Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 5143 30. 04. 2014 Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung Einflussnahme von Vertretern der GRÜNEN auf die Justiz in Baden-Württemberg G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: I . M o t i v e d e r E i n f l u s s n a h m e i m Ve r f a h r e n F. M . u n d d e r e n F o l g e n 1. Ist nach ihren Erkenntnissen die öffentliche Berichterstattung zutreffend, wonach es sich bei Herrn F. M., gegen dessen Strafverfolgung bzw. diesbezügliche Ermittlungsmaßnahmen sich die Landtagsabgeordnete Lösch unter der Angabe „Erste stellvertretende Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg “ mit Abgeordnetenbrief vom 20. Oktober 2011 an den Justizminister gewandt hat, um den Sohn des Zweitkandidaten der Landtagsabgeordneten Lösch, Herrn P. M., handelt? 2. Seit wann und aufgrund welcher Vorgänge sind diese Tatsachen welchem Mitglied der Landesregierung bekannt? 3. Wie ist mit dem Schreiben weiter verfahren worden? 4. Welche Gründe waren nach ihrer Kenntnis dafür maßgeblich, dass das Strafverfahren gegen Herrn F. M., für den die Landtagsabgeordnete Lösch sich mit dem o. g. Schreiben eingesetzt hat, eingestellt wurde? 5. Welche Personen waren innerhalb der Staatsanwaltschaft mit der Durchführung des Ermittlungsverfahrens gegen F. M. betraut? Eingegangen: 30. 04. 2014 / Ausgegeben: 02. 07. 2014 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 2 I I . E r k e n n t n i s s e z u H i n t e r g r ü n d e n d e r E i n f l u s s n a h m e n i n w e i t e r e n Ve r f a h r e n 1. Ist nach ihrer Kenntnis auszuschließen, dass auch in anderen – von der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957 umfassten – Fällen Sachverhalte gegeben sind, welche darauf schließen lassen, dass zwischen dem bzw. den Urhebern von Abgeordnetenbriefen und Personen, welche von Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft betroffen waren, oder deren Angehörigen rechtliche oder persönliche Beziehungen existieren und falls nein, welche waren dies? 2. Richten sich die in den bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957 aufgezählten Schreiben geäußerten Kritikpunkte gegen die Staatsanwaltschaft im Allgemeinen oder gegen eine bestimmte Person (wenn ja, gegen welche)? III. R o l l e d e s S t a a t s m i n i s t e r i u m s 1. Was war der Anlass dafür, dass das Staatsministerium am 10. Oktober 2011 in sehr engem zeitlichem Zusammenhang vor – erstens – einem Schreiben des Landtagsabgeordneten Sckerl vom 14. Oktober 2011, mit welchem dieser u. a. ausgeführt hat, dass aus Sicht des Abgeordneten erwogen werden sollte‚ „ob eine Änderung der Zuständigkeit für diese Ermittlungsverfahren in Sachen Stuttgart 21 nicht angezeigt wäre“ (Zitat aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957) sowie – zweitens – dem o. g. Schreiben der „Ersten stellvertretenden Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg“ Lösch MdL vom 20. Oktober 2011, das Justizministerium um Informationen gebeten hat, „welche Ermittlungs- bzw. Strafverfahren in den vergangenen 14 Monaten im Zusammenhang mit Stuttgart 21 anhängig waren, gegen wen sich die Verfahren richten (DB, Land, Stadt, Stuttgart 21-Gegner, -Befürworter, Polizeibeamte etc.), wie deren aktueller Stand ist, ob es Verfahren zum Thema Mischfinanzierungen gibt und wer die Anzeigeerstatter sind (z. B. Juristen zu Stuttgart 21)“? 2. Welche Erkenntnisse hat sie zu der Presseberichterstattung, es kursierten „hartnäckig Gerüchte, der Amtschef im Staatsministerium, Klaus Peter Murawski (GRÜNE), habe persönlich zur Feder gegriffen“? 3. Welche Erkenntnisse hat sie zu den zwei Presseberichterstattungen der BILD-Zeitung vom 16. April 2014 sowie der Wochenzeitung KONTEXT vom 23. April 2014, eine Mitarbeiterin habe „auf Wunsch“ von Ministerpräsident Kretschmann (GRÜNE) am 10. Oktober per Mail beim Justizministerium Informationen angefordert bzw. in der Mail fielen die Namen der beiden obersten Chefs, Winfried Kretschmann und Silke Krebs? 4. Durch welche Person und in wessen Auftrag wurde die o. g. E-Mail abgefasst ? 5. Spielte bei der Abfassung der E-Mail im Staatsministerium am 10. Oktober 2011 die für den 27. November 2011 bevorstehende Volksabstimmung über das sogenannte „S 21-Kündigungsgesetz“ in gleicher Weise eine Rolle, wie dies – aus dem Wortlaut des Schreibens der ersten Vizepräsidentin des Landtags vom 20. Oktober 2011 ersichtlich – für diese der Fall war? Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 3 6. Teilt sie die Auffassung, dass die aus der vorne (III. 2. und III. 3.) dargestellten Presseberichterstattung bekannt gewordenen Informationen zu möglicherweise beteiligten Personen sowie dem in der Beantwortung der Kleinen Anfrage wiedergegebenen Inhalt der Abfrage vom 10. Oktober 2011 in einem eklatanten Widerspruch zu der vom Staatsministerium gegenüber der Presse gemachten Aussage stehen, „das Haus habe sich wegen des hohen öffentlichen Interesses an dem Thema, der umfassenden Medienberichterstattung und der Vielzahl von Bürgereingaben im Oktober 2011 auf Arbeitsebene ,in allgemeiner Weise‘ an das Justizministerium gewandt. Das Ziel sei gewesen, einen Überblick über den Umfang der anhängigen Verfahren zu bekommen. Dabei sei explizit nicht nach konkreten Namen von Anzeigeerstattern und Beschuldigten gefragt worden“ (Stuttgarter Zeitung vom 16. April 2014)? 7. Von wem innerhalb des Staatsministeriums wurde diese Aussage veranlasst? 8. Hat das Staatsministerium im Vorfeld dieser Aussage Informationen über den zugrunde liegenden Sachverhalt eingeholt und falls ja, bei welcher Institution oder Person und in welcher Form? 9. Gab es unmittelbare Kontakte zwischen Mitgliedern der Landesregierung und Personen, die Gegenstand der unter I. und II. genannten Schreiben waren? Falls ja, was war deren Anlass, Beteiligtenkreis und das Ergebnis? IV. Ve r f a h r e n z u r E r n e n n u n g d e s G e n e r a l s t a a t s a n w a l t s B . 1. Welche Bedeutung hat nach ihrer Ansicht die Position des Generalstaatsanwalts für die Justiz im Land Baden-Württemberg mit Blick auf dessen Funktionen im Bereich der Rechtspflege sowie die Objektivität und Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde? 2. Zu welchem Zeitpunkt wurde die Stelle für die Besetzung des Generalstaatsanwalts im Internet ausgeschrieben bzw. Herr B. als Bewerber dem Hauptstaatsanwaltsrat gegenüber bekanntgemacht bzw. dessen Zustimmung zur Besetzung erteilt? 3. Wurde die Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts im Ministerrat beschlossen und wenn ja, wann? 4. Hat sie Kenntnis darüber, ob bzw. welche in der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung vom 22. Juni 2013 angesprochenen „maßgeblichen GRÜNEN “ Vorbehalte gegen die Ernennung des Generalstaatsanwalts B. hatten bzw. wie diese sich die Ausübung „wirklicher Kontrolle“ über die Staatsanwaltschaften vorstellten? 29. 04. 2014 Hauk, Dr. Löffler und Fraktion Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 4 B e g r ü n d u n g Zwischen dem 10. und dem 20. Oktober 2010 gingen beim Justizministerium mehrere Eingaben von politischen Vertretern der Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg sowie des Staatsministeriums ein, die sich auf Abfragen der Umstände von Strafverfahren bzw. Kritik an bestimmten Ermittlungsmaßnahmen gegen Einzelpersonen richteten. Im Einzelnen: Am 10. Oktober 2011 wurde durch das Staatsministerium von einer noch nicht näher bekannten Person und aus noch unbekannten Motiven heraus eine Abfrage der Daten von Personen, gegen welche sich Ermittlungs- und Strafverfahren „im Zusammenhang mit S 21“ richteten sowie von Anzeigeerstattern und den aktuellen Verfahrensständen veranlasst (Quelle: Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957, dort Nr. 4). Aus Berichten der online-Wochenzeitschrift Kontext („Geht’s nicht eine Nummer kleiner?“) sowie der BILD-Zeitung vom 16. April 2014 geht hervor, dass „hartnäckig Gerüchte kursieren, der Amtschef im Staatsministerium, Klaus-Peter Murawski (GRÜNE), habe persönlich zur Feder gegriffen“ bzw. dass „eine Mitarbeiterin ‚auf Wunsch‘ von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (GRÜNE) am 10. Oktober per Mail beim Justizministerium Informationen“ angefordert habe. Auch die Wochenzeitung KONTEXT berichtete am 23. April 2014, „in der Mail fallen die Namen der beiden obersten Chefs, Winfried Kretschmann und Silke Krebs.“ Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 hat der Landtagsabgeordnete Sckerl die Änderung der Zuständigkeit für „diese Ermittlungsverfahren in Sachen Stuttgart 21“ dem Justizminister nahegelegt. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 hat die Landtagsabgeordnete Lösch unter Verwendung der Bezeichnung „Erste stellvertretende Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg“ in ihrem Briefkopf beim Justizminister scharfe Kritik an der Durchführung einer Hausdurchsuchung sowie der Beschlagnahme eines Laptops beim Beschuldigten F. M. geübt und die Tatbestandsmäßigkeit der den Maßnahmen zugrunde liegenden Straftat sowie die Verhältnismäßigkeit der Ermittlungsmaßnahmen in Frage gestellt. Einem Bericht der online-Wochenzeitung Kontext zu Folge („Wie Christdemokraten zum Halali blasen“) ist der Vater des Beschuldigten F. M., Herr P. M., „Löschs Zweitkandidat“. Ferner warf die Landtagsabgeordnete Lösch in diesem Schreiben der Staatsanwaltschaft vor, dass durch deren Vorgehen bei ihr (der Landtagsabgeordneten) „der Eindruck entstehe, dass kurz vor der Volksabstimmung versucht werde, die Gegnerinnen und Gegner von Stuttgart 21 in ein schlechtes Bild zu rücken und zu kriminalisieren, denn die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel betrachte sie als nicht gewahrt.“ Die Schreiben der Landtagsabgeordneten Lösch befinden bzw. befanden sich bis vor kurzem noch auf deren Homepage bzw. waren auch über gängige InternetSuchmaschinen zu finden bzw. herunterzuladen. Durch die Große Anfrage sollen die aus der Presse bzw. in Gesamtschau der Beantwortung der Kleinen Anfrage (Drucksache 15/4957) aufgetretenen Fragen zu einer Einflussnahme durch politische Vertreter der GRÜNEN auf die Justiz sowie deren Auswirkungen und den damit verbundenen, zumindest versuchten, Eingriff in die Gewaltenteilung geklärt werden. Ferner ist zu klären, ob bzw. von welchen „maßgeblichen GRÜNEN“ auch auf Ebene der Ernennung des Generalstaatsanwalts der Versuch einer Einwirkung auf die Personalentscheidung unternommen werden sollte. Entsprechende Hinweise lassen sich aus der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung vom 22. Juni 2013 „Neuer ‚General‘ aus alter Garde“ erkennen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 5 A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 24. Juni 2014 Nr. I–3824.5: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlossene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 6 Anlage: Schreiben des Staatsminiseriums Mit Schreiben vom 24. Juni 2014 Nr. I–3824.5 beantwortet das Staatsministerium in Abstimmung mit den übrigen Ressorts im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: Wir fragen die Landesregierung: I . M o t i v e d e r E i n f l u s s n a h m e i m Ve r f a h r e n F. M . u n d d e r e n F o l g e n 1. Ist nach ihren Erkenntnissen die öffentliche Berichterstattung zutreffend, wonach es sich bei Herrn F. M., gegen dessen Strafverfolgung bzw. diesbezügliche Ermittlungsmaßnahmen sich die Landtagsabgeordnete Lösch unter der Angabe „Erste stellvertretende Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg “ mit Abgeordnetenbrief vom 20. Oktober 2011 an den Justizminister gewandt hat, um den Sohn des Zweitkandidaten der Landtagsabgeordneten Lösch, Herrn P. M., handelt? Zur Ermittlung eines Verwandtschaftsverhältnisses wäre die Einholung einer personenstandsrechtlichen Auskunft erforderlich, wovon abgesehen wurde. 2. Seit wann und aufgrund welcher Vorgänge sind diese Tatsachen welchem Mitglied der Landesregierung bekannt? Herr Ministerpräsident, Frau Ministerin im Staatsministerium, Herr Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten, Frau Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Herr Minister für Finanzen und Wirtschaft, Herr Minister für Kultus, Jugend und Sport, Frau Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herr Innenminister, Herr Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Frau Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren, Herr Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Herr Justizminister, Herr Minister für Verkehr und Infrastruktur und Frau Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr und Infrastruktur und Frau Ministerin für Integration haben von der Thematik durch die öffentliche Berichterstattung im April 2014 erfahren. 3. Wie ist mit dem Schreiben weiter verfahren worden? Anlässlich dieser Großen Anfrage teilte das Justizministeriums wie folgt mit: Zur Vorbereitung eines Antwortschreibens zu dem in dem Abgeordnetenbrief angesprochenen Sachverhalt wurde die Staatsanwaltschaft Stuttgart unter Übersendung eines Doppels des Schreibens um Vorlage eines Berichts gebeten. Der Abgeordnetenbrief wurde sodann mit Schreiben des Herrn Justizministers vom 23. Dezember 2011 beantwortet. 4. Welche Gründe waren nach ihrer Kenntnis dafür maßgeblich, dass das Strafverfahren gegen Herrn F. M., für den die Landtagsabgeordnete Lösch sich mit dem o. g. Schreiben eingesetzt hat, eingestellt wurde? Anlässlich dieser Großen Anfrage teilte das Justizministeriums wie folgt mit: Das gegen F. M. eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 7. Februar 2012 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt, da der Tatnachweis der Fälschung beweiserheblicher Daten nicht geführt werden konnte. In der Einstellungsverfügung ist u. a. ausgeführt, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass die in Frage stehenden E-Mails unter missbräuchlicher Angabe irgendwelcher angeb- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 7 licher Absender versandt wurden. Die Auswertung der beim Beschuldigten sichergestellten Speichermedien durch die Polizei habe keine Anhaltspunkte für dessen Urheberschaft und keine Zusammenhänge mit den tatrelevanten E-Mails ergeben. 5. Welche Personen waren innerhalb der Staatsanwaltschaft mit der Durchführung des Ermittlungsverfahrens gegen F. M. betraut? Anlässlich dieser Großen Anfrage teilte das Justizministeriums wie folgt mit: Das Verfahren war zunächst bei der Staatsanwaltschaft Ulm anhängig; dort war es am 1. April 2011 vom Behördenleiter als Verfahren gegen Unbekannt dem Dezernat 25 (Staatsanwalt B.) zugeteilt worden. Nachdem F. M. als möglicher Versender der E-Mails identifiziert worden war, wurde das Verfahren am 27. Juni 2011 von der Staatsanwaltschaft Ulm an die für den Wohnort örtlich zuständige Staatsanwaltschaft Stuttgart abgegeben. Bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart wurde das Verfahren wegen des Tatvorwurfs der Fälschung beweiserheblicher Daten zunächst dem Leiter der Abteilung 17 (Oberstaatsanwalt Dr. S.) vorgelegt, der es dem Dezernat 175 (Staatsanwältin M.) zugeteilt hat. Im Hinblick auf den Zusammenhang mit dem Projekt „Stuttgart 21“ wurde es an die Abteilung I abgegeben und vom damaligen Leiter der Abteilung I, Oberstaatsanwalt H., übernommen. Innerhalb der Staatsanwaltschaft Stuttgart waren – abgesehen von Unterstützungskräften – außer Oberstaatsanwalt H. dessen Vertreterin (Erste Staatsanwältin N.), der Leiter der Hauptabteilung I (OStA R.), der Behördenleiter, Leitender Oberstaatsanwalt M., sowie dessen Vertreter, Oberstaatsanwalt Dr. G., mit dem Verfahren befasst. I I . E r k e n n t n i s s e z u H i n t e r g r ü n d e n d e r E i n f l u s s n a h m e n i n w e i t e r e n Ve r f a h r e n 1. Ist nach ihrer Kenntnis auszuschließen, dass auch in anderen – von der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957 umfassten – Fällen Sachverhalte gegeben sind, welche darauf schließen lassen, dass zwischen dem bzw. den Urhebern von Abgeordnetenbriefen und Personen, welche von Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft betroffen waren, oder deren Angehörigen rechtliche oder persönliche Beziehungen existieren und falls nein, welche waren dies? Erkenntnisse zu rechtlichen oder persönlichen Beziehungen der genannten Art liegen nicht vor. 2. Richten sich die in den bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957 aufgezählten Schreiben geäußerten Kritikpunkte gegen die Staatsanwaltschaft im Allgemeinen oder gegen eine bestimmte Person (wenn ja, gegen welche)? Die in den Abgeordnetenbriefen geäußerten Punkte richten sich an die Staatsanwaltschaft im Allgemeinen. In einem Schreiben ist ergänzend („u. a.“) der damalige Leiter der Abteilung I der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Oberstaatsanwalt H., erwähnt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 8 I I I . R o l l e d e s S t a a t s m i n i s t e r i u m s 1. Was war der Anlass dafür, dass das Staatsministerium am 10. Oktober 2011 in sehr engem zeitlichem Zusammenhang vor – erstens – einem Schreiben des Landtagsabgeordneten Sckerl vom 14. Oktober 2011, mit welchem dieser u. a. ausgeführt hat, dass aus Sicht des Abgeordneten erwogen werden sollte‚ „ob eine Änderung der Zuständigkeit für diese Ermittlungsverfahren in Sachen Stuttgart 21 nicht angezeigt wäre“ (Zitat aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucksache 15/4957) sowie – zweitens – dem o. g. Schreiben der „Ersten stellvertretenden Präsidentin des Landtags von Baden-Württemberg“ Lösch MdL vom 20. Oktober 2011, das Justizministerium um Informationen gebeten hat, „welche Ermittlungs- bzw. Strafverfahren in den vergangenen 14 Monaten im Zusammenhang mit Stuttgart 21 anhängig waren, gegen wen sich die Verfahren richten (DB, Land, Stadt, Stuttgart 21-Gegner, -Befürworter, Polizeibeamte etc.), wie deren aktueller Stand ist, ob es Verfahren zum Thema Mischfinanzierungen gibt und wer die Anzeigeerstatter sind (z. B. Juristen zu Stuttgart 21)“? Auf die Antwort zu Frage 6. in der Kleinen Anfrage vom 16. April 2014 (LT-Drs. 15/5095) wird verwiesen. 2. Welche Erkenntnisse hat sie zu der Presseberichterstattung, es kursierten „hartnäckig Gerüchte, der Amtschef im Staatsministerium, Klaus Peter Murawski (GRÜNE), habe persönlich zur Feder gegriffen“? Keine. Die Presseberichterstattung ist unzutreffend. 3. Welche Erkenntnisse hat sie zu den zwei Presseberichterstattungen der BILDZeitung vom 16. April 2014 sowie der Wochenzeitung KONTEXT vom 23. April 2014, eine Mitarbeiterin habe „auf Wunsch“ von Ministerpräsident Kretschmann (GRÜNE) am 10. Oktober per Mail beim Justizministerium Informationen angefordert bzw. in der Mail fielen die Namen der beiden obersten Chefs, Winfried Kretschmann und Silke Krebs? Am 24. Februar 2011 hat der Ständige Ausschuss in der 49. Sitzung der damaligen Legislaturperiode des Landtags darum gebeten, zu gegebener Zeit eine Aufstellung aller im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz am 30. September/1. Oktober 2010 im Mittleren Schlossgarten in Stuttgart geführten Verfahren vorzulegen. Am 10. Oktober 2011 hat das Staatsministerium ebenfalls um eine entsprechende Aufstellung der Verfahren gebeten. Auf die Antworten zu Frage 1. und Frage 4. der Kleinen Anfrage vom 16. April 2014 (LT-Drs. 15/5095) wird verwiesen. 4. Durch welche Person und in wessen Auftrag wurde die o. g. E-Mail abgefasst? Auf die Antworten zu Frage 2. und 3. der Kleinen Anfrage vom 16. April 2014 (LTDrs . 15/5095) wird verwiesen. 5. Spielte bei der Abfassung der E-Mail im Staatsministerium am 10. Oktober 2011 die für den 27. November 2011 bevorstehende Volksabstimmung über das sogenannte „S 21-Kündigungsgesetz“ in gleicher Weise eine Rolle, wie dies – aus dem Wortlaut des Schreibens der ersten Vizepräsidentin des Landtags vom 20. Oktober 2011 ersichtlich – für diese der Fall war? Nein. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 9 6. Teilt sie die Auffassung, dass die aus der vorne (III. 2. und III. 3.) dargestellten Presseberichterstattung bekannt gewordenen Informationen zu möglicherweise beteiligten Personen sowie dem in der Beantwortung der Kleinen Anfrage wiedergegebenen Inhalt der Abfrage vom 10. Oktober 2011 in einem eklatanten Widerspruch zu der vom Staatsministerium gegenüber der Presse gemachten Aussage stehen, „das Haus habe sich wegen des hohen öffentlichen Interesses an dem Thema, der umfassenden Medienberichterstattung und der Vielzahl von Bürgereingaben im Oktober 2011 auf Arbeitsebene ,in allgemeiner Weise‛ an das Justizministerium gewandt. Das Ziel sei gewesen, einen Überblick über den Umfang der anhängigen Verfahren zu bekommen. Dabei sei explizit nicht nach konkreten Namen von Anzeigeerstattern und Beschuldigten gefragt worden“ (Stuttgarter Zeitung vom 16. April 2014)? Nein. 7. Von wem innerhalb des Staatsministeriums wurde diese Aussage veranlasst? Die Antwort wurde vom Referat 21 (Stellvertretender Sprecher der Landesregierung , Medienauswertung, Beiträge und Grußworte) des Staatsministeriums veranlasst . 8. Hat das Staatsministerium im Vorfeld dieser Aussage Informationen über den zugrunde liegenden Sachverhalt eingeholt und falls ja, bei welcher Institution oder Person und in welcher Form? Die zuständige Fachabteilung war eingebunden. 9. Gab es unmittelbare Kontakte zwischen Mitgliedern der Landesregierung und Personen, die Gegenstand der unter I. und II. genannten Schreiben waren? Falls ja, was war deren Anlass, Beteiligtenkreis und das Ergebnis? Herr Ministerpräsident nahm am 5. Dezember 2011 die Unterschriften des „Bürgertribunals “ im Zusammenhang mit dem Jahrestag des Polizeieinsatzes im Schlossgarten entgegen. Ein Initiator dieses „Bürgertribunals“ ist Herr VRiLG a. D. R., der bei dieser Unterschriftenübergabe anwesend war. Am 10. November 2013 verlieh der Verein „Die Anstifter e. V.“ den Überlebenden des Massakers im italienischen Sant’ Anna di Stazzema den Stuttgarter Friedenspreis 2013. Zuvor empfing Herr Ministerpräsident die nach Stuttgart gereisten Überlebenden und deren Angehörige im Neuen Schloss. An diesem Empfang nahm Herr M., der Geschäftsführer des Vereins „Die Anstifter“, teil. Auf Anregung von Vertreterinnen und Vertretern des Aktionsbündnisses, der Parkschützer und der Parkwache gab es am 21. Dezember 2011 ein gemeinsames Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern des Staatsministeriums, des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur und des Innenministeriums. Bei diesem Gespräch waren Frau Staatsrätin Gisela Erler und Herr Innenminister Reinhold Gall anwesend. Ziel war es, zwischen den Beteiligten zu vermitteln, Vertrauen aufzubauen und Eskalationen zu vermeiden. Auch wenn die Positionen sehr unterschiedlich waren, bot das Gespräch der Landesregierung die Möglichkeit, ihre Haltung zu vermitteln. Zudem konnten die Gegner von Stuttgart 21 Bestandteile ihrer eigenen Deeskalationsmaßnahmen darstellen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren thematisiert wurden. Den Teilnehmern der Landesregierung ist hierzu allerdings – mit Ausnahme der Tatsache, dass keinerlei Absprachen hinsichtlich der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren getroffen wurden – nichts erinnerlich. Das Treffen diente allein einer Verständigung mit dem übergeordneten Zweck der Prävention von Gewalt. Zu dem in einem Schreiben erwähnten Oberstaatsanwalt H. von der Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte der Justizminister des Landes unmittelbaren Kontakt, als er im Jahr 2011 und im Jahr 2012 jeweils Behördenbesuche bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart vorgenommen hat. Ob bei beiden Gelegenheiten ein unmittelbarer Kontakt bestand, ist nicht mehr erinnerlich. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 10 Der in einem Schreiben erwähnte „Richter am Landgericht a. D.“ R. hat sich anlässlich einer Veranstaltung mit dem Justizminister des Landes zum Thema „Zentrale justizpolitische Projekte“ am 12. März 2014 in Welzheim in der Fragerunde zu Wort gemeldet. Herr Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft hatte in seiner Eigenschaft als Abgeordneter des Wahlkreises Stuttgart III bei verschiedenen Anlässen Kontakt mit den genannten Personen P. M. und F. M., da es zu den Aufgaben eines Abgeordneten zählt, das Gespräch mit den Wählerinnen und Wählern zu suchen. Die in Rede stehenden Vorgänge waren dabei nicht Gegenstand der Gespräche. Vor der Volksabstimmung wurde Herr Minister für Verkehr und Infrastruktur auf Einladung der Gemeinderatsfraktion GRÜNE zu sog. „Jour fixe“-Terminen eingeladen . Es ist allerdings nicht mehr nachvollziehbar, wie oft Herr Minister für Verkehr und Infrastruktur an diesen Treffen teilgenommen hat bzw. ob F. M. an den Jours fixes teilgenommen hat. Zu dem in einem Schreiben namentlich erwähnten Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg R. hatten Mitglieder der Landesregierung teilweise unmittelbare Kontakte, die jedoch für den Gegenstand der Großen Anfrage ohne Relevanz sein dürften, nachdem der Abgeordnete in seiner Eigenschaft als Geschädigter in dem Schreiben Erwähnung findet. Weiter sind der Landesregierung unmittelbare Kontakte mit Personen, die Gegenstand der Schreiben sind, nicht erinnerlich. I V. Ve r f a h r e n z u r E r n e n n u n g d e s G e n e r a l s t a a t s a n w a l t s B . 1. Welche Bedeutung hat nach ihrer Ansicht die Position des Generalstaatsanwalts für die Justiz im Land Baden-Württemberg mit Blick auf dessen Funktionen im Bereich der Rechtspflege sowie die Objektivität und Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde? In Baden-Württemberg ist in Karlsruhe und in Stuttgart jeweils eine Generalstaatsanwaltschaft errichtet. Die Bedeutung der Position der Generalstaatsanwälte leitet sich aus den Aufgaben der Generalstaatsanwaltschaften ab. Allgemein sind die Generalstaatsanwaltschaften die dienstvorgesetzten Behörden der Staatsanwaltschaften ihres jeweiligen Bezirks. Dies bedeutet u. a., dass dem Generalstaatsanwalt nach § 147 Nr. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) die Fachaufsicht über diese Staatsanwaltschaften obliegt. Der Generalstaatsanwalt kann in diesem Rahmen die Recht- und die Zweckmäßigkeit der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaften des Bezirks im Allgemeinen und im Einzelfall prüfen. Zur Fachaufsicht gehört auch, dass die Generalstaatsanwaltschaft zur Entscheidung berufen ist, wenn gegen eine Einstellungsverfügung einer Staatsanwaltschaft Beschwerde erhoben wird. Daneben nimmt die Generalstaatsanwaltschaft nach § 145 Abs. 1 GVG die Aufgaben der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht wahr. 2. Zu welchem Zeitpunkt wurde die Stelle für die Besetzung des Generalstaatsanwalts im Internet ausgeschrieben bzw. Herr B. als Bewerber dem Hauptstaatsanwaltsrat gegenüber bekanntgemacht bzw. dessen Zustimmung zur Besetzung erteilt? Die öffentliche Ausschreibung der Stelle der Generalstaatsanwältin/des Generalstaatsanwalts bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart erfolgte am 18. März 2013 auf der Homepage des Justizministeriums. Der Besetzungsvorschlag wurde dem Hauptstaatsanwaltsrat mit Schreiben vom 6. Mai 2013 zugeleitet. Der Hauptstaatsanwaltsrat hat seine Zustimmung in der Sitzung am 16. Mai 2013 erteilt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5143 11 3. Wurde die Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts im Ministerrat beschlossen und wenn ja, wann? Der Vorgang durchlief das übliche Verfahren im Staatsministerium bei Besetzungsverfahren , die in den Ministerrat gehen: Mit Schreiben vom 16. Mai 2013, das im Staatsministerium am 22. Mai 2013 einging, hatte das Justizministerium vorgeschlagen, Herrn A. B. mit Wirkung vom 1. August 2013 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Generalstaatsanwalt zu ernennen. Gegen diesen Antrag wurden durch die zuständigen Mitarbeiter des Personalreferats am 22. Mai 2013, durch die Fachabteilung am 29. Mai 2013 und am 7. Juni 2013 durch den Chef der Staatskanzlei keine Bedenken erhoben. Danach fertigte das Personalreferat für Herrn Ministerpräsidenten einen Vermerk vom 11. Juni 2013 über den Personalvorschlag mit der Bitte um Zustimmung zur Behandlung in einer der nächsten Sitzungen des Ministerrats. Diesen Vermerk zeichneten das Personalreferat am 11. Juni 2013 und die Fachabteilung am 12. Juni 2013, der Chef der Staatskanzlei am 17. Juni 2013 und Frau Ministerin im Staatsministerium am 17. Juni 2013. Herr Ministerpräsident billigte die Einbringung in den Ministerrat nach Rückkehr von seiner Delegationsreise nach Israel am 1. Juli 2013. Der Ministerrat hat in seiner Sitzung am 2. Juli 2013 keine Einwendungen gegen die Ernennung von Herrn A. B. zum Generalstaatsanwalt erhoben. Herr Ministerpräsident unterzeichnete die Ernennungsurkunde am 5. Juli 2013. 4. Hat sie Kenntnis darüber, ob bzw. welche in der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung vom 22. Juni 2013 angesprochenen „maßgeblichen GRÜNEN“ Vorbehalte gegen die Ernennung des Generalstaatsanwalts B. hatten bzw. wie diese sich die Ausübung „wirklicher Kontrolle“ über die Staatsanwaltschaften vorstellten? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über Vorbehalte bzw. Vorstellungen von „maßgeblichen Grünen“ vor. Vielmehr hat sich die Landesregierung im Koalitionsvertrag der Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz verpflichtet. In diesem Zusammenhang wurde im vergangenen Jahr das Landesrichtergesetz verabschiedet, durch das die Rechtsstellung des Hauptstaatsanwaltsrats an diejenige der Präsidialräte angeglichen wurde. Weiter wurde ein Staatsanwaltswahlausschuss ähnlich dem Richterwahlausschuss eingerichtet und dadurch die Unabhängigkeit von Personalentscheidungen auch im Bereich der Staatsanwaltschaften erhöht. Dass über Personalien, die einer Kabinettsbefassung bedürfen, im Vorfeld Informationen seitens des Staatsministeriums zur Ausübung des Ernennungsrechts des Ministerpräsidenten nach Artikel 51 LV eingeholt werden, ist selbstverständlich. Krebs Ministerin im Staatsministerium