Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 619 29. 09. 2011 Kleine Anfrage der Abg. Werner Raab und Katrin Schütz CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Durchlässigkeit der Alb und der Pfinz für Wanderfische K l e i n e A n f r a g e Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Informationen liegen ihr zur Durchlässigkeit für Wanderfische, insbesondere der Lachse der Alb und der Pfinz ab deren Mündung in den Rhein vor? 2. Welche Maßnahmen plant sie zur weiteren Verbesserung der Durchlässigkeit beider Flüsse? 3. Welche Investitionen sind für beide Flüsse zur Verbesserung des Aufstiegs für Wanderfische erforderlich, wie ist deren Finanzierung vorgesehen und in welchem Zeitraum ist die Umsetzung geplant? 21. 09. 2011 Raab, Schütz CDU Eingegangen: 29. 09. 2011 / Ausgegeben: 28. 10. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 619 2 An two r t Mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 Nr. 5–0141.5/385/1 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Einvernehmen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Informationen liegen ihr zur Durchlässigkeit für Wanderfische insbesondere der Lachse der Alb und der Pfinz an deren Mündung in den Rhein vor? Die Alb zählt im Abschnitt zwischen der Rhein-Mündung und Marxzell zu den Gewässern, die das international abgestimmte Wanderfischprogramm umfasst. Die Pfinz ist hingegen kein Programmgewässer für Wanderfische. Für die Pfinz sind daher die im Land geltenden grundsätzlichen Anforderungen an die Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit anzuwenden. Für die Alb als Wanderfischgewässer gelten dagegen deutlich erhöhte Anforderungen. Bauwerke zur Herstellung der Durchgängigkeit in der Alb: Die Maßnahmen zur biologischen Durchgängigkeit bemessen sich jeweils an den Anforderungsprofilen der potenziell natürlichen Fischfauna. Für die Alb sind u. a. die Anforderungen an den Atlantischen Lachs einzuhalten, sowohl flussaufwärts als auch flussabwärts gerichtet. In den vergangenen Jahren wurden in der Alb mehrere Durchgängigkeitsbauwerke errichtet. In diesem Jahr ging an der Rheinmündung die mit Kosten von 1,6 Mio. € erbaute neue Albschleuse in Betrieb, sodass die Alb nun vom Rhein her einwanderbar ist. Die Stadt Ettlingen hat in den letzten Jahren drei Wehranlagen und mehrere Sohlbauwerke mit Gesamtkosten von rund 540.000 € durchgängig gestaltet. An einer Wasserkraftanlage in Neurod wurde eine raue Rampe in Betrieb genommen und von der Gemeinde Waldbronn wurden zwei Sohlbauwerke entfernt. Trotz der Erfolge der letzten Jahre ist die Durchgängigkeit in der Alb noch nicht vollständig wiederhergestellt. Wegen der verbliebenen Querbauwerke ohne Aufstiegshilfen und Abstiegsanlagen sowie wegen der noch fehlenden oder unzureichenden Mindestabflüsse können Wanderfische die bedeutende Kernzone der Wiederansiedlung in der Alb flussaufwärts von Ettlingen noch nicht erreichen. Bauwerke zur Herstellung der Durchgängigkeit in der Pfinz: In der Pfinz wurde in den letzten Jahren an zwei Wehren in Keltern sowie jeweils an einer Wehranlage in Graben-Neudorf und Remchingen die Durchgängigkeit hergestellt. In jüngster Vergangenheit wurde durch das Land das Wehr Walter in Pfinztal durchgängig gestaltet. Die Durchgängigkeit in der Pfinz ist derzeit wegen mehrerer verbliebener Wehranlagen und Abstürze noch nicht erreicht. 2. Welche Maßnahmen plant sie zur weiteren Verbesserung der Durchlässigkeit beider Flüsse? Die weitere Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit wird im Rahmen der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) systematisch verfolgt. In dem Ende 2009 veröffentlichen Bewirtschaftungsplan mit Maßnahmenprogramm gemäß WRRL, in dem auch die Anforderungen des internationalen Wanderfischprogramms berücksichtigt sind, ist für die Alb – über den Bereich des Wanderfischprogramms hinaus – bis Flusskilometer 36,5 bei Marxzell eine Programmstrecke zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit sowie zur Bereitstellung ausreichender Mindestwassermengen ausgewiesen. An der Pfinz ist bis Flusskilometer 50,9 auf Gemarkung Ellmendingen eine Programmstrecke für den Aspekt Durchgängigkeit sowie bis Fluss-km 36,39 (obere Gemarkungsgrenze von Berghausen) für den Aspekt Mindestwasser festgelegt. Die innerhalb der Programmstrecken an Pfinz und Alb noch erforderlichen Einzelmaßnahmen sollen prioritär und sukzessive umgesetzt werden. Darüber hinaus sollen auch weiterhin außerhalb der Programmstrecken Durchgängigkeitsmaßnahmen im Rahmen des allgemeinen wasserwirtschaftlichen Vollzugs realisiert werden. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 619 3 Konkretere Planungsschritte bzw. Umsetzungsabsichten sind bereits bei einigen Maßnahmen vorhanden; im Einzelnen: Alb: Im Wanderfischprogrammgewässer Alb liegen im Stadtgebiet von Ettlingen nur noch drei für Wanderfische wesentliche Hindernisse durch Kleinwasserkraftanlagen vor. Zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit wurden bei diesen Standorten seitens der privaten Betreiber bereits Planungsaufträge vergeben. Weiterhin soll die biologische Durchgängigkeit an der Appenmühle in Karlsruhe verbessert werden ; entsprechende Untersuchungen laufen derzeit. Bei einer weiteren privaten Wasserkraftanlage, der diesbezüglich besondere Bedeutung zukommt, wird derzeit seitens der Behörden die Gewährleistung der Durchgängigkeit verfolgt. Pfinz: Das Land ist an der Pfinz im Bereich des Gewässers I. Ordnung für die Herstellung der Durchgängigkeit an fünf Querbauwerken zuständig. Alle fünf Durchgängigkeitsprojekte befinden sich derzeit in der Planungs- bzw. Genehmigungsphase. Es handelt sich hierbei um das Mühlenwehr Grötzingen, einen Absturz in Pfinztal- Berghausen, das Wehr Schnellermühle/Stuhlmüller in Pfinztal-Berghausen, eine Sohlschwelle in Remchingen-Singen sowie das Wehr Remchingen-Singen. Zudem werden nach dem Kenntnisstand der Landesregierung derzeit an zumindest drei privaten Wasserkraftanlagen an der Pfinz unterschiedliche Lösungsansätze zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit verfolgt, die eine Realisierung in absehbarer Zeit erwarten lassen. 3. Welche Investitionen sind für beide Flüsse zur Verbesserung des Aufstiegs für Wanderfische erforderlich, wie ist deren Finanzierung vorgesehen und in welchem Zeitraum ist die Umsetzung geplant? Kostenträger für die an der Pfinz und der Alb noch umzusetzenden Durchgängigkeitsmaßnahmen sind überwiegend Kommunen und private Wasserkraftbetreiber, an der Pfinz als Gewässer I. Ordnung auch das Land. Der Investitionsbedarf für die vom Land an der Pfinz umzusetzenden fünf Durchgängigkeitsmaßnahmen beläuft sich auf insgesamt ca. 1,8 Mio. €. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Zu den voraussichtlichen Kosten der noch umzusetzenden Durchgängigkeitsmaßnahmen bei kommunalen und privaten Kostenträgern liegen keine konkreten Informationen vor. Maßnahmen der Kommunen zur Herstellung der Durchgängigkeit können als gewässerökologische Maßnahmen jedoch im Rahmen der Förderrichtlinie Wasserwirtschaft bezuschusst werden. Ein weiterer Anreiz ergibt sich aus der Ökokontoverordnung, nach der Durchgängigkeitsmaßnahmen grundsätzlich ökokontofähig sind, soweit für deren Durchführung keine Rechtsverpflichtung besteht. Bei der Herstellung der Durchgängigkeit an privaten Wasserkraftanlagen kann das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) einen Finanzierungsbeitrag leisten. Schließlich eröffnet das Förderprogramm nach dem Europäischen Fischereifonds (EFF) weitere Finanzierungsmöglichkeiten. Hierzu hat die Fischereibehörde des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 27. November 2008 ein Konzept zur Verbesserung der Voraussetzungen für den Wiederaufbau eines Lachsbestandes in der Alb erstellt (einschließlich der Begründung des Projektrahmens für Anträge auf Förderung aus dem Europäischen Fischereifonds [EFF] nach der Entscheidung der Kommission vom 17. Dezember 2007 zur Annahme des operationellen Programms für die Interventionen der Gemeinschaft unter Beteiligung des Europäischen Fischereifonds in Deutschland). Das Konzept ist eine Voraussetzung für die Beantragung von EFF-Fördermitteln und wurde vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, in Abstimmung mit dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, am 10. November 2009 gebilligt. Über die Prioritätsachse 3 (Maßnahmen von gemeinsamen Interesse, Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung der Wasserfauna und -flora) können seither in der Alb öffentliche Träger (Kommunen, Land) zwischen der Rhein-Mündung und Flusskilome- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 619 4 ter 33,465 Fördermittel für Maßnahmen zur Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit beantragen. So wurde z. B. der Bau der Albschleuse 2011 über EFF mit einem Anteil von 50 % der Nettokosten gefördert. Die innerhalb der Programmstrecken an Pfinz und Alb noch erforderlichen WRRL- Maßnahmen sollen grundsätzlich bis 2012 umgesetzt werden. Nach dem vorliegenden Kenntnisstand wird sich der Umsetzungszeitraum jedoch verlängern. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft