Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 475 02. 09. 2011 1Eingegangen: 02. 09. 2011 / Ausgegeben: 11. 10. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich seit der Einführung der landesweit 26 Messstellen zur Messung der Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit die Pünktlichkeit im Jahresdurchschnitt pro Messstelle entwickelt (getrennt nach Pünktlichkeit/Anschluss - sicherheit im Tagesdurchschnitt und Pünktlichkeit/Anschluss sicherheit in der Hauptverkehrszeit)? 2. Wie stark sind die jahreszeitlichen Schwankungen pro Messstelle? 3. Welche Maßnahmen haben in den vergangenen vier Jahren die Eisenbahninfrastrukturunternehmen , die Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und die Landesregierung unternommen , um die Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit zu erhöhen? 4. Welches Ergebnis zeigt die Erfolgskontrolle der Maßnahmen? 5. Wo besteht aus ihrer Sicht noch weiterer Handlungsbedarf? 6. Wie werden die unter Frage 5 dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe der Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Land Baden-Württemberg berücksichtigt? 7. Wann wird sie zum Stand des Controllings im Schienenpersonennahverkehr berichten? 8. Welche Maßnahmen plant sie zur Verbesserung der Anschlusssicherheit im SPNV? 01. 09. 2011 Schwarz GRÜNE Kleine Anfrage des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Pünktlichkeit im Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 475 2 B e g r ü n d u n g Die Pünktlichkeit im regionalen Schienenverkehr gibt immer wieder Anlass zu Beschwerden (vgl. Landtags-Drucksachen 14/6649 und 14/1379). In den vergangenen Jahren sind durch die Baumaßnahmen in Karlsruhe und Stuttgart, aber auch durch mangelnde Verfügbarkeit der Neigetechnik (Dauerproblem) sowie besonders auf der Frankenbahn immer wieder größere Verspätungen und Anschlussverluste aufgetreten. Speziell für die Frankenbahn wurde ein Maßnahmenpaket vereinbart , um die Pünktlichkeit zu erhöhen. Um gegenüber der Öffentlichkeit und den Fahrgästen die Bemühungen um Pünktlichkeit zu dokumentieren und der Verpflichtung nach mehr Transparenz nachzukommen, sollten die entsprechenden Pünktlichkeitsdaten und Maßnahmen veröffentlicht werden. A n t w o r t Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 Nr. 3-3822.2-00/570/1 beantwortet das Minis - terium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich seit der Einführung der landesweit 26 Messstellen zur Messung der Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit die Pünktlichkeit im Jahresdurchschnitt pro Messstelle entwickelt (getrennt nach Pünktlichkeit/Anschluss - sicherheit im Tagesdurchschnitt und Pünktlichkeit/Anschlusssicherheit in der Hauptverkehrszeit)? Zur Entwicklung der Pünktlichkeit und der Anschlusssicherheit im Jahresdurchschnitt für die 26 Messstellen des „großen Verkehrsvertrags“ mit der DB Regio wird auf die Anlagen 1 und 2 verwiesen. Eine Trennung in Tagesdurchschnitt und Hauptverkehrszeit ist nicht möglich, da die angewandten Auswertungsprogramme keine Filterung nach der Uhrzeit zulassen. Für einzelne Messpunkte durchgeführte , sehr aufwändige punktuelle Auswertungen lassen den Schluss zu, dass die Pünktlichkeitswerte in der Hauptverkehrszeit etwas schlechter ausfallen als im Tagesdurchschnitt. Dies bestätigen auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern, die teilweise nur die Pünktlichkeit in der Hauptverkehrszeit bewerten. Da nach dem Grundgedanken des Integralen Taktfahrplans Schienenverkehre nicht nur zur Hauptverkehrszeit, sondern den ganzen Tag über pünktlich und zuverlässig angeboten werden sollen, hält die Landesregierung eine Beschränkung der Pünktlichkeitsermittlung auf die Hauptverkehrszeit nicht für sinnvoll. 2. Wie stark sind die jahreszeitlichen Schwankungen pro Messstelle? An fast allen Messstellen sind deutliche jahreszeitliche Schwankungen im Bereich von plus/minus zwei Prozent um den Jahresmittelwert zu beobachten. Typisch sind schlechte Pünktlichkeitswerte im Oktober und November, die auf Laubfall, Reifglätte und Schmierfilmbildung auf den Schienen zurückzuführen sind. Bei solchen Bedingungen müssen die Züge früher mit dem Bremsen beginnen und können nur gemäßigt beschleunigen, sodass sich die Fahrzeit verlängert. 3. Welche Maßnahmen haben in den vergangenen vier Jahren die Eisenbahninfrastrukturunternehmen , die Eisenbahnverkehrsunternehmen, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und die Landesregierung unternommen , um die Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit zu erhöhen? Typische Maßnahmen zur Verbesserung der Pünktlichkeit und der Anschluss - sicherheit waren und sind beispielsweise der Abbau von Langsamfahrstellen und die Einführung von verbesserter Bremssoftware für Baureihen, die besonders 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 475 empfindlich auf Wetterphänomene reagieren (DB-Triebwagen der Baureihen 423 bis 426). Auch Verbesserungen im Bereich der Infrastruktur, die im Verspätungsfall eine flexiblere Betriebsführung zulassen, wie zum Beispiel der Ersatz höhengleicher Bahnsteigzugänge durch Unterführungen oder die Ermöglichung von gleichzeitigen Einfahrten, kommt hierbei Bedeutung zu. Wichtig ist auch die kontinuierliche Überprüfung und Optimierung der Wartezeitregelungen, in denen jeweils fallspezifisch festgelegt ist, wie lange auf verspätete Anschlusszüge zu warten ist. Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH bereitet außerdem die Einführung einer Datendrehschreibe vor, die anhand von Echtzeitdaten eine verbesserte Anschlussdisposition ermöglichen soll. 4. Welches Ergebnis zeigt die Erfolgskontrolle der Maßnahmen? Grundsätzlich entwickeln sich Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit im langfris - tigen Vergleich zufriedenstellend. Die Werte für Baden-Württemberg liegen teilweise deutlich über den Werten anderer Bundesländer. Eine gewisse Verschlechterung hat sich seit Mitte 2010 eingestellt. Die Ursachen für die Verschlechterungen konnten nur teilweise festgestellt werden. Maßgeblich dürfte die teils sehr schlechte Pünktlichkeit von Fernverkehrszügen, der vergleichsweise harte und intensive Winter sowie Baustellenarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof von Ende Juni bis Anfang Dezember 2010 gewesen sein. 5. Wo besteht aus ihrer Sicht noch weiterer Handlungsbedarf? Pünktlichkeit und Anschlusssicherheit des Schienenpersonennahverkehrs in Baden -Württemberg werden maßgeblich auch durch Fernverkehrsverspätungen und die zunehmende Überlastung wichtiger Güterverkehrsstrecken beeinflusst. Hier ist die Deutsche Bahn AG als Betreiber des Fernverkehrs sowie der letztlich für den Ausbau der Schieneninfrastruktur verantwortliche Bund gefordert. Die Landesregierung mahnt dort die Verbesserung der entsprechenden Infrastruktur an. Handlungsbedarf besteht außerdem bei kleineren Infrastrukturverbesserungen, die eine flexiblere Betriebsführung im Verspätungsfall ermöglichen. Die Erfassung und Übermittlung von Echtzeitdaten über die in Frage 3 bereits erwähnte Datendrehscheibe soll in Zukunft eine verbesserte Anschlussdisposition ermöglichen. Um die Verschlechterung der Pünktlichkeit im Herbst und Winter zu verhindern, muss die Ganzjahrestauglichkeit der Fahrzeuge durch die Fahrzeugindustrie verbessert und von den Eisenbahnverkehrsunternehmen eine ausreichende Anzahl von Räumgeräten vorgehalten werden. 6. Wie werden die unter Frage 5 dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe der Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Land Baden-Württemberg berücksichtigt? Die Maßnahmen können in Ausschreibungen nur berücksichtigt werden, sofern sie zum Einflussbereich des Eisenbahnverkehrsunternehmens gehören. Vorgegeben werden beispielsweise eine Ausstattung der Fahrzeuge mit Magnetschienenbremsen und die für die Generierung von Echtzeitdaten erforderlichen Voraussetzungen . 7. Wann wird sie zum Stand des Controllings im Schienenpersonennahverkehr berichten? Der Controllingbericht nach Maßgabe der EU-VO 1370/07 wird in den nächsten Wochen auf der Homepage des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur veröffentlicht . 8. Welche Maßnahmen plant sie zur Verbesserung der Anschlusssicherheit im SPNV? Die Anschlusssicherheit korreliert in hohem Maße mit der Pünktlichkeit der Züge . Verbesserungen der Pünktlichkeit wirken sich daher regelmäßig auch positiv Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 475 4 auf die Anschlusssicherheit aus. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Regel - wartezeit von fünf Minuten im SPNV in Baden-Württemberg zu, an der festgehalten werden soll. Bei dichten Taktverkehren und bei eingleisigen Strecken sind hiervon jedoch Ausnahmen erforderlich, um keine Folgeverspätungen zu verur - sachen. Die derzeit vorhandene differenzierte Wartezeitregelung nimmt auf diese individuellen Verhältnisse Rücksicht und soll beibehalten werden. Bedeutung kommt, auch im Bereich des Übergangs zu anschließenden Busverkehren, der Etablierung von Echtzeitdatensystemen und der dafür vorgesehenen zentralen Datendrehscheibe bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg zu. Hermann Minister für Verkehr und Infrastruktur 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 475 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 475 6