Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 510 19. 09. 2011 1Eingegangen: 19. 09. 2011 / Ausgegeben: 18. 10. 2011 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Intention hat sie mit der Verteilung des Flugblattes „Nationalpark Nordschwarzwald – Ihre Meinung ist uns wichtig“ verfolgt? 2. Wie hoch sind die Kosten für die Verteilung der Flugblätter – einschließlich Personal- und Sachkosten, Versand, Rücklaufverwaltung und Evaluation? 3. Warum hat sie auf dem Flugblatt keine eigene Abwägung von Risiken und Chancen eines Nationalparks im Nordschwarzwald vorgenommen, obwohl sie in öffentlichen Stellungnahmen wiederholt betont hat, auch die Risiken ernst zu nehmen? 4. Trifft es zu, dass die Landesforstverwaltung dazu angehalten wurde, von fachlichen Stellungnahmen zur forstlichen Problematik eines Nationalparks im Nordschwarzwald abzusehen? 5. Welchen Sinn machen aus ihrer Sicht die Flugblattaktion und die Anhörung von Betroffenen, wenn weder die Kriterien noch der Standort des geplanten Nationalparks bisher bekannt gegeben sind? 6. Warum hat sie im Flugblatt für die Einsendung der Antwortkarten eine Frist bis zum 16. September 2011 gesetzt? 7. Warum wurde die Frist auf den 20. September 2011 verschoben, um sie nur wenig später durch die Erklärung, alle eingesandten Antwortkarten würden unabhängig vom Eingangsdatum in die Auswertung einbezogen, aufzuheben? 8. Wie werden die eingegangenen Antwortkarten ausgewertet? Kleine Anfrage des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Regionale Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung für die Einrichtung eines Nationalparks im Nordschwarzwald Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 510 2 9. Ist davon auszugehen, dass die aus dem Rücklauf gewonnenen Erkenntnisse und der Sachverstand der Naturschutzverwaltung des Landes in das angekündigte Gutachten einer beauftragten Unternehmensberatung einfließen? 10. Welche weiteren Partizipationsmöglichkeiten zur Entscheidung über einen möglichen Nationalpark im Nordschwarzwald wird sie den Bürgerinnen und Bürgern einräumen (mit Angabe, für welchen Zeitraum diese gegebenenfalls geplant sind)? 16. 09. 2011 Dr. Rülke FDP/DVP B e g r ü n d u n g Die Landesregierung hat mit großem Kostenaufwand 120.000 Flugblätter mit Rückantwortkarten im Nordschwarzwald verteilt, um für den von ihr geplanten Nationalpark zu werben. Dabei hat die Landesregierung sich bisher nicht konkret darüber geäußert, welche Kriterien für die Ausweisung eines Nationalparks zugrunde gelegt werden und welche Auswirkungen die Ausweisung eines Nationalparks für die Betroffenen und die Natur zur Folge haben. Es wurde bisher nicht einmal konkret dargelegt, in welchen Grenzen der Nationalpark liegen soll und ob Alternativen, etwa in Form eines Biosphärengebietes, möglich sind. Auf den Flugblättern ist als Frist für die Einsendung der Rückantwortkarten der 16. September 2011 angegeben. Zugleich sind die Flugblätter nach Angaben betroffener Bürgerinnen und Bürger zum Teil erst am 13. September 2011 eingegangen. Es stellt sich die Frage, was den Aufwand für diese Aktion rechtfertigt. Zudem stellt sich auch vor dem Hintergrund der langen Verfahrensdauer bis zu einer tatsäch - lichen Realisierung eines Nationalparks die Frage, warum die Landesregierung den Bürgerinnen und Bürgern derart kurze Fristen vorgegeben hat und warum es erst nach öffentlichen Protesten aus der Region möglich war, gänzlich auf Fristen zu verzichten. Vor Ort sind zudem Stimmen laut geworden, denen zufolge die Forstverwaltung des Landes dazu angehalten wurde, von fachlichen Stellung - nahmen zur forstlichen Problematik eines Nationalparks im Nordschwarzwald abzusehen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 Nr. Z-0141.5/33F beantwortet das Ministe - rium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Intention hat sie mit der Verteilung des Flugblattes „Nationalpark Nordschwarzwald – Ihre Meinung ist uns wichtig“ verfolgt? Zu 1.: Wie in dem Flugblatt beschrieben, sollte den Bewohnern der im Suchraum für einen möglichen Nationalpark Nordschwarzwald gelegenen Gemeinden die Gelegenheit gegeben werden, Fragen und Anregungen einzubringen, die im Rahmen eines Gutachtens über die Auswirkung eines Nationalparkes für den Nordschwarzwald durch eine unabhängige Unternehmensberatung geprüft werden sollen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 510 Darüber hinaus dient es der Information der Bürger über den derzeitigen Stand der Überlegungen über einen möglichen Nationalpark Nordschwarzwald. 2. Wie hoch sind die Kosten für die Verteilung der Flugblätter – einschließlich Personal- und Sachkosten, Versand, Rücklaufverwaltung und Evaluation? Zu 2.: Die Kosten für die Postwurfsendung beliefen sich auf etwa 18.570 Euro. Die Kosten für die vollständige Auswertung des Rücklaufes belaufen sich bei einem Stückpreis von 1,50 Euro je Rücklaufkarte und – beim Stand der Beantwortung dieser Anfrage etwa 2.130 zurückgesandten Karten – auf 3.195 Euro. 3. Warum hat sie auf dem Flugblatt keine eigene Abwägung von Risiken und Chancen eines Nationalparks im Nordschwarzwald vorgenommen, obwohl sie in öffentlichen Stellungnahmen wiederholt betont hat, auch die Risiken ernst zu nehmen? Zu 3.: Risiken und Chancen eines Nationalparks im Nordschwarzwald sollen Gegenstand des bereits erwähnten Gutachtens sein, das an eine unabhängige Unter - nehmensberatung vergeben werden soll. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass der weitere Dialog mit der Bevölkerung erst auf dieser umfassenden Grundlage sachlich und ergebnisoffen geführt werden kann. Ein Abwägungsprozess ohne Kenntnis der Ergebnisse des Gutachtens wäre daher nicht sachdienlich. 4. Trifft es zu, dass die Landesforstverwaltung dazu angehalten wurde, von fach - lichen Stellungnahmen zur forstlichen Problematik eines Nationalparks im Nordschwarzwald abzusehen? Zu 4.: Dies trifft nicht zu. Im Übrigen ist ForstBW ebenso eng in das Projekt involviert wie die Naturschutzverwaltung. 5. Welchen Sinn macht aus ihrer Sicht die Flugblattaktion und die Anhörung von Betroffenen, wenn weder die Kriterien noch der Standort des geplanten Nationalparks bisher bekannt gegeben sind? Zu 5.: Die Landesverwaltung ist der Auffassung, dass eine Einbindung der Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse nur dann sinnvoll stattfinden kann, wenn nicht fer - tige Ergebnisse oder gar Entscheidungen zur Diskussion gestellt werden. Insoweit kann bislang nur eine Suchkulisse für den möglichen Nationalpark Nordschwarzwald öffentlich zur Diskussion gestellt werden. Die Kriterien für die Ausweisung von Nationalparken sind im Bundesnaturschutzgesetz (§ 24) festgeschrieben. Sie werden konkretisiert durch die auch im Internet einsehbaren „Qualitätskriterien und -standards für deutsche National - parke“. Die Landesregierung wird sich an diese Kriterien halten, die wiederum auf den Empfehlungen der Internationalen Vereinigung der Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen für Naturschutz, der IUCN, basieren. Diesen hat Baden-Württemberg ebenso wie die anderen 15 Bundesländer in der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) im März 2008 zugestimmt. Zwischenzeitlich sind alle Nationalparke Deutschlands nach diesen Kriterien evaluiert worden. Die Kriterien haben damit den Praxistest bestanden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 510 4 6. Warum hat sie im Flugblatt für die Einsendung der Antwortkarten eine Frist bis zum 16. September 2011 gesetzt? 7. Warum wurde die Frist auf den 20. September 2011 verschoben, um sie nur wenig später durch die Erklärung, alle eingesandten Antwortkarten würden unabhängig vom Eingangsdatum in die Auswertung einbezogen, aufzuheben? Zu 6. und 7.: Die Landesregierung war ursprünglich von einer Verteildauer von vier Tagen ausgegangen . Die Eingabe der Bürger sollten von dem mit der Auswertung beauftragten Büro bis zu der Veranstaltung in Bad Wildbad am 24. September 2011 ausgewertet werden, um die Ergebnisse auch dort diskutieren zu können. Den Bürgern hätte damit ein Zeitraum von etwa zehn Tagen zur Verfügung gestanden, um ihre Anregungen oder Vorschläge für das Gutachten einzubringen. Da die zugesagte Verteildauer jedoch nicht eingehalten wurde, musste die Frist bis zum 20. September 2011 verlängert werden. Die eingegangenen Fragen und Anregungen konnten rechtzeitig bis zu der Veranstaltung am 24. September 2011 ausgewertet werden. Da es sich bei der Einrichtung eines möglichen Nationalparks im Nordschwarzwald um einen offenen Prozess handelt, können bis zur Vergabe des Gutachtens auch noch spätere Eingaben berücksichtigt beziehungsweise ausgewertet werden. 8. Wie werden die eingegangenen Antwortkarten ausgewertet? 9. Ist davon auszugehen, dass die aus dem Rücklauf gewonnenen Erkenntnisse und der Sachverstand der Naturschutzverwaltung des Landes in das angekündigte Gutachten einer beauftragten Unternehmensberatung einfließen? Zu 8. und 9.: Die Antwortkarten werden digitalisiert und die Anregungen oder Kritikpunkte verschiedenen Schwerpunktbereichen so zugeordnet, dass die aufgeworfenen Fragestellungen und Anregungen Eingang in das Lastenheft für das Gutachten finden können. Der Sachverstand der Naturschutzverwaltung wird ebenso Eingang in das Gutachten finden wie der Sachverstand von ForstBW. 10. Welche weiteren Partizipationsmöglichkeiten zur Entscheidung über einen möglichen Nationalpark im Nordschwarzwald wird sie den Bürgerinnen und Bürgern einräumen (mit Angabe, für welchen Zeitraum diese gegebenenfalls geplant sind)? Zu 10.: Der mögliche Nationalpark im Nordschwarzwald würde durch Gesetz im Landtag von Baden-Württemberg beschlossen. Bis zu einem möglichen Beschluss wird es weitere Beteiligungsmöglichkeiten, beispielsweise im Rahmen örtlicher Arbeitsgruppen oder von Regionalkonferenzen geben. Der Zeitplan steht noch nicht fest. Bonde Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz