Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode Drucksache 15 / 6186 26. 11. 2014 1Eingegangen: 26. 11. 2014 / Ausgegeben: 23. 12. 2014 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie den derzeitigen Ärztemangel im ländlichen Raum in Baden Württemberg? 2. Wie können die Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg selbst dazu beitragen, Ärztinnen und Ärzte für die Arbeit in ländlichen Gemeinden zu gewinnen? 3. Welche Rolle kann in diesem Zusammenhang die Unterstützung der Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg bei der Suche nach geeigneten Praxisräumen spielen? 4. Sieht sie eine Möglichkeit darin, den Umbau von Gebäuden im Hinblick auf Barrierefreiheit in Sanierungsgebieten in Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg über das Landessanierungsprogramm zu fördern? 5. Gibt es Fördermöglichkeiten für kommunale Neubauten, die für die Einrichtung und Vermietung von Arztpraxen in Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg geschaffen werden? 6. Inwieweit sieht sie ggf. ein Problem darin, dass sich Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg Ärztinnen und Ärzte gegenseitig abwerben? 26. 11. 2014 Gurr-Hirsch CDU Kleine Anfrage der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU und Antwort des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Ärztemangel im ländlichen Raum Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6186 2 B e g r ü n d u n g Immer mehr Ärzte auf dem Land müssen weit über das Rentenalter hinaus arbeiten , weil sie keinen Nachfolger finden. In vielen ländlichen Kommunen in BadenWürttemberg droht eine Versorgungslücke, weil es junge Mediziner in die Städte zieht. Es gibt verschiedene Ansätze, wie die Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg einen Beitrag dazu leisten können, dieser zunehmenden Problematik zu begegnen. Die Landesregierung wird um eine Einschätzung gebeten. A n t w o r t Mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 Nr. 52-0141.5/15/6186 beantwortet das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren in Abstimmung mit dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und dem Innenministerium die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet sie den derzeitigen Ärztemangel im ländlichen Raum in Baden Württemberg? Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) teilt mit, dass die ärztliche Versorgung der Bevölkerung in Baden-Württemberg insgesamt betrachtet als gut bezeichnet werden könne. Allerdings sei festzustellen, dass bereits jetzt schon viele Praxen nicht mehr adäquat nachbesetzt werden könnten. Die KVBW gehe davon aus, dass in ganz Baden-Württemberg in den nächsten fünf Jahren ca. 500 Ärzte keine Nachfolgerin bzw. keinen Nachfolger mehr finden werden. Dies betreffe sowohl Ärztinnen und Ärzte in den städtischen als auch in den eher ländlich geprägten Regionen. Für einzelne Gemeinden auf dem Land werde sich der Wegfall von Arztpraxen ggf. deutlicher auswirken: Die Wege zu den nächstgelegenen Ärztinnen und Ärzten könnten daher teilweise länger werden. Gleichzeitig sei zu erwarten, dass die Arbeitsbelastung der verbleibenden Ärztinnen und Ärzte in den betreffenden Regionen steigen wird. Diese Einschätzung wird von der Landesregierung geteilt. 2. Wie können die Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg selbst dazu beitragen, Ärztinnen und Ärzte für die Arbeit in ländlichen Gemeinden zu gewinnen? Die Beweggründe für eine Niederlassung im ländlichen Raum sind von verschieden Faktoren abhängig. Junge Ärztinnen und Ärzte sind im Hinblick auf ihre eigene Zukunftsplanung auf attraktiven Wohnraum, Kinderbetreuungsplätze und gute Erreichbarkeit durch den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Kommunen, die eine entsprechend gute Infrastruktur anbieten können, haben es leichter, Ärztinnen und Ärzte für eine Niederlassung im ländlichen Raum zu gewinnen. Kommunen können auch unmittelbar auf die Versorgung Einfluss nehmen, indem sie gemäß § 95 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch medizinische Versorgungszentren (MVZ) gründen. Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung sieht vor, Kommunen die Möglichkeit zu geben, MVZ auch in der Rechtsform eines Eigen- oder Regiebetriebes zu gründen. Auch dies kann die Rolle der Kommunen im Bereich der Gesundheitsversorgung stärken. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6186 3. Welche Rolle kann in diesem Zusammenhang die Unterstützung der Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg bei der Suche nach geeigneten Praxisräumen spielen? Junge Ärztinnen und Ärzte, die einen bestehenden Vertragsarztsitz übernehmen, übernehmen in der Regel auch die Praxisräume ihrer Vorgängerin bzw. ihres Vorgängers . Praxisneugründungen aufgrund von Neuzulassungen sind vor allem im ländlichen Raum zur großen Ausnahme geworden. In solchen Fällen können Gemeinden den Existenzgründerinnen und -gründern durch die Vermittlung von geeigneten Praxisräumlichkeiten eine wichtige Hilfestellung geben. 4. Sieht sie eine Möglichkeit darin, den Umbau von Gebäuden im Hinblick auf Barrierefreiheit in Sanierungsgebieten in Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg über das Landessanierungsprogramm zu fördern? In den jährlichen Städtebauförderungsprogrammen des Landes gehören Maßnahmen zur Anpassung vorhandener Strukturen an den demografischen Wandel – insbesondere Maßnahmen zur Erreichung von Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und zum altersgerechten Umbau von Wohnungen – seit Jahren zu den Förderschwerpunkten . Die Sanierungsgemeinden nehmen die Barrierefreiheit zunehmend in ihre städtebaulichen Entwicklungsziele auf. Nach dem besonderen Städtebaurecht (§§ 136 ff. BauGB) und den Städtebauförderungsrichtlinien des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft in der Fassung vom 23. September 2013 (GABl. S. 470) werden Gemeinden und Zweckverbände gefördert, die in einem abgegrenzten Gebiet städtebauliche Missstände beheben oder deutlich und nachhaltig mildern, wenn dazu ein Bündel von Einzelmaßnahmen notwendig ist (Grundsatz der Förderung der Gesamtmaßnahme als Einheit). Gefördert wird in der Regel mit 60 % der förderfähigen Kosten. Voraussetzung ist, dass die beantragte städtebauliche Maßnahme in ein Förderprogramm aufgenommen wird. Seit Jahren sind die jährlichen Städtebauförderungsprogramme vier- bis fünffach überzeichnet. Ausgewählt wird nach Dringlichkeit und den ausgeschriebenen Programmschwerpunkten. Nach den Städtebauförderungsrichtlinien werden im Hinblick auf die Schaffung von Barrierefreiheiten folgende Maßnahmen als förderfähig anerkannt: 1. Die Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen (insbesondere örtliche öffentliche Straßen, Wege, Plätze und ebenerdige Stellplätze bis zu 150 € je Quadratmeter; Parkhäuser, Tiefgaragen oder Parkdecks bis zu 13.000 € je Stellplatz; Grünanlagen, öffentliche Spielplätze, Brücken, Stege, Treppen und Unterführungen). 2. Kostenerstattungsbeträge für die Erneuerung privater Gebäude bis max. 35 % der berücksichtigungsfähigen Kosten (Modernisierungszuschüsse). 3. Schaffung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen durch die Kommune. Das sind Kindergärten, Kinderbetreuungseinrichtungen, Altenbegegnungsstätten , kommunale Verwaltungsgebäude und andere Gebäude mit Publikumsverkehr wie z. B. Rathäuser, Büchereien, Versammlungsräume, Begegnungsstätten , Mehrzweckhallen mit Gemeinbedarfsnutzung, bei denen keine andere Fachförderung gewährt wird. Dabei gehören barrierefreie Zu- und Übergänge zum Baustandard. Die Planungsund Ausführungsverantwortung dafür liegt bei der Gemeinde. 5. Gibt es Fördermöglichkeiten für kommunale Neubauten, die für die Einrichtung und Vermietung von Arztpraxen in Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg geschaffen werden? Im Rahmen des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum (ELR) kann auch der Neubau von Gebäuden für die Einrichtung und Vermietung von Arztpraxen gefördert werden. Bei der Förderung ist das Beihilferecht einzuhalten. Da solche Investitionen auch von privaten Investoren getätigt werden können, ist Artikel 17 der AGVO (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, VO [EU] Nr. 651/2014) Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6186 4 zu beachten. Daher können solche Projekte entsprechend Ziffer 6.3 der Verwaltungsvorschrift zum ELR grundsätzlich mit 10 % der zuwendungsfähigen Ausgaben im Förderschwerpunkt Arbeiten oder mit bis zu 20 % der zuwendungsfähigen Ausgaben im Förderschwerpunkt Grundversorgung gefördert werden. Die maximale Höhe beträgt 200.000 € pro Projekt bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen , z. B. eines örtlichen Entwicklungskonzepts. Die vermietende Gemeinde muss bei verbilligter Vermietung ebenfalls das Beihilferecht beachten und die Beihilfe bzw. Beihilferegelung entweder anmelden oder nach Art. 3 i. V. m. Art. 6 der De-minimis-Verordnung (VO [EU] Nr. 1407/2013) eine De-minimis-Beihilfe ausreichen. 6. Inwieweit sieht sie ggf. ein Problem darin, dass sich Kommunen im ländlichen Raum in Baden-Württemberg Ärztinnen und Ärzte gegenseitig abwerben? Für Kommunen gilt generell, dass sie sich anstrengen müssen, um im Wettbewerb mit anderen Standorten attraktiv für die Ansiedlung von Unternehmen zu sein. Auch die freiberufliche Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten, sei es durch Übernahme oder Neugründung einer Praxis, ist eine Existenzgründung und insofern als Ansiedlung eines Unternehmens zu qualifizieren. Es ist daher nachvollziehbar und auch sinnvoll, dass Kommunen auch niederlassungswilligen Ärztinnen und Ärzte ihre Standortvorteile präsentieren. Dies geschieht zum Beispiel auf der Internetplattform der „Perspektive Hausarzt BadenWürttemberg “. Es handelt sich dabei um eine vom Hausärzteverband BadenWürttemberg eingerichtete Internetplattform, die über alle in Baden-Württemberg existierenden Informations-, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Förderungsangebote informiert. Zudem können auf dieser Plattform auch Kommunen und Landkreise Angebote freier oder freiwerdender Hausarztpraxen einstellen und sich direkt der Zielgruppe, den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung, präsentieren , zum Beispiel in dem sie ihr Angebot an Kindergärten, Schulen, Freizeit - und Einkaufsmöglichkeiten sowie die Verkehrsanbindungen positiv hervorheben . Allerdings ist zu betonen, dass es nicht möglich sein wird, in jeder Kommune einen eigenen Hausarztsitz vorzuhalten. Ein gewisser kommunaler Wettstreit um den ärztlichen Nachwuchs durch Bewerbung von Standortvorteilen ist nicht vermeidbar und aus Sicht der Landesregierung auch unbedenklich. Die Landesregierung geht angesichts von Studien über Berufsentscheidungen von Medizinstudentinnen und -studenten davon aus, dass für den medizinischen Nachwuchs das Vorliegen einer guten lokalen Infrastruktur bei der Niederlassungsentscheidung deutlich stärker ins Gewicht fällt als eine eventuelle finanzielle Förderung durch anwerbende Kommunen. Sollten Kommunen dennoch finanzielle Anreize zur Ansiedlung von Arztpraxen schaffen wollen, so haben sie gemeindehaushaltsrechtliche, wettbewerbs- und beihilferechtliche Bestimmungen einzuhalten. Kommunen haben insbesondere zu beachten, dass gemeindliche Vermögensgegenstände (z. B. Grundstücke oder Gebäude) in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert oder überlassen werden dürfen (vgl. § 92 GemO). Altpeter Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren << /ASCII85EncodePages false /AllowTransparency false /AutoPositionEPSFiles true /AutoRotatePages /None /Binding /Left /CalGrayProfile (None) /CalRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CalCMYKProfile (U.S. Web Coated \050SWOP\051 v2) /sRGBProfile (sRGB IEC61966-2.1) /CannotEmbedFontPolicy /Warning /CompatibilityLevel 1.6 /CompressObjects /Off /CompressPages true /ConvertImagesToIndexed true /PassThroughJPEGImages false /CreateJobTicket false /DefaultRenderingIntent /Default /DetectBlends true /DetectCurves 0.1000 /ColorConversionStrategy /LeaveColorUnchanged /DoThumbnails false /EmbedAllFonts true /EmbedOpenType false /ParseICCProfilesInComments true /EmbedJobOptions true /DSCReportingLevel 0 /EmitDSCWarnings false /EndPage -1 /ImageMemory 524288 /LockDistillerParams true /MaxSubsetPct 100 /Optimize true /OPM 1 /ParseDSCComments false /ParseDSCCommentsForDocInfo true /PreserveCopyPage true /PreserveDICMYKValues true /PreserveEPSInfo true /PreserveFlatness true /PreserveHalftoneInfo false /PreserveOPIComments true /PreserveOverprintSettings true /StartPage 1 /SubsetFonts true /TransferFunctionInfo /Preserve /UCRandBGInfo /Preserve /UsePrologue false /ColorSettingsFile () /AlwaysEmbed [ true ] /NeverEmbed [ true ] /AntiAliasColorImages false /CropColorImages true /ColorImageMinResolution 150 /ColorImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleColorImages true /ColorImageDownsampleType /Bicubic /ColorImageResolution 300 /ColorImageDepth 8 /ColorImageMinDownsampleDepth 1 /ColorImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeColorImages true /ColorImageFilter /FlateEncode /AutoFilterColorImages false /ColorImageAutoFilterStrategy /JPEG /ColorACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /ColorImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000ColorACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000ColorImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasGrayImages false /CropGrayImages true /GrayImageMinResolution 150 /GrayImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleGrayImages true /GrayImageDownsampleType /Bicubic /GrayImageResolution 600 /GrayImageDepth 8 /GrayImageMinDownsampleDepth 2 /GrayImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeGrayImages true /GrayImageFilter /FlateEncode /AutoFilterGrayImages false /GrayImageAutoFilterStrategy /JPEG /GrayACSImageDict << /QFactor 0.40 /HSamples [1 1 1 1] /VSamples [1 1 1 1] >> /GrayImageDict << /QFactor 0.76 /HSamples [2 1 1 2] /VSamples [2 1 1 2] >> /JPEG2000GrayACSImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /JPEG2000GrayImageDict << /TileWidth 256 /TileHeight 256 /Quality 15 >> /AntiAliasMonoImages false /CropMonoImages true /MonoImageMinResolution 1200 /MonoImageMinResolutionPolicy /OK /DownsampleMonoImages true /MonoImageDownsampleType /Bicubic /MonoImageResolution 600 /MonoImageDepth -1 /MonoImageDownsampleThreshold 1.50000 /EncodeMonoImages true /MonoImageFilter /CCITTFaxEncode /MonoImageDict << /K -1 >> /AllowPSXObjects true /CheckCompliance [ /None ] /PDFX1aCheck false /PDFX3Check false /PDFXCompliantPDFOnly false /PDFXNoTrimBoxError true /PDFXTrimBoxToMediaBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXSetBleedBoxToMediaBox true /PDFXBleedBoxToTrimBoxOffset [ 0.00000 0.00000 0.00000 0.00000 ] /PDFXOutputIntentProfile (None) /PDFXOutputConditionIdentifier () /PDFXOutputCondition () /PDFXRegistryName (http://www.color.org) /PDFXTrapped /False /CreateJDFFile false /SyntheticBoldness 1.000000 /Description << /DEU () >> >> setdistillerparams << /HWResolution [1200 1200] /PageSize [595.276 841.890] >> setpagedevice