Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 5386 27. 06. 2014 1Eingegangen: 27. 06. 2014 / Ausgegeben: 29. 07. 2014 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht das seit Januar 2014 geltende Bundesgesetz zur Erweiterung des Arbeitsschutzes insbesondere im Hinblick auf die festgeschriebene Dokumentation psychischer Belastung bei Arbeitnehmern? 2. Wie schneidet Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern beim Thema Stress- und Burnout-Problematik ab? 3. Weshalb wurden die Arbeitgeber in Baden-Württemberg im Gegensatz zu jenen in anderen Bundesländern seitens der Gewerbeaufsicht noch nicht über die Änderungen im Gesetz ausführlich informiert? 4. Worauf führt sie die in Frage 3 angesprochene Tatsache zurück? 5. Erhält die Gewerbeaufsicht seitens des Ministeriums personelle Unterstützung bei der Umsetzung der Novellierung? 6. Um wie viele Betriebe muss sich ein Mitarbeiter in der Gewerbeaufsicht ak - tuell kümmern? 7. Gibt es aktuelle Zahlen, die belegen, wie viele Unternehmen sich tatsächlich um die psychische Belastung ihrer Mitarbeiter kümmern? 8. Hat das Ministerium selbst eine psychische Gefährdungsbeurteilung – wie vorgeschrieben – für seine Mitarbeiter umgesetzt? 9. Gibt es – wie in anderen Bundesländern – eine landesweite Initiative zum Thema „Psychische Belastung des Pflegepersonals“ und wenn nicht, ist diese angedacht ? 26. 06. 2014 Teufel CDU Kleine Anfrage des Abg. Stefan Teufel CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Arbeitsschutz unter dem Aspekt psychischer Belastungen Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 2 B e g r ü n d u n g Seit dem 1. Januar 2014 gilt die Novellierung des Bundesgesetzes zur Erwei - terung des Arbeitsschutzes. Insbesondere der Arbeitsschutz unter dem Aspekt psychischer Belastungen ist hier direkter geregelt. Die Kleine Anfrage soll die Posi tion der Landesregierung zu diesem Thema abfragen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 21. Juli 2014 Nr. 45-0141.5/15/5386 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht das seit Januar 2014 geltende Bundesgesetz zur Erweiterung des Arbeitsschutzes insbesondere im Hinblick auf die festgeschriebene Dokumentation psychischer Belastung bei Arbeitnehmern? Mit der Neuregelung ab 25. Oktober 2013 wird im Arbeitsschutzgesetz eine Dokumentationspflicht der Gefährdungsbeurteilung bereits ab dem ersten Beschäftigten begründet. Die Dokumentationspflicht ergibt sich aus der dem Arbeitsschutzgesetz zugrunde liegenden Richtlinie 89/391/EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit. Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens zur Umsetzung der Richtlinie 89/391/EWG gegen die Bundesrepublik Deutschland (Rechtssache C-5/00) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 7. Februar 2002 festgestellt , dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 9 Absatz 1 Buchstabe a und 10 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 89/391/EWG verstoßen hat, weil sie nicht sichergestellt hat, dass die von der Richtlinie vorgesehene Pflicht, über eine Dokumentation bzw. Evaluation der am Arbeitsplatz bestehenden Gefahren für die Sicherheit und die Gesundheit zu verfügen , unter allen Umständen auch für Arbeitgeber mit zehn oder weniger Beschäftigten gilt. Die vom EuGH beanstandete Regelung (§ 6 Absatz 1 Satz 3 Arbeitsschutzgesetz alter Fassung) sah vor, dass Kleinbetriebe mit zehn oder weniger Beschäftigten von der Pflicht zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung befreit sind, soweit in sonstigen Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nach dem EuGH-Urteil erfolgten in den sonstigen Rechtsvorschriften (zum Beispiel Gefahrstoffverordnung , Arbeitsstättenverordnung, Biostoffverordnung, Lärm- und Vibrations -Arbeitsschutzverordnung sowie in der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ – DGUV Vorschrift 2) Regelungen zur Dokumentationspflicht der Gefährdungsbeurteilung schon ab einem Beschäftigten . So müssen auch Kleinbetriebe nach den Anlagen 1 und 3 dieser Unfallverhütungsvorschrift aktuelle Unterlagen über die im Betrieb durchgeführte Gefährdungsbeurteilung vorhalten und den Arbeitsschutzbehörden darin Einsicht gewähren. Für ein kohärentes Regelwerk war die Änderung des Arbeitsschutzgesetzes zur Dokumentationspflicht für Kleinbetriebe ab 25. Oktober 2013 dringend notwendig . Kleinbetrieben ist es nicht länger zumutbar, die tatsächlich vorhandene, generelle Dokumentationspflicht aus den sonstigen Rechtsvorschriften herzuleiten. Dies führte regelmäßig auch zu Problemen bei der Überwachung der Betriebe, da den Arbeitgebern erst die geltende Rechtslage erläutert werden musste. So war die fehlende Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung am häufigsten bei Kleinbetrieben zu beanstanden (in 25 % der Betriebe – Zwischenbericht zur Dachevalua - tion der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie für den Zeitraum 2008 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 bis 2012 vom 5. Juni 2013, S. 80). Der ursprünglich beabsichtigte Regelungszweck , Kleinbetriebe in Deutschland vom Dokumentationsaufwand zu entlasten, konnte nicht mehr erreicht werden. Der Bundestag hat im Übrigen durch die Änderung in § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitsschutzgesetz deutlich gemacht, dass psychische Belastungen der Beschäftigten bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind (Artikel 8 des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze; BUK-Neuorganisa - tionsgesetz – BUK-NOG). Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich dabei um eine Klarstellung und es wird darin nochmals betont, dass der Gesundheitsbegriff unteilbar ist und daher sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit umfasst. 2. Wie schneidet Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Bundesländern beim Thema Stress- und Burnout-Problematik ab? Da es sich bei Burnout nach der gängigen ICD-Klassifikation um keine Krankheit handelt und die Berufskrankheitenliste keine psychischen Krankheiten enthält, sind hoheitliche Handlungsoptionen der Gewerbeaufsicht und des Landesgesundheitsamts auf diesem Feld begrenzt. Seit 2001 werden für die Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zum Themenfeld psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz angeboten. Damit hat sich Baden-Württemberg zusammen mit einigen wenigen weiteren Bundesländern sehr früh mit dieser Thematik intensiv befasst. Die Gewerbeaufsicht agiert hierbei im Rahmen des gesetzlich normierten Auftrages . Inzwischen wurde ein Qualifizierungskonzept zur „Integration psychischer Belastungen in die Beratungs- und Überwachungspraxis der Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg“ erarbeitet und umgesetzt. Damit sollen alle Aufsichtspersonen auf dem Gebiet der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz über ein Basiswissen verfügen, das im Rahmen von Basisschulungen zu vermitteln ist. Für weitergehenden Beratungs- und Handlungsbedarf stehen in der Gewerbeaufsicht von Baden-Württemberg Mitglieder der Fachgruppe Arbeitspsychologie, das Sozialministerium und der Gewerbeärztliche Dienst im Landesgesundheitsamt im Rahmen der personellen Ressourcen zur Verfügung. Gegenwärtig hat jede Aufsichtsperson jährlich vier Betriebe auf psychische Fehlbelastungen zu überprüfen. Der Anstieg von Arbeitsunfähigkeitstagen und Frühverrentungen, die auf psychische Belastungen zurückzuführen sind, ist alarmierend. Hinzu kommt, dass es vielerorts an dem Wissen um die richtigen Präventionsmöglichkeiten fehlt. Hier setzt das Arbeitsprogramm Psyche der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) an. Ziel ist es, die betrieblichen Akteurinnen und Akteure umfassend zu informieren und zu qualifizieren, darunter Unternehmerinnen und Unternehmer , Führungskräfte, Personalvertretungen sowie Verantwortliche für den Arbeits - und Gesundheitsschutz. Um Gesundheitsstörungen und psychische Erkrankungen im Betrieb zu vermeiden, werden die Träger der GDA und ihre Partner, unter anderem im Rahmen des Arbeitsprogramms Psyche, die Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen unterstützen. Hierzu entwickeln sie flächendeckende Angebote und Instrumente, die Betrieben und Beschäftigten ein frühzeitiges Erkennen von psychischen Risikofaktoren leichter machen sollen. Dabei setzt das Arbeitsprogramm Psyche folgende Schwerpunkte: • Erarbeitung von praxisgerechten Hilfen und Unterstützungsangeboten für Betriebe und Beschäftigte zur menschengerechten Arbeitsgestaltung sowie Empfehlungen zur Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen, • Identifizierung von Risikobereichen im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes der Initiative gesunde Arbeit (iga), • Verbreitung guter Praxisbeispiele, • Erarbeitung von Fachinformationen und Schulungsangeboten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Beschäftigte, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 4 • Qualifizierung der Beauftragten für den Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Unternehmen, • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Prävention von Gesundheitsrisiken durch psychische Belastungen im Betrieb, • Überwachung und Beratung, • verstärkte Einbeziehung der psychischen Belastungen in die betriebliche Gefährdungsbeurteilung und bei der gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeitszeit bei der Prävention an Arbeitsplätzen mit dem Risiko von traumatischen Ereignissen und Gewalt am Arbeitsplatz sowie schwierigem Klientel. Gegenwärtig werden die erforderlichen Instrumente auf nationaler Ebene erarbeitet und dann lokal erprobt. Für das Jahr 2015 sind in Baden-Württemberg ca. 600 Betriebsbesuche im Rahmen des Arbeitsprogrammes Psyche der GDA geplant. Flankiert wird die Arbeit der Gewerbeaufsicht durch eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit . Hierzu gehört das vielbeachtete deutsch-französische Forum „Restrukturierungen von Unternehmen gesund gestalten“ in den Räumen des Europäischen Parlaments am 15. März 2013 in Straßburg. Zu diesem für Europa sehr aktuellen Thema wurde mit der Unterstützung des Europaparlaments in Straßburg, des Euro-Instituts für grenzübergreifende Kooperation in Kehl, der Unfallkasse Baden-Württemberg, des Landesverbandes Südwest der DGUV, der DIRECCTE Alsace, der CARSAT Alsace-Moselle ein deutsch-französisches Treffen zur umfassenden Information und zum gegenseitigen Austausch organisiert . Die Thematik „Restrukturierungen von Unternehmen gesund gestalten“ wurde von einer Tagung der Evanglischen Akademie Bad Boll im Frühjahr 2014 aufgegriffen: Veränderung gemeinsam gestalten – Psychische Gesundheit erhalten in Restrukturierungsprozessen. Gemeinsam mit dieser Akademie wurden vom Sozialministerium Veranstaltungen zur Thematik Burnout durchgeführt. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist Baden-Württemberg nach alledem sehr gut aufgestellt. Die Aussage einzelner Krankenkassen, Baden-Württemberg liege in Sachen Stress ganz vorne, weil zwei Drittel der Bewohner zu den Gestressten gehören würden, und mehr als jeder vierte unter Dauerdruck stehe, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. 3. Weshalb wurden die Arbeitgeber in Baden-Württemberg im Gegensatz zu jenen in anderen Bundesländern seitens der Gewerbeaufsicht noch nicht über die Änderungen im Gesetz ausführlich informiert? 4. Worauf führt sie die in Frage 3 angesprochene Tatsache zurück? Vertreter der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaften werden im Rahmen der Aktivitäten der Projektgruppe „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ kontinuierlich über aktuelle Entwicklungen im Arbeitsschutz und im betrieblichen Gesundheitsmanagement informiert. Als zentrales Entscheidungsgremium für die Planung, Koordinierung und Evaluation der zur Umsetzung der GDA vorgesehenen Maßnahmen wurde durch das Arbeitsschutzgesetz (geändert durch das Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz [UVMG]) die „Nationale Arbeitsschutzkonferenz“ eingerichtet. Sie entwickelt konkrete gemeinsame Arbeitsschutzziele und Handlungsfelder und leitet daraus in Abstimmung mit den Beteiligten gemeinsame Handlungsfelder und Eckpunkte für Arbeits- und Aktionsprogramme ab. Die Programme werden jeweils für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren festgelegt. Die Konferenz setzt sich aus je drei Vertretern des Bundes, der Arbeitsschutzbehörden der Länder und der Spitzenverbände der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen. Sie wird beraten von je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Damit sind die Arbeitgeber und Arbeitnehmer schon bei der Planung der Programme sehr frühzeitig beteiligt und werden auch bei Gesetzesvorhaben informiert. Dies trifft insbesondere auf das Programm „GDA-Psyche“ zu. Um Gesundheitsstörungen und psychische Erkrankungen im Betrieb zu vermeiden, wird das Ar- 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 beitsprogramm Psyche die Unternehmen bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen unterstützen. Hierzu werden flächendeckende Angebote und Instrumente entwickelt, die Betrieben und Beschäftigten ein frühzeitiges Erkennen von psychischen Risikofaktoren leichter machen sollen. Eine Information der Betriebe erfolgt auch im Rahmen der Betriebsbesuche der Gewerbeaufsicht. Das Sozialministerium hat vor kurzem die Behördliche Systemkontrolle , ein Regelkontrollinstrument der Gewerbeaufsicht Baden-Württemberg für Betriebsbesuche eingeführt und mit dem ersten Arbeitsprogramm der GDA zur Überprüfung der betrieblichen Organisation des Arbeitsschutzes begonnen. Ein wesentliches Prüfelement dieser neuen Überprüfungsmethode der Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg ist dabei die Gefährdungsbeurteilung, einschließlich der Berücksichtigung psychischer Belastungen. Auch die Sozialpartner sind hierüber informiert worden. Das Sozialministerium beabsichtigt dieses Kontrollinstrument und das Vorgehen der Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg den Sozialpartnern noch näher zu erläutern. Neben den o. g. ständigen Sozialpartnern im Land und im Rahmen der Betriebsbesuche werden die Unternehmen auch in Veranstaltungen gemeinsam mit Südwestmetall oder den Industrie- und Handelskammern informiert, z. B. im letzten Jahr in Böblingen oder am 9. Juli 2014 in Schopfheim. 5. Erhält die Gewerbeaufsicht seitens des Ministeriums personelle Unterstützung bei der Umsetzung der Novellierung? Die Gewerbeaufsicht erhält im Rahmen des Möglichen seitens der zuständigen Fachressorts (Umwelt- und Sozialministerium) vielfältige Unterstützung. Hierzu gehört zum Beispiel auch die Entwicklung eines Fachkonzepts für die Gewerbeaufsicht , das im Jahr 2013 eingeführt wurde. Darüber hinaus prüft das Sozial - minis terium im Einvernehmen mit dem Umwelt- und Innenministerium sowie in Abstimmung mit den Vollzugsbehörden, kommunalen Landesverbänden und den Sozialpartnern weitere Möglichkeiten der Stärkung des Arbeitsschutzes. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Ziffern 3 und 4 zur Behördlichen Systemkontrolle hingewiesen. 6. Um wie viele Betriebe muss sich ein Mitarbeiter in der Gewerbeaufsicht aktuell kümmern? Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht in Baden-Württemberg nehmen neben Aufgaben im Arbeitsschutz auch Umweltschutzaufgaben wahr. Rein rechnerisch ist eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter in der Gewerbeaufsicht durchschnittlich für etwa 532 Betriebe zuständig. 7. Gibt es aktuelle Zahlen, die belegen, wie viele Unternehmen sich tatsächlich um die psychische Belastung ihrer Mitarbeiter kümmern? Nach einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bei bundesweit rund 1.000 Betrieben mit bis zu 49 Beschäftigten gaben 38 % der befragten Betriebsleitungen im Jahr 2009 an, dass sie eine Gefährdungsbeurteilung haben und in nur rund 6 % der Betriebe würden psychische Belastungen berücksichtigt . Die Gewerbeaufsicht Baden-Württemberg hat in einer Schwerpunktaktion in den Jahren 2009 bis 2010 den Umfang der Berücksichtigung der psychischen Belas - tungen in Baden-Württemberg in einem ausführlichen Bericht erfasst (siehe Homepage des Sozialministeriums Baden-Württemberg). Von den rund 700 überprüften Betrieben hatten rund 83 % eine Gefährdungsbeurteilung und 30 % die psychischen Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt. In den rund 140 überprüften Betrieben mit 1 bis19 Beschäftigten hatten rund 65 % eine Gefährdungsbeurteilung und in 21 % dieser Kleinbetriebe waren die psychischen Belas - tungen berücksichtigt. Seitdem ist die Berücksichtigung psychischer Belas tungen bei den Überprüfungen der Gefährdungsbeurteilung in den Betrieben jedes Jahr ein besonderes Schwerpunktthema der Gewerbeaufsicht Baden-Württemberg. Für Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 6 das Jahr 2013 hat sich bei der Auswertung dieser Schwerpunktaufgabe ergeben, dass von den überprüften rund 1.100 Betrieben 85 % der Betriebe eine Gefährdungsbeurteilung hatten. In 46 % der Gefährdungsbeurteilungen waren die psychischen Belastungen berücksichtigt aber erst 15 % der Betriebe führten im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung die erforderliche Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen durch. Den Berichten der Gewerbeaufsicht zufolge war in den Fällen, in denen eine Gefährdungsbeurteilung vorlag, erkennbar, dass am häufigsten die Klein- und Mittelbetriebe die psychischen Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung nicht berücksichtigten. Es fehlte häufig auch eine Dokumenta - tion der Gefährdungsbeurteilung. In Großbetrieben ist das Thema zwischen zeitlich angekommen. Einer Repräsentativumfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes 2012 zum DGBIndex Gute Arbeit zufolge gaben von den 4.895 befragten Beschäftigten 46 % an, dass in ihren Betrieben keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde oder ihnen deren Durchführung nicht bekannt sei. Nur 9 % der befragten Beschäftigten gaben an, dass sie im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nach psychischen Belas - tungen bei der Arbeit befragt wurden (z. B. einem Übermaß an Arbeitsmenge und Arbeitsintensität, Zeitdruck oder problematischem Führungsverhalten). 8. Hat das Ministerium selbst eine psychische Gefährdungsbeurteilung – wie vorgeschrieben – für seine Mitarbeiter umgesetzt? Als Maßstab für die Beurteilung der angemessenen Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung bei psychischen Belastungen bei der Arbeit wird die Leitlinie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie für die Arbeitsschutzbehörden und Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger zur Beratung und Überwachung der Betriebe bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz herangezogen. In den danach zu berücksichtigenden vier Themenbereichen Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen und Arbeitsumgebung wurden im Sozialministerium Ausprägungen psychischer Belastungen zum Teil berücksichtigt und erforderliche Maßnahmen getroffen. Mit dem Personalrat wurde vor kurzem vereinbart, die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich psychischer Belastungen weiter zu entwickeln. 9. Gibt es – wie in anderen Bundesländern – eine landesweite Initiative zum Thema „Psychische Belastung des Pflegepersonals“ und wenn nicht, ist diese angedacht ? Die Arbeit in der Pflege ist durch einen hohen physischen und psychischen Einsatz der Pflegekräfte gekennzeichnet. Nicht selten werden die Arbeitsbedingungen als belastend gesehen und viele Beschäftigte wechseln in andere Tätigkeiten bzw. können sich einen Verbleib in der Pflegebranche nicht bis zum Einritt in das Rentenalter vorstellen. Für die Betriebe ist damit die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten ein wichtiges Thema. Längst geht es im Arbeitsschutz nicht mehr nur um die Einhaltung von Vorschriften und Regeln der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft, Unfallkasse) oder staatlichen Arbeitsschutzvorschriften. Ein guter Arbeitsschutz und ein effektives betrieb - liches Gesundheitsmanagement leisten einen Beitrag zum Unternehmenserfolg, indem sie die Gesundheit der Beschäftigten schützen und fördern, Erschwernisse reduzieren und damit insgesamt die Qualität der Pflege verbessern. Um den eigenen Stand einschätzen zu können, sind Vergleichswerte notwendig. Mit dem RisikoQuickCheck, kurz RQC, haben die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), die Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW), das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg, das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie weitere Partner für die Einrichtungen der stationären Altenhilfe in Baden-Württemberg ein solches Benchmarking-Instrument zur Selbstbewertung entwickelt und in den letzten Jahren erfolgreich eingeführt. Baden-Württemberg steht damit an der Spitze der Entwicklungen. Ziel dieses Benchmarking-Instruments war es, die für die Einrichtungen oft un - übersichtliche Vielfalt der Vorschriften und Regeln im Arbeitsschutz auf einige 7 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 zentrale Aspekte zu konzentrieren. So wurden 2010 u. a. folgende Ergebnisse erzielt : Gefährdungsbeurteilungen wurden nur von rund der Hälfte der Einrichtungen vollständig betrieben. Bei den »Dreifachteilnehmern« hat sich diese Quote zwar von 46 % (2008) auf 65 % erhöht. Beim Thema Mitarbeiterbeteiligung bestand weiterhin Verbesserungspotenzial. Die Mitarbeiter waren zwar entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt (88 % vollständig) und auch überwiegend in die Gestaltung der Dienstpläne einbezogen. Allerdings wurden die psychischen Belas - tungen bei 40 % der Einrichtungen überhaupt nicht oder nur ansatzweise abgefragt . Entsprechend wurde auch wenig Supervision angeboten. Das Thema Gewaltpräven tion war in 70 % der Einrichtungen überhaupt nicht oder nur ansatzweise Thema. Hier gab es Ansatzpunkte zur weiteren Verbesserung. In der Gesamtauswertung hatte es sich gezeigt, dass diejenigen Betriebe, die eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation haben und erkannte Defizite auch tatsächlich beseitigt hatten, eine überdurchschnittliche Verbesserung des Arbeitsschutzes zu verzeichnen haben. Um das erreichte Niveau zu halten bzw. zu verbessern , sind weiterhin Aktivitäten notwendig. Maßnahmen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz können durch eine vorangegangene Gefährdungsbeurteilung zielgerichtet optimiert werden. Es hat sich gezeigt, dass sich bei einer kontinuierlichen Beteiligung an der Selbstbewertung der Arbeitsschutz verbessert . Deshalb wird auch eine zukünftige Beteiligung an der Selbstbewertung empfohlen. Der »RisikoQuickCheck« wurde ab 2011 mit der »Gemeinsame Deutschen Arbeitsschutzstrategie , Arbeitsprogramm Pflege« (GDA) verknüpft und somit weiter genutzt. Die Schwerpunkte Muskel-Skelett-Erkrankungen und Psychische Belas - tungen wurden verstärkt in den Blick genommen (www.gesund-pflegen.de, http://www.kobra-bw.de). Der Abschlussbericht zum GDA-Arbeitsprogramm „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Pflege“ kann unter http://www.gda-portal .de/de/Arbeitsprogramme/Pflegeberufe.html abgerufen werden. Baden-Würt tem - berg lag bei fast allen Parametern über dem Bundesdurchschnitt. Trotzdem werden gegenwärtig weitere Anstrengungen unternommen: In einer gemeinschaftlichen Entwicklung mit den relevanten Branchenverbänden wurden die „Gefährdungen“ weiter untergliedert. Das Selbstbewertungsinstrument umfasst aus dem bisherigen Gesamtkatalog neben mehreren anderen Themenbereichen ein Modul „Arbeitsbedingungen und psychische Belastungen“. Dieses Thema ist damit mit 15 Fragen überproportional vertreten: Abgefragt werden Anzeichen für Stress und andere psychische Beanspruchungen, wie Klagen über Zeit- und Arbeitsdruck, häufige Krankheitsabwesenheiten und Klagen über Schlafstörungen, Magenbeschwerden, Übelkeit, Kopfschmerzen usw. sowie häufige Störungen der Arbeitsabläufe und/oder Beinaheunfälle oder ob das Arbeitsklima oft von Ungeduld und Gereiztheit geprägt ist. Die Beschwerden von Pflegenden und/oder deren Angehörigen werden erhoben, die notwen - digen Arbeitsmittel (zum Beispiel Pflegehilfsmittel, Schutzkleidung, Fahrzeuge) rechtzeitig und in ausreichender Menge erfasst und es wird gefragt, ob die notwendigen Informationen und Unterlagen rechtzeitig und in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Nach einem Konzept zum Umgang mit Gewalt und Aggression wird ebenso gefragt , wie nach der Zusammenarbeit innerhalb der Belegschaft, zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten und unter den Vorgesetzten. Eine Rolle spielt auch eine gute Zusammenarbeit im Team zum Beispiel durch Lob, Gespräche, Weiterbildung , gemeinsame Aktivitäten sowie Regelungen oder Möglichkeiten wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verbesserungsvorschläge einbringen und Kritik äußern können. Ebenso die Frage, ob bei Dienstbesprechungen auch das Thema Arbeitsbedingungen thematisiert wird. Die Einbeziehung der Beschäftigten in Planung und Gestaltung der Arbeit oder ob Konflikte offen angesprochen und konstruktiv ausgetragen werden, sind weitere Fragen. Das Instrument und die abgeleiteten Maßnahmen sind damit keineswegs erschöpfend beschrieben. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, die Unfallkasse Baden-Württemberg und weitere beteiligte Verbände (Kooperation Breitenumsetzung von Arbeitsschutz in der Pflege – KoBrA) haben sich gemeinsam Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 5386 8 mit der Gewerbeaufsicht im Juli 2014 das ehrgeizige Ziel gesetzt, dass bis 2017 in 100 % aller Pflegeeinrichtungen eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt. 2011 starteten die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen unter dem Titel „Kooperatives Aufsichtshandeln“ einen Gesprächsprozess zu Kooperationen von Aufsichts- und Prüfinstitutionen in der Pflege. Beteiligt waren Vertreterinnen und Vertreter Medizinischer Dienste (MDK), der Heimaufsichtsbehörden , der Gewerbeaufsicht, der Bauaufsicht, des Brandschutzes und andere Prüfinstitutionen. Diese Gespräche mündeten 2012 in die Gründung eines über - regionalen „Arbeitskreises Kooperatives Aufsichtshandeln“, der Erfahrungen einzelner Initiativen sammelt und transferiert und neue regionale Kooperationen anstoßen möchte – beispielsweise im Bodenseekreis. Auch hier spielen psychische Fehlbelastungen eine wichtige Rolle. Die regional gemachten Erfahrungen sollen dann im Weiteren sowohl in die Landes- als auch Bundespolitik kommuniziert werden. Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice