Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 532 21. 09. 2011 1Eingegangen: 21. 09. 2011 / Ausgegeben: 06. 12. 2011 G r o ß e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: S i t u a t i o n d e r A b f a l l v e r w e r t u n g i m L a n d 1. Wie hoch sind heute die Rücklauf-, bzw. Verwertungsquoten für die stoffliche Verwertung für Glas, Papier, Eisenschrott und NE-Metalle im Land und im Bund? 2. Wie hoch ist die Rücklaufquote von Kunststoffen für die stoffliche Verwertung und welcher Anteil wird energetisch verwertet? 3. Welche Potenziale sieht sie hinsichtlich der stofflichen Verwertung dieser Stoffe für 2020? 4. In welchem Umfang/Anteil besteht im Land bereits die getrennte Sammlung von Bioabfällen (Biotonne, Grünabfälle)? 5. Wie werden Bioabfälle im Land derzeit verwertet und welche Ziele hinsichtlich der Verwertung (Kompostierung versus energetischer Verwertung) setzt sich die Landesregierung? 6. Wie bewertet sie jeweils die technischen und ökonomischen Perspektiven für die Vergärung/Vergasung von Bioabfällen und der Verbrennung? W e r t s t o f f t o n n e 7. Welche Ziele verfolgt sie hinsichtlich der Einführung der Wertstofftonne im Land? 8. Welche Kosten werden durch die Einführung der Wertstofftonne je Abfall - zweckverband/Abfallwirtschaftsbetrieb und landesweit erwartet und wie wirkt sich dies auf die Wirtschaftlichkeit und die Abfallgebühren voraussichtlich aus? Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung Kreislaufwirtschaft und Einführung der Wertstofftonne im Land Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 2 9. Welchen Folgen wird die Einführung der Wertstofftonne für die Abfallsammlung und die Wiederverwertungsquote (jeweils welcher Stoffe) voraussichtlich haben? 10. Wie wird insbesondere die Gefahr eingeschätzt, dass eine lukrative Wiederverwertung der mit der Wertstofftonne erfassten Abfälle durch Private eine mögliche Kostenentlastung der Gebührenzahler verhindert? 11. Welchen Spielraum sollen bei der Ausgestaltung der Wertstofftonne (Inhalt, Verwertung) die Gemeinden und Landkreise, bzw. ihre Zweckverbände erhalten ? 12. Wie bewertet sie Forderungen, nach denen auch die gemeinsame Erfassung (und Trennung) von Wertstoffen und Restmüll heute technisch möglich wäre? 13. Welchen Wiederverwertungsstand hat Elektroschrott bislang erreicht? 14. Inwieweit hält sie es für sinnvoll, auch Elektroschrott und/oder Haushaltskleingeräte mittels der Wertstofftonne zu entsorgen und der Wiederverwertung zuzuführen? 15. Welche Kontrollmechanismen sind auf Bundes- und Landesebene vorgesehen, um sicherzustellen, dass auch tatsächlich eine ökologisch sinnvolle Verwertung der erfassten Wertstoffe erfolgt (und nicht z. B. unter menschenunwürdigen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen im Ausland)? P e r s p e k t i v e 16. Welche mittel- und langfristige Perspektive für die stoffliche und energetische Verwertung der erfassten Wertstoffe sieht sie und mit welchen (rechtlichen und anderen) Maßnahmen des Bundes und des Landes wären diese erreichbar? 17. Welchen Änderungsbedarf sieht sie am derzeit in der Novellierung befind - lichen Kreislaufwirtschaftsgesetz? 18. Welche Strategie verfolgt sie, um eine möglichst hohe Rücklaufquote von Energiesparlampen, Batterien und Altakkus sowie Elektronikschrott (wie z. B. alten Mobiltelefonen) zu erreichen? 21. 09. 2011 Schmiedel, Grünstein und Fraktion B e g r ü n d u n g Angesichts der derzeit laufenden Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes auf Bundesebene und der aktuellen Diskussion um Einführung und Charakteristik der Wertstofftonne ergeben sich zahlreiche Fragen zur künftigen Regelung im Land. Insbesondere muss eine Politik betrieben werden, bei der die Gebietskörperschaften und damit die Allgemeinheit nicht durch die privaten Unternehmen im künftigen lukrativen Geschäft mit dem Recycling der mittels der Wertstofftonne erfass - ten Wertstoffe aus der Verantwortung verdrängt werden. Einnahmen aus wiedergewonnenen Wertstoffen sollen sich so gebührenmindernd auswirken. Des Weiteren stellen sich Fragen nach dem Umfang der Erfassung zahlreicher teils sehr schadstoffhaltiger, teils auch sehr wertstoffhaltiger Abfälle im Elektronikbereich . Die Einführung einer Wertstofftonne kann und sollte ein Zwischenschritt sein, der letztlich zu einer 100 %-Wiederverwertung von Wertstoffen aus Abfällen und damit zu einem vollständigen Recycling führen sollte. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 A n t w o r t Schreiben des Staatsministeriums vom 23. November 2011 Nr. III-8973: In der Anlage übersende ich unter Bezugnahme auf § 63 der Geschäftsordnung des Landtags von Baden-Württemberg die von der Landesregierung beschlos sene Antwort auf die Große Anfrage. Krebs Ministerin im Staatsministerium Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 4 Anlage: Schreiben*) des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Mit Schreiben vom 17. November 2011 Nr. 45/46-8970 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Namen der Landesregierung die Große Anfrage wie folgt: S i t u a t i o n d e r A b f a l l v e r w e r t u n g i m L a n d 1. Wie hoch sind heute die Rücklauf-, bzw. Verwertungsquoten für die stoffliche Verwertung für Glas, Papier, Eisenschrott und NE-Metalle im Land und im Bund? 2. Wie hoch ist die Rücklaufquote von Kunststoffen für die stoffliche Verwertung und welcher Anteil wird energetisch verwertet? Vorbemerkung: Die verfügbaren und für die Beantwortung der Großen Anfrage ausgewerteten Abfallstatistiken, die Informationen zur Entwicklung der getrennten Erfassung und Verwertung von Siedlungsabfällen liefern, stehen unter dem Vorbehalt unterschiedlicher methodischer Ansätze; dies kann zu abweichenden Datenergebnissen führen. Dem Umweltministerium liegen zum einen Rücklauf- bzw. Verwertungsquoten für die gemäß der Verpackungsverordnung getrennt erfassten Fraktionen aus Verkaufsverpackungen vor. Aus der Auswertung der Mengenstromnachweise für das Jahr 2010 ergeben sich folgende bundesweite Quoten und Mengen: – Glas: Lizenzmenge: 2,04 Mio. Tonnen, erfasste Menge: 1,93 Mio. Tonnen, Erfassungsquote: 94,5 % verwertete Menge: 1,86 Mio. Tonnen, Verwertungsquote: 91,3 % – Papier, Pappe, Kartonagen (ausschließlich Verkaufsverpackungen): Lizenzmenge: 871.255 Tonnen, erfasste Menge: 846.944 Tonnen, Erfassungsquote: 97,2 % verwertete Menge: 834.635 Tonnen, Verwertungsquote: 95,8 % Der Verband Deutscher Papierfabriken e. V. nennt zum andern für das Jahr 2010 ein bundesweites Gesamtaufkommen an Altpapier von 15.389 Mio. Tonnen und einen Altpapierverbrauch von 16,273 Mio. Tonnen bei einem Papierverbrauch im Inland von 19,93 Mio. Tonnen, woraus sich eine Altpapierrücklaufquote (Altpapieraufkommen bezogen auf den Papierverbrauch) von 77,2 % und eine Altpapierverwertungsquote (Altpapierverbrauch bezogen auf den Papierverbrauch) von 81,6 % ergibt. Diese Zahlen berücksichtigen nicht nur das Papier von Verkaufsverpackungen, sondern Papiere aller Anwendungsbereiche. Für Eisenschrott und NE-Metalle belaufen sich die Zahlen aus der Abfallbilanz Baden-Württemberg 2010 auf 115.863 Tonnen. Zu berücksichtigen ist, dass es sich hierbei allein um kommunal erfassten Schrott handelt. Gewerbliche Schrottsammlungen und Schrott aus Produktionsstätten und Gewerbe sind hierbei nicht berücksichtigt. Eine Aussage über Rücklauf- bzw. Verwertungsquoten von trockenen Wertstoffen kann für Baden-Württemberg und das Bundesgebiet auf Grundlage der unterschiedlichen amtlichen Statistiken nur teilweise getroffen werden. _____________________________________ *) Der Überschreitung der Sechs-Wochen-Frist wurde zugestimmt. 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 Aus der Auswertung der Mengenstromnachweise der dualen Systeme für das Jahr 2010 ergeben sich bundesweit folgende Rücklaufquoten bzw. Verwertungsquoten für Verkaufsverpackungen aus Kunststoffen: Lizenzmenge: 661.773 Tonnen Stofflich verwertete Menge: 363.610 Tonnen, Verwertungsquote 54,9 % Energetisch verwertete Menge: 599.496 Tonnen, Verwertungsquote 90,6 %. Die Summe aus stofflich und energetisch verwerteter Menge ist größer als die Lizenzmenge, da in der Praxis mehr Kunststoffabfälle erfasst als lizenziert werden ; Gründe dafür sind Unterlizenzierungen und die Fraktion der stoffgleichen Nichtverpackungen. Da sich die Verwertungsquoten gemäß Verpackungsverordnung auf die Lizenzmengen beziehen, begründet dies auch die Tatsache, dass die Summe der Quoten aus energetischer und stofflicher Verwertung über 100 % liegt. Eine nicht unerhebliche Menge an Kunststoffen befindet sich auch im Sortierrest von Sortieranlagen für Verkaufsverpackungen (LVP-Sortieranlagen). Dieser Sortierrest wird üblicherweise in Gewerbeabfallsortieranlagen zu Ersatzbrennstoff aufbereitet oder direkt energetisch verwertet. Die bundesweite Sortierrestmenge aus LVP-Sortieranlagen belief sich im Jahr 2010 auf etwa 668.000 Tonnen. Die Abfallbilanz Baden-Württemberg 2010 weist eine Kunststofferfassungsmenge (nach der Sortierung) von 96.959 Tonnen aus. Rücklauf- bzw. Verwertungsquoten für Kunststoffe allein für Baden-Württemberg lassen sich aus den Mengenstromnachweisen der dualen Systeme nicht ableiten. Aus der statistischen Erhebung der über die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) in