: Die Aufklärungsarbeit des LfV im Bereich Rechtsextremismus wurde nach der Aufdeckung der Taten der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) intensiviert. Sie richtet sich an staatliche Einrichtungen, zivilgesellschaft - liche Akteure sowie an Bürgerinnen und Bürger. Für Informationsveranstaltungen in den verschiedenen Extremismusbereichen stehen Mitarbeiterinnen und Mit - arbeiter des LfV zur Verfügung. Das LfV ist seit dem Jahr 2008 Kooperationspartner des Projekts „Team meX – Mit Zivilcourage gegen Extremismus“, einem gemeinsamen Projekt, das von der Landeszentrale für politische Bildung geleitet wird. Ziel des Projekts ist der verbesserte Schutz junger Menschen vor extremistischen Gefahren durch frühzeitige Aufklärung über die Bedeutung der Grund- und Menschenrechte in unserer Verfassung . Des Weiteren wirken das LfV und das Landeskriminalamt (LKA) im „Landesnetzwerk für Menschenrechte und Demokratieentwicklung – gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit“ (LAGO) mit, das sich präventiv und inter - venierend gegen Rechtsextremismus und andere demokratiefeindliche Bestrebungen wendet. Es findet ein regelmäßiger Austausch zwischen den Netzwerkpartnern statt, die sich zum Großteil aus lokalen Bündnissen und Organisationen zusammensetzen . Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 4321 8 Die beim LKA angesiedelte Beratungs- und Interventionsgruppe gegen Rechts - extremismus (BIG Rex) führte im Landkreis Esslingen in den Jahren 2002, 2007 und 2013 sogenannte Konzeptionseinsätze durch, bei denen 2007 und 2013 insgesamt 26 Personen aus der rechtsextremen Szene angesprochen und über die Gefahren des Rechtsextremismus sowie die Möglichkeiten der Inanspruchnahme des Hilfsangebots der BIG Rex informiert wurden. Darüber hinaus wurde das Präventionskonzept „Ausstiegshilfen Rechtsextremismus“ vorgestellt. Keine dieser Personen wurde in das Ausstiegsprogramm aufgenommen. Die Informationen zum Konzeptionseinsatz aus dem Jahr 2002 wurden entsprechend der Löschfristen mittlerweile gelöscht. Im Rahmen der polizeilichen Kriminalprävention fand am 16. September 2013 im Gemeinderat Esslingen eine Vortragsveranstaltung zum Thema „Situation des Rechtsradikalismus in Esslingen/Politisch motivierte Kriminalität (PMK) – Rechtsextremismus“ statt. Die Zentralstelle Prävention und Jugendsachen des LKA kooperiert seit dem Jahr 2012 mit der schulischen Präventionsmaßnahme des größten bundesweiten Schülernetzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Im Rahmen dieser Präventionsmaßnahme wurde vier Schulen aus dem Landkreis Esslingen der Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ verliehen. Gall Innenminister << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice