Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 621 29. 09. 2011 Kleine Anfrage des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU und Antwort des Staatsministeriums Cannstatter Volksfest K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Sieht sie die Sendung des Südwestrundfunks (SWR) zur Eröffnung des Cannstatter Wasens als Aushängeschild für die Region und das Land, bei welchem die Tradition und Bedeutung dieses Volksfestes angemessen dargestellt werden? 2. Was sollte ihrer Meinung nach getan werden, um den Charakter und die Tradition dieses Volksfestes unverwechselbar in einer öffentlichen Livesendung zu vermitteln? 3. Könnte sie als Gesellschafter des SWR darauf einwirken, dass der Sender diese Eröffnungsveranstaltung zusammen mit allen betroffenen Verkehrskreisen (Schaustellern, lokalen Künstlern und Interpreten, dem Cannstatter Volksfestverein ) konzipiert? 4. Wie bewertet sie das Cannstatter Volksfest als Wirtschafts- und Imagefaktor der Region und des Landes? 28. 09. 2011 Dr. Löffler CDU Eingegangen: 29. 09. 2011 / Ausgegeben: 28. 10. 2011 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 621 2 B e g r ü n d u n g Das Cannstatter Volksfest ist keine beliebige Kirmesveranstaltung. Im Jahr 1818 nach jahrelangen Missernten und Hungerjahren, verursacht durch einen Vulkanausbruch auf Indonesien, beschloss König Wilhelm I. eine landwirtschaftliche Unterrichtsanstalt zu schaffen, aus der die landwirtschaftliche Fakultät der Universität Hohenheim hervorgegangen ist. Dies hat das Land mitgeprägt und die Lebenssituation der Menschen nachhaltig verbessert. Tradition und Geschichte dieses Volkfestes sind tief in der Bevölkerung verwurzelt. Das Image des Volksfestes ist in den letzten zehn Jahren deutlich besser geworden und hat, was Gemütlichkeit und Qualität betrifft, das Münchener Oktoberfest längst überholt. Die Fernsehsendung des SWR zur Eröffnung des Cannstatter Volksfest reflektiert in keiner Weise die Tradition und die Geschichte dieses Festes. Die Sendung ist – mit Ausnahme des Fassanstichs durch den Oberbürgermeister – an Beliebigkeit austauschbar mit jeder „fröhlichen Feierabendsendung“. Selbst der Moderator (... wir singen jetzt die baden-württembergische Nationalhymne „?“) kam aus Bochum und man merkte ihm trotz seines professionellen Bemühens an, dass er mit der schwäbischen Seele fremdelt. Die Künstler und Sänger haben überwiegend keinen oder nur wenig lokale oder regionale Bezugspunkte, obwohl die Region und das Land über namhafte Künstler und Darsteller verfügt, die dieses Volksfest und auch die Ansprüche des Publikums weit besser interpretieren könnten. Es fehlt seitens des SWR an einem klar strukturierten Konzept, in Zusammenarbeit mit Brauchtumsgruppen wie z. B. dem Cannstatter Volksfestverein, mit den Schaustellern und lokalen Kunstschaffenden aus Kabarett, Mundart und darstellenden Künsten einen Spannungsbogen von Tradition und Moderne entstehen zu lassen. Es wäre wünschenswert, wenn das Land als Gesellschafter des SWR Einfluss auf die konzeptionelle Gestaltung der Eröffnungsveranstaltung nimmt, damit Geschichte und Tradition des Volksfest angemessen und stimmungsvoll vermittelt werden. Das Cannstatter Volksfest ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region und eine Visitenkarte des Landes und verdient ein Alleinstellungsmerkmal. Dies muss auch medial zum Ausdruck kommen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 Nr. III – 22.Stuttgart beantwortet das Staatsministerium die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Sieht sie die Sendung des Südwestrundfunks (SWR) zur Eröffnung des Cannstatter Wasens als Aushängeschild für die Region und das Land, bei welchem die Tradition und Bedeutung dieses Volksfestes angemessen dargestellt werden? 2. Was sollte ihrer Meinung nach getan werden, um den Charakter und die Tradition dieses Volksfestes unverwechselbar in einer öffentlichen Livesendung zu vermitteln? 3. Könnte sie als Gesellschafter des SWR darauf einwirken, dass der Sender diese Eröffnungsveranstaltung zusammen mit allen betroffenen Verkehrskreisen (Schaustellern, lokalen Künstlern und Interpreten, dem Cannstatter Volksfestverein ) konzipiert? Die in Deutschland grundrechtlich gemäß Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) geschützte Rundfunkfreiheit schreibt eine staatsferne Organisation des Rundfunks vor, die sicherstellt, dass der Rundfunk seine Funktion für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung frei von staatlicher Beeinflussung erfüllen kann. Aus diesem Grund sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland dem Staat nicht unmittelbar, etwa als Teil der Staatsverwaltung Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 621 3 oder über ein Gesellschafterverhältnis, zugeordnet, sondern in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts organisiert. Der Grundsatz der Staatsferne des Rundfunks drückt sich zudem in der sogenannten Programmautonomie der Rundfunkanstalten aus, die es der Landesregierung verwehrt, die Angemessenheit der Darstellung in Programmbestandteilen des SWR, insbesondere in einzelnen Sendungen, zu bewerten. Zuständig hierfür sind die pluralistisch besetzten Aufsichtsgremien des SWR. In Programmfragen ist dies insbesondere der Rundfunkrat, der die Aufgabe hat, die Interessen der Allgemeinheit auf dem Gebiet des Rundfunks zu vertreten und dabei der Vielfalt der Meinungen in der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Anregungen für die konzeptionelle Ausrichtung von Programmbestandteilen können daher an den Intendanten des SWR und gegebenenfalls auch an den Rundfunkrat gerichtet werden. Dieser berät den Intendanten in allgemeinen Programmangelegenheiten und kann sich in diesem Zusammenhang derartige Anregungen zu eigen machen. 4. Wie bewertet sie das Cannstatter Volksfest als Wirtschafts- und Imagefaktor der Region und des Landes? Das Cannstatter Volksfest trägt als mittlerweile zweitgrößtes Volksfest bundesweit einen guten Teil zur Bekanntheit und dem positiven Image der Landeshauptstadt Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg bei. Das Cannstatter Volksfest ist eine traditionsreiche Veranstaltung, die in den vergangenen Jahren einen erheblichen Imagegewinn zu verzeichnen hatte. Im Rahmen der Werbe- und Sympathiekampagne und der Tourismuswerbung des Landes wird dieser Imagefaktor daher auch aufgegriffen. Das Cannstatter Volksfest ist ferner ein wichtiger Baustein im Portfolio der Stuttgart-Marketing GmbH zur Bewerbung Stuttgarts als touristisches Ziel. Gerade der Bustourismus weist in den vergangenen Jahren einen stetigen Zuwachs auf. Das Cannstatter Volksfest ist aber auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung für Stadt und Region Stuttgart. Der Veranstalter, die „in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft mbH“ schätzt den Gesamtumsatz des Volksfestes 2011 bei vier Millionen Besuchern auf rund 200 Millionen Euro. Von der Veranstaltung profitieren u. a. die Brauereien, das Schaustellergewerbe, Handel, Dienstleistungsbetriebe, Hotellerie und das Transportgewerbe. Der öffentliche Nahverkehr wird verstärkt genutzt, da die meisten Volksfestbesucher mit Bus und Bahn anreisen. Laut Veranstalter arbeiten rund 17.000 Menschen direkt oder indirekt für das Cannstatter Volksfest. Pro Tag sind auf dem Wasen rund 1.500 Beschäftigte, darunter sehr viele Aushilfskräfte, im Einsatz. Krebs Ministerin im Staatsministerium