Baden-Württemberg erfassten Abfälle (§ 3 UStatG; Aufkommensbetrachtung ) geht für das Jahr 2010 eine Menge an separat erfassten Wertstoffen aus Haushalten von insgesamt 1,75 Mio. Tonnen (vor der Sortierung) hervor. Die Menge je Einwohner betrug 163 kg. Für das Jahr 2009 errechnet sich die gleiche pro-Kopf-Menge. Damit liegt Baden-Württemberg über dem bundesweit erreichten Durchschnitt von 143 kg/Ea (pro Einwohner und Jahr) im Jahr 2009. Die getrennte Erfassung von Wertstoffen erfolgt teils sortenrein, teils in Ge - mischen. Ein Vergleich des Landes mit dem Bundesgebiet ist nur bezogen auf die Mengen vor Sortierung möglich. Dabei liegen die Werte für Baden-Württemberg fast durchweg über dem Bundesdurchschnitt: – Kunststoffe: BW: 1,3 kg/Ea, BRD: 0,7 kg/Ea, – Holz: BW: 19 kg/Ea, BRD: 12 kg/Ea, – Metalle: BW: 6,1 kg/Ea, BRD: 3,5 kg/Ea, – Verbundverpackungen: BW: 0,2 kg/Ea, BRD: 0,1 kg/Ea, – Glas: BW: 24 kg/Ea, BRD: 23 kg/Ea, – Gemische erfasster Wertstoffe: einschl. LVP; BW: 44 kg/Ea, BRD: 30 kg/Ea, – sortenrein erfasste Papierfraktion: BW: 67 kg/Ea, BRD: 72 kg/Ea. Bei der Papierfraktion ist zu beachten, dass einige Stadt- und Landkreise die Papiermengen zusammen mit anderen Wertstoffen wie den Leichtverpackungen als Gemische erfassen (Sondersammelsysteme, z. B. flach & rund) oder auch die Papiersammlung ganz oder teilweise privaten Sammlern überlassen. Dem Statistischen Landesamt liegen keine Angaben darüber vor, inwieweit solche Sammelsysteme in anderen Bundesländern vertreten sind. Die Ergebnisse dieser Erhebung allein lassen keine Aussagen über Rücklaufquoten zu, da Bezugsgrößen über in Verkehr gebrachte Mengen nicht vorliegen. Die Abfallbilanzerhebung gem. § 16 LAbfG (Aufkommensbetrachtung) liefert auch Angaben über die im Land Baden-Württemberg – nach Sortierung der Gemische – der Verwertung zugeführten Wertstoffe. Neben den Aufkommensmengen für die Wertstofffraktionen werden als Erhebungsmerkmal auch die Mengen der Wertstoffgemische nach der Sortierung erfragt. Die in den Wertstoffgemi- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 6 schen enthaltenen Einzelfraktionen können dadurch separat dargestellt und den entsprechenden Wertstoffarten zugeordnet werden. Demnach wurden im Jahr 2010 über die örE bei den baden-württembergischen Haushalten (einschließlich Kleingewerbe) insgesamt 881.000 t (82 kg/Ea) Papier und Pappe, 277.000 t (26 kg/Ea) Glas, 116.000 t (11 kg/Ea) Metalle, 97.000 t (9 kg/Ea) Kunststoffe, 14.000 t (1 kg/Ea) Verbunde und Flüssigkartons sowie 223.000 t (21 kg/Ea) Altholz separat erfasst oder durch Behandlung separiert. Mit Ausnahme von 257 t Kunststoff und knapp 81.000 t Altholz wurden diese Mengen in der ersten Behandlungsstufe komplett einer stofflichen Behandlung zugeführt. Über den endgültigen Verbleib liegen keine Aussagen vor. Bei den hier dargestellten Mengen nach Sortierung ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Stadt- und Landkreise eine Aussage über die aus den Wertstoffgemischen der Dualen Systeme (Leichtverpackungen) aussortierten Einzelfraktionen treffen können. Des Weiteren sind privatwirtschaftlich abgeschöpfte Papiermengen (Blaue Tonne) nur in Ausnahmefällen enthalten. Die aus der Schlacke von Müllverbrennungsanlagen und bei der mechanisch-biologischen Behandlung wieder gewonnenen Metalle werden seit dem Jahr 2006 nicht mehr erhoben und statt dessen anteilig aus der Erhebung der Abfallentsorgung (§ 3 UStatG) ermittelt. Vergleichswerte für das Bundesgebiet liegen dazu nicht vor. Aus der Erhebung der Abfallentsorgung gem. § 3 UStatG (Entsorgungsbetrachtung ) geht weiter hervor, dass in Anlagen zur Abfallbehandlung mit Standort in Baden-Württemberg im Jahr 2010 insgesamt 2,0 Mio. Tonnen separat erfasste Wertstoffe aus dem Siedlungsbereich (EAV-Gruppen 15 01 Verpackungen und 20 01 Siedlungsabfälle, getrennt gesammelt) behandelt wurden, davon 1,62 Mio. t mit Herkunft aus Baden-Württemberg. Der weitaus überwiegende Teil davon (92 %) wurde ausgehend vom R/D-Code der Anlagen dem Recycling oder der sonstigen stofflichen Behandlung zugeführt. 165.000 Tonnen wurden der energetischen Verwertung zugeführt und etwas mehr als 5.000 Tonnen der Beseitigung. In dieser im Jahr 2010 insgesamt behandelten Menge waren 80.000 Tonnen Kunststoffe enthalten. Davon gingen 63.000 Tonnen in Anlagen zur stofflichen Verwertung (79 %) und 17.000 Tonnen zur energetischen Verwertung. Beseitigt wurden lediglich 21 Tonnen. Kommunales Aufkommen an Wertstoffen nach der Sortierung*) in Baden-Württemberg seit 2008 Fraktionen 2008 2009 2010 1.000 t kg/Ea 1.000 t kg/Ea 1.000 t kg/Ea Papier1) 896 83 875 81 881 82 Glas 279 26 279 26 277 26 Metalle2) 118 11 123 11 116 11 Kunststoffe 97 9 93 9 97 9 Verbunde und Flüssigkartons 19 2 16 2 14 1 Holz 231 22 234 22 223 21 *) Für die Wertstoffmengen der Dualen Systeme liegen keine vollständigen Mengenangaben vor. 1) Einschließlich Teilmengen aus gewerblicher Sammlung bei Haushalten (Blaue Tonne). 2) Einschließlich Schrott aus Kompostierungs-, Müllverbrennungs- und mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen. Schrott aus MVA und MBA anteilig aus anlagenbezogenen Erhebung der Abfallentsorgung (UStatG § 3.1) ermittelt. 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 3. Welche Potenziale sieht sie hinsichtlich der stofflichen Verwertung dieser Stoffe für 2020? Anfallstellen von Abfällen aus Glas, Papier, Kunststoffen, Eisenschrott und NE- Metallen sind zum einen private Haushalte und zum andern Produktionsstätten und Gewerbebetriebe. Altglas, Altpapier, Kunststoffe, Eisenschrott und NE-Metalle aus Produktionsstätten und Gewerbebetrieben werden allein schon wegen ihres positiven Marktwertes weitestgehend getrennt erfasst und einer Verwertung zugeführt. Weitere Verwertungspotenziale sind zwar vorhanden, scheitern derzeit aber an den Erfassungs - und/oder Behandlungskosten. So könnte z. B. das Fensterglas von Altfahrzeugen bei getrennter Erfassung einem höherwertigen Recycling zugeführt werden . Derzeit wird das Altglas aus Altfahrzeugen zusammen mit dem mineralischen Anteil der Schredderabfälle im Deponiebau verwertet. Verpackungsabfälle aus Glas, Papier und Kunststoffen, die in Haushalten anfallen , werden bereits seit langem über die im Rahmen der VerpackV eingeführten Sammelsysteme erfasst. Daneben werden auch grafische Papiere (z. B. Zeitungen) über sogenannte Papiertonnen oder Bündelsammlungen wie auch Eisenschrott und NE-Metalle über kommunale und gewerbliche Schrottsammlungen getrennt erfasst und einem Recycling zugeführt. Restmüllanalysen haben jedoch gezeigt, dass in der Restmülltonne noch ein erhebliches Potenzial an Papier, Glas, Metallen und Kunststoffen in Form von stoffgleichen Nichtverpackungen vorhanden ist. Die Hebung dieser Potenziale könnte mit großer Wahrscheinlichkeit durch eine Verbesserung der Getrennterfassungssysteme sowie begleitende Maßnahmen, wie z. B. eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit , erreicht werden. Eine Verbesserung der Recycling-Quote wird im Bereich Kunststoff für möglich gehalten. Kunststoffe lassen sich insbesondere dann einem hochwertigen Recycling zuführen, wenn diese sortenrein vorliegen. Da jedoch Kunststoffe aus Haushalten üblicherweise als Kunststoffgemische erfasst werden, ist eine hohe Sortenreinheit nur mit einem erhöhten Sortieraufwand zu erreichen, der dann auch mit höheren Sortierkosten verbunden ist. Technisch wären (zu Lasten der energetisch verwerteten Mengen) weitaus höhere Recyclingquoten möglich, was allerdings mit höheren Behandlungskosten verbunden wäre. In Anlagen zur Abfallbehandlung mit Standort in Baden-Württemberg behandelte Abfälle der EAV-Abfallgruppen 1501 und 2001*) im Jahr 2010 EAV Abfallartbezeichnung Insgesamt behandelte Menge davon zur: thermische Behandlung andere Behandlung zur Beseitigung , Deponierung energetische Verwertung Recycling, sonstige stoffliche Verwertung 1.000 Tonnen 150101, 200101 Papier und Pappe 709,3 0,0 – 2,5 706,8 150102, 200139 Kunststoffe 80,2 0,0 – 17,1 63,1 150103, 200138 Holz mit Ausnahme desjenigen, das unter 20 01 37 fällt 291,1 0,0 – 98,4 192,7 150104, 200140 Metalle 57,0 – 0,0 – 57,0 150105 Verbundverpackungen 15,2 – – 6,3 8,9 150107, 200102 Glas 305,6 – 0,1 – 305,6 150106 Gemischte Verpackungen (einschließlich LVP) 546,9 5,0 – 40,7 501,1 Insgesamt 2.005,3 5,1 0,1 165,0 1.835,1 *) Nur ausgewählte Abfallarten; ohne gefährliche Abfälle Zuordnung über Code des Verwertungsverfahrens Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 8 Das Umweltministerium hat das ATZ Entwicklungszentrum Sulzbach-Rosenberg (Professor Martin Faulstich, zugleich derzeit Vorsitzender des Sachverständigenrats für Umweltfragen) mit einer Studie zur Analyse von Status und Entwicklung der Abfallwirtschaft zur Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplanes, Teilplan Siedlungsabfälle beauftragt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass sich durch die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit für die gesamten betrachteten Wertstofffraktionen ein Steigerungspotenzial von 4 % ergibt (Szenario I, s. u.). Durch Umstellung der Erfassung (landesweite Papiermonotonne, Glasbox, Mehrkomponententonne ) ergäbe sich für Baden-Württemberg danach ein Steigerungspotenzial der Wertstoffmengen gegenüber dem Ist-Zustand von ca. 12 % (Szenario II). Die Potenziale hinsichtlich der stofflichen Verwertung dieser Stoffe für 2020 werden sich abhängig vom Marktgeschehen in der gleichen Größenordnung bewegen. 4. In welchem Umfang/Anteil besteht im Land bereits die getrennte Sammlung von Bioabfällen (Biotonne, Grünabfälle)? Das Thema „Bio- und Grünabfälle“ hat die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) auf Wunsch des Umweltministeriums im Rahmen einer im Jahr 2010 veröffentlichten Studie eingehend untersucht. Diese Studie mit dem Titel „Bio- und Grünabfälle – Optimierung der Erfassung und Verwertung von Bio- und Grünabfällen in Baden-Württemberg“ kann im Internet von der Homepage der LUBW heruntergeladen werden. Die Untersuchung ergab, dass von den 44 Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg bereits 32 Kreise Bioabfall getrennt und flächendeckend mit Hilfe einer Biotonne erfassen und einsammeln. In 11 Stadt- und Landkreisen werden die Bioabfälle über die Restabfallbehälter entsorgt. Im Ortenaukreis und im Landkreis Emmendingen werden Bioabfälle zusammen mit Restmüll in einer MBA behandelt . Über den jeweiligen Anschlussgrad der Haushalte liegen keine Informationen vor. Für Grünabfälle ergab die Recherche, dass alle 44 Stadt- und Landkreise diese getrennt erfassen. Informationen über Grüngutsammlungen oder über die Anzahl der Annahmestellen in den jeweiligen Stadt- und Landkreisen liegen nicht vor. Jährlich abgefragt wird in der Abfallbilanzerhebung (nach § 16 LAbfG) die Anzahl der Häcksel- und Kompostplätze. Zusammenfassung der Mengensteigerung für die Wertstofftonne in Szenario I und Szenario II Ist-Stand 2009 Szenario I Szenario II Einheit [kg/Ea] [Mg] [kg/Ea] [Mg] [kg/Ea] [Mg] Glas 25,8 277.020 26,8 288.400 28,9 311.750 PPK 81,5 875.400 83,9 900.710 85,4 917.100 Verpackungen (StNVP) 10,2 109.500 12,4 124.000 18,4 197,120 Holz 21,8 233.800 21,8 233.810 22,4 239.800 Metalle 9,2 99.190 10,7 114,890 11,1 119.620 Gesamt* 149 1.594.900 156 1.662.490 166 1.785.390 *Gesamtmenge der betrachteten Wertstoffe (sonstige Wertstoffaktionen wie Teppiche, Textilien sind nicht aufgeführt). 9 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 Die Prognos AG hat 2010 eine Analyse der regional realisierbaren Mengenpotenziale von Bio- und Grünabfällen zur Vergärung in Baden-Württemberg durchgeführt . Danach beträgt das Gesamtpotenzial an Bio- und Grünabfällen zur Vergärung in Baden-Württemberg etwa 1,5 Mio. Tonnen pro Jahr, das entspricht 13 % der Gesamtmenge für Deutschland. Dem liegt eine Sammelmenge von durchschnittlich 142,8 kg pro Einwohner zugrunde. 56 % dieses Gesamtpotenzials Anzahl der Häckselplätze sowie Angabe zum Sammelsystem „Bioabfall“ in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs am 31.12.2010 Lfd. Nr. Regionalkennziffer Regionale Einheit Kreis Region Regierungsbezirk Land Häcksel-/ Kompostplätze Ist das Sammelsystem „Bioabfallsammlung “ flächendeckend eingeführt? Anzahl Ja Nein teilweise 1 111 SKR Stuttgart, Landeshauptstadt 1 X 2 115 LKR Böblingen 24 X 3 116 LKR Esslingen 26 X 4 117 LKR Göppingen 33 X 5 118 LKR Ludwigsburg 40 X 6 119 LKR Rems-Murr-Kreis 19 X 7 11 REG Region Stuttgart 143 8 121 SKR Heilbronn – X 9 125 LKR Heilbronn 41 X 10 126 LKR Hohenlohekreis 28 X 11 127 LKR Schwäbisch Hall 36 X 12 128 LKR Main-Tauber-Kreis – X 13 12 REG Region Heilbronn-Franken 105 14 135 LKR Heidenheim – X 15 136 LKR Ostalbkreis 2 X 16 13 REG Region Ostwürttemberg 2 17 1 RB Regierungsbezirk Stuttgart 250 18 211 SKR Baden-Baden 1 X 19 212 SKR Karlsruhe 2 X 20 215 LKR Karlsruhe 71 X 21 216 LKR Rastatt 25 X 22 21 REG Region Mittlerer Oberrhein 99 23 221 SKR Heidelberg – X 24 222 SKR Mannheim 1 X 25 225 LKR Neckar-Odenwald-Kreis 65 X 26 226 LKR Rhein-Neckar-Kreis . X 27 22 REG Region Rhein-Neckar-Odenwald 66 28 231 SKR Pforzheim – X 29 235 LKR Calw 2 X 30 236 LKR Enzkreis 31 X 31 237 LKR Freudenstadt 1 X 32 23 REG Region Nordschwarzwald 34 33 2 RB Regierungsbezirk Karlsruhe 199 34 311 SKR Freiburg im Breisgau – X 35 315 LKR Breisgau-Hochschwarzwald 23 X 36 316 LKR Emmendingen 20 X 37 317 LKR Ortenaukreis 36 X 38 31 REG Region Südlicher Oberrhein 79 39 325 LKR Rottweil 2 X 40 326 LKR Schwarzwald-Baar-Kreis – X 41 327 LKR Tuttlingen 5 X 42 32 REG Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 7 43 335 LKR Konstanz 1 X 44 336 LKR Lörrach 8 X 45 337 LKR Waldshut 11 X 46 33 REG Region Hochrhein-Bodensee 20 47 3 RB Regierungsbezirk Freiburg 106 48 415 LKR Reutlingen 16 X 49 416 LKR Tübingen 22 X 50 417 LKR Zollernalbkreis 23 X 51 41 REG Region Neckar-Alb 61 52 421 SKR Ulm 37 X 53 425 LKR Alb-Donau-Kreis 57 X 54 426 LKR Biberach 27 X 55 42 REG Region Donau-Iller1) 121 56 435 LKR Bodenseekreis – X 57 436 LKR Ravensburg 28 X 58 437 LKR Sigmaringen 1 X 59 43 REG Region Bodensee-Oberschwaben 29 60 4 RB Regierungsbezirk Tübingen 211 61 L Baden-Württemberg 766 1) Soweit Land Baden-Württemberg Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 10 sind schon in den bisher getrennt gesammelten Bio- und Günabfällen aus Haushalten und der kommunalen Grünpflege enthalten. Die größten zusätzlichen Sammelmengen können nach der Untersuchung der Prognos AG in den Kreisen gewonnen werden, die bisher noch keine Biotonne eingeführt haben. Prognos weist allerdings selbst darauf hin, dass das ermittelte Gesamtpotenzial in der abfallwirtschaftlichen Praxis auch unter optimalen Rahmenbedingungen nicht zu 100 % erfasst werden kann. 5. Wie werden Bioabfälle im Land derzeit verwertet und welche Ziele hinsichtlich der Verwertung (Kompostierung versus energetischer Verwertung) setzt sich die Landesregierung? Aus der Abfallbilanzerhebung (nach § 16 LAbfG; Aufkommensbetrachtung) geht für das Jahr 2010 eine kommunal erfasste Menge an Abfällen aus der Biotonne von 440.000 Tonnen hervor. Die Abfälle wurden fast ausschließlich biologisch behandelt. Ein geringer Anteil wurde thermisch behandelt. Die kommunal erfass - te Menge schwankt dabei in den letzten Jahren zwischen 436.000 Tonnen (2007) und 450.000 Tonnen (2008). Von den 2010 kommunal erfassten 440.000 Tonnen Abfällen aus der Biotonne wurden 383.000 Tonnen nachweislich in biologischen Abfallbehandlungsanlagen mit Standort Baden-Württemberg behandelt (Quelle: Erhebung über die Abfallentsorgung , § 3 UStatG). Davon wurden rund 128.000 Tonnen in Biogas-/Vergärungsanlagen und 255.000 Tonnen in Bioabfallkompostierungsanlagen eingebracht. Somit wurden von den behandelten Abfällen aus der Biotonne 33 % der Vergärung und 67 % der Kompostierung zugeführt. Die Anteile haben sich seit 2007 (Vergärung 24 %, Kompostierung 76 %) zugunsten der Vergärung verschoben. Über die außerhalb von Baden-Württemberg behandelten Abfälle aus der Biotonne kann keine detaillierte Aussage getroffen werden. Außer den oben aufgeführten Abfällen aus der Biotonne wurden in den biologischen Abfallbehandlungsanlagen im Land 2010 insgesamt auch 628.000 Tonnen anderer organischer Abfälle behandelt, darunter 384.000 Tonnen Grünabfälle. In biologischen Abfallbehandlungsanlagen mit Standort in Baden-Württemberg behandelte Abfälle aus der Biotonne 2008 bis 2010 Jahr Stala Anlagenart Verwertungs-/Beseitigungsverfahren Insgesamt darunter mit Herkunft: Baden-Württemberg Kommunales Aufkommen Quelle: LabfG, § 16.1 Quelle: UStatG (§ 3.1) Insgesamt darunter: biologisch behandelt Tonnen 2008 Biogas-/Vergärungsanlagen Insgesamt 119.651,5 119.651,5 davon Verwertungsverfahren: Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung 16.650,0 16.650,0 Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder der Ökologie 304,0 304,0 Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 102.697,5 102.697,5 2008 Bioabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 270.373,5 264.302,5 2008 Grünabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 3.108,0 3.108,0 2008 Summe biologische Behandlung insgesamt 512.784,5 506.713,5 437.087,0 436.336,0 11 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 a) Derzeitige Verwertung Laut Abfallbilanz 2010, die von der Internetseite des Umweltministeriums heruntergeladen werden kann, werden in Baden-Württemberg von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder in deren Auftrag insgesamt 16 Kompostierungsanlagen und 19 Vergärungsanlagen für die Verwertung von Bioabfällen aus Haushalten betrieben. Hinzu kommen zahlreiche Grünabfall-Kompostierungsanlagen und Häcksel-/Kompostplätze. b) Ziele der Landesregierung Baden-Württemberg soll zu einer führenden Energie- und Klimaschutzregion in Deutschland und Europa gemacht werden. Vor allem die erneuerbaren Energien sollen ausgebaut, die Energieeffizienz verbessert und die Energieeinsparung verstärkt werden. Die Landesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, in Baden-Württemberg biogene Reststoffe und Abfälle möglichst umfangreich energetisch (Biogasanlage) und stofflich (Kompostierung) zu nutzen. Besonders vorteilhaft ist eine Verwertung in kombinierten Anlagen, den sog. Kaskadenanlagen. Dabei stehen vor allem die Biound Grünabfälle im Blickpunkt, da diese Potenziale relativ einfach über die Bio - tonne mobilisiert und einer sinnvollen Verwertung durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugeführt werden können. Die Möglichkeiten, auf die Erfassung und Verwertung politisch und rechtlich Einfluss zu nehmen, sind hier am größten. In biologischen Abfallbehandlungsanlagen mit Standort in Baden-Württemberg behandelte Abfälle aus der Biotonne 2008 bis 2010 Jahr Stala Anlagenart Verwertungs-/Beseitigungsverfahren Insgesamt darunter mit Herkunft: Baden-Württemberg Kommunales Aufkommen Quelle: LabfG, § 16.1 Quelle: UStatG (§ 3.1) Insgesamt darunter: biologisch behandelt Tonnen 2009 Biogas-/Vergärungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 120.870,3 120.600,3 2009 Bioabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 271.993,1 265.789,1 2009 Grünabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 1.561,0 1.561,0 2009 Summe biologische Behandlung insgesamt 394.424,4 387.950,4 448.537,0 448.222,0 2010 Biogas-/Vergärungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 129.521,0 127.642,0 2010 Bioabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 260.800,0 254.908,4 2010 Grünabfallkompostierungsanlagen Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren ) 4.245,0 0,0 2010 Summe biologische Behandlung insgesamt 394.566,0 382.550,4 439.571,0 439.356,0 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 12 Vor allem folgende Argumente sprechen für die kombinierte energetisch-stoff - liche Nutzung vergärbarer Bio- und Grünabfälle (Prognos AG, Potenziale für Bio- und Grünabfälle zur Vergärung in Baden-Württemberg, 2010): Die Vergärung liefert zusätzlich zur Kompostierung einen Beitrag zur Schonung fossiler Rohstoffe durch die Erzeugung regenerativer Energie aus Biomasse (Biogas /Wärme). Biomasse hat im Rahmen der Erzeugung regenerativer Energie künftig eine bedeutende Rolle. Da die Biomassepotenziale in Deutschland begrenzt sind, kommt der Nutzung der Biomasse aus Reststoffen eine besondere Bedeutung zu. Die lokale Energieerzeugung von Strom und Wärme ist mit positiven regionalwirtschaftlichen Effekten verbunden, die die Position der Kommunen im Bereich der lokalen Energieversorgung stärkt. Im Vergleich zu Nachwachsenden Rohstoffen können Bio- und Grünabfälle zu vergleichsweise niedrigen Beschaffungskosten gewonnen werden und stellen ein verlässliches Mengenaufkommen für die Bioenergieerzeugung dar, unabhängig von Getreidepreisen auf dem Weltmarkt und ohne Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung . Nachteile wie Monokulturen, der Verlust von Biodiversität, Schädlings - und Krankheitsbefall sowie mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung werden vermieden. Allerdings dürfen die Potenziale der Bio- und Grünabfälle nicht überschätzt werden . So beträgt der Anteil des Biomülls an der Biogaserzeugung derzeit nur wenige Prozent. Bei Einsatz des gesamten Biomülls in Vergärungsanlagen könnte dadurch maximal ein Beitrag in Höhe von 10 Prozent an der aktuellen Biogaserzeugung erzielt werden. Biogas, das zu Biomethan aufbereitet wird, ist eine flexible, bedarfsabhängig einsetzbare , speicherbare sowie grundlastfähige Energieform, die auch die vorhan - dene Infrastruktur für Erdgas nutzen kann (zur Strom- und Wärmeerzeugung in BHKW oder als Kraftstoff). Um die Verwertung von Bioabfällen und Grünabfällen in Baden-Württemberg zu fördern, unterstützt das Umweltministerium die öffentlich -rechtlichen Entsorgungsträger bei der Optimierung ihrer Erfassungs- und Verwertungssysteme mit einem Leitfaden, der in absehbarer Zeit fertiggestellt wird. Vor allem mit Hilfe einer Checkliste und Kennzahlen wird das Ministerium die Auseinandersetzung mit dem Thema „Optimierung des Systems der Verwertung von Bio- und Grünabfällen“ auf Kreisebene erleichtern. Der Leitfaden wird über alle Stufen eines Verwertungssystems von der Sammlung, dem Stoffstrom - management, der Anlagentechnik bis hin zur Vermarktung der Komposte und der erzeugten Energie technische und konzeptionelle Lösungen aufzeigen. Um den Leitfaden möglichst praxisnah zu gestalten, wurden parallel zu seiner Erarbeitung für vier Kreise Konzepte zur Optimierung der Bio- und Grünabfallverwertung ausgearbeitet. Nur in zwei der an dem Projekt teilnehmenden Kreise wurde die Biotonne bereits eingeführt. Die Untersuchungen in den vier Beispielskreisen haben in allen vier Testfällen ergeben, dass mit wirtschaftlich vertret - barem Aufwand merkliche Verbesserungen der Ökobilanz durch eine optimierte Verwertung von Bio- und Grünabfall herbeigeführt werden können. 6. Wie bewertet sie jeweils die technischen und ökonomischen Perspektiven für die Vergärung/Vergasung von Bioabfällen und der Verbrennung? Die der Erarbeitung des Leitfadens zugrunde liegenden Untersuchungen in den vier Kreisen haben gezeigt, dass in jedem Einzelfall wirtschaftlich vertretbare Lösungen möglich sind. Prinzipiell ist zu unterscheiden zwischen holzigen, Lignozellulosereichen Stoffen, die nur thermisch genutzt werden können, und krautigen bzw. Lignozellulosearmen Bioabfällen, die bevorzugt vergoren werden sollten. Die Verfeuerung von holzigen Grünabfällen, die entweder separat gesammelt oder aus Bioabfällen separiert werden, ist Stand der Technik. Es stehen ab einer Leistung von einigen Hundert Kilowatt marktgängige Feuerungsanlagen zur Verfügung . Diese müssen angepasst sein an den Wassergehalt, die Stückigkeit und 13 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 den erhöhten Aschegehalt dieser Brennstoffe. In der Regel ist auch zusätzliche Filtertechnik zur Feinstaubabscheidung erforderlich. Dafür können am Markt verfügbare Elektro- oder Gewebefilter eingesetzt werden. Auch eine nachgeschaltete Verstromung wird bereits in vielen Fällen realisiert. Aufgrund des eher niedrigen Leistungsbereichs wird dabei die ORC-Technik bevorzugt (Organic Rankine Cycle ist ein Verfahren des Betriebs von Dampfturbinen mit einem anderen Arbeitsmittel als Wasserdampf). Auch für die Vergärung von nicht holzigen Bioabfällen stehen Verfahren am Markt zur Verfügung. Zu unterscheiden sind Nass- oder Trockengärverfahren sowie kontinuierliche und diskontinuierliche Fermentation. Eine technische Herausforderung ist das unerwünschte Entweichen von Methan (und Ammoniak) beim Übergang von der anaeroben Vergärung zur aeroben Nachrotte. Hier bedarf es großer Sorgfalt und entsprechender technischer Maßnahmen , um die positiven Klimaeffekte der Vergärung nicht einzubüßen. Die ökonomischen Perspektiven für die thermische Nutzung von holzigen Grünabfällen sind sehr gut. Die Nachfrage nach Holz zur energetischen Nutzung ist sehr hoch, die Preise steigen seit Jahren kontinuierlich. Entsprechend kann auch für Hackschnitzel, die aus Grünabfällen hergestellt werden, inzwischen ein Erlös erzielt werden, der bei etwa 20 bis 40 Prozent des Preises für gute Waldhackschnitzel liegt. Die wirtschaftlichen Perspektiven für Bioabfall-Vergärungsanlagen werden durch die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) deutlich verbessert. Ab 2012 wird eine neue Regelung (§ 27 a) eingeführt, die speziell die Vergütung von Bioabfallanlagen regelt. Demnach erhalten Biogasanlagen, die durchschnittlich mindestens 90 Masseprozent Bioabfälle einsetzen, eine gesicherte Vergütung von 16 Cent (bis 500 Kilowatt Bemessungsleistung) bzw. 14 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Strom (bis 20 Megawatt Bemessungsleistung). Voraussetzung ist die Einrichtung einer Nachrotte für die festen Gärrückstände am Anlagenstandort und eine stoffliche Verwertung der nachgerotteten Gärrückstände . Eine Mindestwärmenutzung ist nicht vorgeschrieben, ein zusätzlicher Bonus für Wärmenutzung wird nicht gewährt. Ab 2014 besteht für Anlagen über 750 Kilowatt installierter Leistung die Verpflichtung zur Teilnahme am Marktprämiensystem . Durch die Einführung einer speziellen Vergütung für Bioabfälle erhöht sich die Vergütung gegenüber dem EEG 2009 um rund 40 Prozent. Da bereits bisher in landwirtschaftlichen Biogasanlagen ebenfalls Bioabfälle zu den Bedingungen des EEG 2009 vergoren wurden, sollten zukünftig einer flächendeckenden Einführung einer vorgeschalteten Vergärung anstelle einer alleinigen Kompostierung keine ökonomischen Argumente entgegenstehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen , dass sich die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Wärmeabgabe stetig verbessern und sich dadurch zusätzliche Ertragsmöglichkeiten eröffnen. Leidtragende dieser neuen Vergütungsstruktur im EEG 2012 sind im Übrigen landwirtschaftliche Biogasanlagen, die Bioabfälle einsetzen. Altanlagen können nicht in das neue System wechseln; es besteht deshalb die Gefahr, dass ihnen Bioabfälle weggekauft werden. Neuanlagen, die die geforderten Bedingungen – Einsatz von mindestens 90 Prozent Bioabfällen und Nachrotte vor Ort – nicht einhalten können, müssen mit einer um ca. 25 Prozent niedrigeren Vergütung auskommen und außerdem noch eine Mindestwärmenutzung von 60 Prozent nachweisen. W e r t s t o f f t o n n e 7. Welche Ziele verfolgt sie hinsichtlich der Einführung der Wertstofftonne im Land? Baden-Württemberg begrüßt grundsätzlich die Einführung der erweiterten Wertstofferfassung (sog. Wertstofftonne oder besser ein alternatives Erfassungssys - tem). Vor dem Hintergrund, dass Deutschland ein rohstoffarmes Land ist, muss die Erfassung und Verwertung von Wertstoffen oberste Priorität erhalten. Es ist Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 14 zwingend notwendig, recyclingfähige Materialien aus gemischten Abfällen auszusortieren , damit wertvolle Rohstoffe dem Stoffkreislauf nicht durch Verbrennung entzogen werden. Das Recycling gewinnt als Lieferant von Sekundärrohstoffen zunehmend an Bedeutung. Mit der Wertstofferfassung, bei der neben den Verkaufsverpackungen auch andere Wertstoffe gesammelt werden sollen, wird somit ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Recyclings und der Rohstoffversorgung in Deutschland geleistet. Außerdem führt weniger (nicht substitutiv eingesetzte ) Verbrennung zu weniger Treibhausgas-Emissionen und damit zu mehr Klimaschutz. Da auch die Herstellung von Erzeugnissen aus Primärrohstoffen wesentlich aufwändiger ist, wird durch das Recycling die Effizienz der Ressourcennutzung erhöht. 8. Welche Kosten werden durch die Einführung der Wertstofftonne je Abfall - zweckverband/Abfallwirtschaftsbetrieb und landesweit erwartet und wie wirkt sich dies auf die Wirtschaftlichkeit und die Abfallgebühren voraussichtlich aus? Eine allgemeingültige Aussage lässt sich hierzu nicht treffen. Vielmehr haben mehrere Faktoren wie z. B. – Trägerschaft der Wertstofftonne (privat oder kommunal) – Zusammensetzung des Inhalts der Wertstofftonne – Entsorgungsstrukturen, Entsorgungsmengen, Entsorgungskosten – Zu erzielende Erlöse bei der Verwertung der Wertstoffe – Integration in ein bestehendes Gebührensystem maßgebenden Einfluss auf die ökonomisch relevanten Fragen. 9. Welchen Folgen wird die Einführung der Wertstofftonne für die Abfallsammlung und die Wiederverwertungsquote (jeweils welcher Stoffe) voraussichtlich haben? Die Folgen der Einführung der Wertstofftonne wurden im Rahmen eines sogenannten Planspiels untersucht (Planspiel zur Fortentwicklung der Verpackungsverordnung – Teilvorhaben 1: Bestimmung der Idealzusammensetzung der Wertstofftonne ; UBA, 08/2011). Als Basis für die Ermittlung des voraussichtlichen Mengengerüsts diente das Jahr 2009. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass über die dualen Systeme im Rahmen der Sammlung von Leichtverpackungen ca. 27,7 kg pro Einwohner und Jahr erfasst werden. Die erfasste Menge an Verpackungen liegt bei 18,1 kg pro Einwohner und Jahr (bzw. 65 %). Weitere 3,42 kg pro Einwohner und Jahr stoffgleiche Nichtverpackungen (StNVP) werden bereits heute mit den Leichtverpackungen miterfasst (sog. Intelligente Fehlwürfe). Durch die Erweiterung der Erfassung von Verkaufsverpackungen um stoffgleiche Nichtverpackungen aus Metallen und Kunststoffen wird ein Anstieg der erfassten Menge um ca. 7 kg pro Einwohner und Jahr erwartet, was einer zusätzlichen Menge von bundesweit etwa 570.000 Tonnen pro Jahr entspricht. Hiervon wären etwa 5,1 kg pro Einwohner und Jahr (ca. 415.000 Tonnen pro Jahr) als Wertstoffe zusätzlich verwertbar. Für die einzelnen Stoffe würde sich folgender Mengenzuwachs ergeben: – Weißblech: von 3,4 kg/Ea auf 4,8 kg/Ea – Aluminium: von 1,3 kg/Ea auf 1,7 kg/Ea – Kunststoffe: von 13,8 kg/Ea auf 16,9 kg/Ea – Verbunde: von 3,0 kg/Ea auf 3,1 kg/Ea – Holz, Textilien, Gummi, Elektro-Kleingeräte, Batterien: von 0,2 kg/Ea auf 0,2 kg/Ea – PPK und Rest: von 6,1 kg/Ea auf 8,0 kg/Ea Die Restabfallmengen würden sich entsprechend reduzieren, was sich eventuell auf die Inputmenge in vorhandenen Verbrennungsanlagen auswirken könnte. 15 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 Die Frage der Festschreibung von Verwertungsquoten bei den stoffgleichen Nichtverpackungen ist derzeit noch nicht geklärt. Für Verpackungen legt die Verpackungsverordnung bezogen auf die In-Verkehr-gebrachte-Menge Verwertungsquoten fest. Bei langlebigen Wirtschaftsgütern wie den StNVP (Bratpfanne, Spielzeug) ist diese Bezugnahme schwierig. Da bei der Sammlung im Rahmen einer Wertstofftonne der Anteil der Nichtverpackungen einen deutlich geringeren Anteil am Sammelgemisch ausmacht, gibt es Überlegungen, die Beibehaltung des Bezugs auf die „In-Verkehr-gebrachte-Menge“ beizubehalten und die Quotenhöhe z. B. anhand von statistischen Daten/Sortieranalysen zu überprüfen. Prinzipiell wäre auch eine Kombination aus Sammel- und Verwertungsquote denkbar. Das Umweltbundesamt hat hierzu einen Forschungsauftrag vergeben, dessen Ziel es ist, für Leichtverpackungen und StNVP modifizierte, z. B. stoff- oder produktspezifische Quoten zu ermitteln. Auch ergänzende oder alternative Instrumente , die zur Verbesserung der Ressourcenschonung dienen, sollen vorgeschlagen und deren Bedeutung abfallwirtschaftlich eingeordnet werden. Das Ergebnis dieser Auftragsarbeit wird für Frühjahr 2012 erwartet. Dementsprechend bleibt dann die endgültige Festlegung durch den Bundesgesetzgeber abzuwarten. 10. Wie wird insbesondere die Gefahr eingeschätzt, dass eine lukrative Wiederverwertung der mit der Wertstofftonne erfassten Abfälle durch Private eine mögliche Kostenentlastung der Gebührenzahler verhindert? Mit der Steigerung der Werthaltigkeit der aus dem Siedlungsabfall separierten Wertstoffe ist auch das Interesse der privaten Entsorgungswirtschaft an diesen Wertstoffen massiv gestiegen. Um die erwartete zusätzliche Menge an Wertstoffen in Höhe von ca. 7 kg/Ea ist ein heftiger Streit entbrannt. Die Landesregierung Baden-Württemberg wird sich dafür einsetzen, dass durch die Wiederverwertung der mit der Wertstofftonne erfassten Abfälle zumindest keine zusätzlichen Kosten auf den Gebührenzahler zukommen. 11. Welchen Spielraum sollen bei der Ausgestaltung der Wertstofftonne (Inhalt, Verwertung) die Gemeinden und Landkreise, bzw. ihre Zweckverbände erhalten ? Die aktuelle Novelle des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes legt den Grundstein für die bundesweite Einführung einer einheitlichen Wertstofferfassung . Einheitlich bedeutet, dass – um eine größtmögliche ökonomische und ökologische Vorteilhaftigkeit zu erreichen – der Inhalt der Wertstofftonne vorgegeben wird (Erfassung von Metallen und Kunststoffe aus Verpackungen und Nichtverpackungen ; dagegen nicht: Holz, Gummi, Textilien und Batterien). Außerdem bedarf es der Festschreibung quantitativer Vorgaben, um eine hochwertige Verwertung der Wertstoffe sicherzustellen. In welchem zeitlichen Rhythmus und in welcher Behältergröße oder in welcher Form die Erfassung (z. B. Hol- oder Bringsysteme) vor Ort erfolgen soll, wird den öffentlich-rechtlichen Entsorgern überlassen bleiben. 12. Wie bewertet sie Forderungen, nach denen auch die gemeinsame Erfassung (und Trennung) von Wertstoffen und Restmüll heute technisch möglich wäre? An das Umweltministerium sind derartige Forderungen bisher nicht herangetragen worden. Grundsätzlich ist eine gemeinsame Erfassung von Restabfall und Wertstoffen in einem Behältersystem möglich. Im Falle einer gemeinsamen Erfassung der Wertstoffe mit dem Restabfall ist zur Trennung der Wertstoffe jedoch ein höherer technischer und ökonomischer Aufwand erforderlich als bei getrennter Erfassung. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hält die gemeinsame Erfassung von Restmüll und Wertstoffen wegen der minderen Recycling-Qualität und der dafür benötigten Sortierkapazitäten für nicht zielführend. In verschiedenen Modellversuchen zur Veränderung der getrennten Erfassung von Siedlungsabfällen in Richtung auf „Monosysteme“ konnten bisher keine allgemein erreichbaren Verbesserungen , etwa im Sinne einer höheren Wertstoffausbeute, nachgewiesen werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 16 Dem hohen finanziellen Aufwand insbesondere der Sortierkosten standen keine adäquaten ökologischen und ökonomischen Vorteile gegenüber. 13. Welchen Wiederverwertungsstand hat Elektroschrott bislang erreicht? Die Pflicht zur Sammlung, Wiederverwendung und Verwertung von Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EAG) geht zurück auf die Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (sog. WEEE-Richtlinie). In Deutschland wurde diese Richtlinie 2005 durch das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rück - nahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elekronikgeräten (Elektro- und Elektronikgerätegesetz – ElektroG) in nationales Recht umgesetzt . Aus dem ElektroG ergeben sich Vorgaben zu – einer Mindestsammelmenge: Vier Kilogramm EAG pro Einwohner sind im Jahr aus privaten Haushalten zu sammeln. – Verwertungsquoten: Diese liegen in Abhängigkeit von der Gerätekategorie zwischen 70 und 80 Prozent. – Quoten zur Wiederverwendung und zur stofflichen Verwertung: Diese liegen in Abhängigkeit von der Gerätekategorie zwischen 50 und 80 Prozent. Nach dem ElektroG werden umfassend Daten zu den EAG erhoben, ausgewertet, den vorgeschriebenen Mindestquoten gegenübergestellt und in einer bundesweiten Statistik zusammengefasst. Für Baden-Württemberg stehen auch die Sammelmengen zur Verfügung – allerdings sind hierbei nur die Abfallmengen berücksichtigt , die über die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gesammelt wurden . EAG, die durch Hersteller und Vertreiber gesammelt wurden, wurden nicht berücksichtigt. Insoweit fallen die Mengen zu gering aus. Die Ermittlung länderspezifischer Wiederverwendungs- und Verwertungsquoten wäre schwierig , da die entsprechenden Materialströme länderübergreifend sind. Die Auswertungen der o. g. bundesweiten Daten erfolgen im Zwei-Jahres-Rhythmus. Die aktuell verfügbaren Daten umfassen die Jahre 2006 bis 2008; die Ergebnisse für 2009 und 2010 werden noch zusammengestellt. Die Zahlen für 2006 bis 2008 sind z. B. in dem Bericht der Bundesregierung zu den abfallwirtschaft - lichen Auswirkungen der §§ 9 bis 13 des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (BT-Drs. 17/4517) enthalten. Die Sammelmengen für Baden-Württemberg sind vom Statistischen Landesamt für die Jahre bis 2010 veröffentlicht. Insgesamt wurden aus privaten Haushalten folgende Mengen gesammelt (Sammelmengen in kg/Einwohner): Hinweis: Wegen vorhandener Unterschiede in der Datenerhebung ist ein Vergleich der bundesweit und der landespezifischen Daten nur eingeschränkt möglich – siehe vorstehender Text. Die Vorgabe von vier Kilogramm pro Einwohner und Jahr wurde deutlich überschritten . Der Rückgang der gesammelten Menge in Baden-Württemberg im Jahr 2010 ist laut Statistischem Landesamt auf eine verstärkte gewerbliche Sammeltätigkeit zurückzuführen. Die Daten bezüglich Verwertung und Recycling werden entsprechend der Vorschriften für Gerätekategorien erhoben. Jahr Sammelmenge, bundesweit Sammelmenge, Baden-Württemberg 2006 8,7 6,5 (hochgerechneter Wert) 2007 6,3 6,8 (hochgerechneter Wert) 2008 7,8 7,0 (hochgerechneter Wert) 2009 Liegen noch nicht vor 8,1 ( hochgerechneter Wert) 2010 Liegen noch nicht vor 7,4 17 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 Verwertungsquoten für EAG nach Gerätekategorien (in Prozent): Quoten für Wiederverwendung und Recycling von Komponenten und Bauteilen (in Prozent): Auch bei den Quoten wurden die Ziele deutlich überschritten. Derzeit findet auf europäischer Ebene eine Überarbeitung der WEEE-Richtlinie statt. Dabei sind auch neue Sammelziele in der Diskussion – näheres dazu siehe in der Antwort zu Frage 18. Ein Inkrafttreten der neuen Richtlinie ist für dieses Jahr nicht mehr zu erwarten. Kategorie 2006 2007 2008 Gesetzlicher Mindestwert 1 Haushaltsgroßgeräte 91 94 94 80 2 Haushaltskleingeräte 92 92 94 70 3 Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik 95 95 95 75 4 Geräte der Unterhaltungselektronik 95 94 95 74 5 Beleuchtungskörper 100 96 93 70 5 a Gasentladungslampen 96 99 98 80 6 Elektrische und elektronische Werkzeuge 84 94 95 70 7 Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte 83 93 92 70 8 Medizinprodukte ohne implantierte und infektiöse Produkte 95 95 93 keine Vorgabe 9 Überwachungs- und Kontrollindustrie 69 95 94 70 10 Automatische Ausgabegeräte 94 96 96 80 Mittel 92 94 94 keine Vorgabe Kategorie 2006 2007 2008 Gesetzlicher Mindestwert 1 Haushaltsgroßgeräte 84 85 85 75 2 Haushaltskleingeräte 67 73 73 50 3 Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik 78 81 82 65 4 Geräte der Unterhaltungselektronik 78 81 80 65 5 Beleuchtungskörper 88 80 75 50 5 a Gasentladungslampen 95 97 99 80 6 Elektrische und elektronische Werkzeuge 70 74 76 50 7 Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte 70 71 77 50 8 Medizinprodukte ohne implantierte und infektiöse Produkte 82 77 81 keine Vorgabe 9 Überwachungs- und Kontrollindustrie 59 80 79 50 10 Automatische Ausgabegeräte 64 88 92 75 Mittel 81 82 82 keine Vorgabe Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 18 Aus der Abfallbilanzerhebung gem. § 16 LAbfG geht für das Jahr 2010 eine über kommunale Annahmestellen erfasste Menge an Elektro- und Elektronikaltgeräten von knapp 80.000 Tonnen aus dem häuslichen Bereich bzw. Kleingewerbe in Baden -Württemberg hervor. Über den Wiederverwertungsgrad dieser knapp 80.000 Tonnen kann keine belastbare Aussage getroffen werden, da die Verwertung offenbar auch überregional erfolgt . Aus der Erhebung über die Erstbehandlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten (§ 5 Abs. 3 UStatG) geht eine Menge von 71.000 Tonnen hervor, die erstmals in Baden-Württemberg einer Behandlung zugeführt wurden. 14. Inwieweit hält sie es für sinnvoll, auch Elektroschrott und/oder Haushaltskleingeräte mittels der Wertstofftonne zu entsorgen und der Wiederverwertung zuzuführen? Nach dem ElektroG gilt der Grundsatz, dass Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EAG) gesammelt und anschließend durch die Hersteller verwertet werden. Im Rahmen des Planspiels zur Fortentwicklung der Verpackungsverordnung wurde auch eine Miterfassung von kleinen EAG (nicht zu verwechseln mit der Kategorie Hauskleingeräte gemäß ElektroG) geprüft. Die Datenbasis für eine abschließende Bewertung einer solchen Miterfassung ist derzeit nicht eindeutig, hierfür wären weitere Untersuchungen erforderlich. Nach der aktuellen Datenbasis wird insbesondere die Sortierung negativ bewertet, die ökologische Vorteilhaftigkeit indifferent (negativ bis positiv). Angesichts dieser Informationslage erachtet die Landesregierung die Miterfassung von Elektrokleingeräten derzeit als nicht sinnvoll. Allenfalls könnte durch eine „Sack-in-Behälter-Lösung“ die Gefahr der Verunreinigung z. B. durch Altbatterien reduziert werden. 15. Welche Kontrollmechanismen sind auf Bundes- und Landesebene vorgesehen, um sicherzustellen, dass auch tatsächlich eine ökologisch sinnvolle Verwertung der erfassten Wertstoffe erfolgt (und nicht z. B. unter menschenunwürdigen und gesundheitsgefährdenden Bedingungen im Ausland)? In den letzten Jahren wurden in den Medien über die schlechten Bedingungen, unter denen z. T. in Afrika und Asien Elektroaltgeräte verwertet werden, berichtet. Negative Langzeitfolgen für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt sind zu erwarten. Außerdem sind die gewonnenen Mengen an Wertstoffen geringer als in Verfahren nach dem Stand der Technik; ein großer Teil der Ressourcen geht so verloren. Vom Bundesministerium für Umwelt/Umweltbundesamt wurde das Forschungsvorhaben „Optimierung der Steuerung und Kontrolle grenzüberschreitender Stoffströme bei Elektroaltgeräten/Elektroschrott“ beauftragt. Mit dem Vorhaben wurde der Export von gebrauchten Elektrogeräten und von Elektroaltgeräten soweit wie möglich auf empirischer Basis erfasst; es wurden Ansätze, Maßnahmen und Regelungsstrukturen zur Optimierung des Umwelt-, Gesundheits- Kommunales Aufkommen an Elektro-/Elektronikaltgeräten sowie Gasentladungslampen in Baden-Württemberg seit 2008 Jahr Elektro-/ Elektronikaltgeräte, Leuchtstoffröhren/ Gasentladungslampen Davon Kühlgeräte Haushalts- großgeräte1) Büro-, IT-Geräte, Unterhaltungselektronik 2) Leuchtstoffröhren/ Gasentladungslampen t kg/Ea t 20083) 75.715,4 7,0 15.394,0 13.766,4 46.162,6 392,4 20093) 87.274,1 8,1 16.296,7 17.492,9 53.084,0 400,6 2010 79.671,5 7,4 15.090,7 14.586,5 49.583,1 411,2 1) Einschließlich automatischer Ausgabegeräte. 2) Einschließlich andere Elektro-/Elektronikaltgeräte z.B. elektrisches Spielzeug, elektrische Werkzeuge. Ab 2006 einschließlich Haushaltskleingeräte. 3) Hochgerechnete Werte. 19 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 und Ressourcenschutzes entwickelt. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat im Anschluss – unter Einbeziehung der Vollzugserfahrungen der Länder – eine Inspektionsstrategie entwickelt und die Anwendung dieser Strategie auf ihrer Sitzung am 5./6. April 2011 empfohlen. Soweit der Vollzug in Baden -Württemberg erfolgt, sind weitgehend die unteren Abfallbehörden betroffen. Eine Information und Diskussion über die sechs vorgeschlagenen Maßnahmen hat auf der jüngsten Fachdienstbesprechung Abfall des Umweltministeriums stattgefunden : a) Risikoprofile für die Abfallverbringung Die Länder sollten der Bundesfinanzdirektion Südost bei der Erstellung von Risikoprofilen für den Bereich Abfallverbringung verstärkt zuarbeiten. Die so erweiterten Risikoprofile können dann vom Zoll in das Zollabfertigungssystem ATLAS implementiert werden. b) Bekämpfung der unerlaubten Wegnahme (vgl. § 11 LAbfG) bei der Sperrmüllabfuhr , vor der Geräteanlieferung an Sammelstellen/Recyclinghöfen und während des Transportes von der Übergabestelle an die Erstbehandlungsanlage Die Problematik der unerlaubten Wegnahme besteht nicht nur bei der Sperrmüllabfuhr , sondern auch vor der Geräteanlieferung an Sammelstellen/Recyclinghöfen und während des Transportes von der Übergabestelle an die Erstbehandlungsanlage . Mögliche Maßnahmen gegen diese unerlaubten Wegnahme sind • die Erweiterung des Angebotes von Sammelstellen insbesondere in den Flächenstaaten, • die sperrmüllbegleitende oder getrennte Abholung von Großgeräten und ggf. auch von Kleingeräten aus Privathaushalten zu individuell vereinbarten Terminen, • eine periodische Überwachung fester Sperrmülltermine (sofern diese noch lokal angeboten werden) durch gemeinsam von Polizei und Abfallbehörden durchgeführte Kontrollen, • Kontrollen zur Bekämpfung der unzulässigen Abgabe durch Bürger/Ge - werbe an den informellen Sektor bei der Anlieferung zur Entsorgung vorgesehener EAG an Sammelstellen/Recyclinghöfen, • Einsatz eines Sicherungssystems (z. B. Durchziehplombe) gegen unerlaubte Entnahmen bzw. Veränderungen des Behälterinhalts an dem zur Abholung bereit gestellten Container vor Transport in die Erstbehandlungsanlage. Die präventive und gezielte Aufklärung der privaten Haushalte durch ent - sprechende Informationen der kommunalen Entsorgungsträger ist insbesondere auch im Kontext der unerlaubten Wegnahme eine effektiv und kurzfristig umsetzbare Maßnahme. c) Öffentlichkeitsarbeit Die Pressearbeit (z. B. Berichte über Abfalltransportkontrollen und tatsächliche Märkte und Handhabung der exportierten Geräte in den Zielländern) sollte verstärkt werden (Beispiele siehe Anhang). Durch eine gezielte Aufklärung der Öffentlichkeit durch Behörden und Hersteller in Form von Merkblättern, Broschüren, Leitfäden oder informativen Serviceseiten der Entsorgungsträger sollte zur Bewusstseinsbildung beigetragen werden. Weiterhin bieten sich Initiativen auf Landes- und Bundesebene in Kooperation mit den jeweiligen IHKs, den Verbänden sowie den Herstellern an (beispielsweise zur Information von Groß- und Einzelhändlern über die Unzulässigkeit der Abgabe zurückgenommener, ungeprüfter Geräte an Dritte). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 20 d) Identifikation von Sammelplätzen für gebrauchte Elektrogeräte Grundsätzliches Kriterium für die Einstufung als „Sammelplatz“ ist, dass eine gewerbliche Nutzung vorliegt, bei der mit mehr als der haushaltsüblichen Menge von gebrauchten Elektrogeräten bzw. Elektroaltgeräten umgegangen wird (z. B. gesammelt, gehandelt, gelagert, gepackt oder repariert). Das Abfallrecht allein reicht zur effizienten Identifizierung von Sammelplätzen für gebrauchte Elektrogeräte nicht aus. Deshalb sollten neben den für den Vollzug des Abfallrechts zuständigen Behörden auch Dienststellen, die andere Rechtsgebiete vollziehen, beteiligt werden. Zu diesen Dienststellen zählen beispielsweise die Polizei- und Zollbehörden, die Genehmigungs- und Über - wachungsbehörden gemäß BImSchG, die Gewerbeaufsichtsämter, die Ämter für Arbeitssicherheit oder Verbraucherschutz sowie ggf. auch die Feuerwehr. Auch innerhalb einer Behörde sollten Erkenntnisse durch einen gegenseitigen Informationsaustausch weitergegeben werden. Insbesondere Mitarbeiter mit häufigen Außenterminen (z. B. Bauamt, Naturschutzamt, Arbeitssicherheit) sollten sensibilisiert werden, um entsprechende Vor-Ort-Erkenntnisse intern weiterzuleiten. e) Überwachung und Kontrolle von Verbringungen und Anlagen, u. a. von Sammelplätzen für gebrauchte Elektrogeräte Identifizierte Sammelplätze, Abfalltransporte sowie EU-Außengrenzen sollten hinsichtlich illegaler Verbringungen von EAG schwerpunktmäßig überwacht werden. Zu den Überwachungsmaßnahmen zählen sowohl Regel- als auch Anlasskontrollen . Die Kontrollen sollten in Abstimmung und Kooperation mit den jeweils zuständigen Behörden durchgeführt werden. f) Zusammenarbeit der Behörden Die Zusammenarbeit der Abfallbehörden auf Länderebene und regionaler Ebene untereinander sowie die Zusammenarbeit der Abfallbehörden mit den jeweiligen Kontrollbehörden (Zoll, Polizei oder BAG), ggf. den Strafverfolgungsbehörden bzw. den kommunalen Dienststellen auf regionaler Ebene sollte intensiviert werden. Dies kann beispielsweise durch entsprechende Verwaltungsvereinbarungen, gemeinsame Schulungen, Workshops, Schwerpunktkontrollen oder regelmäßige gemeinsame Dienstbesprechungen erreicht werden. P e r s p e k t i v e 16. Welche mittel- und langfristige Perspektive für die stoffliche und energetische Verwertung der erfassten Wertstoffe sieht sie und mit welchen (rechtlichen und anderen) Maßnahmen des Bundes und des Landes wären diese erreichbar ? Mittel- und langfristig werden nach einem Gutachten des ATZ Entwicklungszentrums , Prof. Faulstich, erstellt im Auftrag des Umweltministeriums, für die stoff - liche und energetische Verwertung folgende Handlungsfelder gesehen: Wertstoffe Die Erfassungsmenge an Wertstoffen beträgt aktuell 163 kg pro Einwohner und Jahr. Für die Zukunft wird von einem zusätzlich mobilisierbaren Potenzial von ca. 5 kg pro Einwohner und Jahr ausgegangen. Entscheidend für die Wertstoffabschöpfung ist die Art des Erfassungssystems. Unter Zugrundelegung, dass für den jeweiligen Wertstoff das am besten geeignete Erfassungssystem eingesetzt wird, würde sich eine einwohnerspezifisch zusätzliche Wertstoffmenge von 12 kg pro Einwohner und Jahr ergeben, so dass insgesamt 175 kg pro Einwohner und Jahr an trockenen Wertstoffen erfasst werden könnten. Aus der Sicht des Umweltministeriums wäre mit der Einführung der sogenannten Wertstofftonne entsprechend den Vorschlägen aus dem Planspiel (siehe Antwort 21 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 zu Frage 9) das Erfassungspotenzial an Wertstoffen weitestgehend ausgereizt. Bezüglich der Abschöpfung von sortenreinen Sekundärrohstoffen aus dem erfassten Wertstoffgemisch sind zwar mit dem derzeitigen Stand der Sortiertechnik sicherlich noch Mengensteigerungen möglich, die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit müsste jedoch im Einzelfall geprüft werden. Außerhalb des Rechtsregimes der Verpackungsverordnung, mit deren Hilfe die Entsorgung von Verkaufsverpackungen über Lizenzgebühren bezahlt wird, ist die Menge an erzeugten Sekundärrohstoffen in starkem Maße vom Marktwert dieser Stoffe abhängig. Um ein hochwertiges Recycling sicherzustellen, bedarf es daher parallel rechtsverbind - licher Vorgaben bezüglich der Verwertungsart und der Verwertungsquoten. Bio- und Grünabfälle Bislang werden Bioabfälle in 33 Stadt- und Landkreisen getrennt erfasst und zu 30 % durch Vergärung energetisch genutzt. Ein größeres Optimierungspotenzial wird durch den Anschluss weiterer bislang nicht an eine Biotonne angeschlossener Landkreise sowie durch eine verbesserte Abschöpfung des Bioabfalls aus den Haushalten und durch die Nachrüstung der Kompostierungsanlagen gesehen. Hausmüll Der Hausmüll enthält ein beachtliches Potenzial sowohl an trockenen Wertstoffen als auch an Bioabfällen. Durch Umstellung und Optimierung der Erfassungssys - teme kann ein erheblicher Anteil der im Restabfall enthaltenen Wertstoffe für eine im Sinne der neuen Abfallhierarchie hochwertige Nutzungsform verfügbar gemacht werden. Das Umweltministerium sieht Möglichkeiten zur Steigerung der stofflichen und energetischen Materialflüsse bei Wertstoffen, Bio- und Grünabfällen insbesondere bei den materiellen Vorgaben im Rahmen der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes , aber auch in einer Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit. Die Bürger sollen für die getrennte Wertstofferfassung und die damit verbundene Ressourcenschonung stärker sensibilisiert werden. Parallel dazu sind die Erfassungswege für Bioabfälle und Grüngut weiter zu optimieren sowie die erforderlichen Behandlungsanlagen für Bioabfälle im Land mit Vergärungsstufen aufzubauen. Eine Entsorgung von Bioabfällen außerhalb des Landes sollte danach nicht mehr notwendig sein. Das Umweltministerium hat einen Leitfaden zur Optimierung des Systems der Bio- und Grünabfallverwertung erstellt. Der Leitfaden soll den öffentlich-recht - lichen Entsorgungsträgern als Handlungshilfe dienen; er wird in Kürze veröffentlicht . 17. Welchen Änderungsbedarf sieht sie am derzeit in der Novellierung befind - lichen Kreislaufwirtschaftsgesetz? Das Land wird sich im anstehenden Vermittlungsverfahren auf Bundesebene nachdrücklich für die Belange der Kommunen auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft einsetzen. Baden-Württemberg plädiert dabei für eine konzeptionelle Ausgestaltung der §§ 17 u. 18 E-KrWG (derzeitige Rechtslage § 13 KrW-/AbfG), die den Kernbereich der kommunalen Daseinsvorsorge auch in Zukunft wirksam absichert . Dazu gehört die eindeutige Festlegung, dass gemischte Haushaltsabfälle und vergleichbare Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen auf jeden Fall den öffentlich -rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen sind. Aber auch separierte Wertstoff-Fraktionen aus den Haushaltsabfällen wie Kunststoffe, Altpapier oder Altkleider müssen aus Gründen der öffentlichen Daseinsvorsorge grundsätzlich weiterhin der Überlassungspflicht unterliegen. Ausnahmen davon zugunsten von gewerblichen Sammlungen, mit denen keine privaten Parallelstrukturen bei der Hausmüllentsorgung aufgebaut werden dürfen (kontraproduktiver Sammlungsbegriff in § 3 Absatz 18 E-KrWG), bedürfen einer präzisierenden, wenn nötig res - triktiv wirkenden rechtlichen Regelung auf der Basis der Sammlungs- und Entsorgungsstandards , die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Altpapier-Urteil vom Juni 2009 umschrieben hat. Für die Konkretisierung und Geltendmachung Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 22 der unter Umständen entgegenstehenden öffentlichen Interessen sind mehrere Varianten denkbar: Materiell-rechtliche Umschreibung von zu fordernden Entsorgungs -Standards, ein Anzeige-/Nachweis-/Kontrollverfahren oder besser ein präventiver Zustimmungsvorbehalt der Vollzugsbehörde, wobei die Erteilung der Genehmigung unter Widerrufsvorbehalt oder befristet möglich sein muss. Die Regelungen zur Überlassungspflicht nach § 17 E-KrWG stellen eine Aus - nahme vom Verursacherprinzip hinsichtlich der Abfall-Verwertung und -Beseitigung dar. Sinn und Zweck dieser Überlassungspflichten ist es, dem Prinzip der Daseinsvorsorge Rechnung zu tragen. Die Daseinsvorsorge ist im Grundgesetz verankert. Sie wird aus dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG bzw. der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG abgeleitet. Zur Daseinsvorsorge zählt insbesondere, dass die Bevölkerung mit bestimmten lebenswichtigen und lebensnotwendigen Gütern und Leistungen, u. a. Wasser, Elektrizität, öffentliche Verkehrsmittel, Bildungs- und Sportstätten versorgt wird. Die Entsorgung von Siedlungsabfällen ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Damit steht die Überlassungspflicht zugunsten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsunternehmen in engem Zusammenhang mit der grundgesetzlich verankerten Daseinsvorsorge sowie den Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, die in ihrem Gebiet angefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen zu verwerten oder zu beseitigen. Die Überlassungspflicht bzw. die Entsorgungszuständigkeit der öffentlich-recht - lichen Entsorgungsträger muss auch ausdrücklich für den sogenannten Geschäftsmüll beibehalten bleiben. Durch eine entsprechende Ergänzung in § 17 E-KrWG muss der bisherige hausmüllähnliche Gewerbeabfall zur Beseitigung, der zur Erfassung mit den üblichen haushaltsnahen Sammelsystemen geeignet ist, auch dann weiterhin unter die Überlassungspflicht fallen, wenn diese Fraktion des gemischten Siedlungsabfalls den Status von Verwertungsabfall erlangt. Andernfalls droht in diesem Bereich eine faktische Vollprivatisierung der Gewerbeabfallentsorgung mit der Folge beliebig vieler gewerblicher Tonnen auf den Straßen und einer erheblichen gebührenwirksamen Minderung des kommunalen Abfallaufkommens . Über das aktuelle Gesetzgebungsverfahren hinaus wird sich die Landesregierung auch in der Diskussion um die grundsätzlich zu begrüßende Einführung der Wertstofferfassung im Hausmüll („Wertstofftonne“) für ein kommunalfreundliches Modell einsetzen. Dieses Modell wurde in der Vergangenheit zu Unrecht vorschnell als Ausdruck „überkommener Rekommunalisierungsgedanken“ eingestuft . Zu Unrecht deshalb, weil es nicht bedeutet, dass Kommunen selbst die Aufgaben operativ übernehmen müssten. Sie könnten, wie in vielen Fällen heute schon, die Wertstofferfassung organisieren und die Ausschreibung für Sortierung und Verwertung in die Hand nehmen. Die private Entsorgungswirtschaft würde dabei, sofern keine Erledigung durch einen Eigenbetrieb stattfindet, im Wege der Ausschreibung nicht weniger an diesen Aktivitäten wirtschaftlich teilhaben können, als sie es jetzt schon aufgrund der Ausschreibung durch Duale Systeme und die öffentlich-rechtlichen Entsorger im Bereich des Hausmülls und der Verpackungsabfälle tut. Damit können mancherorts befürchtete negative arbeitsmarkt-, mittelstands- und entwicklungspolitische Einflüsse vermieden werden. In der Konsequenz führt dieses Prinzip allerdings dazu, dass getrennt gesammelte Wertstoffe nur über den Weg von Ausschreibungen in die Verwertung und damit in die private Entsorgungswirtschaft gelangen werden. Der Landesumweltminister hatte sich in den genannten Punkten bereits an Herrn Bundesumweltminister gewandt und eine stärkere Berücksichtigung der kommunalen Belange auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft eingefordert. Er brachte zudem die Befürchtung zum Ausdruck, dass sich die Kommunen am Ende nur noch um den nicht verwertbaren Restmüll zu kümmern haben, während die Gewinne allein von privaten Entsorgern abgeschöpft werden. Die Landesregierung wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass die hocheffizienten öffentlichen Entsorgungs -Strukturen in Baden-Württemberg und die kommunale Daseinsvorsorge im Bereich der Abfallentsorgung nicht gefährdet werden. Festzustellen ist, dass Baden -Württemberg im bundesweiten Vergleich die niedrigsten Müllgebühren aufweist . 23 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 18. Welche Strategie verfolgt sie, um eine möglichst hohe Rücklaufquote von Energiesparlampen , Batterien und Altakkus sowie Elektronikschrott (wie z. B. alten Mobiltelefonen) zu erreichen? Bei den Batterien werden die Daten getrennt für Gerätebatterien, Fahrzeugbatterien und Industriebatterien erhoben. Die Rücknahmepflichten nach § 5 Batteriegesetz (BattG) für Geräte-Altbatterien wurden im Jahr 2009 (hierfür sind die aktuellen Daten verfügbar) durch die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien und zwei herstellereigene Rücknahmesysteme wahrgenommen. Die Sammelquote dieser drei Systeme betrug 2009 44,4 Prozent. Sie übertrifft die Vorgabe nach dem BattG von 35 Prozent für 2012 und erreicht fast die Vorgabe von 45 Prozent, die für 2016 im BattG festgelegt sind. Die Verwertungsquote betrug 90,5 Prozent. Die hohen Sammelquoten werden auch durch die hohe Dichte der Sammelstellen erreicht. Insgesamt gibt es über 170.000 Stellen, davon 140.000 im Handel, an denen Geräte-Altbatterien abgegeben werden können. Bezüglich der Fahrzeugbatterien werden die Daten vom Zentralverband Elektrotechnik - und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) zusammengestellt und durch das Umweltbundesamt veröffentlicht. Die Rücklaufquoten betrugen 75 Prozent im Jahr 2007, 67 Prozent im Jahr 2008 und 79 Prozent im Jahr 2009. Das Umweltbundesamt geht für Deutschland dennoch von einem nahezu vollständigen Rücklauf der Batterien aus, da ein Teil der Batterien mit dem Fahrzeug exportiert wird und diese dann nicht in Deutschland erfasst werden. Nach ZVEI-Angaben betrug die Verwertung der Fahrzeugbatterien nahezu 100 Prozent für den Kunststoffanteil und die Schwefelsäure. Vom Bleianteil wurden 97 Prozent als Blei verwertet und 3 Prozent als Schlacke (Deponiebau) entsorgt. Für Industriebatterien betrugen die Rücklaufquoten 64 Prozent im Jahr 2007, 56 Prozent im Jahr 2008 und 68 Prozent im Jahr 2009. Industriebatterien sind überwiegend Bleibatterien; dementsprechend sind die Verwertungsquoten identisch mit denen der Fahrzeugbatterien. Soweit in Industriebatterien Kupfer eingesetzt wurde, wurde dies zu nahezu 100 Prozent verwertet. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse sieht die Landesregierung in diesem Produktsegment aktuell keinen Handlungsbedarf. Elektro-Altgeräte (EAG) insgesamt werden bereits in beachtlichen Mengen gesammelt . Neben den ökologischen Gründen sprechen auch ökonomische Überlegungen für eine Steigerung des Sammelns und Verwertens von EAG. Elektround Elektronikgeräte enthalten zum Teil wertvolle Metalle, Gold, Silber, Seltene Erden. Dies ist z. B. bei Handys der Fall. Der Goldgehalt einer Tonne Handys beträgt etwa 250 Gramm. Der Goldgehalt von Handys ist damit etwa 40-mal höher als bei Golderz. Wiederverwendung und das Verwerten sind hier gewinnerzielend . Bei manchen dieser Stoffe kann es in naher Zukunft zu Knappheit kommen und damit verbunden zu deutlichem Preisanstieg. Daher wird ein Anstieg der Sammlung und Verwertung erwartet. Auch vor diesem Hintergrund findet aktuell eine Überarbeitung der (europä - ischen) WEEE-Richtlinie statt. In der Diskussion sind neue Sammel- und Wiederverwendungs - bzw. Verwertungsziele. Nach dem Standpunkt des EU-Rats soll nicht mehr eine Mindestsammelmenge (kg/Ea) sondern eine Mindestsammelquote festgelegt werden. Diese Quote soll über 45 Prozent (vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie) auf 65 Prozent (acht Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie) steigen – jeweils bezogen auf den Durchschnitt der in den drei vorangegangenen Jahren verkauften Elektro- und Elektronikgeräte. Gemäß einer Studie der United Nations University Bonn entspricht die Quote von 45 Prozent in Deutschland für das Jahr 2013 12 kg/Ea. Der Gegenvorschlag aus dem Europäischen Parlament fordert eine Mindestsammelquote von 85 Prozent, wobei der Bezugswert erst später festgelegt werden soll. Ein Inkrafttreten der neuen Richtlinie ist für dieses Jahr nicht mehr zu erwarten. Eine besondere Produktkategorie stellen die Kompaktleuchtstofflampen (Energiesparlampen ) dar. Technologisch bedingt enthalten diese Lampen Quecksilber; damit verbunden ist eine potenzielle Gesundheitsgefahr und Umweltgefahr. Derzeit können ausgediente Energiesparlampen in den meisten Abfall-Sammelhöfen der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 532 24 kommunalen Entsorgungsbetriebe entsorgt werden, die Elektroschrott sammelt. Hier sind die Entsorgungsbetriebe zu noch verbrauchernäheren Erfassungsmöglichkeiten aufgerufen. Außerdem nehmen bereits etliche Geschäfte freiwillig Energiesparlampen zurück. Das Sammeln und Verwerten der Energiesparlampen erfolgt hier weitgehend durch die Firma Lightcycle Retourlogistik und Service GmbH. Hierbei handelt es sich um ein nicht gewinnorientiertes Unternehmen, welches 2005 als Rücknahme-System von LED- und Gasentladungslampen (Energiesparlampen) von führenden Lampenherstellern gegründet wurde. Im Internet können unter der Adresse www.lightcycle.de unter Eingabe der Postleitzahl die nächstgelegenen Rücknahmestellen leicht ausfindig gemacht werden. Durch entsprechende Nachfrage nach einem „Rücknahme-Service“ können auch solche Betriebe zum Mitmachen anregt werden, die hierzu bisher noch nicht bereit sind. Durch eine Vergrößerung des Rücknahme-Netzes kann der Handel schließlich einen Anteil zum Bürokratieabbau leisten. Falls die Sammelquote nicht signifikant steigt und der Handel eine flächendeckende Rücknahme von Energiesparlampen auf freiwilliger Basis nicht ermöglicht, werden gesetzliche Maßnahmen unumgänglich sein. Die Landesregierung befindet sich mit dieser Einschätzung in Über - einstimmung mit der Umweltministerkonferenz, die eine entsprechende Forderung an die Wirtschaft gerichtet hat, zuletzt auf der Konferenz am 27. Mai 2011. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft