Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 577 24. 09. 2011 Kleine Anfrage der Abg. Karl Klein CDU und Antwort des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Ortsumgehung Altwiesloch/Generalverkehrsplan K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen ihr hinsichtlich der Verkehrsbelastung und der Feinstaub- und Lärmbelästigung des Wieslocher Stadtteils Altwiesloch vor? 2. Hält sie die bisher in Altwiesloch getroffenen Maßnahmen zur Entlastung der betroffenen Anwohner für ausreichend (z. B. Tempo 30)? 3. Wie beurteilt sie die Gefährdung von Anwohnern, Fußgängern und Fahrradfahrern durch Kraftfahrzeuge (beispielsweise durch die enge Bebauung der Dielheimer Straße)? 4. Wie beurteilt sie die Möglichkeit, dass eine Ortsumgehung des Wieslocher Stadtteils Altwiesloch auch zukünftig mit höchster Priorität im Generalverkehrsplan Baden-Württemberg aufgeführt wird? 5. Welche kurz- und mittelfristigen Möglichkeiten sieht sie, um den Wieslocher Stadtteil Altwiesloch von dem in diesem Bereich herrschenden Verkehrsaufkommen zu entlasten (mit Angabe, welche konkreten Planungen sie für diesen Bereich hat)? 19. 09. 2011 Klein CDU Eingegangen: 24. 09. 2011 / Ausgegeben: 26. 10. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 577 2 B e g r ü n d u n g In der Ortsdurchfahrt Baiertaler Straße im Ortsteil Altwiesloch treffen zwei stark belastete Hauptachsen aufeinander. Es ist die von Osten aus Baiertal kommende L 547 und die aus Dielheim kommende L 612. Im Ortskern von Altwiesloch mündet die L 612 in die L 547 ein. Die L 547 endet im Zentrum von Wiesloch an der von Südwesten nach Norden verlaufenden L 594. Eine im Jahre 2006 durchgeführte Verkehrszählung ergab eine tägliche Belastung auf der westlichen Baiertaler Straße von 22.900 Fahrzeugen, für das Jahr 2025 wird mit einem Fahrzeugaufkommen von über 30.000 Fahrzeugen gerechnet. Der Wieslocher Stadtteil Altwiesloch ist in höchstem Maße durch Straßenverkehr belastet, die Lebensqualität in höchstem Maße gemindert. Die Anfrage soll unter anderem auch klären, inwieweit eine Ortsumgehung Altwiesloch im Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg verbleiben kann, auch wenn sich bisher der Gemeinderat der Stadt Wiesloch noch nicht auf eine Ortsumgehungsvariante einigen konnte. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 Nr. 25–39.–L547/6*1 beantwortet das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen ihr hinsichtlich der Verkehrsbelastung und der Feinstaub- und Lärmbelästigung des Wieslocher Stadtteils Altwiesloch vor? Entsprechend dem Ergebnis der bundesweiten Straßenverkehrszählung 2010 bewegen sich die höchsten Verkehrszahlen im Bereich der L 547 zwischen 18.900 Kfz/24 h und 22.333 Kfz/24 h und liegen im Bereich der Analysewerte des Verkehrsgutachtens , welches im Rahmen der Umweltverträglichkeitsstudie zur 2006 geplanten Ortsumgehung Wiesloch erstellt wurde. Bezüglich der Luftqualität liegen Messwerte der von der Landesanstalt für Umwelt , Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg betriebenen Luftmessstation am Standort „In der Hessel“ vor. Diese Messstation ist repräsentativ für den städtischen Hintergrund. Die dort gemessenen Luftschadstoffkonzentrationen erreichen die Grenzwerte ungefähr zur Hälfte. Verwertbare Messergebnisse an einem straßennahen Messpunkt liegen nicht vor Die Umgebungslärmkartierung 2007 umfasst im Wieslocher Stadtteil Altwiesloch einen Abschnitt der L 547. Über die Pflichtkartierung hinaus wurden im Auftrag der Stadt Wiesloch zusätzliche Abschnitte der L 547 sowie ein Teil der L 612 im Ortsteil Altwiesloch kartiert. Entlang der kartierten Strecken liegen einige Wohngebäude in Bereichen sehr hoher Lärmbelastungen mit Lärmpegeln LDEN über 70 dB(A) und LNight über 60 dB(A). Auswertungen der Lärmbetroffenen liegen nur für das gesamte Gemeindegebiet der Stadt Wiesloch vor; eine Differenzierung dieser Auswertungen nach Ortsteilen oder einzelnen Straßenabschnitten ist nicht möglich. 2. Hält sie die bisher in Altwiesloch getroffenen Maßnahmen zur Entlastung der betroffenen Anwohner für ausreichend (z. B. Tempo 30)? 3. Wie beurteilt sie die Gefährdung von Anwohnern, Fußgängern und Fahrradfahrern durch Kraftfahrzeuge (beispielsweise durch die enge Bebauung der Dielheimer Straße)? Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nach der derzeitigen Rechtslage (§ 45 Straßenverkehrsordnung) nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemei- *) Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist eingegangen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 577 3 ne Risiko einer Beeinträchtigung bestimmter Rechtsgüter – insbesondere Sicherheit und Ordnung des Verkehrs oder Schutz vor Lärm und Abgasen – erheblich übersteigt. Auf dieser Eingriffsmöglichkeit beruhen die von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt Wiesloch in Altwiesloch angeordneten Tempo 30-Beschränkungen in der Baiertaler Straße (L 547) und in der Dielheimer Straße (L 612) und die in Baiertal angeordneten Tempo 30-Beschränkungen in der Wieslocher Straße (L 547). Um über weitere Verkehrsbeschränkungen entscheiden zu können, sind noch Untersuchungen und Erhebungen notwendig (siehe Antwort zu Ziff. 5.). 4. Wie beurteilt sie die Möglichkeit, dass eine Ortsumgehung des Wieslocher Stadtteils Altwiesloch auch zukünftig mit höchster Priorität im Generalverkehrsplan Baden-Württemberg aufgeführt wird? Entsprechend des Koalitionsvertrages für die 15. Wahlperiode wird sich der Ausbauplan für Landesstraßen auf ökologisch vertretbare Maßnahmen mit hoher Entlastungsfunktion für die Bevölkerung konzentrieren. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gemeinderates der Stadt Wiesloch am 24. März 2010, alle Varianten der Ortsumgehung sowohl im Süden als auch im Norden abzulehnen, wird eine Berücksichtigung der Ortsumgehung Wiesloch bei der Fortschreibung des Generalverkehrsplanes als nicht zielführend angesehen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Schreiben des Landesrechnungshofs vom 8. November 2010, in dem dieser ebenfalls angeregt hat, die Ortsumgehung Wiesloch bei der Fortschreibung des Generalverkehrsplanes nicht mehr zu berücksichtigen. 5. Welche kurz- und mittelfristigen Möglichkeiten sieht sie, um den Wieslocher Stadtteil Altwiesloch von dem in diesem Bereich herrschenden Verkehrsaufkommen zu entlasten (mit Angabe, welche konkreten Planungen sie für diesen Bereich hat)? Derzeit wird von der Verkehrsbehörde der Stadt Wiesloch geprüft, ob eine Ausdehnung der Tempo 30-Beschränkungen oder ein Nachtfahrverbot für den Schwerverkehr in Altwiesloch zum Schutz vor Lärm und Abgasen eine geeignete und notwendige Maßnahme ist. Es muss untersucht werden, ob es dadurch zu Verkehrsverlagerungen und zu einer Verschlechterung der Verkehrsverhältnisse in anderen Ortslagen kommt. Eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf städtischen Hauptverkehrsstraßen innerorts von Tempo 50 auf Tempo 30 kann abhängig von den lokalen Gegebenheiten zu einer Verbesserung aber auch zu einer Verschlechterung der Luftschadstoffsituation führen und ist daher keine Maßnahme , die sich generell zur Verbesserung der Luftqualität eignet, vielmehr ist eine Prüfung jedes Einzelfalls notwendig. Die Stadt Wiesloch wird das Landratsamt Rhein-Neckar als zuständige untere Straßenbaubehörde bitten, die erforderlichen Lärmberechnungen zur Vorbereitung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen auf den Landesstraßen durchzuführen . Die Auswirkungen von Eingriffen in den fließenden Verkehr, z. B. auch durch Pförtnerampeln, können mit einem rechnergestützten Umlegungsverfahren (Modellsimulation ) untersucht und Lösungen mit einer positiven Gesamtbilanz für alle abzuwägenden Belange und Schutzziele in iterativen Schritten erarbeitet und optimiert werden. Die Verwaltung der Stadt Wiesloch konkretisiert derzeit die Überlegungen für die Aufstellung eines Verkehrskonzeptes für alle Wieslocher Stadtteile und beabsichtigt dieses mit den Gremien und dem Regierungspräsidium Karlsruhe bis Mitte nächsten Jahres abzustimmen. Dr. Splett Staatssekretärin