Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 5345 20. 06. 2014 1Eingegangen: 20. 06. 2014 / Ausgegeben: 22. 07. 2014 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Trifft es zu, dass nur 75 von 256 Landestellen für Rettungshubschrauber in Baden-Württemberg den künftig strengeren Richtlinien entsprechen? 2. Seit wann sind ihr die Vorschriften bekannt? 3. Wie hat sie darauf hingewirkt, dass die strengeren Richtlinien für die Landeplätze rechtzeitig eingehalten werden? 4. Welche Notfallrettungslandeplätze sind aufgrund der einzuhaltenden Richt - linien von der Schließung bedroht? 5. Wie viele Hubschrauberlandeplätze gibt es in der Region Heilbronn-Franken? 6. Welche Landeplätze in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Main-Tauber sind weiter anfliegbar bzw. werden zukünftig nicht mehr nutzbar sein? 7. Welche Auswirkungen für das Rettungswesen in Baden-Württemberg, spe - ziell in der Region Heilbronn-Franken, werden die EU-Vorgaben bewirken? 8. Welche Möglichkeiten der Abhilfe sieht sie? 9. Ist sie, wie die Landesregierung in Rheinland-Pfalz, bereit, eine Aussetzung bzw. eine Verschiebung des Inkrafttretens dieser strengen Richtlinien zu beantragen ? 10. Mit welchen Kosten ist für eine Nachrüstung gemäß den Richtlinien zu rechnen ? 17. 06. 2014 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Innenministeriums Erfüllung der strengeren Richtlinien für Landeplätze für Rettungshubschrauber in der Region Heilbronn-Franken Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5345 2 B e g r ü n d u n g Nach einer EU-Verordnung gelten für die Landeplätze für Rettungshubschrauber künftig strengere Richtlinien. Demnach erfüllen nur ein geringer Teil der derzei - tigen Landeplätze die Voraussetzungen der umzusetzenden EU-Verordnung. Ab dem 28. Oktober 2014 soll die Verordnung endgültig greifen. Es besteht die Gefahr , dass die Versorgung in der Notfallrettung eine wesentliche Verschlechterung der Notfallversorgung erfährt. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf und Unterstützung. A n t w o r t Mit Schreiben vom 15. Juli 2014 Nr. 4-5461.4-0/0/4 beantwortet das Innenminis - terium, das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Trifft es zu, dass nur 75 von 256 Landestellen für Rettungshubschrauber in Baden -Württemberg den künftig strengeren Richtlinien entsprechen? Zu 1.: In Deutschland besteht für das Starten und Landen von Luftfahrzeugen, d. h. auch von Hubschraubern, grundsätzlich Flugplatzzwang. Demnach sind auch Hubschrauberlandeplätze in der Regel nach § 6 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) zu genehmigen. In Baden-Württemberg gibt es derzeit 61 nach § 6 LuftVG als Flugplatz genehmigte Hubschrauberlandeplätze für die Luftrettung. Der Betrieb an den nach § 6 LuftVG genehmigten Landeplätzen an Krankenhäusern wird durch die strengeren Anforderungen der neuen Verordnung (EU) Nr. 965/2012 grundsätzlich nicht beeinträchtigt . In Ausnahmefällen können die Regierungspräsidien als zuständige Luftfahrtbehörden nach § 25 Abs. 1 LuftVG bei geringem Flugaufkommen Außenlandegenehmigungen erteilen. Außerdem sieht § 25 Abs. 2 Nr. 2 LuftVG vor, dass Landungen , die zur Hilfeleistung bei einer Gefahr für Leib oder Leben erforderlich sind, ohne Genehmigung zulässig sind (sog. „Außenlandestellen“), wenn der Pilot dies für sicher und durchführbar hält. Diese Landestellen unterliegen keiner behördlichen Genehmigungspflicht und keiner Aufsicht. Von dieser Möglichkeit wird bisher in der Praxis der Luftrettung auch an Krankenhäusern in Baden-Württemberg häufig Gebrauch gemacht. Auch an diesen Landestellen kann weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen Betrieb stattfinden, wenn sie als „Örtlich keiten von öffentlichem Interesse“ (Public Interest Site/PIS) entsprechend Artikel 6 Abs. 6 dieser EU-VO unter bestimmten, z. T. von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen erfasst und überprüft worden sind. Der dafür zuständige Bund hat diese Bedingungen bisher nur vorläufig festgelegt. Die Luftrettungsorganisationen sind mit dem für die Erlaubniserteilung zuständigen Luftfahrbundesamt dabei, danach eine Liste möglicher Landestellen zusammenzustellen und die notwendigen Flugverfahren und Unterlagen zu erstellen. Das Ergebnis bleibt abzuwarten . Bis dahin sind belastbare Aussagen zu den konkreten Auswirkungen nicht möglich. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Landestellen, die ggf. nicht mehr genutzt werden können, aber auch mit Bezug auf die finanziellen Aufwendungen durch erforderliche Nachrüstungen. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5345 2. Seit wann sind ihr die Vorschriften bekannt? 3. Wie hat sie darauf hingewirkt, dass die strengeren Richtlinien für die Landeplätze rechtzeitig eingehalten werden? Zu 2. und 3.: Die genauen Anforderungen an „Örtlichkeiten von öffentlichem Interesse“ sind vom Bund bis heute noch nicht verbindlich festgelegt. 4. Welche Notfallrettungslandeplätze sind aufgrund der einzuhaltenden Richtlinien von der Schließung bedroht? Zu 4.: Wie in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, können belastbare Aussagen zu den konkreten Auswirkungen der neuen Anforderungen erst nach Fertigstellung der Liste möglicher „Örtlichkeiten von öffentlichem Interesse“ (PIS) getroffen werden. 5. Wie viele Hubschrauberlandeplätze gibt es in der Region Heilbronn-Franken? Zu 5.: In der Region Heilbronn-Franken gibt es sieben nach § 6 LuftVG genehmigte Hubschrauberlandeplätze an Krankenhäusern (Bad Mergentheim, Heilbronn, Löwen - stein, Möckmühl, Bad Friedrichshall-Plattenwald, Schwäbisch Hall und Tauber - bischofsheim). 6. Welche Landeplätze in den Landkreisen Schwäbisch Hall und Main-Tauber sind weiter anfliegbar bzw. werden zukünftig nicht mehr nutzbar sein? Zu 6.: Im Landkreis Schwäbisch Hall ist der Hubschrauberlandeplatz am Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall und im Landkreis Main-Tauber derjenige beim Krankenhaus Tauberbischofsheim nach § 6 LuftVG genehmigt. Ferner liegt ein ent - sprechender Genehmigungsantrag für das Krankenhaus in Wertheim vor. Im Üb - rigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 7. Welche Auswirkungen für das Rettungswesen in Baden-Württemberg, speziell in der Region Heilbronn-Franken, werden die EU-Vorgaben bewirken? Zu 7.: Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 8. Welche Möglichkeiten der Abhilfe sieht sie? Zu 8.: Rettungsdienst und Krankenhausversorgung sind zentrale Elemente der Daseinsvorsorge , die uneingeschränkt gewährleistet bleiben müssen. Die Landesregierung wird sich dazu alle notwendigen und gebotenen Maßnahmen vorbehalten. Zunächst bleibt jedoch abzuwarten, ob und ggf. in welcher Form durch die unter Ziffer 1. angeführte Bestandserhebung Handlungsbedarf generiert wird. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5345 4 9. Ist sie, wie die Landesregierung in Rheinland-Pfalz, bereit, eine Aussetzung bzw. eine Verschiebung des Inkrafttretens dieser strengen Richtlinien zu beantragen ? Zu 9.: Die EU-VO 965/2012 gilt nach Artikel 10 grundsätzlich ab dem 28. Oktober 2013. Die Mitgliedstaaten haben aber die Möglichkeit, die Anwendung bis zum 28. Oktober 2014 auszusetzen. Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht , sodass die EU-VO ab dem 29. Oktober 2014 zur Anwendung kommt. Eine weitere Möglichkeit zur Verzögerung der Anwendung sieht die Verordnung nicht vor. 10. Mit welchen Kosten ist für eine Nachrüstung gemäß den Richtlinien zu rechnen ? Zu 10.: Hierzu wird grundsätzlich auf die Antworten zu den Fragen 1 und 8 verwiesen, wonach derzeit noch keine Aussage zu der Höhe der zu erwartenden Kosten gemacht werden kann. Dem Sozialministerium liegen aktuell noch keine Förderanträge vor, die ausschließlich den Neubau oder die Ertüchtigung von Hubschrauberlandeplätzen beinhalten. Neben der Erhebung der Luftrettungsorganisationen führt auch die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft (BWKG) zeitnah eine Erhebung bei den Krankenhäusern im Hinblick auf den Zustand der bestehenden Hubschrauberlandeplätze durch. Das Ergebnis der Befragung liegt auch hier noch nicht vor. Die Anzahl und Intensität der erforderlichen Nachrüs - tungen einzelner Plätze ist somit noch nicht bekannt. Gall Innenminister