Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 616 29. 09. 2011 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU und Antwort des Justizministeriums Clausula rebus sic stantibus (Wegfall der Geschäftsgrundlage ) und S 21 Finanzierungsvertrag K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Aufgrund welcher Fallgruppen haben das Reichsgericht (RG) und der Bundesgerichtshof (BGH) das Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ entwickelt , und wie reflektiert die Rechtsprechung zu § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 60 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) diese Rechtsentwicklung in der Praxis? 2. Teilt sie die Auffassung, dass die Rechtsfolge eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage “ grundsätzlich eine Anpassung und subsidiär als „Ultima ratio“ eine Aufhebung des Vertrages ist? 3. Welche Gründe sprechen beim Finanzierungsvertrag zwischen dem Land Baden -Württemberg und der Bahn vorliegend dafür, dass das Verkehrsministerium von der subsidiären Aufhebung und nicht vom Grundsatz der Anpassung ausgeht ? 4. Hält sie ihre Auffassung aufrecht, dass durch die „Sprechklausel“ in § 7 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn eine „Mitverpflichtung des Landes zur Beteiligung an Kostenüberschreitungen nicht entsteht“ (siehe Seite 14 der Gesetzesbegründung zum Kündigungsgesetz )? 5. Wie definiert sie die Tatbestandsvoraussetzungen „nicht zumutbar“ und „schwere Nachteile“ des § 60 LVwVfG im Lichte der Rechtsprechung für den vorliegenden Finanzierungsvertrag? 6. Teilt sie die Ansicht, dass §§ 2 Absatz 2 und 8 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn die Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und die Kündigung abschließend geregelt haben? Eingegangen: 29. 09. 2011 / Ausgegeben: 04. 11. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 2 7. Welche „außerordentlichen“ Gründe rechtfertigen nach ihrer Ansicht die Kündigung des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn? 8. Ist sie der Auffassung, dass das Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage “ Schadensersatzansprüche auslöst und wenn ja, in welcher Höhe erwartet sie diese im vorliegenden Finanzierungsvertrag? 26. 09. 2011 Dr. Löffler CDU B e g r ü n d u n g Der Verkehrsminister hat in der Plenardebatte am 16. September 2011 zu dem von der Landesregierung eingebrachten Kündigungsgesetz die Kündigung des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn damit begründet, dass sein Ministerium von einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ ausgeht. Auf Seite 14 der Gesetzesbegründung zum Kündigungsgesetz vertritt jedoch die Landesregierung die Auffassung, dass durch die Sprechklausel des § 7 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn eine „Mitverpflichtung des Landes zur Beteiligung an den Kostenüberschreitungen nicht entsteht“. Legt man diese Rechtsauffassung zugrunde, kann das vorgelegte Kündigungsgesetz aber nicht darauf gestützt werden, dass das Land zu Mehrkosten herangezogen werden kann, weil der Landesanteil „gedeckelt“ ist. § 8 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages regelt eventuelle Mehrkosten über den Zielbetrag von 4,526 Milliarden Euro hinaus. In dieser Bestimmung ist vereinbart, dass das Eisenbahninfrastrukturunternehmen und das Land bei Kostenüberschreitung dieses Zielbetrages Gespräche aufnehmen. Ausdrücklich ist aufgenommen, dass § 2 Absatz 2 (Kündigungsmöglichkeit bis Ende 2009) nicht anwendbar ist. Damit haben die Parteien den Wegfall der Geschäftsgrundlage geregelt und eine mögliche Kündigung aus diesem Grund ausgeschlossen. A n t w o r t * ) Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 beantwortet das Justizministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Aufgrund welcher Fallgruppen haben das Reichsgericht (RG) und der Bundesgerichtshof (BGH) das Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ entwickelt , und wie reflektiert die Rechtsprechung zu § 313 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 60 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) diese Rechtsentwicklung in der Praxis? a) Soweit ersichtlich, hat das Reichsgericht erstmals in einer Entscheidung vom 3. Februar 1922 (II 640/21, RGZ 103, 328 ff.) den Wegfall der Geschäftsgrundlage als einen Einwand der benachteiligten Partei nach § 242 BGB eingeordnet. Es bildete in der grundlegenden Entscheidung keine abstrakten Fallgruppen, sondern formulierte allgemein, es komme „immer darauf an, ob die Grundlage des Geschäfts im Sinne einer beim Geschäftsschluss zutage getretenen Vorstellung der Beteiligten über den Bestand gewisser maßgebender Verhältnisse hinfällig geworden ist“. In der erwähnten Entscheidung ging es um die Frage, ob unter Umständen auch eine durch die Geldentwertung erfolgte erhebliche Verschiebung des Wertverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung genügen *) Der Überschreitung der Drei-Wochen-Frist wurde zugestimmt. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 3 könne, um den damals sogenannten „Einwand der veränderten Umstände“ zu rechtfertigen. Weiter heißt es in der Entscheidung, ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei „an sich auch als Folge einer bloßen Valutaverschiebung möglich, wenn die Fortdauer der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bei Vertragsschluss vorausgesetzt wurde“. An diesen Rechtsgrundsätzen hielt die Rechtsprechung auch später fest und konkretisierte sie weiter. b) § 313 BGB stimmt inhaltlich mit den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen überein. Nur bei der Frage, ob Störungen der Geschäftsgrundlage von Amts wegen oder erst auf Einrede zu berücksichtigen sind, sieht § 313 BGB nunmehr eine vom früheren Meinungsstand abweichende Lösung vor (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 1). c) Der Wortlaut des § 60 LVwVfG ist nicht mit § 313 BGB identisch. Sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen sind abweichend geregelt. Ob und inwieweit die bei zivilrechtlichen Verträgen zu § 313 BGB entwickelten Auslegungsgrundsätze auf die Anwendung des § 60 Absatz 1 LVwVfG bei öffentlich-rechtlichen Verträgen übertragen werden können, ist eine Frage des Öffentlichen Rechts. § 313 Absatz 1 BGB normiert etwa anders als § 60 Absatz 1 LVwVfG als Anwendungsvoraussetzung ausdrücklich, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung der Umstände vorausgesehen hätten. § 313 Absatz 3 Satz 1 BGB sieht bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Vertragsanpassung bei zivilrechtlichen Verträgen anders als § 60 Absatz 1 LVwVfG kein Kündigungsrecht, sondern ein Rücktrittsrecht vor, das aber nur dem „benachteiligten“ Vertragspartner zusteht. Lediglich bei Dauerschuldverhältnissen tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts gemäß § 313 Absatz 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung. Dennoch gibt es gewisse Parallelen, und der Gesetzgeber hat sich bei § 313 BGB insbesondere bezüglich der Rechtsfolgenbestimmung durchaus an § 60 VwVfG orientiert (Roth, Münchener Kommentar BGB, 5. Aufl. 2007, § 313 Rn. 79 mit ausführlichen Hinweisen). Gegenüber der Regelung des § 313 BGB ist § 60 LVwVfG für öffentlichrechtliche Verträge zwar lex specialis (Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 60 Rn. 4; Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht – VwVfG, 2. Aufl. 2009, § 60 Rn. 8; Huck/Müller, VwVfG, 2011, § 60 Rn. 5). Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat sich jedoch weitgehend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wegfall der Geschäftsgrundlage angeschlossen (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 9. März 1999 – 8 S 2877/98, juris Rn. 40 ff.). Dies schließt allerdings Abweichungen im Einzelfall mit Blick auf die Besonderheiten des Rechts der öffentlich-rechtlichen Verträge nicht aus. d) Die Rechtsprechung hat insbesondere folgende Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage entwickelt: aa) Bei zivilrechtlichen Verträgen wird die Geschäftsgrundlage nach § 313 Absatz 1 BGB durch die Umstände gebildet, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind. Man unterscheidet die „subjektive“ und die „objektive “ Geschäftsgrundlage. Die Geschäftsgrundlage besteht aus den „nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, aber beim Vertragsschluss zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragsteils“ oder aus entsprechenden gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, auf denen der Geschäftswille aufbaut“ (BGH, Urteil vom 5. Januar 1995 – IX ZR 85/94, Rn. 16 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 10. Oktober 1984 – VIII ZR 152/83, NJW 1985, 313, 314; BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 – IX ZR 98/86, NJW 1987, 1629, 1630; BGHZ 120, 10, 23; BGH, Urteil vom 24. November 1995 – V ZR 164/94, juris Rn. 22). Zur objektiven Geschäftsgrundlage gehören bei zivilrechtlichen Verträgen „diejenigen Umstände und allgemeinen Verhältnisse, deren Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 4 Vorhandensein oder Fortdauer objektiv erforderlich ist, damit der Vertrag im Sinn der Intentionen beider Vertragspartner noch als eine sinnvolle Regelung bestehen kann“ (Palandt, a. a. O., § 313 BGB Rn. 4). Werden diese Umstände von den Parteien ausdrücklich erörtert und zur gemeinsamen Grundlage des Geschäftswillens gemacht, gehören sie zugleich zur subjektiven Geschäftsgrundlage (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 4). Störungen der subjektiven Geschäftsgrundlage sind individuell geprägt, sodass sich insoweit kaum Fallgruppen bilden lassen (vgl. Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 25 und 44 ff.). Für Störungen der objektiven Geschäftsgrundlage hat die Rechtsprechung allgemeine Rechtsgrundsätze entwickelt (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 25), die nachfolgend zusammenfassend dargestellt werden. Bei öffentlich-rechtlichen Verträgen ist die Bedeutung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Absatz 1 Satz 1 VwVfG und des ihm entsprechenden § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG vom Bundesverwaltungsgericht geklärt. Dieses hat sich im Grundsatz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wegfall der Geschäftsgrundlage angeschlossen. Für die Beurteilung der Frage, ob eine wesentliche Änderung im Sinne der Norm vorliegt, wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die allgemein anerkannte Definition der „Geschäftsgrundlage“ zurückgegriffen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, a. a. O.): Umstände oder rechtliche Bedingungen , die die Vertragspartner zwar nicht zum Vertragsinhalt gemacht haben, deren Bestand sie jedoch als gemeinsame Grundlage des Vertrags angenommen und als beständig vorausgesetzt haben (Geschäftsgrundlage; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 2 B 73/10, juris Rn. 8). bb) Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt grundsätzlich nicht in Betracht, soweit eine vertragliche Regelung vorliegt (BGH, Beschluss vom 23. März 2011 – VII ZR 216/08, juris Rn. 6). Es gilt der Grundsatz: „Was nach dem Vertragstext Vertragsinhalt ist, kann nicht Geschäftsgrundlage sein“ (Palandt, a. a. O., § 313 BGB Rn. 10; vgl. auch BGH, Urteil vom 27. September 1991 – V ZR 191/90, juris Rn. 16) und daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Vertragsanpassung oder zu einem Recht auf Vertragsbeendigung führen. Wichtig ist dabei, dass es bei der Abgrenzung nicht nur auf den Wortlaut des Vertrages ankommt. Die Vertragsauslegung hat Vorrang vor § 313 BGB. Enthält bereits der Vertrag nach seinem durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Inhalt Regeln für Wegfall, Änderung oder Fehlen bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gemäß § 313 BGB aus. Einseitige Erwartungen einer Partei gehören nicht automatisch und in jedem Fall zur Geschäftsgrundlage im zivilrechtlichen Sinne (vgl. Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 9 ff.). Für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge gilt § 60 LVwVfG als zwingendes Recht. Ein Verzicht oder abweichende Vereinbarungen im Vertrag sind unwirksam (Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 1; Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 60 Rn. 6). cc) Die Geschäftsgrundlage kann infolge nachträglicher Ereignisse wegfallen oder wesentlich erschüttert werden (diesen Fall regelt bei zivilrechtlichen Verträgen § 313 Absatz 1 BGB). Dem steht gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen (§ 313 Absatz 2 BGB). § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG erfasst unmittelbar nur Änderungen nach Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift ist jedoch auch im Falle des (anfänglichen) beiderseitigen Irrtums über die Geschäftsgrundlage anerkannt (vgl. Fehling/Kastner, a. a. O., § 60 Rn. 5; Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 60 Rn. 16). dd) § 313 Absatz 1 BGB setzt wegen des Grundsatzes der Vertragstreue (vgl. schon RGZ 147, 42, 56; Hohloch in Erman, BGB-Kommentar, 12. Aufl. 2008, Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 5 § 313 Rn. 22) eine „schwerwiegende“ Veränderung der Umstände voraus, die die Geschäftsgrundlage bilden. Für die Wesentlichkeit eines Umstandes, bei dessen Änderung die Geschäftsgrundlage weggefallen sein könnte, genügt nach zivilrechtlichen Maßstäben nicht, dass Änderungen eingetreten sind, mit denen die Vertragspartner bei Abschluss des Vertrages nicht gerechnet haben. Die Begriffe „schwerwiegend“ in § 313 Absatz 1 BGB und „wesentlich“ in § 313 Absatz 2 BGB sind als Synonyme zu verstehen. Die Grenzziehung hängt von der Art des Vertrages und der aufgetretenen Störung sowie den sonstigen Umständen des Einzelfalls ab. Schematische Abgrenzungen verbieten sich hier – die bloße Einordnung in eine Fallgruppe reicht nicht aus, um die „Wesentlichkeit“ einer Änderung von Umständen im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Eine Störung ist schwerwiegend, wenn „nicht ernstlich zweifelhaft ist, dass eine der Parteien oder beide den Vertrag bei Kenntnis der Änderung nicht oder nur mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten“ (Palandt, a. a. O., § 313 BGB Rn. 18). Die Rechtserheblichkeit der Störung wird bei zivilrechtlichen Verträgen auch nach der Zumutbarkeit ihrer Folgen beurteilt. Die Änderung muss derart einschneidend sein, dass „ein Festhalten an der ursprünglichen Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnis führen würde und das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung für die betroffene Partei deshalb unzumutbar wäre“ (BGH, Urteil vom 25. Februar 1993, VII ZR 24/92, juris Rn. 57; Medicus/ Stürner in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB Kommentar, 6. Aufl. 2011, § 313 Rn. 12 m. w. N.; Hohloch, in Erman, a. a. O., § 313 Rn. 16). Hier spielen – auch bei den verschiedenen höchstrichterlich entschiedenen Fallkonstellationen – einzelfallbezogene Überlegungen zur vertraglichen Risikoverteilung eine erhebliche Rolle. Selbst einschneidende wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Änderungen müssen nicht zwingend den Einwand des Wegfalls der Geschäftsgrundlage begründen (vgl. BGH, a. a. O.). e) Die Voraussetzungen des § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG sind in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Diese knüpft an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wegfall der Geschäftsgrundlage an. Für die Beurteilung der Frage, ob eine wesentliche Änderung im Sinne der Norm vorliegt, wird in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die allgemein anerkannte Definition der „Geschäftsgrundlage“ zurückgegriffen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, a. a. O.): Danach setzt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse voraus, dass nach Vertragsschluss tatsächliche Umstände oder rechtliche Bedingungen weggefallen sind, die die Vertragspartner zwar nicht zum Vertragsinhalt gemacht haben, deren Bestand sie jedoch als gemeinsame Grundlage des Vertrags angenommen und als beständig vorausgesetzt haben (Geschäftsgrundlage; vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 2 B 73/10, juris Rn. 8). Allerdings reicht es für die Annahme einer wesentlichen Änderung nicht aus, dass eine Vertragspartei nach ihrer gegenwärtigen Interessenlage in den Vertragsschluss vernünftigerweise nicht mehr einwilligen würde. Vielmehr muss die Änderung zu schwerwiegenden, bei Vertragsschluss nicht absehbaren Nachteilen für eine Vertragspartei führen, denen die Vertragspartner billigerweise Rechnung getragen hätten, wenn sie die Entwicklung vorhergesehen hätten. Die Frage der Wesentlichkeit ist mithin im Kontext der weiteren Tatbestandsvoraussetzung , der Unzumutbarkeit des Festhaltens an der vertraglichen Regelung , zu definieren. Die Folgen der nachträglichen Änderung müssen deshalb den Risikorahmen überschreiten, den ein Vertragspartner nach Treu und Glauben hinzunehmen hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn – bei Annahme der Gleichwertigkeit der gegenseitigen Leistungen bei Vertragsschluss – durch die nachträgliche tatsächliche Entwicklung oder eine nachträgliche Rechtsänderung ein eklatantes Missverhältnis zwischen ihnen entstanden ist. Die rechtliche Würdigung, ob ein Umstand eine gemeinsame Grundlage des Vertrags darstellt und ob sich aus seiner Änderung unzumutbare Folgewirkungen für einen Ver- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 6 tragspartner ergeben, ist auf der Grundlage aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls abzuwägen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 2 B 73/10, juris Rn. 8, BVerwGE 87, 77, 80 ff.). f) In der Kommentarliteratur werden folgende Konstellationen genannt, in denen bei zivilrechtlichen Verträgen eine Anwendung des § 313 BGB von der Rechtsprechung geprüft wurde oder aus wissenschaftlicher Sicht in Betracht kommt – freilich nur unter Beachtung der oben dargestellten Einschränkungen, sodass eine Einordnung des konkreten Falles in eine der nachfolgend umschriebenen Fallkonstellationen nicht automatisch bedeutet, dass ein „Wegfall der Geschäftsgrundlage “ anzunehmen wäre (zum Nachfolgenden vgl. Palandt, a. a. O., § 313 BGB Rn. 25 ff.): – Äquivalenzstörung (Störung des Grundgedankens des gegenseitigen Vertrages von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung durch unvorhersehbare Ereignisse); – Geldentwertung (wobei das Risiko normaler Kaufkraftentwertung der Gläubiger trägt und nur bei Überschreiten des Risikobereichs des Gläubigers eine Vertragsanpassung ausnahmsweise geboten ist); – Entwertung der Sachleistung (die aber grundsätzlich zum Risikobereich des Sachleistungsgläubigers gehört – das zur „Geldentwertung“ Gesagte gilt entsprechend ); – Leistungserschwerungen (die allerdings nach der vertraglichen Risikover-teilung grundsätzlich zu Lasten des Schuldners gehen; auch hier kommt es nur bei Überschreiten des Risikobereichs zur Anpassung des Vertrages); – Wertsteigerung bei Geld- und Sachleistungen, Leistungserleichterungen (spiegelbildlich nach dem zur Geldentwertung Gesagten zu behandeln); – Rechtsänderungen, Eingriffe von hoher Hand (z. B. Gesetzesänderungen, Änderungen der Rechtsprechung und Eingriffe von hoher Hand, die das Äquivalenzverhältnis stören können; auch hier sind also die Risikosphären der Vertragsparteien abzugrenzen); – Störung des Verwendungszwecks (wobei in der Fallgruppe der Zwecker-reichung oder des Zweckfortfalls die Regeln über die Unmöglichkeit – § 275 BGB – und nicht das Recht des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anzuwenden ist; auch hier ist nach erfolgter Abgrenzung zunächst nach Risikobereichen zu differenzieren, und nur bei Überschreiten des Risikobereichs kommt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht). Diesen Fallkonstellationen ist gemein, dass zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechte wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die diesen Wegfall auslösenden Umstände bereits realisiert sind. g) Im Einzelnen gilt im Kontext des § 313 BGB weiter: aa) Eine wichtige Fallgruppe des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bilden Äquivalenzstörungen , d. h. die Störung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung durch unvorhersehbare Ereignisse (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 25). Auch Gesetzesänderungen, Änderungen der Rechtsprechung und „Eingriffe von hoher Hand“ können das Äquivalenzverhältnis stören (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 34). bb) Aus zivilrechtlicher Sicht ist eine Risikobetrachtung vorzunehmen. § 313 BGB ist unanwendbar, wenn sich durch die Störung ein Risiko verwirklicht, das eine Partei zu tragen hat. Grundsätzlich trägt jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – I ZR 42/07, juris Rn. 71 m. w. N.). Die Abgrenzung der Risikosphären ergibt sich aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und dem anzuwendenden dispositiven Recht (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 19). (1) Bei zivilrechtlichen Verträgen, an denen Gesellschaften (GmbH, AG etc.) beteiligt sind, wird ein Kontrollwechsel, d. h. die Änderung der Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 7 Mehrheitsverhältnisse auf Gesellschafterebene, wegen des im Gesellschaftsrecht geltenden Trennungsprinzips regelmäßig der Risikosphäre der betroffenen Gesellschaft zugeordnet. Denn die Identität des Vertragspartners ändert sich durch den Kontrollwechsel nicht. Deshalb werden in der Vertragspraxis sog. Change of Control-Klauseln verwendet, wenn einer Gesellschaft als Partner eines zivilrechtlichen Vertrages bei einem Kontrollwechsel Gestaltungsrechte eingeräumt werden sollen (vornehmlich ein Recht zur Kündigung des Vertrages; vgl. dazu Cramer, WM 2011, 825 ff.; Mielke/Nguyen-Viet, DB 2004, 2515 ff.). (2) Unter dem Aspekt der Risikotragung kommt bei der Anwendung von § 313 BGB auf zivilrechtliche Verträge hinzu, dass derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten kann (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – I ZR 42/07, juris Rn. 71 m. w. N.; Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 22). cc) Ob diese Grundsätze in jeder Hinsicht auch für § 60 LVwVfG gelten, ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung beschränkt sich insofern auf eine Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dies schließt Abweichungen mit Blick auf die Besonderheiten des Rechts der öffentlich-rechtlichen Verträge nicht aus. So vertreten etwa die Professoren Dr. Hermes (Frankfurt/ Main) und Dr. Wieland (Speyer) in einem Rechtsgutachten vom Oktober 2010 unter Berufung vor allem auf das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip die Auffassung, dass eine Kündigung durch ein Land auch dann auf § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG gestützt werden kann, wenn die Landesregierung nach Abschluss des Vertrages durch Volksabstimmung gesetzlich verpflichtet worden ist, die Kündigung des Vertrages zu erklären. h) Wissenschaftliche oder empirische Studien zu der Frage, wie die Rechtsprechung zu § 313 BGB die Rechtsentwicklung zum Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage „in der Praxis reflektiert“, liegen dem Justizministerium Baden-Württemberg nicht vor. Weiterführende Hinweise ergeben sich jedoch aus der einschlägigen Kommentarliteratur. Dasselbe gilt für die Reflexion der Rechtsprechungsentwicklung zu § 60 LVwVfG. i) Die praktische Anwendung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (sei es aufgrund von § 313 BGB, sei es aufgrund von § 60 LVwVfG) obliegt den Gerichten, die in richterlicher Unabhängigkeit entscheiden. 2. Teilt sie die Auffassung, dass die Rechtsfolge eines „Wegfalls der Geschäftsgrundlage “ grundsätzlich eine Anpassung und subsidiär als „Ultima ratio“ eine Aufhebung des Vertrages ist? Die Landesregierung teilt im Grundsatz diese Auffassung, verweist allerdings auf die konkrete Ausgestaltung der einschlägigen Rechtsvorschriften: Für den Anwendungsbereich des § 313 BGB (also zivilrechtliche Verträge) ergibt sich aus dem Wortlaut des § 313 Absatz 1 BGB, dass die Vertragsan-passung Vorrang vor dem in § 313 Absatz 3 BGB normierten Rücktritts- bzw. Kündigungsrecht (bei Dauerschuldverhältnissen) hat. Nach dem Wortlaut des § 313 Absatz 3 BGB kommt ein Rücktritt vom Vertrag bzw. eine Kündigung des Vertrages aufgrund des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage nur in Betracht, wenn eine Anpassung des Vertrages nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist. Für öffentlich-rechtliche Verträge mit Beteiligung des Landes gilt folgendes: Ist dem Land ein Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten , so kann das Land eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen (§ 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG). Für die Fälle des § 60 Absatz 1 Satz 2 LVwVfG besteht dagegen kein Vorrang der Vertragsanpassung. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 8 Die praktische Anwendung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (sei es nach § 313 BGB, sei es nach § 60 LVwVfG) obliegt den Gerichten, die in richterlicher Unabhängigkeit entscheiden. 3. Welche Gründe sprechen beim Finanzierungsvertrag zwischen dem Land Baden- Württemberg und der Bahn vorliegend dafür, dass das Verkehrsministerium von der subsidiären Aufhebung und nicht vom Grundsatz der Anpassung ausgeht? Der Ministerrat hat am 13. September 2011 beschlossen, dass sich das Land an Mehrkosten nicht beteiligen wird, die über die in der Finanzierungsvereinbarung festgelegte Kostenobergrenze von 4,526 Mrd. Euro hinausgeht. Wie in der Begründung des Entwurfs eines S 21-Kündigungsgesetzes ausgeführt, hat die Deutsche Bahn AG deutlich gemacht, dass die Wirtschaftlichkeit des Projektes Voraussetzung für seine Realisierung ist. Daher geht das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur davon aus, dass die Deutsche Bahn AG ihrerseits nicht bereit sein wird, alle weiteren Kostensteigerungen alleine zu finanzieren. Wenn aber die Finanzierung den entstehenden Mehrkosten nicht angepasst wird, kann dies dazu führen, dass die Geschäftsgrundlage entfallen ist. 4. Hält sie ihre Auffassung aufrecht, dass durch die „Sprechklausel“ in § 7 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn eine „Mitverpflichtung des Landes zur Beteiligung an Kostenüberschreitungen nicht entsteht“ (siehe Seite 14 der Gesetzesbegründung zum Kündigungsgesetz )? Ja. Die Landesregierung kann den in der Begründung des Fragestellers angesprochenen Widerspruch zu den Aussagen des Verkehrsministers in der Plenardebatte am 16. September 2011 nicht erkennen. 5. Wie definiert sie die Tatbestandsvoraussetzungen „nicht zumutbar“ und „schwere Nachteile“ des § 60 LVwVfG im Lichte der Rechtsprechung für den vorliegenden Finanzierungsvertrag? a) Das in § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG statuierte Kündigungsrecht erfordert zum einen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, zum anderen die daraus resultierende Unzumutbarkeit eines Festhaltens an der ursprünglichen vertraglichen Regelung. Unzumutbarkeit in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn unter Abwägung der Interessen aller Vertragsparteien die Bindung an den Vertrag für einen Beteiligten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu einem mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbaren Ergebnis führen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 2 B 73/10, juris Rn. 8; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Oktober 2003 – 9 A 3137/00, juris Rn. 57). Maßgeblich für die Frage der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ist letztlich das Ergebnis einer Abwägung aller Gesichtspunkte des konkreten Einzelfalles (vgl. BVerwG, a. a. O.; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Dezember 1995 – 10 S 1140/94, juris Rn. 22, je m. w. N.). b) Das Tatbestandsmerkmal der „schweren Nachteile“ betrifft das von den Bestimmungen über die Geschäftsgrundlage in § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG unabhängige Sonderkündigungsrecht des § 60 Absatz 1 Satz 2 LVwVfG, das ausschließlich an die Notwendigkeit der Kündigung zur Verhütung bzw. Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl anknüpft (vgl. Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 27). Das außerordentliche Kündigungsrecht stellt ein Notrecht der öffentlichen Hand dar und ist restriktiv auszulegen (vgl. Fehling/Kastner, a. a. O., § 60 Rn. 23). Der Begriff „Gemeinwohl“ ist partiell identisch mit den Begriffen „öffentliche Belange“ und „öffentliche Interessen“. Dem Gemeinwohl dienen im weitesten Sinne Einrichtungen staatlicher Daseinsvorsorge. „Schwere Nachteile “ für das Gemeinwohl erfordern das Vorliegen einer außergewöhnlichen Situation, die im Einzelfall das Eingreifen in den Vertrag vom Standpunkt der Allgemeinheit für zwingend geboten erscheinen lässt (Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 27). Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 9 c) Im Hinblick auf die Finanzierungsvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 lassen sich die zuvor erläuterten Grundsätze wie folgt übertragen: Bei Zugrundlegung der bereits oben angesprochenen Rechtsauffassung der Professoren Dr. Hermes und Dr. Wieland könnte sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertrags maßgebend gewesen sind, aus einer im Ergebnis einer Volksabstimmung zum Ausdruck gebrachten, abweichenden Beurteilung des Vorhabens durch das Volk als Träger der Staatsgewalt ergeben. Mit einer entsprechenden Abstimmungsentscheidung wäre die bisherige politische Gesamteinschätzung des Projekts Stuttgart 21, die auf der Willensbildung von Landesregierung und Landtag beruht und die Grundlage der Finanzierungsvereinbarung darstellt, obsolet. Ein Festhalten an der Finanzierungsvereinbarung könnte dem Land Baden-Württemberg danach angesichts eines in Gesetzesform gefassten anderslautenden Willens des Volkes nicht länger zumutbar sein. Nach Einschätzung der Professoren Dr. Hermes und Dr. Wieland ist eine andere Bewertung auch nicht deshalb angezeigt, weil die Änderung der Verhältnisse der Sphäre eines Vertragspartners, hier des Landes, zuzurechnen wäre. Insofern gälten Besonderheiten des Rechts der öffentlich-rechtlichen Verträge gegenüber dem zivilrechtlichen Vertragsrecht. Gegebenenfalls könne der Vertragspartner eine Entschädigung einfordern. Auch im Falle einer Kostenüberschreitung und fehlender Einigung über die Tragung der Mehrkosten kommt mangels Anpassung des Vertrages eine Kündigung in Betracht (vgl. Antwort zu Frage 3.). 6. Teilt sie die Ansicht, dass §§ 2 Absatz 2 und 8 Absatz 4 des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn die Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und die Kündigung abschließend geregelt haben? Die Landesregierung teilt diese Einschätzung nicht. a) § 60 LVwVfG stellt nach allgemeiner Auffassung zwingendes Recht dar. Das in Absatz 1 vorgesehene Kündigungsrecht kann vertraglich nicht abbedungen werden (Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 60 Rn. 6; Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 1; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 60 Rn. 1). Die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage stellen einen ungeschriebenen Bestandteil des Bundesverfassungsrechts dar und beanspruchen damit auch für das öffentliche Recht Geltung (vgl. BVerfGE 34, 216, 231). Die Vertragspartner haben es jedoch in der Hand, sich vertraglich darauf zu verständigen, was sie als „Geschäftsgrundlage“ ansehen, ob sie bestimmte Risiken späterer Änderungen vertragsrelevanter Rahmenbedingungen bewusst einem Vertragspartner zuweisen und nach welchen Maßgaben Vertragsanpassungen im Falle eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorzunehmen sind. Insofern kann auf die Antwort zu 1. verwiesen werden. b) Im Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 60 Absatz 1 LVwVfG setzen die vertraglichen Bestimmungen den Vertragspartnern zwar einen gewissen Rahmen. Sie enthalten eine allgemeine Projektförderpflicht und eine thematisch auf den Fall unerwarteter Kostensteigerungen beschränkte Sprechklausel. Hierdurch wird aber keine umfassende Regelung über die Geschäftsgrundlage getroffen, die für eine Anwendung von § 60 LVwVfG keinen Raum mehr lässt. 7. Welche „außerordentlichen“ Gründe rechtfertigen nach ihrer Ansicht die Kündigung des Finanzierungsvertrages zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Bahn? Das S 21-Kündigungsgesetz zielt darauf ab, eine Verpflichtung der Landesregierung zu begründen, von bestehenden Kündigungsrechten in Bezug auf die Finanzierungsvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 Gebrauch zu machen. Mit Blick auf dieses Gesetz spielt es daher keine Rolle, ob dem Land Baden-Württemberg bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes Kündigungsrechte zustehen. Die Landesregierung wird daher erst nach Inkrafttreten des S 21-Kündigungsgesetzes abschließend prü- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 10 fen, ob und aus welchen Gründen dem Land ein Kündigungsrecht zusteht. Diese Prüfung wird die Landesregierung unter Berücksichtigung der dann gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen vornehmen. Wie in der Begründung des Entwurfs für ein S 21-Kündigungsgesetz ausgeführt, könnte sich ein Kündigungsrecht durch Verabschiedung des Gesetzentwurfs im Wege einer Volksabstimmung, aber auch noch aus zukünftig auftretenden, neuen Umständen ergeben. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass unerwartete Kostensteigerungen beim Projekt Stuttgart 21 eine Rolle spielen können. Die Landesregierung hat hierzu von der Deutschen Bahn AG eine aktuelle neue Kostenrechnung angefordert, die auszuwerten sein wird. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3. verwiesen. Darüber hinaus könnte sich nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht eine Befugnis des Landes ergeben, sich durch Kündigung oder Rücktritt vom Vertrag zu lösen. Dies kommt in Betracht, wenn sich im weiteren Projektverlauf technische Probleme aufzeigen, die die Durchführbarkeit des Projektes in seinen Grundstrukturen in Frage stellen. Entsprechendes gilt, wenn ein Vertragspartner des Landes schuldhaft gegen wesentliche Vertragspflichten verstößt. 8. Ist sie der Auffassung, dass das Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage “ Schadensersatzansprüche auslöst und wenn ja, in welcher Höhe erwartet sie diese im vorliegenden Finanzierungsvertrag? a) Fällt bei zivil- oder öffentlich-rechtlichen Verträgen die Geschäftsgrundlage weg und scheidet eine Vertragsanpassung aus, bleibt mithin gemäß § 313 BGB oder § 60 LVwVfG lediglich die Vertragsbeendigung als Lösung, so ist eine allgemeine Aussage nicht möglich, dass Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche generell ausgeschlossen oder in jedem Fall zu bejahen wären. Die Rechtsfolgen hängen vielmehr vom jeweiligen Einzelfall ab. Eine belastbare Prognose, wie das zuständige Gericht entscheiden würde, wenn ihm der „Finanzierungsvertrag “ bzw. eine Vertragsbeendigungserklärung unter Berufung auf § 313 BGB oder § 60 LVwVfG zur Prüfung vorgelegt würde, ist nicht möglich. Wie bereits dargestellt, geht es bei zivilrechtlich zu beurteilenden Verträgen beim Wegfall der Geschäftsgrundlage vorrangig um eine Vertragsanpassung, die nicht zwingend mit Schadensersatz- oder sonstigen Ausgleichsansprüchen verbunden sein muss. Liegen – allgemein gesprochen – die Voraussetzungen von § 313 Absatz 1 oder 2 BGB vor, kann die Anpassung verlangt werden. Die Parteien haben – anders als nach früherem Recht – zunächst über die Anpassung zu verhandeln; § 313 BGB folgt insoweit § 60 VwVfG. Verweigert der andere Teil pflichtwidrig seine Mitwirkung an rechtlich gebotenen Anpassungsverhandlungen , kann sich für den Vertragsgegner aus § 323 BGB ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht oder aus § 280 BGB ein Schadensersatzanspruch ergeben. Führen die Verhandlungen zu keiner Einigung, kann das Gericht angerufen werden. Die Klage setzt aber voraus, dass der Kläger sich erfolglos um eine vertragliche Anpassung bemüht hat, und ist auf die nach dem veränderten Vertragsinhalt geschuldete Leistung zu richten, nicht auf Zustimmung zur Anpassung (vgl. dazu Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 41). Kommt es bei zivilrechtlichen Verträgen gemäß § 313 Absatz 3 BGB zur Vertragsauflösung, weil die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist und die berechtigte Partei eine entsprechend rechtsgestaltende Erklärung abgibt, kommt es zunächst zur Beendigung des Vertrages und ggf. (nach der Kommentarliteratur) auch zur Rückabwicklung des Vertrages. Die Rückabwicklung erfolgt nach den §§ 346 ff. BGB, wobei allerdings § 313 BGB kein gesetzliches Rücktrittsrecht im Sinne des § 346 Absatz 3 Nummer 3 BGB begründet (so Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 42). Gemäß § 346 Absatz 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Unter den Voraussetzungen des § 346 Absatz 2 BGB hat der Schuldner statt der Rückgewähr oder Herausgabe Wertersatz zu leisten. Kommt es in Anwendung des § 313 BGB zur Vertragsbeendigung durch eine Partei, so können damit verbundene oder dadurch begründete finanzielle Ansprüche der anderen Partei demnach nicht ausgeschlossen werden. Bei Wegfall der Geschäftsgrundlage hat das Gericht eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei möglichst geringem Eingriff in die ursprüngliche Regelung herzustellen; die Umstände, die die Geschäftsgrund- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 11 lage bildeten, sind bei der Beurteilung der Rechtsfolgen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 – VII ZR 80/94, juris Rn. 41 ff.). Als Rechtsfolgen des Fehlens oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage kommen bei zivilrechtlichen Verträgen je nach Lage des Falles z. B. die Herabsetzung oder Aufhebung einer Verbindlichkeit, der Ersatz von Aufwendungen für eine zwecklos gewordene Leistung, die Aufhebung der Käuferpflicht und Begründung einer Ersatzpflicht für einen Teil des dem Verkäufer entgehenden Gewinns oder die Einräumung eines Ausgleichsanspruchs in Betracht (Palandt, a. a. O., § 313 Rn. 40). Die Interessenabwägung findet also nicht allein bei der Feststellung der Voraussetzungen eines Rechts zur Vertragsbeendigung gemäß § 313 BGB statt, sondern auch bei der Feststellung der Rechtsfolgen und der Höhe eines etwaigen finanziellen Ausgleichs. Verallgemeinernd lässt sich auch hier nur sagen, dass diejenige Rechtsfolge zu bestimmen ist, die die schutzwürdigen Interessen beider Seiten in ein angemessenes Gleichgewicht bringt. So ist auch die im Einzelfall häufig schwierige Frage zu entscheiden, ob das Rechtsverhältnis mit modifiziertem Inhalt aufrechterhalten oder nach § 313 Absatz 3 BGB beendet bzw. rückabgewickelt werden soll (Roth, a. a. O., § 313 Rn. 101). Neben der Rückabwicklung des Vertrages nach den Vorschriften zum Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) sind bei Vertragsbeendigung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage zivilrechtlich durchaus weitere Ansprüche denkbar, z. B. auf Ausgleich von Schäden, Aufwendungen und Lasten, wobei „Ausgleich“ eine angemessene Verlagerung auf alle Beteiligten bedeutet. Ob es zur teilweisen oder vollständigen Überwälzung auf eine Partei kommt, kann sich an Gesichtspunkten der Verursachung , des Verschuldens oder der Begünstigung bzw. Nutznießung orientieren (Roth, a. a. O., § 313 Rn. 108). Die Rechtsfolgen einer auf § 60 Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 LVwVfG gestützten Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und die konkreten Auswirkungen im vorliegenden Fall sind demgegenüber öffentlich-rechtlich zu beurteilen . Auch hier wird es möglich sein, sich an den zum Zivilrecht ent wickelten Grundsätzen zu orientieren. Im Zweifel wird über Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche letztlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden sein. Es gelten aber auch Besonderheiten des Rechts der öffentlich-rechtlichen Verträge. Dies betrifft etwa den nach der Rechtsauffassung der Professoren Dr. Hermes und Dr. Wieland anzunehmenden Fall, dass sich aus dem Ergebnis einer Volksabstimmung ein Kündigungsrecht des Landes nach § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG ergeben könnte. Die Professoren Dr. Hermes und Dr. Wieland gehen für diesen Fall zugleich davon aus, dass einem berechtigten Vertrauen der Vertragspartner des Landes auf den Fortbestand des Vertrages durch eine Entschädigungsregelung Rechnung zu tragen wäre. b) Die Landesregierung wird in dem Fall, dass das S 21-Kündigungsgesetz in Folge der angeordneten Volksabstimmung zustande kommt, eine auf die Finanzierungsvereinbarung zum Projekt Stuttgart 21 bezogene Kündigungserklärung nur abgeben, wenn sie nach dem Ergebnis der abschließenden Prüfung vom Bestehen eines Kündigungsrechtes des Landes überzeugt ist. Es ist damit zu rechnen, dass Vertragspartner des Landes in diesem Fall die Wirksamkeit der Kündigungserklärung gerichtlich überprüfen lassen werden. Sollte sich als Ergebnis dieser gerichtlichen Überprüfung herausstellen, dass dem Land ein Kündigungsrecht nicht zusteht, und stellen die Vertragspartner die Erbringung ihrer vertraglich geschuldeten Leistungen mit Blick auf die durch die Erklärung des Landes ausgelöste Unsicherheit über das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses ein, so könnten sich aus § 62 Satz 2 LVwVfG i. V. m. § 241 Absatz 2, § 280 Absatz 1 BGB Schadensersatzansprüche der Vertragspartner gegen das Land ergeben. c) Zu den Pflichten der Parteien eines zivilrechtlichen Vertrags gehört auch die Leistungstreuepflicht als Teil der Verpflichtungen, die sich aus § 241 Absatz 2 BGB ergeben. Damit ist die Pflicht gemeint, den Vertragszweck nicht zu gefährden oder zu vereiteln, d. h. den Vertragspartner nicht geradezu daran zu hindern, die von ihm mit dem Vertrag angestrebten Vorteile oder Ziele zu verwirklichen (§ 242 BGB; vgl. Ernst, Münchener Kommentar BGB, 5. Aufl. 2007, § 280 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 12 Rn. 91). So hat der BGH im Mietrecht bereits mehrfach entschieden, dass die schuldhafte Kündigung oder Anfechtung eines Mietverhältnisses ohne Grund durch den Vermieter den Mieter zum Schadensersatz berechtigt. Das Risiko, die Rechtslage falsch zu beurteilen, trägt der Kündigende, sodass er die Vertragsverletzung in aller Regel auch dann zu vertreten hat, wenn er sich über die Rechtslage geirrt hat (BGH, Urteil vom 28. November 2001, XII ZR 197/99, Rn. 12 m. w. N.). Die schuldhafte Verletzung der Leistungstreuepflicht führt bei zivilrechtlichen Verträgen zur Haftung auf Schadensersatz, wobei grundsätzlich jeder durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden ersatzfähig ist (auch bei Unvorhersehbarkeit für den Schuldner) und es keine Begrenzung auf das Integritätsinteresse gibt. Ersatzfähig sind damit auch reine Vermögensschäden (Ernst, a. a. O., § 280 Rn. 29). Auch die (unberechtigte) ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung begründet gemäß § 281 Absatz 2 BGB – sogar ohne weitere Fristsetzung – einen „Schadensersatzanspruch statt der Leistung“, weil der Schuldner damit die Leistungstreuepflicht verletzt. Schon die Ankündigung einer Erfüllungsverweigerung verpflichtet zum Schadensersatz (Palandt, a. a. O., § 280 Rn. 25). d) Für öffentlich-rechtliche Verträge gelten aber Besonderheiten: Liegt eine wesentliche Änderung der für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verhältnisse vor, die eine Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag begründet, und ist die an sich gebotene Vertragsanpassung nicht möglich oder einem Vertragspartner nicht zumutbar, kann nach § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG gekündigt werden. Die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung sind in § 60 LVwVfG nicht ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesbegründung von einer ausdrücklichen Regelung bewusst abgesehen, weil er es der Rechtsprechung im jeweiligen Einzelfall überlassen wollte, wie sich die Abwicklung des gekündigten öffentlich-rechtlichen Vertrags zu gestalten habe (vgl. für die bundesrechtliche Parallelregelung BT-Drs. 7/910, S. 82). Ein Schadensersatzanspruch wird im Fall einer berechtigten Kündigung nach § 60 Absatz 1 Satz 1 LVwVfG von der Kommentarliteratur jedoch übereinstimmend grundsätzlich abgelehnt (Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 24; Stelkens/ Bonk/Sachs, a. a. O., § 60 Rn. 25 c; Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 60 Rn. 22; Bader/ Ronellenfitsch, VwVfG 2010, § 60 Rn. 19; Fehling/Kastner, a. a. O., § 60 Rn. 28). Schließlich knüpft die Entstehung von Schadensersatzansprüchen regelmäßig an Pflichtverletzungen an. Die Landesregierung wird die vertraglichen Pflichten des Landes aber achten und erfüllen. Einschlägige Rechtsprechung zur Frage des Schadensersatzanspruchs bei berechtigter Kündigung ist nicht ersichtlich. Begründet wird die grundsätzliche Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs der übrigen Vertragsparteien gegenüber der kündigenden Partei regelmäßig damit , dass die Interessen aller Vertragsparteien bereits im Rahmen der Bewertung der Zumutbarkeit hinreichend zu berücksichtigen sind (vgl. Knack/Henneke, a. a. O., § 60 Rn. 24; Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 60 Rn. 22; Fehling/Kastner, a. a. O., § 60 Rn. 28). Abweichend von diesem Grundsatz bejaht die Kommentarliteratur einen finanziellen Ausgleich für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen im Einzelfall dann, wenn die Vertragsparteien unterschiedlich hohe Leistungen erbracht haben und die hieraus resultierende erhebliche Äquivalenzstörung der benachteiligten Vertragspartei nicht ohne Ausgleich zugemutet werden könne (so Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 60 Rn. 25 e; Bader/Ronellenfitsch, a. a. O., § 60 Rn. 19). In diesem Zusammenhang sind auch mögliche Entschädigungspflichten des Landes zu prüfen, wie sie von den Professoren Dr. Hermes und Dr. Wieland als Folge einer Vertragskündigung angenommen werden, wenn die Abgabe der Kündigungserklärung durch das Ergebnis einer Volksabstimmung veranlasst ist. Zur Höhe etwaiger Entschädigungsforderungen gegen das Land kann, wie bereits in der Begründung des Entwurfs eines S 21-Kündigungsgesetzes ausgeführt , derzeit keine abschließende Stellungnahme abgegeben werden. Bis heute hat sich erst einer der Vertragspartner des Landes – die Deutsche Bahn AG – zur angenommenen Höhe der ihr drohenden „Ausstiegskosten“ geäußert. Sie geht Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 616 13 im Schlichtungsverfahren von rund 1,522 Mrd. Euro aus. Die Validität dieser Prognose ist unklar. So liegen die Beurteilungen der drei eingeschalteten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften diesbezüglich weit auseinander. Zudem ist nicht geklärt, in welchem Umfang sich das Land an den von der Deutschen Bahn AG bezifferten Ausstiegskosten beteiligen muss. Diese Frage war nicht Gegenstand der Prüfung der drei Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Im Übrigen kann auf die Ausführungen im Entwurf des S 21-Kündigungsgesetzes (LT-Drs. 15/496, S. 10 ff. und 16 ff.) verwiesen werden. Stickelberger Justizminister