Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 460 30. 08. 2011 Kleine Anfrage des Abg. Ulrich Müller CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Kleinwindanlagen in Baden-Württemberg K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Ist ihr bekannt, wie viele Kleinwindanlagen in Baden-Württemberg in Betrieb sind a) bis zu einer Höhe von zehn Metern, b) über einer Höhe von zehn Metern? 2. Welchen Beitrag leisten diese Kleinwindanlagen heute in der Stromproduktion und welche Bedeutung misst die Landesregierung diesen Anlagen künftig bei? 3. In welchen Gebieten Baden-Württembergs erachtet sie den Betrieb solcher Anlagen für sinnvoll und für welche Zielgruppen? 4. Strebt sie eine Erhöhung der Anzahl der Anlagen an und wenn ja, wie viele a) Anlagen bis zu zehn Metern, b) Anlagen über zehn Metern? 5. Wie bewertet sie die Möglichkeiten und die Rentabilität der Einspeisung ins Stromnetz? 6. Sieht sie einen Veränderungsbedarf bei den geltenden immissionsschutz- und planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Kleinwindanlagen und falls ja, welchen? 29. 08. 2011 Müller CDU Eingegangen: 30. 08. 2011 / Ausgegeben: 27. 09. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 460 2 B e g r ü n d u n g Baurechtlich gibt es bundesweit keine einheitliche Regelung für Kleinwindanlagen . Die Zuständigkeit liegt bei den Ländern. In Baden-Württemberg ist die Errichtung von Kleinwindanlagen, welche bis zu zehn Metern hoch sind, nur anzeigepflichtig , wodurch sie im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern geringere baurechtliche Hürden zu überwinden hat. Mit der Kleinen Anfrage soll die generelle Haltung der Landesregierung zu Kleinwindkraftanlagen sowie ihre Einschätzung bzgl. der Ausbaumöglichkeiten erfragt werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. September 2011 Nr. 64U–4583/403/1 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist ihr bekannt, wie viele Kleinwindanlagen in Baden-Württemberg in Betrieb sind a) bis zu einer Höhe von zehn Metern, b) über einer Höhe von zehn Metern? Diese Anlagenklassen werden nicht im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens und – zum überwiegenden Teil – auch nicht über das im EEG verankerte Anlagenkataster erfasst. Der Landesregierung liegen daher keine Angaben über die exakte Anzahl dieser im Land betriebenen Kleinwindanlagen und deren Gesamtleistung vor. 2. Welchen Beitrag leisten diese Kleinwindanlagen heute in der Stromproduktion und welche Bedeutung misst die Landesregierung diesen Anlagen künftig bei? Der überwiegende Teil dieser Kleinwindanlagen in Baden-Württemberg dient zur lokalen Stromversorgung in einem Gleichspannungsnetz – beispielsweise für dezentrale Mess- und Funkstationen oder auch in abgelegenen Gehöften (Berghütten, Wandergasthöfen, Bergbauernhöfen) in netzfernen Gebirgsregionen, welche vereinzelt auch in Baden-Württemberg in naturnahen Regionen noch anzutreffen sind. In wenigen Ausnahmefällen werden solche Kleinanlagen auch netzgekoppelt zur Wechselstromeinspeisung betrieben; deren Beitrag zur Stromversorgung im Land ist derzeit – und auch auf absehbare Zeit – jedoch marginal. 3. In welchen Gebieten Baden-Württembergs erachtet sie den Betrieb solcher Anlagen für sinnvoll und für welche Zielgruppen? Aufgrund der hohen spezifischen Anlagenkosten ist bei einem netzgekoppelten Anlagenbetrieb auf Grundlage des EEG ein rentabler Anlagenbetrieb nur in Starkwindgebieten (z. B. an ausgewählten Standorten im Hochschwarzwald) eventuell möglich. In Inselstromnetzen sind die Rahmenbedingungen günstiger, da in diesen der substituierte Strom aus batteriegestützten Systemen in Verbindung mit Stromgeneratoren (Dieselgenerator und/oder erneuerbare Energien) teurer kalkuliert werden kann. 4. Strebt sie eine Erhöhung der Anzahl der Anlagen an und wenn ja, wie viele a) Anlagen bis zu zehn Metern, b) Anlagen über zehn Metern? Unter energiepolitischen Gesichtspunkten zur Sicherstellung der fast ausnahmslos netzgekoppelten Stromversorgung im Land misst die Landesregierung den Klein- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 460 3 windanlagen nahezu keine Bedeutung zu. Entsprechend sieht sie davon ab, für diese Anlagenkategorie Ausbauziele zu formulieren. Vielmehr sieht die Landesregierung – in Anbetracht des weltweit großen Bedarfs an Stromerzeugungssystemen für netzferne Regionen – ein großes Exportpotenzial für diese Anlagenklasse. Haupthindernis für dessen Erschließung sind die bisher noch hohen spezifischen Anlagenkosten sowie die oftmals mangelnde technische Zuverlässigkeit dieser Kleinwindanlagen. Um dieses industriepolitische Potenzial beispielsweise für den im Land ansässigen Elektromaschinenbau zu mobilisieren, sieht die Landesregierung den Handlungsbedarf im Kleinwindanlagensektor daher primär im Bereich der Forschung und Entwicklung. Beispielhaft sei in diesem Zusammenhang verwiesen auf die vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst geführte Diskussion eines Windtestfeldes in Baden-Württemberg mit dem Verbund der Süddeutschen Windforschungseinrichtungen „WINDFORS“ sowie mit dem „Windcluster Baden-Württemberg“, einem Zusammenschluss von etwa 30 in der Windbranche tätigen Unternehmen aus dem Land. 5. Wie bewertet sie die Möglichkeiten und die Rentabilität der Einspeisung ins Stromnetz? Die technischen Möglichkeiten für einen netzgekoppelten Betrieb von Kleinwindanlagen sind am Markt verfügbar. Die Vergütung erfolgt zum EEG-Satz für Strom aus Windenergie in Höhe von derzeit 9 ct/kWh. Damit ist ein netzgekoppelter Anlagenbetrieb in Baden-Württemberg jedoch nicht rentierlich darstellbar. Bei einer direkten Einspeisung in das netzgekoppelte Hausverteilernetz des Betreibers und zeitgleichem Eigenverbrauch im Haushalt oder Betrieb stellt sich die Wirtschaftlichkeit günstiger dar, da als finanzieller Gegenwert die Höhe der (dadurch eingesparten) Bezugsstromkosten angesetzt werden kann. Aber auch in diesen Fällen ist eine Rentabilität i. d. R. nicht gegeben. 6. Sieht sie einen Veränderungsbedarf bei den geltenden immissionsschutz- und planungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Kleinwindanlagen und falls ja, welchen? Ein Änderungsbedarf wird aus bauordnungsrechtlicher Sicht und auch hinsichtlich der planungsrechtlichen Rahmenbedingungen nicht gesehen. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft