Landtag von Baden-Württemberg 15. Wahlperiode 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Drucksache 15 / 6327 07. 01. 2015 Kleine Anfrage des Abg. Paul Nemeth CDU und Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Fragen zur teilweisen Erdverkabelung bei Gleichstromleitungen in der Hochspannungs-Gleichstrom-ÜbertragungsTechnik (HGÜ-Technik) im Bereich der geplanten Stromtrasse Suedlink K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erfahrungen gibt es bislang mit der Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen (Forschungs- und Pilotvorhaben, konkret realisierte Projekte)? 2. Wie ist der aktuelle Stand der technischen Entwicklung zur Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen? 3. Ist ihr bekannt, ob es bereits standardisierte, technisch zugelassene Verfahren zur Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen in Deutschland und in der Europäischen Union gibt? 4. Wie groß ist beim aktuellen Stand der Technik die durchschnittliche Kostendifferenz zwischen der Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen und der Errichtung klassischer Freileitungen? 5. Wie viele Abschnitte der HGÜ-Trasse Suedlink sind in welcher Länge und in welchen Bereichen in Erdverkabelung geplant? 6. Gibt es Vorschriften oder technische Beschränkungen für Mindest- bzw. Höchstlängen von Erdverkabelungen in HGÜ-Technik? 7. Welche Art der Erdverkabelung wird bei der Trasse Suedlink voraussichtlich zum Einsatz kommen und wer entscheidet darüber? 8. Ist der Einsatz von selbstgeführter HGÜ (VSC – Voltage Source Converter Technik ) bei Erdverkabelungen im Bereich der Trasse Suedlink vorgesehen? Eingegangen: 07. 01. 2015 / Ausgegeben: 04. 02. 2015 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6327 2 9. Welche Bedeutung kommt den Aussagen der Bundesnetzagentur zur Trasse Suedlink aus ihrer Sicht zu, wonach beim Freileitungsbau auf weiten Strecken zwei Leitungen auf einem Gestänge geführt werden könnten, was zu Kosteneinsparungen führe, während bei Erdverkabelung der Aushub und die Beschaffung für zwei Systeme ausgeführt werden müssten? 23. 12. 2014 Nemeth CDU B e g r ü n d u n g Diese Kleine Anfrage soll offene Punkte zur teilweisen Erdverkabelung bei der HGÜ-Stromtrasse Südlink klären. A n t w o r t Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 Nr. 6-4560/63/4 beantwortet das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erfahrungen gibt es bislang mit der Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen (Forschungs- und Pilotvorhaben, konkret realisierte Projekte)? 2. Wie ist der aktuelle Stand der technischen Entwicklung zur Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet: Nach der von der Deutschen Energieagentur (dena) im Januar 2014 veröffentlichten Technologieübersicht „Das deutsche Höchstspannungsnetz: Technologien und Rahmenbedingungen“ stellt sich der Stand der technischen Entwicklung der für die Anwendung bei dem Projekt Suedlink in Betracht kommenden Erdkabel wie folgt dar: Die VSC-Technik (Voltage Source Converter, selbstgeführte HGÜ) wird seit 1999 weltweit in Form von ca. 20 See- und Erdkabelverbindungen mit einer Gesamtlänge von 3.000 km eingesetzt. In Deutschland wird sie bisher ausschließlich zur Anbindung von Windenergieanlagen bzw. Windparks eingesetzt (sowohl als Seekabel als auch als Landkabel) und zur Verbindung mit anderen europäischen Netzen via Seekabelübertragung. Die heutigen Anwendungen sind ausschließlich als Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit Betriebsspannungen bis zu 320 kV und einer Übertragungsleistung bis zu 1.000 MW pro Pol ausgeführt. Erfahrungen mit Erdkabeln in VSC-Technik mit Spannungen über 500 kV, wie sie bei dem geplanten HGÜ-Projekt Suedlink vorgesehen sind, liegen noch nicht vor. 3. Ist ihr bekannt, ob es bereits standardisierte, technisch zugelassene Verfahren zur Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen in Deutschland und in der Europäischen Union gibt? Für HGÜ-Verbindungssysteme bestehen derzeit keine Normen. Auslegung und Betrieb eines HGÜ-Systems erfolgen daher projekt- und herstellerspezifisch. Internationale Gremien der CIGRE (Conseil International des Grands Réseaux Electriques) und der CENELEC (Comité Européen de Normalisation Électrotechnique ) arbeiten derzeit an der Entwicklung einheitlicher Standards. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6327 3 4. Wie groß ist beim aktuellen Stand der Technik die durchschnittliche Kostendifferenz zwischen der Erdverkabelung von HGÜ-Leitungen und der Errichtung klassischer Freileitungen? HGÜ-Systeme sind in der Regel Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und bestehen aus den Umrichterstationen am Anfang und am Ende sowie den dazwischen befindlichen Gleichspannungsleitungen. Die Kosten für die Umrichterstationen sind davon unabhängig, ob die Verbindungen als Freileitungen oder als Erdkabel ausgeführt sind. Nach Angaben der Übertragungsnetzbetreiber erhöhen sich die Kosten einer Erdverkabelung gegenüber einer herkömmlichen HGÜ-Freileitung abhängig von der Länge des zu verkabelnden Abschnittes, der Topologie und der Charakteristik des vorhandenen Geländes und der zu übertragenden Leistung um den Faktor 3 bis 8. 5. Wie viele Abschnitte der HGÜ-Trasse Suedlink sind in welcher Länge und in welchen Bereichen in Erdverkabelung geplant? Das Projekt Suedlink besteht aktuell aus den zwei im Bundesbedarfsplangesetz enthaltenen Vorhaben zwischen Wilster und Grafenrheinfeld sowie zwischen Brunsbüttel und Großgartach. Während für das erstgenannte Vorhaben im Dezember 2014 durch den Vorhabensträger Tennet ein Antrag auf Bundesfachplanung eingereicht wurde, befindet sich das zweite Vorhaben noch in der Vorplanung. Konkrete Planungen zu eventuell vorgesehenen Erdverkabelungs-Abschnitten sind daher noch nicht vorhanden. Diese ergeben sich erst in den der Bundesfachplanung nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. 6. Gibt es Vorschriften oder technische Beschränkungen für Mindest- bzw. Höchstlängen von Erdverkabelungen in HGÜ-Technik? Entsprechend dem Bundesbedarfsplangesetz können bei HGÜ-Verbindungen Erdkabel pilothaft auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten zum Einsatz kommen, wenn die Anforderungen nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 des Energieleitungsausbaugesetzes erfüllt sind. Demnach können im Falle des Neubaus auf einem technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitt Erdkabel realisiert werden, wenn die Leitung – in einem Abstand von weniger als 400 Meter zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 des Baugesetzbuchs liegen, falls diese Gebiete vorwiegend dem Wohnen dienen, oder – in einem Abstand von weniger als 200 Meten zu Wohngebäuden errichtet werden soll, die im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuchs liegen. 7. Welche Art der Erdverkabelung wird bei der Trasse Suedlink voraussichtlich zum Einsatz kommen und wer entscheidet darüber? Über die Art der Erdverkabelung liegen noch keine konkreten Planungen vor. Voraussichtlich werden VPE-Erdkabel (Isolation bestehend aus vernetztem Polyethylen ) zum Einsatz kommen. Die Entscheidung liegt bei den Vorhabensträgern. 8. Ist der Einsatz von selbstgeführter HGÜ (VSC – Voltage Source Converter Technik ) bei Erdverkabelungen im Bereich der Trasse Suedlink vorgesehen? Die Übertragungsnetzbetreiber haben sich aufgrund der besser geeigneten Systemeigenschaften bereits bei der Vorlage des ersten Netzentwicklungsplanes im Jahr 2012 für den Einsatz der VSC-HGÜ-Technik ausgesprochen. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 15 / 6327 4 9. Welche Bedeutung kommt den Aussagen der Bundesnetzagentur zur Trasse Suedlink aus ihrer Sicht zu, wonach beim Freileitungsbau auf weiten Strecken zwei Leitungen auf einem Gestänge geführt werden könnten, was zu Kosteneinsparungen führe, während bei Erdverkabelung der Aushub und die Beschaffung für zwei Systeme ausgeführt werden müssten? Grundsätzlich ist im Hinblick auf die Belange des Natur- und Landschaftsschutzes und hinsichtlich der Akzeptanz eine Trassenbündelung von Leitungsanlagen sinnvoll. Inwieweit dies bei den beiden Vorhaben des Projektes Suedlink berücksichtigt werden kann und welche Abschnitte als Erdkabel errichtet werden, ist Bestandteil der bevorstehenden Verfahren der Bundesfachplanung und der nachfolgenden Planfeststellungsverfahren. Die zuständige Genehmigungsbehörde hierfür ist die Bundesnetzagentur. Untersteller Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft